Möglichkeiten des Ausschlusses von Gesellschaftern

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Transcript Möglichkeiten des Ausschlusses von Gesellschaftern

Deutscher Anwaltverein Berlin
ARGE Handels- und Gesellschaftsrecht, 2011
Gesellschafterstreit – Möglichkeiten des Ausschlusses von
Gesellschaftern
(u.a. Urteil des BGH v. 5. April 2011)
Dr. Karla Gubalke
Dr. Martin Nentwig
Berlin, 13. Oktober 2011
Möglichkeiten des Ausschlusses
•
Ausschlussklage (ohne Satzungsregelung)
•
Einziehung ohne Zustimmung des betroffenen
Gesellschafters (wenn in Satzung vorgesehen)
2
Voraussetzungen für den Ausschluss eines
Gesellschafters ohne Satzungsregelung
Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigen Grund auch ohne
Satzungsregelung allgemein anerkannt (BGH, NJW 2000, 35)
1. Wichtiger Grund in der Person des Auszuschließenden
2. Ausschluss darf nur äußerstes Mittel darstellen
3. Ausschluss darf nicht gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung
gem. § 30 Abs. 1 GmbHG verstoßen
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Wichtiger Grund zur Ausschließung
Wichtiger Grund in der Person des Auszuschließenden:
• Wenn die Fortsetzung der Gesellschaft für die Mitgesellschafter mit
dem betroffenen Gesellschafter infolge seines Verhaltens oder
seiner Persönlichkeit nicht mehr zuzumuten ist
• Sämtliche Umstände des Einzelfalles sind zu berücksichtigen;
Verschulden nicht erforderlich, aber im Rahmen der Abwägung
einzubeziehen
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Wichtiger Grund zur Ausschließung
• Beispiele:
- Zerstörung des Vertrauensverhältnisses
- Treuwidrige Zuarbeit von Konkurrenzunternehmen
- Verlust gesellschaftsvertraglich geforderter
Eigenschaften
- Geschäftsschädigendes Auftreten in der Öffentlichkeit
• Mitverschulden der Mitgesellschafter, insbesondere bei
tiefgreifenden Zerwürfnissen unter den Gesellschaftern, ist stets bei
der Abwägung zu berücksichtigen, steht aber Ausschluss nicht
notwendigerweise entgegen; dies gilt insbesondere, wenn der
betroffene Gesellschafter das Zerwürfnis maßgeblich mit verursacht
hat (BGH, GmbHR 1991, 362)
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Ausschließung äußerstes Mittel
• Ausschluss darf nur äußerstes Mittel darstellen
• Den Mitgesellschaftern darf kein weniger einschneidendes Mittel
zur Verfügung stehen, um die Konfliktlage zu beseitigen
• Beispiele:
-
Entzug der Geschäftführerstellung
-
Angebot auf Übertragung des Geschäftsanteils auf
weisungsunabhängigen Treuhänder
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Kein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG
• Ausschluss darf nicht gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung
gem. § 30 Abs. 1 GmbHG verstoßen (BGH, NJW 2011, 2294, 2295)
Hintergrund: Betroffener Gesellschafter hat auch ohne
Satzungsregelung Abfindungsanspruch zum vollen Verkehrswert
des Geschäftsanteils; durch Zahlung der Abfindung kann gegen
Gebot der Kapitalerhaltung gem. § 30 Abs. 1 GmbHG verstoßen
werden
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Verfahren eines Ausschlusses
• Gesellschafterbeschluss über Erhebung der Ausschlussklage
erforderlich; betroffener Gesellschafter hat kein Stimmrecht, aber
Recht zur Stellungnahme; bei 2-Personen Gesellschaft ist Beschluss
entbehrlich (OLG Jena, NZG 2006, 36)
• Nach hM ist eine ¾-Mehrheit der abgegebenen Stimmen
erforderlich (BGH, NJW 2003, 2314, 2315)
• Sodann Erhebung der Ausschlussklage durch Gesellschaft
(vertreten durch Geschäftsführer) gegen betroffenen Gesellschafter
• Ausschluss erfolgt durch rechtskräftiges Gestaltungsurteil, welches
unter aufschiebender Bedingung der Zahlung der im Urteil
festgesetzten Abfindung ergeht (OLG Jena, NZG 2006, 36, 38, str.)
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Verwertung des Geschäftsanteils nach
Ausschluss
• Durch rechtskräftiges Urteil keine automatische Anwachsung des
Geschäftsanteils vom ausgeschlossenen Gesellschafter an die
Gesellschaft; Geschäftsanteil besteht fort, bis er eingezogen oder
anderweitig verwertet worden ist
• Geschäftsanteil kann nach Wahl der Gesellschaft durch Einziehung
oder Übertragung auf Gesellschafter/Dritten verwertet werden;
Gesellschaft hat Anspruch auf Übertragung des Geschäftsanteils
gegen Zahlung der im Urteil festgesetzten Abfindung
• Bei Verwertung des Geschäftsanteils durch Einziehung ist auf
§ 30 GmbHG zu achten, bei Verstoß ist Einziehungsbeschluss
nichtig (BGH, NJW 2011, 2294, 2295 Rn. 13)
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Voraussetzungen zur Zwangseinziehung
von GmbH-Geschäftsanteilen
1. Zulässigkeit der Zwangseinziehung nur, soweit sie im
Gesellschaftsvertrag im Zeitpunkt des Erwerbs der Beteiligung im
Gesellschaftsvertrag festgesetzt ist, § 34 Abs. 1, 2 GmbHG
2. Vorliegen eines Einziehungsgrundes: Notwendigkeit eines
sachlichen Grundes
3. Volleinzahlung der Einlage, Einziehung darf nicht
Kapitalerhaltung und -aufbringung beeinträchtigen (vgl. § 34 Abs.
3 GmbHG)
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Festsetzung der Einziehung im
Gesellschaftsvertrag
• Zulässigkeit der Einziehung nur, soweit sie im Gesellschaftsvertrag
geregelt ist, § 34 Abs. 1 GmbHG
• Im Falle der Einziehung ohne Zustimmung des Betroffenen müssen
die Voraussetzungen der Einziehung vor dem Zeitpunkt des
Erwerbs der Beteiligung im Gesellschaftsvertrag festgesetzt sein,
§ 34 Abs. 2 GmbHG
• Beachte: Nachträgliche Einführung einer Zwangseinziehung bedarf
Zustimmung sämtlicher betroffener Gesellschafter, § 53 Abs. 3
GmbHG
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Einziehungsgründe
• Einziehungsgründe: Notwendigkeit eines sachlichen Grundes;
Zwangseinziehung darf nicht im freien Belieben der Mehrheit oder
einzelner Gesellschaft stehen (sog. „Hinauskündigungsklauseln“,
BGH, NJW 2005, 3644)
• Weitere Voraussetzung: Gründe der Zwangseinziehung müssen in
der Person des Gesellschafters liegen
• Ausnahme: Besondere Rechtfertigung einer entsprechenden
Klausel
- sog. „Mitarbeiter-/Manager-Modell“, d.h. wenn Einziehung an
Verlust der Stellung als Geschäftsführer bzw. Mitarbeiter
gekoppelt ist
- Probezeit
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Einziehungsgründe;
Beachtung des § 34 Abs. 3 GmbH
• Beispiele für sachliche Gründe:
- Wichtiger Grund in der Person des Gesellschafters
- Insolvenz des Gesellschafters
- Pfändung des Geschäftsanteils
- Tod eines Gesellschafters
- Verstoß gegen Wettbewerbsverbot
- Schwerer Treuepflichtverstoß
• Einlage bzgl. des eingezogenen Geschäftsanteils muss voll
eingezahlt sein (vgl. § 34 Abs. 3 GmbHG); sonst nur
gesellschaftsvertraglich zu regelnde Zwangsabtretung möglich
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Verfahren bei Zwangseinziehung
• Gesellschafterbeschluss, § 46 Nr. 4 GmbHG; einfache Mehrheit
gem. § 47 Abs. 1 GmbHG ausreichend, sofern nicht vertraglich
anders geregelt
• Grundsätzlich hat betroffener Gesellschafter Stimmrecht, dies gilt
jedoch nicht, wenn
- Einziehung wg. wichtigen Grundes (allgemeine Ansicht) bzw.
sonst in seiner Person liegenden Grundes (OLG Hamm, NZG
1999, 599, str.)
oder
- sich aus dem Gesellschaftsvertrag etwas anderes ergibt
• Ebenfalls erforderlich: Einziehungserklärung durch
Geschäftsführer gegenüber betroffenen Gesellschafter
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Rechtsfolgen der Einziehung
• Abfindungsanspruch des betroffenen Gesellschafters, auch ohne
vertragliche Grundlage, Rechtsgedanke des § 738 Abs. 1 S. 2 BGB
• Mit Wirksamwerden der Einziehung geht der Geschäftsanteil unter,
keine automatische Anwachsung bzgl. der verbliebenen
Gesellschafter oder Gesellschaft
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Zeitpunkt der Wirksamkeit einer
Einziehung
• Grundsätzlich wird Einziehung erst mit vollständiger Zahlung der
Abfindung wirksam, im Zweifel wird nämlich der Einziehungsbeschluss aufschiebend bedingt gefasst (BGH, NZG 2003, 871)
• Problem: Ruhen der Rechte aus dem eingezogenen Geschäftsanteil
nur bei entsprechender gesellschaftsrechtlicher Vereinbarung
• Nach BGH, NZG 2009, 221 kann jedoch der Gesellschaftsvertrag
vorsehen, dass Einziehung bereits mit entsprechender
Beschlussfassung wirksam wird, insbesondere unabhängig von der
Zahlung der Abfindung
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Abfindungsregelung
• Ohne entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag hat
Betroffener Anspruch auf den vollen wirtschaftlichen Wert der
Beteiligung (Verkehrswert)
• Häufig jedoch gesellschaftsvertragliche
Abfindungsbeschränkungen, insbesondere bei Zwangseinziehung
• Problem: Unwirksamkeit der Abfindungsregelung wenn grobes
Missverhältnis zwischen Abfindungsbetrag und tatsächlichen
Anteilswert; Höhe des zulässigen Abschlags bei Zwangseinziehung
einzelfallbezogen nach BGH, keine abstrakte Klauselkontrolle
aufgrund allgemeiner prozentualen Vorgaben
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Abfindungsregelung
Problem: aufgrund Einzelfallprüfung stark divergierende
Rechtsprechung
• OLG Oldenburg, GmbHR 1997, 503: „Eine Abfindungsregelung, die
den Abfindungsbetrag auf ca. 10% des Verkehrswertes des
Gesellschaftsanteils beschränkt, kann unter besonderen
Umständen wirksam sein.“
=> hier: Gesellschaftszweck (genossenschaftlicher Zuschnitt), hohe
stille Reserven (deren Auflösung würde zum Zusammenbruch der
Gesellschaft führen), Dauer der Mitgliedschaft
• Hingegen OLG Hamm, NZG 2003, 440: Beschränkung auf ein
Drittel des Zeitwertes auf Grundlage des Stuttgarter Verfahrens
sittenwidrig
=> hier: insbesondere fünfjährige Auszahlungsfrist bei solcher
Beschränkung unangemessen
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Übliche Abfindungsregelungen
• Substanzwertklauseln:
- Ermittlung des Verkehrswertes nach den zum
Gesellschaftsvermögen gehörenden einzelnen
Wirtschaftsgütern unter Auflösung stiller Reserven
- Verbindlichkeiten werden abgezogen
- Geschäfts- oder Firmenwert („good will“) bleibt
unberücksichtigt
bei ertragsstarken Unternehmen häufig grobes Missverhältnis
Wenig praktikabel, da eigenständige und meist aufwändige
Abfindungsbilanz erforderlich
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Übliche Abfindungsregelungen
• „Stuttgarter Verfahren“:
- Früher häufige Berechnungsgrundlage; seit 2009 für
Erbschaftsteuer abgeschafft
- Einheitswert des Betriebsvermögens nach Steuerbilanzwerten
wird zu 2/3 berücksichtigt
- Erträge der letzten 5 Jahre werden mit 1/3 berücksichtigt
Erhebliche Bewertungsschwierigkeiten, denn durch
Abschaffung der Vermögenssteuer seit 1997 keine
Feststellungsbescheide zum Vermögenssteuerwert; mangels
möglicher Bezugnahme auf Feststellungsbescheide nicht mehr
aktuell
Grundsätzlich ungeeignet, da häufig unangemessen niedrige
Bewertung
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Übliche Abfindungsregelungen
• Ertragswertmethode:
- Prognose aufgrund der in der Vergangenheit tatsächlich
erzielten Erträge unter Berücksichtigung erkennbarer positiver
und negativer Faktoren auf die zukünftig erzielbaren Erträge
Vorteil: Grundsätzlicher Maßstab der Rechtsprechung bei
unwirksamen Abfindungsregelungen
Lediglich grobes Missverhältnis möglich, wenn
Liquidationswert den Ertragswert erheblich übersteigt
(BGH, NZG 2006, 425: bejaht bei dreifachem
Liquidationswert)
Genaue Benennung der Berechnungsparameter möglich
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Abfindungsregelung: grobes Missverhältnis
• Grobes Missverhältnis: wenn gesetzlich vorgesehene volle
Abfindung unangemessen verkürzt wird; Einzelfallabwägung unter
Berücksichtigung
- der Interessen des betroffenen Gesellschafters
und
- der Interessen der verbleibenden Gesellschafter, insbesondere
am Fortbestand der Gesellschaft
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Abfindungsregelung: grobes Missverhältnis
• Anfängliches Missverhältnis: bereits bei Einführung der Klausel
grob unbillig; Nichtigkeit der Abfindungsklausel gem. § 241 Abs. 1
Nr. 4 AktG analog; Rechtsfolge: Gesetzlicher Abfindungsanspruch;
nach BGH Anteilswert bei Veräußerung des Unternehmens als
Ganzes, Ermittlung durch Sachverständigen aufgrund der
Ertragswertmethode, nur ausnahmsweise Substanzwertmethode
(BGH, NJW 1993, 892, 895)
• Nachträgliches Missverhältnis: Abfindungsklausel ursprünglich
angemessen, durch Zeitablauf aufgrund positiver Entwicklung der
Gesellschaft jedoch grob unbillig; nach BGH bleibt
Abfindungsklausel wirksam, jedoch mittels ergänzender
Vertragsauslegung Anspruch des betroffenen Gesellschafters auf
angemessene Abfindung (nicht: gerade noch zulässiges
Mindestmaß)
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Abfindungsregelung
• Fälligkeit des Abfindungsanspruches: mit Wirksamwerden der
Einziehung => grundsätzlich mit vollständiger Zahlung der
Abfindung; bei entsprechender Satzungsregelung bereits mit
Beschlussfassung
• Wichtig: Zum Zeitpunkt der Auszahlung darf die Abfindung nicht
aus nach § 30 Abs. 1 GmbHG gebundenen Mitteln gezahlt werden,
§ 34 Abs. 3 GmbHG; Beschluss über Einziehung nichtig,
wenn es bei Beschlussfassung möglich erscheint, dass
Abfindung nicht aus freiem Vermögen gezahlt werden
kann (BGH, NJW 2011, 2294, 2295 Rn. 13); möglich ist, dass
Anteil auf Dritten oder Mitgesellschafter übertragen wird, da
insoweit die Anwendung des § 30 GmbHG grundsätzlich
ausgeschlossen ist
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Sonderproblem: MoMiG und Rechtsfolgen
der Einziehung
• Da Einziehung zum Untergang des Geschäftsanteils führt, wird
zwangsläufig gegen § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG verstoßen; danach
müssen Nennbeträge aller Geschäftsanteile mit dem Stammkapital
übereinstimmen
• Problem: Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 5 Abs. 3 S. 2
GmbHG durch Einziehungsbeschluss?
• Nach Ansicht von LG Essen (NZG 2010, 867, rk.) und LG
Neubrandenburg (ZIP 2011, 1214, n. rk.) ist Einziehungsbeschluss
gem. § 134 BGB nichtig, weil es sich bei § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG
nicht um eine Vorschrift handelt, die ausschließlich als
Schutzbestimmung zu Gunsten eines Mitgesellschafters angesehen
werden kann
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Sonderproblem: MoMiG und Rechtsfolgen
der Einziehung
• RegBegr. zum MoMiG (BT-Dr. 354/07, S. 69) geht im
Zusammenhang mit der Einziehung von der „Unzulässigkeit“ eines
Auseinanderfallens von Stammkapital und Nennbeträgen aus und
ist der Ansicht, dass § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG nicht nur im
Gründungsstadium, sondern auch im weiteren Verlauf der
Gesellschaft gilt; auf die Auswirkungen bzgl. des
Einziehungsbeschlusses selbst wird allerdings nicht eingegangen
• Nach teilweiser Ansicht in der Literatur führt Nichtigkeit zu
unangemessenen Ergebnissen (so etwa Roth/Altmeppen, GmbHG,
6. Aufl., 2009, § 34 Rn. 74), insbesondere sind Gläubigerinteressen
wg. gleichbleibenden Stammkapital nicht tangiert; außerdem
fraglich, ob § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG bei Einziehung gilt
(Umkehrschluss aus § 55 Abs. 4, 58 Abs. 2 S. 2 GmbHG; instruktiv
hierzu Lutter, GmbHR 2010, 1177)
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Sonderproblem: MoMiG und Rechtsfolgen
der Einziehung
• Möglichkeiten der Nennbetragsanpassung ans Stammkapital
- Nominelle Aufstockung der Nennbeträge im Rahmen der
Einziehung (einfacher Gesellschafterbeschluss ausreichend;
keine Satzungsänderung, da keine Kapitalmaßnahme i.S.d. §§
55 ff. GmbHG); nach hLit. jedoch problematisch, da
Nennbeträge auf volle Euro lauten müssen gem. § 5 Abs. 2 S. 1
GmbHG; insoweit aber fraglich, ob § 5 Abs. 2 S. 1 GmbHG
überhaupt Anwendung findet (verneinend Baumbach/Hueck,
GmbHG, 19. Aufl., 2010, § 5 Rn. 10; aA etwa
Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., 2009, § 5 Rn. 6 aE)
- Zwangsabtretung (muss gesellschaftsvertraglich vorgesehen
sein)
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Sonderproblem: MoMiG und Rechtsfolgen
der Einziehung
• Kapitalherabsetzung gem. § 58 GmbH; unpraktikabel wg.
Gläubigerbeteiligung und Jahresfrist
• Bildung eines neuen Geschäftsanteils anstelle des eingezogenen
ohne Kapitalerhöhung; Gesellschafterbeschluss mit qualifizierter
Mehrheit erforderlich (keine Satzungsänderung); neugebildeter
Geschäftsanteil steht grundsätzlich der Gesellschaft zu (§ 33
GmbHG ist zu beachten), bei entsprechendem Beschluss auch
Gesellschaftern oder Dritten
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Sonderproblem: MoMiG und Rechtsfolgen
der Einziehung
• Fazit: In jedem Falle sollte zur Vermeidung der Nichtigkeit des
Einziehungsbeschlusses gem. § 134 BGB im Gesellschaftsvertrag
die Verpflichtung statuiert werden, dass gleichzeitig mit dem
Einziehungsbeschluss die Einhaltung des § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG
einhergeht
• Konkrete Handlungsalternativen sollten nicht genannt werden, um
den Gesellschaftern eine möglichst freie Wahl der Vorgehensweise
zu gewähren, jedoch sollte als Handlungsalternative die
Zwangsabtretung des eingezogenen Geschäftsanteils vorgesehen
werden, insbesondere um etwaigen Verstoß gegen § 30 Abs. 1
GmbHG zu vermeiden
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Sonderproblem: Ausschluss in 2-Personen
Gesellschaft
• Ausschluss auch in 2-Personen Gesellschaft zulässig, Beschluss
über Ausschluss allerdings entbehrlich (OLG Jena, NZG 2006, 36);
Klage kann unmittelbar vom ausschließenden Gesellschafter
erhoben werden
• Verhalten des fortführenden Gesellschafters bedarf jedoch
besonders eingehender Prüfung; wenn in der Person des
verbleibenden Gesellschafters selbst ein Ausschließungsgrund liegt,
kann Ausschließung nicht erfolgen (BGH, NJW 1981, 2302);
Gesellschaftern bleibt dann Auflösung oder Fortführung der
Gesellschaft offen
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Sonderproblem: Einziehung in 2-Personen
Gesellschaft
• Bei Einziehung in 2-Personen Gesellschaft Beschluss erforderlich
(OLG München, NJW-RR 1994, 496, 497); bei Einziehung wg.
wichtigen Grundes unterliegt jeweils betroffener Gesellschafter
einem Stimmverbot gem. § 47 Abs. 4 GmbHG
• Anträge beider Gesellschafter müssen in einer
Gesellschafterversammlung gemeinsam behandelt werden, damit
etwaige Einwände einheitlich vorgebracht und erörtert werden
können; kein „Wettlauf“ der Beschlussanträge
• Einberufung einer gemeinsamen Gesellschafterversammlung kann
ggf. im einstweiligen Rechtsschutz durchgesetzt werden
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Sonderproblem: Einziehung in 2-Personen
Gesellschaft
• Bei Klageerhebung beider Gesellschafter sind Prozesse gem. § 147
ZPO zu verbinden
• Bei wechselseitiger Abberufung als Geschäftsführer ist analog § 29
BGB Notgeschäftsführer zu bestellen (BayOblG, NJW-RR 1999,
1259); im Übrigen nach Lit. auch Klageerhebung durch
Gesellschafter zulässig (Strohn in: MünchKomm-GmbHG, 1. Aufl.
2010, § 34 Rn. 95)
• Welcher Einziehungsbeschluss wirksam ist, hängt von umfassender
Würdigung aller Umstände ab
• Maßgeblich ist, ob ein Verursachungsanteil eines Gesellschafters
derart überwiegt, dass wichtiger Grund nur in seiner Person
verwirklicht ist; ansonsten haben Gesellschafter Wahl zwischen
Fortführung und Auflösung der Gesellschaft
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Rechtsschutz gegen unbegründete
Einziehung
• Nichtigkeitsklage bei Verstoß gegen Kapitalerhaltung
• Anfechtungsklage bei Nichterfüllung der statuarischen
Voraussetzungen (Einziehungsgrund) oder Verstoß gegen
Gleichbehandlungsgrundsatz bzw. Treuepflicht
• Einstweiliger Rechtsschutz des betroffenen Gesellschafters
möglich; gerichtet auf Untersagung, dass Einziehungsbeschluss
durchgeführt wird (OLG Hamm, NJW-RR 2001, 105)
• Wenn Anfechtungs-/Nichtigkeitsklage erfolgreich, sind
zwischenzeitlich gefasste Beschlüsse nach Grundsätzen zur
fehlerhaften Gesellschaft wirksam; ggf. jedoch
Schadensersatzanspruch des betroffenen Gesellschafters
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Musterregelung für Satzung
§1
1. Die Gesellschafterversammlung kann die Einziehung von
Anteilen auch ohne Zustimmung des betroffenen
Gesellschafters beschließen, wenn (jeweils alternativ)
-
in der Person des Gesellschafters ein wichtiger Grund
gegeben ist, der seine Ausschließung aus der
Gesellschaft rechtfertigt,
-
über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet
bzw. die Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden
ist,
-
in seinen oder einen seiner Geschäftsanteile
zwangsvollstreckt und die Zwangsvollstreckung nicht
innerhalb von sechs Wochen nach Pfändung
aufgehoben wird.
34
Musterregelung für Satzung
2. In diesen Fällen hat der betroffene Gesellschafter bei der
Beschlussfassung kein Stimmrecht. Mit der
Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über die
Einziehung der Geschäftsanteile scheidet der betroffene
Gesellschafter aus der Gesellschaft aus. Dies gilt
insbesondere auch, bevor die nach § 2 zu berechnende
Abfindung an den betroffenen Gesellschafter gezahlt
worden ist. Die Gesellschafter sind verpflichtet, im Rahmen
des Einziehungsbeschlusses die Nennbeträge der
verbliebenen Geschäftsanteile so anzupassen, dass diese mit
dem Stammkapital der Gesellschaft übereinstimmen.
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Musterregelung für Satzung
3. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes (1) kann
die Gesellschafterversammlung anstelle der Einziehung
beschließen, dass der Geschäftsanteil auf von ihr benannte
Gesellschafter oder Dritte – gegebenenfalls aufgeteilt – zu
übertragen ist. Bis zur Vollziehung der Übertragung ruhen
sämtliche Vermögens- und Mitgliedschaftsrechte des
betroffenen Gesellschafters, soweit gesetzlich zulässig.
§2
1. In den Fällen des § 1 beläuft sich die Abfindung auf […] %
des nach Absatz (2) – (4) zu berechnenden anteiligen
Unternehmenswerts im Zeitpunkt des Ausscheidens.
36
Musterregelung für Satzung
2. Der anteilige Unternehmenswert ist anhand des
gewichteten Durchschnitts der in den Gewinn- und
Verlustrechnungen ausgewiesenen Ergebnisse der
gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft, also vor
Abzug der Steuern vom Ertrag, jedoch nach Abzug der
Gewerbeertragsteuer, zu ermitteln.
Dabei sind die handelsrechtlichen Jahresabschlüsse der
letzten drei beim Ausscheiden abgeschlossenen
Geschäftsjahre zugrunde zu legen, wobei das letzte
Geschäftsjahr dreifach, das vorletzte zweifach und das
drittletzte einfach zu werten und das Ergebnis durch sechs
zu teilen ist.
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Musterregelung für Satzung
3. Bei der Ermittlung der Ergebnisse der gewöhnlichen
Geschäftstätigkeit sind außerordentliche und
periodenfremde Aufwendungen und Erträge nicht zu
berücksichtigen. Das gilt insbesondere für
Sonderabschreibungen und einmalige
Veräußerungsverluste einerseits sowie einmalige
Veräußerungsgewinne und gewinnerhöhende
Auflösungsbeträge steuerfreier Rücklagen andererseits.
Änderungen der Ergebnisse aufgrund einer steuerlichen
Außenprüfung nach dem Zeitpunkt des Ausscheidens sind
nicht zu berücksichtigen.
38
Musterregelung für Satzung
4. Der gewichtete Durchschnitt nach Absatz (2) und (3) ist als
gleichbleibender Zukunftsertrag zu unterstellen und zur
Ermittlung des der Abfindung gemäß Absatz (1)
zugrundezulegenden Unternehmenswerts auf den Stichtag
des Ausscheidens abzuzinsen:
Unternehmenswert = gewichteter Durchschnitt gem.
Absatz (2) und (3)/Kapitalisierungszinssatz
Als Kapitalisierungszinssatz ist die im Monatsbericht der
Deutschen Bundesbank veröffentliche Umlaufrendite
börsennotierter Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit
über neun bis zehn Jahre im Jahr vor dem Ausscheiden
anzusetzen, vermehrt um einen Risikozuschlag von […]
Prozentpunkten. Ein Inflationsabschlag ist nicht
vorzunehmen.
39
Musterregelung für Satzung
5. Können sich die Beteiligten nicht über den Wert einigen, so
wird er von einem gemeinsam von ihnen bestellten
Angehörigen der steuerberatenden oder
wirtschaftsprüfenden Berufe nach den vorstehenden
Absätzen dargestellten Verfahren ermittelt. Können sich die
Beteiligten nicht auf einen Gutachter einigen, so benennt
auf Antrag eines von ihnen der Präsident der Industrieund Handelskammer zu Berlin einen Wirtschaftsprüfer als
Gutachter. Die Wertermittlung des Gutachters ist endgültig
und verbindlich, es sei denn, sie ist offenbar unbillig (§ 319
Absatz (1) Satz 1 BGB). Die Kosten des Wirtschaftsprüfers
tragen Abgeber und Gesellschaft (bei Einziehung) je zur
Hälfte.
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!