I. Die Göttin Mise.

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Transcript I. Die Göttin Mise.

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Stóc.ti.b;bliothek
Ч
MÜNCHEN
I.
•
Die Göttin Mise.
Auf eine Göttin, die man bisher kaum beachtet hatte, ist
durch eine Stelle des Herondas allgemeinere Auftnerksamkeit gerichtet worden. Im ersten Mimiambos wird eine Prozession der
Mise, ζά&οδος ττ^ς Μίσης (v. 51), erwähnt, bei der einer eine
junge Frau gesehen und sich in sie verliebt hat. Als Ort dieser
Prozession ist nicht Aegypten — denn dahin ist der Mann der
Frau gerade verreist (v. 23) — , gewis aber eine nicht zu ferne
Gegend gedacht, die auf dem Seewege von Aegypten erreicht
wurde (v. 68).
Wir wußten schon'), daß die Mise in den orphischen Kultgemeinden verehrt worden ist ; denn wir haben ein Denkmal dieser Verehrung im 42. Liede des uns erhaltenen orphischen Gebetbuchs. ΛVahrscheinlich ist diese Sammlung so wie sie vorliegt
in oder um Alexandria zusammengestellt und gebraucht
In
dem Hymnus wird Mise als eine mannweibliche Gottheit angerufen und in der wüst mischenden Art dieser Gebete sogar zugleich als Dionysos und lakchos bezeichnet
Solche mannweibliche Gottheiten stellten j a die Orphiker mit Vorliebe in
den Anfang ihrer Theogonieen, wie die 'Αδράστεια άρσενό&ηλυς
(orph. Frgm. 36 Abel), einen <1)άνγ;ς als ζψον άρρεν(ίί)ηλυ (orph.
Frgm. 38, 62, 73) und andere Wesen. Die einzelnen Gottheiten
0 . Crusius in den Untersuchungen zu Herond. 17 f. 128 ffi hat
bisher die Stellen für die Mise am vollständigsten.
S. meine Schrift de hymnis Orphicis p. 24 u. f. Daß die orphischen Hymnen wirklich gebrauchte Kultgebete sind, hoffe ich eben dort
bewiesen zu haben.
' ) Denn τ' V. 3 einzusetzen ist falsch ; das Wesen wird Διίνυιος,
MfoTj und dann auch noch 4 Λύίειος "Ιαχχος genannt.
Philologus LH (N. F. VI), 1.
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Α.
Dieterich,
mit allen möglichen andern gleichzusetzen imd so jedesmal die
einzelnen, die gerade angerufen werden, zu möglichst weltumfassenden Gestalten auszuweiten, liegt ja in der Eigenart dieser Ge-,
bete; und so wird auch hier Mise als eine Art Weltenmutter gedacht, gerade wie vorher Demeter (Hymn. 40) und die Mutter Antaia (Hymn. 41) auch, mit denen sie aber durchaus nicht zufallig zusammensteht. Von der Antaia wird das Abenteuer in Eleusis erzählt, das Demeter auf der Suche nach Persephone erlebt
haben sollte. Daß die [Αήτηρ Άνταίη eigentlich eine chthonische
Gespenstermutter ist, die sonst der Hekate gleichgesetzt zu werden pflegt, habe ich früher (de hymnis orph. p. 14 sq.) aus dem
Gebrauche von συνάντησα (Erscheinung, Gespenst), ευάντητος u.s.w.
zu zeigen gesucht
Hier ist sie, auch als eine Allmutter (v. 2), mit den Zügen
der Demeter ausgestattet, die in Eleusis ihr Fasten auf der Suche
nach dem Kinde aufgab (v. 3. 4) und dann endlich kam
εις Άίοην πρός άγαυήν Φερσεφονϊίαν
άγνέν τυαΐδα Δ υ σ α ύ λ ο υ όδηγη-ηρα λαχοΰ3α,
[ΐ-ηνυτήρ'^) άγιων λέν.-ρων )'ί)ονίου Διός άγνοΰ . .
Nun vergleiche man eine Angabe bei Harpokration s. v.
Δυσαύλης. Δείναρχος έν τη ττερί της ίερείας διαδ-κοοία ει γνήσιος.
Άσκληπιάδης δ' έν δ Τραγφδουμενων τον Δ υ σ α ύ λ η ν αυτόχθονα είναί φησι, συνοικήσαντα δέ Β α υ β ο ΐ σχεΐν -αιδας ΙΙρωτονόην
τε ш \ Μ ί з α ν .
So ist also auch die Mise unter jene
eleusinischen Gottheiten eingereiht gewesen als Tochter des Dysaules und der Baubo, denn Asklepiades berichtet natürlich attisch - eleusinische Sage. Es ist nicht zufällig, daß im 42. der
Vgl. b t s . I l e s y i l i . s. v. 'Ανταίο· ávavtta . . . στ|μαίνει δε v.ci\ δαιμόνια·
*al την 'Κχάτην δε Άνταίαν λέγουαιν άττό - ' Λ έ - ι - έ μ - ε ι ν αϋτα'. So ist doch
w o h l a u c h 'Ανταίος, d e r f u r c l i t b a r e E r d e i i s o l u i , a u f z u f i i s s e n , und d e r
N a m e eines 8 i l e n s auf e i n e r alten o h a ì k i d i s c h e n schwarzfÌKm-igcn V a s e
Ά ν τ ί η ς ( H e y d e r a a n n S a l y r - und l i a k c l u i i n a m e n , 5. H a l l e s c h e s W i n k e l m a n n s p r o g r . 1880. S. 28), ein sehr jjaspender N a i u e f ü r den s c h r e c k e n d
e r s c h e i i i c u d e u Berg- u n d W a l d d ä m o n .
A u c h Ά ν τ ί ω ν , V a t e r d e s Ixion,
mag hierher gehören.
D a ß dies ein b e s t i n i n i t e r a l t e r s a k r a l e r T e r m i n u s i s t , m a g a u s
P a u s a n . I 14, 3 f o l g e n : ("Εττη άδετοι) 'Ορφέως δέ (οΰδε τοΰτα Ό ρ φ έ ω ς ,
έμοί δοχείν όντα) Εύβουλεΐ και Ί'ριπτολέμψ Δυσαύλην πατέρα εΪναι, μ η ν ύ α α α ι δέ σφισι περί της παιδός δοθήναι παρά της Δήμητρος σπείραι τους καρπούς.
' ) Sollte nicht vielleicht πρωτογόνην zu setzen u n d ein w e i b l i c h e s
G e g e n b i l d des o r p h i s c h e n P r o t o g o n o s zu v e r s t e h e n s e i n , wie es d e n n
in A t t i k a a u c h einen K u l t d e r Κιίρη πρωτογενή g e g e b e n h a t , P a u s a n . 1 3 1 ,
2. A l s M í o a v ist n a t ü r l i c h d a s νηααν d e s P a r i s . D u n d P a l a t . E u n d xvísov
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Die Göttin Mise.
3
orpliischen Hymnen, nachdem im 41. von Demeter-Antaia, von
Dysaules u. s. w. erzählt ist, die Mise gefeiert wird ; und die Aufzählung ihrer Aufenthaltsorte beginnt dort (v. δ) :
ε ί ν έν Έλευσΐνος τέρπι;) νηω Ου(5εντι.
In denselben Sagenkreis gehört die Geschichte, die im 4. Buche
der Έτεροιού[χενα des Nikandros stand (frgm. 56 p. 63 0 . Schneider aus Antonin. Liberal. 24 j). 224), daß Demeter in Attika
von M i s m e in ihrem Hause empfangen und bewirthet worden
sei ; ihr Sohn Askalabos wird wegen seines übermüthigen Spottes
in eine Eidechse verwandelt. So sehr man an der merkivürdigen
Form Misme auch nach dem, was wir noch über den Namen
der Göttin auszuführen haben, Anstoß nehmen könnte, die Ueberlieferung ist durch die üebereinstimmung von Antonin. Lib. und
Lactant. Placid, narr. fab. V 7 geschützt') —, wer kann ernstlich
diese Misme und jene Mise trennen wollen ? Da liegen Ausgleichungen und Alisclumgen vor, die zu enträthseln alles Material fehlt.
So viel ist k l a r : früher war es lambe, welche die Demeter
empfing, so im alten Demeterhymnus: die Göttin war άγελαστος
U.S.W, (v. 202 ff,),
πριν γ' δτε δή χλεύγ/ς ¡xiv '1άμ|3η κέδν' ειουΐα
πολλά παρασκώπτουί' έτρέψατο πότνιαν, άγνήν,
μ,ειόήσαι γελάσαι τε Ζ(χ1 ί'λαον 3χειν ί)υμόν.
Sie wird auch erst aus andern Demeterkulten übernommen sein
und ist als Dienerin ins Haus des Keleos und der Metaneira gesetzt. Später erst drang eine ganz andre Gestalt aus den lasciven Kultgebräuchen der Orphiker — denn fìir diese wird sie ausschließlich bezeugt (fr. 215, 216 Abel) — auch dort ein als Amme
der Demeter oder als Gattin des Dysaules, die nun mit ihm das
die Göttin aufbehmende P a a r bildet. Wir wissen, was dies Wesen bedeutet: sie ist selbst ursprünglich nichts anderes als das,
was sie der Demeter zur Erheiterung zeigt'). Die maskulinische
des Vatic. В zu deuten, was bereits von Müller F H G r II 339 g e s c h e hen ist.
') Vgl. N ä k e opuse. II 121; R. F ö r s t e r R a u b u. Rückkehr der
Perseph. 82. Nach ihm soll Μίσμη die „Mischerin" bedeuten, was ganz
unmöglich
ist.
Hesych. ßauß(b . . . (Crusius S. 128 f.) οημαίνει δέ καί κοίλίαν ώς
παρ' Ь μ π ε δ o χ λ ε î .
Merkwürdig g e n u g , daß gerade bei Empedokles,
der so manches aus Geheimkulten s c h ö p f t e , βαυβώ vorkam.
In der
That werden diese Dinge uralt sein.
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Α. D i e t e r i c h ,
Form dazu ist βαυβών, und man könnte sich recht wohl einen alten
phallischen Dämon Βαυ^ών denken. Begreiflich genug, daß das
nun aus Herondas bekannte Instrument βαυβών hieß®). Wie die
Βαυβώ später im Dionysoskult fortlebt, zeigt die Inschrift Mitt.
d. ath. Inst. XV 1890 S. 330, wo eine der Mainaden von
Theben, die den Dionysoskult in Magnesia am Mäander begründen
sollen, Βαυβώ heißt; wie sie in spätem imd spätestem Aberglauben nicht vergessen wird, zeigen Stellen der Zauberreceptbücher
(pap Paris. 2201. pap. Brit. 46, 493) und der Zauberlieder, wo
Hekate z. B. auch diesen Beinamen bekommt (Abel Orph. 289
hym. i n V. 2^"). Schließlich ist sie dann auch, wie ein Bruchstück des Psellus berichtet (bei Leo Allatius de graecor. hod.
quorund. opinât, epist. p. 139: έ'νεατι γάρ που τοις Όριρικοΐς ετιεσι
Βαβώ τις όνομαζομένη δαίμων νυκτερινή, έπιμήκης το σχήμα
καί σκιώδης τήν υπαρξιν), ein unförmliches Nachtgespenst wie
Hekate.
Eine dritte Gestalt in dieser Reihe ist die Mise. Sie ist
andersher gekommen und zunächst, wie es scheint, nur angegliedert als Tochter des Dysaules und der Baubo; so im Zeugnis des Asklepiades, mindestens also im 4. Jh. Später empfängt
sie selbst die Demeter (als Misme), so bei Nicander. Ueber ihr
Wesen im Einzelnen erfahren wir nichts, nur müssen wir annehmen, daß sie jenen Gestalten ähnlich gewesen ist. Woher mag
sie nach Attika gekommen sein?
In der Aufzählung der Kultstätten der Mise fährt der orphische Hymnus fort (v. 6), nachdem er Eleusis erwähnt,
ειτε και έν Φρυγίτ^ συν μ η τ έ ρ ι μυστιπολεύεις.
Man vergleiche damit Ilesych s. v. Μισατίς (eine Weiterbildung
') Daß ßaußäv iiiclit 'seblummerii, schlafen' h e i ß t , sollte sich vou
selbst versieben. Sojih. fr. Iti5 Nauck^ ή δέ προυχαλειτί! με ßaußctv ¡ι-εθ'
θύτης, wo E u s t . Oil. 1761, 27 χοψάα&αι erklärt, natürlich in dem Sinne,
den es j a auch so oft bat. Eurip. fr. 694 βουβωμεν είσελθ(ίντες, άπόμορξαι
σί8εν τά δάκρυα, wo Antiatt. 85, И erklärt άντί τοΰ καθεύδειν, wieder in
demselben S i n n e , den auch für κοθεύδειν j e d e s L e x i c o n belegt. Beide
F r g m . sind aus Satyrspielcn , das des Eur. aus dem S y l e u s ; da wird
H e r a k l e s die Xenodike, die Tocliter des S y l e u s , so anreden (so scbon
Mattbiae). Arcad, р. 149, 13 βοβώ· το καθεύδω. Also aucb βαβάν gibt
es ( B e k k e r Anecd. 85 βαβήσομεν aus des Komikers Kantbaros Medea
FCG I 765 K) wie Βαβώ (orph. Frgm. 216). Daß ßoußibv u. ä. hierher
g e h ö r t , vermuthet Crusius S. 129.
W o nicht mit D i l l h e y Βομβώ z u ändern ist Rh. Mus. 27, 393.
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Die Göttin Mise.
ó
von Μίση s. u.) Μ ί σ η " ) τ ώ ν π ε ρ ί τ η ν μ η τ έ ρ α τις, ή ν κ α ι
¿ μ. ν όο υ σ ι.
Es ist kein Zweifel: Mise gehört danach auch in
den Kreis der großen Mutter.
Nun vergleiche man die andre
Glosse des Hesych Μ ί δ α 0 ε ό ς · oí υπό Μίδα βασιλευ{Μέντες
έσέβοντο κα'ι ώ μ ν υ ο ν τ η ν Μ ί δ α ί>ε(ίν, ην τίνες μ η τ έ ρ α α ύτ ο ΰ έκ τ ε τ ι μ ή σ U α ι λ έ γ ο υ σ ι ν .
Auf die Aehnlichkeit der
Angaben brauche ich nicht aufmerksam zu machen. Aber nun
rückt gar eine Göttin Mida neben Midas als seine Mutter? Man
wird sich der Angaben bei Hygin fab. 191 erinnern, wo Midas
ßius matris deae, und fab. 2 7 4 , wo er Cybeles ßius, Phryx genannt wird
Die spätere Verwechslung einer alten Sagengestalt
Midas und des Königs Midas ist j a längst erkannt; sie blickt
auch im Anfang der Hesychglosse durch; aber gerade nach dieser Glosse ist eben auch die Mida als die Mutter des Midas
selbst nichts anderes als ein Name der großen Mutter. W a s ist
Midas ursprünglich gewesen ? Ist er nicht deutlich ein Berg- und
Waldgott, in thierischer Gestalt
, über dessen Eselsohren erst
die lustigen Griechen spotteten '•·) ? Auch die Silene, die Pferdedämonen, findet man ursprünglich gerade, wo die Βρύγες, Βέβρυκες und Φρύγες луоЬпеп, und ihre Namen auf den ältesten Vasen
sind charakteristisch genug "ϋρειος "Ιππος Ίππαιος u. dgl.
Nun, die große Bergmutter ist die Ρείη = δρείη'®) Ίδαίη (ϊδη
Waldgebirge) imd ebendahin gehört es, daß Ιππα nicht nur eine
phrygische Nymphe am Tmolos ist, die Amme des Bakchos, sondern ein Name der Göttermutter selbst. Der orphische Hymnus
49 ruft sie an
χ^ονίη μήτερ, βασίλεια,
είτε σύ γ' έν Φρυγίτ;; κατέχεις "Ιδης δρος άγνόν,
ή Τμώλος τέρπει σε, καλόν Αυδοΐσι θο'ασμα.
J a , eine Inschrift aus Kula lautet: M H T P I ΙΠΤΑ { = "Ιππ(ί)
" ) Μίσης ist Überliefert; es kann gar nichts anderes als Μίϋη darinstecken.
" ) Auch Died. III 59 wird der 'König' Midas in enge Beziehung
zur großen Mutter gesetzt, der er ganz besonders glänzende Feste feiert. Ihren ersten Tempel in Pessinus hat er erbaut.
Vgl. Emst Kuhnert Zs. der deutsch, morgenl. Gesellschaft 40,
549, wo sogar die Identität des Midas und des Silenos dargethan werden soll.
" ) Vgl. Erdmannsdörffcr das Zeitalter der Novelle in Hellas 27 f.
S. Heydemaun Satyr- u. Bakchenuamen a.a.O. S. 28, 36, 37
(dort wird auch verglichen Festus p. 182, 30 Müller: Oreos Liber pater).
" ) О. Crusius Beitr. zur Mythologie 26.
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б
Α.
Dieterich,
KAI ΔΙΕΙ Σ(αβαζ(ψ) " ) .
Diese Andeutungen werden bier genügen das Wesen der Gottheiten deutlich zu machen. Midas und
Mida gehören zusammen, und es ist verständlich, wenn ersterer,
nachher freilich immer mit dem König verwechselt, Sohn der
großen Mutter heißt. Bald verschmolzen j a die orgiastischen
Kulte der großen Mutter mit dem Dionysoskult in Kleinasien,
Midas wird παράσιτος, θιασώτης des Dionysos, und es ist auch
in seinem Wesen tief begründet, wenn er μετείχε του των σατύρων γένους ώς έδήλου τά ωτα (Philostr. vit. Apoll. VI 27). So
hat er denn auch in die orphischen Kulte und Mythen seinen
W e g gefunden, Midas heißt ein Schüler des Orpheus ^eui Tiiracius Orpheus orgia tradiderat' (Ovid. Metam. X I 92 cf Phot.
Eibl. p. 130. Justin. X I 7 Clem. Coh. p. 10 B). Sogar die gewöhnliche Geschichte von Midas als dem Schiedsricliter zwischen
Apollon und Marsyas und der Entstehung seiner Eselsohren wird
aus einer orphischen Theogonie citirt (Mythogr. Vat. I I I 10, 7
Orph. Frgm. 310).
E s wird nach allem diesem sachlich außer Zweifel gesetzt
sein, daß Μίση und Μίδα, die mis beide in gleicher Weise nach
Phrygien in den Kreis der großen Mutter wiesen, dieselbe Gottheit sind. Kann denn aber sprachlich Μίση und Μίδα gleichgesetzt werden? Im griechischen wäre ein solcher iVechsel von δ
und σ wohl kaum denkbar. Es gibt aber Schreibungen wie ΜητρΙ
Ζιζιμήν^; = M. Δινδυμήνη (Laodicea. Athen. Mitt. Χ Π Ι 287
η. 9 ; vgl. Ναδιανδός und Ναζιανζός Philostorg. histor. eccl. V i l i
11)'®), wo ζ gewis nur den tönenden s-Laut bezeichnen soll. J e denfalls sind Μίδα und Μίση die verschiedenen griechischen Auffassungen eines fremden Wortes. Midas ist sicher ein fremder
N a m e ; er ist immer ó Φρύξ und Μίδας ist in Athen stets ein
Sklavenname, ein ausländischer, phrygischer Name'®). Der fremde
Laut, den die Griechen einmal durch σ, das andremal durch δ
" ) Μουσείον *. βφλιοθήχη της εόαγγελ. σχολής έν Σμύρνη 3 ρ. 169
nr. τμβ', S. F. Α. Voigt in R o s c h e r s L e x . I 1085.
Auch die H i p p a
spielt bei den Orphikern noch eine große R o l l e . Sie setzt das mit einer S c h l a n g e umwundene λίκνον auf ihr Haupt. Έττείγετοι γαρ προς την
(λητέρο των θεών χαί τ ή ν "Ιδην, dtp' ^ς πάσα των ψυχών σειρά. Die Neuplatoniker allegorisiren s i e sogar als die W e l t s e e l e . Orph. Fragm. 207 Abel.
>8) Bei Kühner - Blaß S. 279 § 67, 5 Άρ*ασ(δης.
Obige B e i s p i e l e
verdanke ich W i l h e l m Schulze.
'«) Μανής Μίδας πλυνής CIA II 1327 Μίδας mit dem B e i s a t z χρηστός,
das den Sklaven bezeichnet. CIA II 3449 u. s.
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Die Göttin Mise.
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wiedergaben, wird tönendem englischen th ähnlich gewesen sein
Man kann das ja in keiner Weise kontrolliren : man kann hier
mit dem heutigen Material keinen Schritt weiter kommen. Das
darf uns aber nicht hindern, zu behaupten, daß Μίση und Μίδα
die ursprünglich gleichen Namen einer Gottheit sind. Ich hoffe es
sachlich bewiesen zu haben; zu lautlicher Erklärung wird sich
vielleicht in Zukunft neues Material finden.
Ist also Mida und Mise dieselbe Göttin, so kann man nun
auch besser verstehen, daß in dem orphischen Hymnus gerade die
Mise als mannweibliche Gottheit gefeiert wird wie die große
Mutter so oft (namentlich als Agdistis), und daß sie so parallel
neben der A n t a i a steht, 'der vielnamigen Mutter der Götter
und Menschen', die angefleht wird (v. 10) έλΟεΐν ε ύ ά ν τ η τ ο ς
έπ' εύιέρφ σέο μύστη ; denn Μήτηρ ίΐεών ε ό ά ν τ η τ ο ς ist der
stehende sakrale Name der phrygischen Gottheit gerade in ihrem
Kult im P e i r a i e u s ^ ' ) . Die phrygische Khea war schon frühe nach
Athen gekommen. Im Demeterhymnus glaubt man deutlich zu
erkennen, wie der neue Kult in die eleusinischen Mysterien eingeschoben wird: Ρείη wird zu Demeter als freundliche Botin gesandt (442 ff.), sie betritt dort zum ersten Mal die Erde (458).
In dem mer^vürdigen Liede der euripideischen Helena (1301 ff.)
wird der Hauptmythus von Eleusis, das Suchen der άρρητος κ(ίρη,
das Ende des Fastens u. s. w., von der großen Mutter erzählt.
Sie Avird gar nicht mehr von der Demeter getrennt. Dem Liede
sieht man an, daß es die Nachahmung eines eleusinischen Kultgesanges ist
Die Aufnahme der Rhea in Eleusis liegt also
deutlich genug vor, und ihre Genossin Mise ist mit ihr gekommen
und eingereiht worden wie es oben bereits gezeigt wurde. Daß
sie unzweifelhaft schon vorher eine besonders lascive Gestalt geworden war, wird bei einer Göttin des ausschweifenden Kultes
der phrygischen Bergmutter niemanden Wunder nehmen
Der
Brugmann gr. Gr. § 34, wo er über spirantische Geltung f ü r 9
spricht, 'wobei es zweifelhaft i s t , ob α ein ungenauer Ausdruck f ü r p
war, auf den Fremde, denen p gegenüber ihrem einheimischen th auffiel,
leicht kommen konnten' u. s. w.
F o u c a r t des assoc. relig. chez les Grecs p. 201 f.
Im übrigen reicht j a der Bau des μητρφον vielleicht ins 6. J h ,
P i n d a r verehrte die große Mutter und setzte sie gelegentlich der Demeter
gleich, Isthm. 6, 3. Vgl. P r e l l e r gr. M. 512.
Alle solche ursprüngliche Berg- u. Walddämonen haben diesen
Z u g ; man denke nur an die stets phallischen Silene.
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Α. D i e t e r i c h ,
Uebergang in die orphisch-dionysischen Kulte war sowohl in Athen,
wie in Kleinasien selbst, nach allem Gesagten ganz natürlich. In
Alexandria blühten diese Kulte in späterer Zeit ganz besonders:
da tritt uns die Mise wieder entgegen als hochverehrte Göttin.
Aber sie wandert noch viel weiter. Plutarch berichtet im
Leben des Caesar c. 9 bei Gelegenheit des bekannten Skandals
am Feste der Bona Dea ausñihriicher über diese Göttin. Ich mulJ
einen Theil dieser Ausñihrung hersetzen: έστι δέ και 'Ροομαίοις
θε(ίς, ήν ΆγαΟήν όνομάζουσιν , ώσπερ "Ελληνες Fuvoif/síav. και
Φ ρ ύ γ ε ς μεν ο ί κ ε ι ο ύ μ ε ν ο ι Μ ί δ α μ η τ έ ρ α τ ο υ β α σ ι λ έ ω ς
γενέσθαι φασιν, 'Ρωμαίοι οέ Νύμφην Δρυάδα, <1>αύνψ συνοικήσασαν, " Ε λ λ η ν ε ς δέ τ ω ν Δ ι ο ν ύ σ ο υ μ η τ έ ρ ω ν τ η ν ά ρ ρ η τ ο ν ,
ίΓί)εν άμπελίνοις τε τάς σκηνάς κλήμασιν έορτάζουσαι κατερέφουσι,
χαί δ ρ ά κ ω ν ι ε ρ ό ς παρακαίΙίδρυται щ ϋεω κατά τον μΰί)ον...
α ύ τ α ι δέ κ α δ ' έ α υ τ ά ς αί γ υ ν α ί κ ε ς π ο λ λ ά τ ο ι ς Ό ρ φ ι κ ο ΐ ς ό μ ο λ ο γ ο ΰ ν τ α δ ρ ά ν λ έ γ ο ν τ α ι περί την ι ε ρ ο υ ρ γ ί α ν .
Da finden wir eingedrungen in den Kult der Bona Dea und mit ihr
vereinigt die Μίδα Οεο'ς — die Herkunft aus Phrygien wird noch
ausdrücklich betont —, von der Hesychius anfuhrt oí u-ò Μίδα ¡5αριλευθέντες έσέβοντο και ώμνυον την Μ ί δ α θεόν, ην τίνες μητέρα
α υ τ ο ύ έ κ τ ε τ ι μη σ U α ι λ έ γ ο υ σ ι ν , und man gedenkt des Verses
dea Misehymnus άγνήν τ' εύιερο'ν τε Μίσην, ά ρ ρ η τ ο ν ά ν α σ σ α ν .
Plutarch bemerkt eben nur was ihm sehr merkwürdig л'огкаш, daß
diese Göttin die Mutter des Königs Midas sein sollte, von dem die alten
Erzählungen allbekannt waren; den betreffenden Kultnamen nennt
er nicht. Möglich ist, ja wahrscheinlich, daß ihre Kultbezeichnung
Μίδα μήτηρ war; das hieß eben auch „Mutter der Midas". Daran
schlossen sich die ganzen Midasgeschichten und das erschien dem Berichterstatter bemerkenswerth. Ausdrücklich wird gesagt, daß die
Frauen „unter sich" es trieben wie in den orphischen Mysterien; natürlich bezieht sich das auf die obscoenen Dinge, wie sie in den dionysisch-orphischen Geheimkulten im Schwange waren. Und die waren
nun immer mehr in den Kult des Bona Dea eingedrungen. Die
ausschweifenden bakchischen Orgien, die schon einmal eine Gefahr
fur den Staat geworden waren, hatten sich hier wieder einzuschleichen gewußt, imd wir sehen sie von Cicero bis Juvenal sich
zu frechster Unsittlichkeit steigern. Wie an den Namen der altrömischen Göttin griechischer Kultbrauch sich anschloß, ist bekannt.
Wie bald gerade die orphischen Mythen eindrangen, ist nun deut-
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Die Göttin Mise.
9
lieh zu sehen. Die Geschichte, wie Faunus seiner Tochter, der
Bona Dea, die ihm nicht zu AVillen ist, in Gestalt einer Schlange
sich gesellt, hat die genaue Parallele an der orphischen Tradition
von Zeus, der die widerstrebende Ehea oder auch seine Tochter
Persephone in Gestalt einer Schlange vergewaltigt
Diese Bona
Dea ist ja bald mit Ehea und Kybele, bald mit Proserpina bei
den Eomern gleichgesetzt worden, wie sehr früh schon mit Demeter
Damia wird sie ja selbst genannt
Die enge Vereinigung der Mysterienkulte all dieser Gottheiten in späterer Zeit
mag stati ^r^leier Zeugnisse eine Inschrift aus Rom zeigen CIG
6206, jetzt Kaibel IGSI 1449:
κεΐμαι Αόρήλιος 'Αντώνιος ó καΐ
ιερεύς τών[δ]ε θεών πάντων, πρώτον Β αν α δ ίη ς
είτα μ η τ ρ ό ς θ ε ώ ν καΐ Δ ι ο ν ύ σ ο υ και 4 1 γ εμ(ίν ος,
ήγεμών ist lakchos und nach Strab. X 468 άρχηγέτης τών
μυστηρίων της Δ ή μ η τ ρ α ς . Der Priester dieser Gottheiten, dem
die Grabschrift gilt, ist ein Knabe von 7 Jahren. Natürlich war
es e i n synkretistischer Kult, dessen Bestandtheile uns durchaus
verständlich sind. ЛУeiche Bedeutung in jenem zügellosen Geheimdienst der römischen Bona Dea die Mida gehabt haben mag, kann
die Mise von Eleusis errathen lassen.
Das sind die Spuren, die wir von der \Vanderung der seltsamen Göttin haben. Aber es gibt vielleicht noch andre Anzeichen
ihrer Existenz, die verborgener sind. Weiterbildungen hat die
Sprache von Μίση gestaltet -näe jenes Μισατίς bei Hesychius s.v.
Es hat eine ähnliche Gestalt bezeichnet, vielleicht auch eine Priesterin der Göttin oder eine ihr Ergebene. Auf eine andre Bildung hat schon O. Crusius aufmerksam gemacht. Er verweist
(Unters, zu Herondas 130 Anm.) auf das Kratinfragment :
μ ι σ η τ α ί δέ γυναίκες όλίσβοισι χρήσονται.
Macrob. I 12, 2 4 : нее non eandem F a u n i filiam dicuiit obstitisseque vohintati patris in amorem suum l a p s i , ut et virga myrtea ab
eo verberaretur, cum desiderio patris nee vino ab eodem pressa cessisset. transfigurasse se tarnen in serpentem pater creditur et coisse cum
fllia. D a z u z . B . Athpnag. leg. pro Christ, p. 295 d (fragm. orph. 4 1 ) : xal
δτι (Ζευς) την μητέρα 'Ρέαν άτταγορεύουσαν αίίτοΰ τόν γοίμον έδίωχε' δρακαίνης δ' αΰτής γινομένης *αΙ ούτος είς δράκοντα μεταβαλών — έμίγη . . .
εΤθ' ό'τι Φερσεφόνη τη Ουγοτρί έμίγη, βιασο'μενος χαί ταύτην έν δράκοντος
σχημοτι . . . Man b e a t i n e a u d i , daß nach der angcf. Plutarchstelle
δράκων Ιερός παρακα8ίδρυται τη θεο) κ α τ ά τ ο ν μ ΰ θ ο ν .
S. Peter in R o s c h e r s L e x . I 791. 943.
S. О. Crusius Philol. 49, 675.
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Α. D i e t e r i c h ,
'Ist die Vermuthung erlaubt, daß Mtfar, damit im Zusammenhang
steht und eine andre Baubo bezeichnet?' fragt er.
Das letztere
ist für gewisse Kulte sicher.
Aber es gibt noch mehr als diese
Kratinstelle und die Erklärung bei Photius s. v. μισήτη, nach der
es τήν καταφερη bezeichnet. Das weitere gilt es zunächst vorzulegen.
Aristoph. av. 1620 — уш μ,άποόιδυ} ¡ χ ι σ η τ ί α .
Dazu schol. μισητίαν οέ oí [χέν περί 'Αριστοφάνη τήν εις τά άφροδίσια άκρασίαν καΐ τό 'περί οφυρον παχεΐα μισητή γυνή' ούτως
έςηγοΰνται. μήποτε μέντοι γενικώτερ(!ν έστιν απληστία, ο και νυν
εμφαίνεται.
Aristoph. Plut. 989 :
καί ταΰτα τοίνυν ούχ ένεκεν μ ι σ η τ ί α ς
αιτεΐν μ' εφασκεν·. άλλα φιλίας εινεκα.
Dazu schol. ούχ ενεκα του ΰ-ηρετεΐν μου τή α σ ε λ γ ε ί α . . μ ί ση τ ία . . . τ έ ε ι ς τ ά ς σ υ ν ο υ σ ί α ς ε υ ε π ί φ ο ρ ο ν.
Pollux V I 189 gibt außer andern Synonymen ερωτομανών
και ó μισέρως
καί μ ι σ η τ ο ν μεντοι οΐ κωμικοί καλουσι καί
μισητήν τήν μ ά χ λ ο ν . . . το δέ πράγμα λ α γ ν ε ί αν, ά σ έ λ γ ε ι α ν ,
α κ ο λ α σ ί α ν , ε υ χ έ ρ ε ι α ν, μ α χ λ ο σ ύ ν η ν , έ τ α ί ρ η σ ι ν , π ο ρ νείαν, μισητίαν.
Suidas s. V. μισήτη . τήν καταφερή μισήτην ελεγον, où παρά
το μίσος άλλα παρά τό μίσγεσί>αι.
Es folgt auch da das Kratinosfragment und ähnliche Erklärung wie die obige. Etwa das
gleiche steht bei Hesychius s. v. μισήτη.
Will etwa jemand diesen antiken Erklärungen gegenüber im
Ernste behaupten μισητο'ς, μισητή, μισητία gehöre zu μισείν 'hassen'? Schon die alten Grammatiker haben beide scharf getrennt,
auch in ihrer Weise dem so Ausdruck gegeben, daß sie μισήτη
und μισητή nach den béiden Bedeutungen differenzirten
Sie
wußten und fühlten, daß es einander völlig fremde Worte seien.
D a ß ihnen aber die Herkunft des einen Wortes ganz fremd war
und sie es nicht zu deuten wußten, zeigt, daß sie auf eine Ab-
" ) μισψέρωί gab Dindorf.
Nach freundlicher Mittheilung Erich
Bethe's h a t der F a l k e n b u r g i a n u s in Salamanca (F), 'der beste und reichste Codex' έρωτωμανών (sic) χαι è μίσερως (sic) χαι μιβητόν μέντοι . . .
Die Umgebung macht es auch hier schwer den ersten Bestandtheil von
μιοέρως zu μισείν zu stellen.
Belege bei Kock a . a . O .
Dazu Thom. ecl. p. 617 μισητη *αί
μίσους άξια γυνή· μισήτη δέ βαρυτόνω{ ή χαταφερής.
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Die Göttin Mise.
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leitung von μ.ίσ·| εσί)αι verfielen ; und es ist lehrreich wie in einigen Handschriften sowohl des Aristophanes als des Pollux an
den betr. Stellen sich ein μισγη-ίας, μισγητίαν, μισγητήν findet
Ein μ.ΐ3ητίοι u. s. w. hatte ftir sie keinen griechischen Klang, wenn
es die Bedeutung haben sollte, die sie doch an den betr. Stellen
brauchten. Sollen wir mm wirklich so kühn sein zu behaupten,
dalä μισητό';, μισητή, μίσητία zu Μΐση gehöre? Aber gerade
weil Μίση für die Griechen ein fremder Klang und Name war,
in dem sie keine Wurzelbedeutung unmittelbar fühlten, kann
eine sonst unmöglich scheinende Bildung nicht ohne weiteres abgewiesen werden. Und eine Ausgleichung eines von Μϊση gebildeten ΛVortes ('von der Mise ergriffen, besessen'?) an μισητός
von μϊσεω ist eine in diesem Falle durchaus wahrscheinliche Annahme. Aber ich bemerke ausdrücklich, daß ich die formalen
Schwierigkeiten nicht verkenne und als sicher nur hinstellen will,
daß jene Worte in jener Bedeutung unmöglich mit μΓσέω zusammen gestellt werden können und, so viel ich sehe, aus dem griechischen überhaupt undeutbar sind.
Wäre aber die angedeutete Ableitung richtig, so würde sich
freilich jener Kratinosvers μισηταΙ δέ γυναίκες όλίσ|3οισι χρήσονται
d. h. βαυ^ώνες werden sie benutzen, erst recht verstehen lassen,
und die μισηταί wären dann so recht die Besessenen von jener
Göttin, die gewiß damals schon nach Athen importirt war. Ja,
Kratin könnte hier, wie sonst so manchmal die Komiker der Zeit
den Kotyttokult, die Bapten, die Metragyrten, die Orphiker, die
Kybeben (wer kann z. B. auch κύβη,3ος erklären, das bedeuten
soll ó κατεχόμενος τή μητρί των {Ιεων Ηεοφόρητος? Phot, s.v.)
und solche fremden Kulte verspotteten, das schlimme Treiben im
Dienste der aus Phrygien im Kreise der großen Mutter gekommenen Mise brandmarken wollen. Man verlangt doch eigentlich
für das μιστ^ταί in dem Verse eine solche ganz bestimmte Bedeutung. Und sollte gar Bergk recht haben, der den Vers περί
σφυρόν παχεΐα μισητή γυνή mit einigen andern Zeugnissen kombinirt und auf Archilochos zurückführen will
so hätte die Mise
auch schon in den obscoenen Spöttereien des Demeterkults der In-
Vgl. in dem oben angeführten Plutosscholion: μισητία«· μίζεως,
αυναφείας, άπό του μίσγω δέ μιογητία %α\ μισητία.
") PL II ρ. 729 (434).
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Α. D i e t e r i с h, Die Göttin Mise.
sein ihre Rolle gespielt, auch da schon eine Genossin oder Stellvertreterin der lambe wie dann zu Eleusis. Das wäre der Weg
von Phrygien nach Attica*).
Aber das Letztere sind nur Vermuthungen unsicherster Art. Als
ein weiterer Kultort der Göttin wird im orphischen Hymnus, zu
dem wir so am Ende zurückkehren, außer Aegypten in den letzten
Versen, wo sie zur Tochter der Isis wird, Kypros genannt (y. 7) :
ή Κύπρφ тгртстд οΰν ε ύ σ τ ε φ ά ν ω Κυί>ερεί·^.
Es ist ja bekannt, wie sehr die große Mutter mit der kyprischen
Aphrodite verschmolz ; und daß die Gestalt der Mise wie sie sich
später entwickelt, der Aphrodite sich leicht gesellen mochte, ist
nur zu natürlich.
Im Kreise der großen Mutter wird sie auch
nach Kypros gekommen und dort mit und neben Aphrodite verehrt sein. Eine κάίίοδο; einer solchen Mise-Aphrodite wäre gewiß
die passendste, bei der sich im ersten Mimiambus des Herondas
Gryllos in die schöne junge Frau verlieben könnte. Sollte die Scene
des Gedichts in Kypros gedacht sein ? Die Insel stand in der
Ptolemäerzeit in engster Beziehung zu Alexandria und war politisch abhängig von Aegypten®'). Jedenfalls aber werden wir den
tiefem Bezug der Herondasstelle, von der wir ausgingen, nun erst
erkennen können. Der Umweg лvίrd nicht zu weit gewesen sein,
wenn wir haben beweisen können, wie der Kult einer fast verschollenen Göttin durch die antike Welt wandert: Phrygien, Athen,
Alexandria, Kom.
E i n e Prozession von P a p b o s nach Palaipaplios von άνδρες ¿μοΰ
γυναιξίν συνκίντες καΐ έκ τών άλλων πίλεων erwähnt Strabo p. 683. Kult
der Aphrodite u n d I s i s ist f ü r Kypros mehrfach b e z e u g t ; z . B . für
Soloi Strab. 1. c. Gewiß aber spielt die Scene auf einer der nahen Inseln, und wenn, wie sonst nahe läge zu vermuthen,.auf Kos*, so kann
die Mise auch da an den Aphroditekult angeschlossen gewesen sein, der
dort vorhanden war (z. B. P a t o n and Hicks Inscr. of Cos 155, 369, 387
u. s. [Auch Demeter und Kybele sind in Kos v o r h a n d e n ; einmal heißt
R h e a Σεβαστή (119, 6 ) , wie Demeter (411). Kos hat jedenfalls mehr
Chancen.
Cr.]
Marburg.
Albreeht Dieterich.
*) Auch bei H e r o n d a s scheint der Baubon zu dem A p p a r a t verrufener K y b e l e - D e m e t e r Mysterien zu g e h ö r e n , wie ich schon Unters.
S. 130* angenommen h a b e ; wenigstens stimmt dazu gut 1) die ganz
übertriebene Heimlichthuerei im sechsten Mimus; 2) V. 30 ff. καΙ ταϊσι
(Л7) δει ( = βεβήλοις), — Άδρήστεια; 3) die Bezeichnung des δλισβος mit
βαυβών (zu Βαοβώ); 4) der N a m e Μτ^τρώ (von der μεγάλη μήτηρ), wohl
auch Κοριττώ, vgl. Unters. 69*.
O. Cr.
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