AD(H)S in Schule und Beratung - Staatliche Schulberatung in Bayern

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AD(H)S in Schule und Beratung
Begriffsbestimmung
Kernsymptome
Erklärungsansätze
Ulbricht 2013, SBMuc
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Was ist AD(H)S?
ADD
POS
ADS
ADHS
HKS
Hyperkinetisches
Syndrom
ADHD
Hyperaktivität
Hyperkinetisches Syndrom, kurz HKS
Attention-deficit-disorder, kurz ADD oder ADS (deutsch)
Attention-deficit/ hyperactivity/disorder, kurz ADHD (engl.) oder ADHS
(deutsch)
Psychoorganisches Syndrom, kurz POS
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Schematische Darstellung der
Diagnose von AD(H)S - 1
Diagnosen nach ICD-10
Aufmerksamkeits+
störung
Hyperak+
tivität
Impulsivität
F 90.0
Einfache Aufmerksamkeits- und
Hyperaktivitätsstörung
situationsübergreifend
+
Störungen des
Sozialverhaltens
Ulbricht 2013, SBMuc
F 90.1
Hyperkinetische Störung
des Sozialverhaltens
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Schematische Darstellung
der Diagnose von AD(H)S -2
Diagnosen nach DSM-IV, jetzt DSM-5
Aufmerks
amkeitsst
örung
+
Hyperaktivität/
Impulsivität
Aufmerksamkeitsdefizit-/
Hyperaktivitätsstörung:
Mischtyp
situationsübergreifend
Aufmerks
amkeitsstörung
-
Hyperaktivität/
Impulsivität
situationsübergreifend
Hyperaktivität/
Impulsivität
-
Aufmerksamkeitsstörung
situationsübergreifend
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Aufmerksamkeitsdefizit-/
Hyperaktivitätsstörung:
Vorwiegend
unaufmerksamer Typ
Aufmerksamkeitsdefizit-/
Hyperaktivitätsstörung:
Vorwiegend
impulsiver Typ
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Übereinstimmende Voraussetzungen
(ICD-10 und DSM-IV)
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Beide Diagnosesysteme (ICD-10 und DSM IV/5) legen weitgehend
übereinstimmend fest, dass:
die Symptome mindestens sechs Monate lang in einem dem
Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und
unangemessenem Ausmaß vorliegen;
die Störungen (nach ICD-10) bzw. einige beeinträchtigende Symptome
der Störung (nach DSM-IV/5) bereits vor dem Alter von sieben/ zwölf
Jahren (DSM 5) auftreten;
die Beeinträchtigung durch diese Symptome sich in zwei oder mehr
Lebensbereichen (z.B. in der Schule bzw. am Arbeitsplatz und zu
Hause) oder (nach ICD-10) auch an einem anderen Ort zeigen, an dem
die Kinder beobachtet werden können;
deutliche Hinweise auf klinisch bedeutsame Beeinträchtigungen in
sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen vorhanden
sein müssen.“
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Die drei Kernsymptome
A. Unaufmerksamkeit
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Beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler.
Hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten.
Scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn ansprechen.
Führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann
Schularbeiten, andere Arbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende
bringen (nicht aufgrund von oppositionellem Verhalten oder
Verständnisschwierigkeiten).
Hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren.
Vermeidet häufig, hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig nur
widerwillig mit Aufgaben, die längerandauernde, geistige Anstrengungen
erfordern (wie Mitarbeit im Unterricht oder Hausaufgaben).
Verliert häufig Gegenstände, die er/sie für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt
... .
Lässt sich oft durch äußere Reize leicht ablenken.
Ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich.
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Die drei Kernsymptome
B. Hyperaktivität
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Zappelt häufig mit Händen oder Füßen oder rutscht auf dem Stuhl
herum.
Steht (häufig) in der Klasse oder in anderen Situationen auf, in
denen Sitzenbleiben erwartet wird.
Läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen es
unpassend ist.
Hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit
Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen..
Ist häufig „auf Achse“ oder handelt oftmals, als wäre er „getrieben“ ...
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Die drei Kernsymptome
C. Impulsivität
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Platzt häufig mit der Antwort heraus, bevor die Frage zu
Ende gestellt ist.
Kann häufig nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist
... .
Unterbricht und stört andere häufig (platzt z.B. in
Gespräche oder in Spiele anderer hinein).
Redet häufig übermäßig viel (ohne angemessen auf soziale
Beschränkungen zu reagieren).
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Problemschwerpunkte im
Grundschulalter
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Probleme der Aufmerksamkeit und Ausdauer
Ausgeprägte motorische Unruhe
Regelakzeptanz mangelhaft bei meist gutem Regelverständnis
Stören im Unterricht: Kann nicht abwarten
Geringe Frustrationstoleranz/Reizbarkeit/Gereiztheit
Lern-Leistungsprobleme/Hausaufgabenprobleme
Nicht dem Alter entsprechende soziale Kompetenz und Wahrnehmung
(Außenseiter)
Ängstlichkeit/Traurigkeit
Assoziierte Störungen:
 Umschriebene Entwicklungsstörungen (z. B. Lese-RechtschreibSchwäche, Rechenschwäche), oppositionelles Verhalten, Tic-Störungen,
Schlafstörungen, Lese-Rechtschreibschwäche, Rechenschwäche, allgemeine
Lernschwäche, neu: (DSM-5) Autismusspektrumstörung
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Problemschwerpunkte
im Jugendalter
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Unaufmerksam/Desorganisiert
Innere Unruhe/Reizsuche
Leistungsverweigerung/Oppositionelles Verhalten
Vermindertes Selbstwertgefühl
Nicht dem Alter entsprechende soziale Kompetenz und
Wahrnehmung (Außenseiter  Randgruppen)
Ängste, Depressivität
Assoziierte Störungen:
 z. B. Störungen des Sozialverhaltens; Substanzmissbrauch
(Alkohol, Drogen); Tic-Störungen
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Erklärungsansätze und
Ursachenzuweisungen
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Erklärungsansätze und
Ursachenzuweisungen
1. Neurobiologische Funktionsstörungen
 Reizüberflutung - keine Trennung von wichtig und unwichtig
 Angeborene, gestörte Regulation von Neurotransmittern
(chemische Substanzen zur Weiterleitung von
Nervenerregungen); Dopaminmangel im Zwischenhirn
 Mangelhafte Hemmung von Verhaltensimpulsen
 Schwache Selbstkontrolle
 Aber: Zur Zeit noch kein allgemein eingeführtes
Untersuchungsverfahren!
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Film
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Erklärungsansätze und
Ursachenzuweisungen
2. Prä- peri- oder postnatale Ursachen und
Störungen des Immunsystems
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MCD Minimale, cerebrale Dysfunktion
Sauerstoffmangel bei der Geburt
Alkohol- und Tabakkonsum der Mutter
Hohe Bleibelastung
Hirnverletzung des Kindes
Bestandteile der Nahrung (Zucker,
Konservierungsstoffe ..)
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Erklärungsansätze und
Ursachenzuweisungen
3. Psychosoziale und familiensystemische
Ursachen
 Geringer sozioökonomischer Status der Eltern (nur
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in einigen Studien nachgewiesen)
Ungünstige familiäre Bedingungen
Ungünstige Elter-Kind-Beziehung, Über- und
Unterstimulierung, häufige negative Interaktionen
Mangelnde Grenzsetzung
Häufiges Auftreten ungünstiger Bedingungen:
Zeitdruck, Leistungsdruck, starke Ablenkung
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Erklärungsansätze nach Petermann
4. Multifaktorieller, Prozess orientierter Erklärungsansatz
 Frühkindliche Hirnschädigung
neurologische Schädigungen oder minimale cerebrale Dysfunktion
 Spezifische Überaktivierung
Reizüberflutung infolge mangelnder Fähigkeit, Störreize auszublenden
 Aktivierungsmangel
corticale Unteraktivierung führt zu einer erhöhten Reizsuche
 Gestörte Immunregulation
Allergische Reaktionen führen zu Aktivierungsmangel
 Ungünstige Verstärkungsmechanismen im Elternhaus
Inkonsistente und überwiegend negative Verstärkung
 Interaktionelle Theorien
Ungünstige Beziehungen zwischen Aufmerksamkeitsstörung, Kindern und den Eltern
führen zum Erwerb von „aufmerksamkeitsgestörtem“ Verhalten
 Milieureaktive Verursachungshypothesen
Insgesamt ungünstige Sozialisationsbedingungen – u.a. Arbeitslosigkeit, niedriger
Bildungsstand, geringe Lernförderung, Alkoholmissbrauch
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Biologisch-behaviorales Modell
vereinfacht nach Lauth & Schlottke, 2002
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Diagnose von AD(H)S
Die Diagnose erfolgt durch den Arzt oder Kinder-und
Jugendpsychiater!
Anamnese: Exploration der Eltern/des Patienten; Familiensituation, familiäre
Interaktion, Verhalten im Kindergarten/in der Schule, Lehrerfragebogen;
Zeugnisse, Hefte, Zeichnungen, Kontakt und Information durch betreuende
Einrichtungen, Gespräch mit anderen Betreuern und Therapeuten
Medizinische Untersuchung: internistischer Status, kinderneurologische
Untersuchung, Überprüfung von Hören und Sehen, Bewegungsdiagnostik,
evtl. EEG, EKG, Blutuntersuchung
Psychologische/ psychiatrische Untersuchung: In angemessenem Umfang
Begabungsdiagnostik, Diagnostik umschriebener Entwicklungsstörungen,
Erfassen schulrelevanter Fertigkeiten (z. B. Lesen, Schreiben, Rechnen),
Testpsychologische Untersuchung einschließlich Verhaltensbeobachtung,
Beschreibung und Bewertung des Verhaltens, Einsatz von Fragebögen.
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