Verwalterauswahl

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Transcript Verwalterauswahl

Einführungstagung für Insolvenzrichterinnen und
Insolvenzrichter
23. – 28. Februar 2014
Deutsche Richterakademie Trier
Verwalterauswahl
Bernd Anstadt
Richter am Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
2 / 20
Zur Verwalterauswahl finden wir als Rechtsgrundlage nur
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
§ 56 Abs. 1 InsO :
Auswahlkriterien
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
Alter
Ortsnähe
Sozialkompetenz
Bedarf
Belastung
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
(1) 1Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall
geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den
Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu
bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. 2Die Bereitschaft
zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte
Verfahren beschränkt werden.
3Die
erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch
ausgeschlossen, dass die Person
1. vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen
worden ist,
2. den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form
über den Ablauf des Insolvenzverfahrens und dessen Folgen
beraten hat.
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
Auswahlkriterien
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
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Problem in der Bestellungssituation :
Wie finde ich die richtige Person für das konkrete Verfahren ?
 unter Zeitdruck
 ohne eine Stellenausschreibung
 ohne Headhunter
 meist ohne genaue Kenntnis des Schuldnerunternehmens
Alter
Ortsnähe
Sozialkompetenz
Bedarf
Belastung
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
Lösung des Bundesverfassungsgerichts :
der eigentlichen Bestellung ist ein Vorauswahlverfahren
vorgeschaltet, bei dem alle Bewerber an das Insolvenzgericht
herantreten und dieses geeignete Kandidaten in eine Liste
aufnimmt, aus der dann im konkreten Fall der für das jeweilige
Verfahren am besten geeignete Sachverständige oder vorläufige
Insolvenzverwalter ausgewählt werden kann.
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
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BVerfG und BGH: Allgemeine Grundsätze
Eine Vorauswahl des Kreises der geeigneten Personen, aus dem
der Richter im Einzelfall auswählt, muss stattfinden.
Auswahlkriterien
Zu diesem Zweck ist eine Liste zu führen.
Ausbildung, Erfahrung
Ablehnung der Aufnahme berührt die Berufsfreiheit.
Zuverlässigkeit
Die Vorauswahlentscheidung ist Justizverwaltungsakt (und damit
nach § 23 EGGVG vor dem OLG angreifbar).
Alter
Ortsnähe
Sozialkompetenz
Bedarf
Belastung
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
– BVerfG NJW 2004, 2725 –
In die Liste ist jeder generell geeignete Bewerber aufzunehmen
- BGH NZI 2008, 161–
- BVerfG NZI 2009, 641 –
BGH a.a.O.: Kein Auswahlermessen bei der Entscheidung über die
Aufnahme in die Vorauswahlliste, nur Beurteilungsspielraum bei
der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs „persönliche und
fachliche Eignung“ .
Kein Anspruch der gelisteten Bewerber auf gleichmäßige Bestellung
(BVerfG ZInsO 2006, 1102)
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
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BVerfG 23.05.2006
1 BvR 2530/04 (NJW 2006, 2613 ff.)
 Keine reine Namens- und Adressenliste
Auswahlkriterien
 Keine „geschlossene Liste“ (Juris Rz. 45)
Ausbildung, Erfahrung
 Erhebung, Verifizierung und Strukturierung der Daten muss
sachgerechte Auswahlentscheidung im Einzelfall ermöglichen
Zuverlässigkeit
Alter
Ortsnähe
Sozialkompetenz
Kriterien sind von den Fachgerichten zu entwickeln
(BGH NZI 2008, 161)
Bedarf
Keine Gerichts- sondern Richterliste
(BVerfG NJW-RR 2009, 1502, 1503)
Belastung
Erhebung der Daten durch Fragebogen
Unabhängigkeit
Die Auswahlliste muss alle Informationen enthalten, die der Richter
für seine Entscheidung benötigt. Die Liste ist entsprechend den von
dem Richter selbst für notwendig erachteten Kriterien zu führen.
(OLG Düsseldorf, NZI 2010, 818)
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
Nicht jeder Bewerber ist für alle Arten von Verfahren gleich gut
geeignet, dies ist bei der Gestaltung der Liste zu berücksichtigen
(BVerfG NJW-RR 2009, 1502, 1503)
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
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Auswahlkriterien :
 Hochschulabschluss:
Auswahlkriterien
Uhlenbruck-Kommission NZI 2007, 507, 508
Ausbildung, Erfahrung
Prädikatsexamen als generelle Anforderung für die Aufnahme in
die Vorauswahlliste ungeeignet
(OLG Hamburg NZI 2008, 744)
Zuverlässigkeit
Alter
Ortsnähe
 Sachkunde:
Bedarf
Praktische Erfahrung
(OLG Hamburg ZInsO 2009, 2013; BVerfG NZI 2006, 636)
Belastung
 3 Jahre als bestellter Verwalter tätig
Sozialkompetenz
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
 5 Jahre als „Grauverwalter“ tätig
Rechtskenntnisse, insbesondere in Gesellschafts-, Handels-,
Arbeits-, Sozial-, Steuer- und Insolvenzrecht (s. BVerwG ZInsO
2005, 316, 319)
(vgl. § 18 Abs. 4 RPflG, § 22 Abs. 6 GVG ab 01.01.2013)
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
Auswahlkriterien
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
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 Persönliche Zuverlässigkeit
 keine Vorstrafe wegen Insolvenzstraftat (BGH NZI 2008, 241)
 Vorstrafe wegen Tat mit Bezug zu einem Insolvenzverfahren
aber nicht im Zusammenhang mit Tätigkeit als
Insolvenzverwalter?
(OLG Brandenburg ZInsO 2009, 1816: kein Delisting)
Ortsnähe
 Fehlverhalten in einem früheren Insolvenzverfahren ?
(OLG Schleswig ZIP 2007, 831 f., AG Mannheim NZI 2010,
107)
Sozialkompetenz
 Geordnete wirtschaftliche Verhältnisse
Bedarf
 Ausreichende Haftpflichtversicherung
Alter
Belastung
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
 Alter
 keine starre Altersgrenze mangels dahingehender gesetzlicher
Regelung gemäß dem Gesetzesvorbehalt in Art. 12 Abs. 1 GG
(OLG Hamm ZInsO 2007, 946; KG ZIP 2008, 284; OLG HH
NZI 2012, 193)
 Das Alter kann aber bei der Bestellung im Einzelfall eine Rolle
spielen
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
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 Ortsnähe
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
• kein faktisches Lokalisationsprinzip
(BVerfG NJW-RR 2009, 1502, 1504 )
Auswahlkriterien
• kann nur bei konkreter Bestellung eine Rolle spielen
(OLG Nürnberg NZI 2008, 616),
bei Vorauswahl nur, wenn sie generell fehlt
(OLG Düsseldorf ZInsO 2011, 1010)
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
Alter
Sozialkompetenz
• unerheblich bei Verfahren von Unternehmen mit überörtlichen
Geschäftsbeziehungen
(OLG Stuttgart ZInsO 2006, 331)
Bedarf
• ungeeignete Anknüpfungspunkte:
Ortsnähe
Belastung
Unabhängigkeit
 Bezirk des Insolvenzgerichts
(OLG Hamm NZI 2008, 493)
 Kilometergrenze (OLG Hamm a.a.O.; BVerfG a.a.O.)
praktische
Handhabung
• geeigneter Anknüpfungspunkt :
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
• falls außerhalb dieses Radius evtl. „echte“ Niederlassung
verlangen, die ortsnah in diesem Sinne ist
Fahrzeit zum möglichen Einsatzort ca. 1 Stunde
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
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Allgemeines
 Sozialkompetenz
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
 Vertrauenswürdigkeit
 geistige Regsamkeit
 Kreativität
Auswahlkriterien
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
Alter
Ortsnähe
Sozialkompetenz
positiver Nachweis (z.B. durch Atteste) darf nicht verlangt werden
allenfalls sind anhand nachprüfbarer Tatsachen etwaige Defizite
in diesem Bereich zu objektivieren
(OLG Düsseldorf ZInsO 2011, 1010)
 höchstpersönliche Wahrnehmung
Bedarf
 § 664 Abs. 1 S. 1 BGB;
Belastung
 VID Grundsätze ordnungsgemäßer Insolvenzverwaltung (GoI)
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
Ziffer II. 1. http://www.vid.de/de/qualitaet/goi.html
 Graeber NZI 2003, 569
(maximal 74 Unternehmensinsolvenzen/Jahr):
 Die Insolvenzrichter haben Kriterien für die höchstpersönliche
Aufgabenwahrnehmung zu entwickeln und bekannt zu geben
(OLG Düsseldorf NZI 2010, 818)
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
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 Bedarf
nein: Graeber Münchener Kommentar InsO 2. A. RandNr. 103
m.w.N.
Auswahlkriterien
a.A. Frind: „Atmende Liste“ ZInsO 2007, 515;
Ausbildung, Erfahrung
Problem:
Zuverlässigkeit
Alter
 Liste müsste begrenzbar sein, sonst keine Hilfe bei Bestellung
im Einzelfall.
Ortsnähe
 Eine Begrenzung bedarf aber einer gesetzlichen Grundlage.
Sozialkompetenz
Bedarf
praktische Handhabung ?
 evtl. verschiedene „Stufen“ für Verwalter z.B. :
Belastung
 regelmäßig bestellte Verwalter
Unabhängigkeit
 Verwalter in der Erprobungsphase
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
 Verwalter die demnächst in die Erprobungsphase kommen
 evtl. Verwalter, die grundsätzlich geeignet sind, bei denen aber
eigentlich immer bessere Kandidaten vorhanden sind (str.
Grenze zum „kalten Delisting“)
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
Auswahlkriterien
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
Alter
Ortsnähe
Sozialkompetenz
Bedarf
Belastung
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
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 Belastung mit anderen Verfahren
nein: OLG Brandenburg NZI 2009, 647
ja: Schluss aus BVerfG NJW-RR 2009, 1502, 1505 (persönliche
Wahrnehmung des Amts)?)
OLG Düsseldorf NZI 2010, 818:
Allein die Zahl der Verfahren wird – von extremen Ausnahmen
abgesehen – die persönliche Aufgabenwahrnehmung im
Allgemeinen nicht schon ausschließen.
AG Karlsruhe:
Belastung wird nicht bei Aufnahme in die Vorauswahlliste geprüft
aber bei konkreter Bestellung abgefragt
(Zahl aus eigener Datenbank + meist telefonische Anfrage)
 natürliche Person
Eine juristische Person wird durch die Beschränkung des Amts
des Insolvenzverwalters auf natürliche Personen nicht in ihren
Grundrechten auf Gleichbehandlung und auf Berufsfreiheit
verletzt (BGH ZInsO 2013, 2103 = ZIP 2013, 2070)
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
Auswahlkriterien
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
Alter
Ortsnähe
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 Unabhängigkeit und Objektivität
• Alle Fälle möglicher Interessenkollisionen sind zu offenbaren
(BGH NJW 1991, 982, 985)
Richtlinien sind die gesetzlichen Grundsätze (§ 41 ZPO),
nach denen auch ein Richter entweder von Amts wegen
ausgeschlossen wäre oder gegen ihn ein Befangenheitsgesuch wegen Interessenkollision erfolgreich gestellt werden
könnte (BGH a.a.O.)
Sozialkompetenz
• Analoge Anwendbarkeit von § 45 BRAO (OLG Celle ZInsO
2001, 755) hierzu und zu § 56 Abs. 1 S: 3 Nr. 2 InsO sogleich
Bedarf
• VID GoI Ziffer III. 1.
Belastung
• praktische Handhabung :
Unabhängigkeit
 im Fragebogen versichert der Bewerber, dass er jegliche Interessenkollision von sich aus anzeigen wird.
praktische
Handhabung
 bei konkreten Zweifeln des Gerichts (insb. wenn im Schutzschirmverfahren oder über einen vorläufigen Gläubigerausschuss ein nicht
gelisteter Verwalter / Sachwalter vorgeschlagen wird) :
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
Fragebogen zur Unabhängigkeit nach BAK-InsO
www.bak-inso.de (Downloads/Dokumente/Verwalterauswahl)
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
Auswahlkriterien
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
Alter
Ortsnähe
Sozialkompetenz
Bedarf
Belastung
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
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 Unabhängigkeit und Objektivität
Beispiele für die Gefährdung der Unabhängigkeit
– Übernahme von Garantieverpflichtungen durch den
(vorläufigen) Insolvenzverwalter
– Vorbefassung mit Angelegenheiten von Gläubigern,
Drittschuldnern oder des Schuldners, welche die
Insolvenzmasse betreffen
(s. BGH NZI 2004, 448)
– Tätigkeit als Poolverwalter (str.)
– Bevollmächtigung des Insolvenzverwalters, Interessen von
Gläubigern in der Gläubigerversammlung wahrzunehmen
(OLG Hamburg ZInsO 2005, 1170)
– Beteiligung an Verwertungsgesellschaften
– vorgerichtlicher Entwurf eines „pre-packaged-plan“ (wenn das
Gericht nicht sicher sein kann, dass die Vorbefassung nicht
zur ungerechtfertigten Privilegierung von Gläubigern führt)
– „Abwicklungskonzerne“
(Hill ZInsO 2010, 847; Braun ZInsO 2002, 964)
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
Auswahlkriterien
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
Alter
Ortsnähe
Sozialkompetenz
Bedarf
Belastung
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
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§ 56 Abs. 1 S. 3 InsO
Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch
ausgeschlossen, dass die Person
1. vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen
worden ist,
2. den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form
über den Ablauf des Insolvenzverfahrens und dessen Folgen
beraten hat.
• Generell kein Begründungszwang für die konkrete
Bestellungsentscheidung, also ist diese nicht justiziabel
• Zu § 56 Abs. 1 S. 3 Nr.1 InsO:
Weiterhin 3 Richtergruppen:
 vorgeschlagener Bewerber wird immer bestellt
 vorgeschlagener Bewerber wird nie bestellt
 Entscheidung von Fall zu Fall
• Zu § 56 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 InsO:
 praxisfern
 eventuell Aushebelung durch § 45 Abs. 2 BRAO
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
Auswahlkriterien
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
Alter
Ortsnähe
Sozialkompetenz
Bedarf
Belastung
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
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§ 45 BRAO Versagung der Berufstätigkeit
(2) Dem Rechtsanwalt ist es untersagt:
1. in Angelegenheiten, mit denen er bereits als Rechtsanwalt gegen den
Träger des zu verwaltenden Vermögens befasst war, als
Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker, Betreuer
oder in ähnlicher Funktion tätig zu werden;
2. in Angelegenheiten, mit denen er bereits als Rechtsanwalt befasst war,
außerhalb seiner Anwaltstätigkeit oder einer sonstigen Tätigkeit im
Sinne des § 59a Abs. 1 Satz 1 beruflich tätig zu werden.
(3) Die Verbote der Absätze 1 und 2 gelten auch für die mit dem in Sozietät
oder in sonstiger Weise zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbundenen oder verbunden gewesenen Rechtsanwälte und Angehörigen
anderer Berufe und auch insoweit einer von diesen im Sinne der
Absätze 1 und 2 befasst war.
Für § 56 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 InsO bedeutet dies, dass eine „allgemeine Beratung“ überschritten sein dürfte, wenn der Rechtsanwalt
mehr tut, als den Gesetzestext wieder zu geben und den Gang
eines Insolvenzverfahrens erläutert. Sobald er gefragt wird, ob
schon ein Insolvenzgrund vorliegt oder eine Insolvenzantragspflicht
besteht, müsste er eine Prüfung und eine Antwort ablehnen, wenn
er weiter als unabhängig gelten soll.
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
Auswahlkriterien
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
Alter
Ortsnähe
Sozialkompetenz
Bedarf
Belastung
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
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Praktische Handhabung
 Heidelberger Musterfragebogen (NZI 2009, 97)
• Entwickelt durch den Qualitätszirkel Insolvenzgerichte BW
www.insolvencycourts.org/QCG/QCGDownloads.html
• Grundlagen:
 Ergebnisse der Uhlenbruck-Kommission
 Schon vorhandene Fragebogen anderer Gerichte
(u.a. Karlsruhe und Heilbronn)
• Zweck:
 Weniger Aufwand für Insolvenzverwalter
 Erleichterung bei der Bestellung auswärtiger Verwalter (auch
wenn sie für ein konkretes Verfahren vorgeschlagen werden)
 Erleichterung für Berufsanfänger und kleine
Insolvenzgerichte
Anmerkung :
der Qualitätszirkel Insolvenzgerichte BW hat auch Leitlinien für die
Zusammenarbeit zwischen Gericht und Insolvenzverwalter insb. im
Eröffnungsverfahren entwickelt „Heidelberger Leitlinien“
Download s.o.
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
Auswahlkriterien
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
Alter
Ortsnähe
Sozialkompetenz
Bedarf
Belastung
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
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 AG Karlsruhe
 kleine Datenbank und Personalakte
 Diskussion jeder Bewerbung zwischen allen Richtern, auch mit
Einbeziehung der Rechtspfleger
 Vorstellungsgespräch zumindest vor Bestellung für laufende
Betriebe
 Zulassung / Ablehnung durch schriftlichen Bescheid,
bei Ablehnung mit kurzer Begründung
 Aufnahme von Beanstandungen in die Personalakte (teils
schriftlich, teils durch Speichern von Abmahnungs-e-mails)
 „neue“ Verwalter müssen zuerst eine Erprobungsphase mit
kleinen Verfahren durchlaufen, auch um zu zeigen, wie gut
ihre Organisation im eröffneten Verfahren funktioniert
 AG Heilbronn sehr ähnlich, aber zusätzlich noch drei
Verfahrensklassen (große, kleine, Nachlass)
 Tipps: Frind: 25 Fragen und Antworten zur Praxis der VerwalterVorauswahl (ZInsO 2008, 655 ff.) und
Frind ausführlich im Hamburger Kommentar 4. Aufl. 2012
(teils sehr streng)
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
18 / 20
Mitwirkung des vorläufigen Gläubigerausschusses
§ 56 a InsO
(1) Vor der Bestellung des Verwalters ist dem vorläufigen Gläubi-
Auswahlkriterien
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
Alter
Ortsnähe
Sozialkompetenz
Bedarf
Belastung
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
gerausschuss Gelegenheit zu geben, sich zu den Anforderungen,
die an den Verwalter zu stellen sind, und zur Person des Verwalters zu äußern, soweit dies nicht offensichtlich zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt.
(2) 1Das Gericht darf von einem einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Person des Verwalters nur
abweichen, wenn die vorgeschlagene Person für die Übernahme
des Amtes nicht geeignet ist. 2Das Gericht hat bei der Auswahl
des Verwalters die vom vorläufigen Gläubigerausschuss beschlossenen Anforderungen an die Person des Verwalters zugrunde zu legen.
(3) Hat das Gericht mit Rücksicht auf eine nachteilige Veränderung
der Vermögenslage des Schuldners von einer Anhörung nach
Absatz 1 abgesehen, so kann der vorläufige Gläubigerausschuss
in seiner ersten Sitzung einstimmig eine andere Person als die
bestellte zum Insolvenzverwalter wählen.
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
Auswahlkriterien
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
Alter
Ortsnähe
Sozialkompetenz
Bedarf
Belastung
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
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 Prüfungsschritte :
• Vorschlag ordnungsgemäß zustande gekommen ?
 Konstituierung des Gläubigerausschusses
 Einberufung der Sitzung
 Beschlussfassung
• Vorgeschlagene Person geeignet?
 Generelle Anforderungen nach § 56 Abs. 1 InsO
 Erfüllung des Anforderungsprofils
 Unabhängigkeit
• Person auf Vorauswahlliste ?
 Ja: Person generell geeignet, dann folgt Überprüfung der
Erfüllung des Anforderungsprofils
 Nein: generelle Eignung ist von Amts wegen zu überprüfen
o Ausfüllen des allg. Bewerbungs-Fragebogens
o Fragebogen zur Unabhängigkeit (BAKInsO)
o Vorstellungsgespräch (notfalls telefonisch)
• Geeignetes Anforderungsprofil ?
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
Allgemeines
Vorauswahlverfahren
BVerfG + BGH
20 / 20
 Probleme :
Alter
• Verzögerung durch Anhörung
Kann durch „Komplettpaket“ verringert werden
 Benennung der Mitglieder des Ausschusses im
Eröffnungsantrag mit Vorab-Zustimmung
 vollständiges Gläubigerverzeichnis
 Benennung einer Auswahl geeigneter Verwalter
Ortsnähe
• Verzögerung durch Überprüfung der vorgeschlagenen Person
Sozialkompetenz
• Verzögerung durch Suche nach Person, die dem Anforderungsprofil entspricht
Auswahlkriterien
Ausbildung, Erfahrung
Zuverlässigkeit
Bedarf
Belastung
Unabhängigkeit
praktische
Handhabung
Mitwirkung des
vorläufigen
Gläubigerausschusses
 Lösungsansätze :
• wenn Verzögerung zu groß ist und Sicherungsmaßnahmen
sofort notwendig sind : § 56a Abs. 1 letzter Teilsatz InsO
• Gutachterbestellung ? problematisch, da dieser in Versuchung
kommt, den Vorgeschlagenen zu kritisieren und sich selbst in
Position zu bringen, zudem weitere Verzögerung
• Gegenvorschlag durch das Gericht ? wird häufig akzeptiert
B. Anstadt - Amtsgericht Karlsruhe
vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit