MUDs Referat von Martin Huber

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Transcript MUDs Referat von Martin Huber

MUDs
Referat von Martin Huber
MUD
Abkürzung für Multi User Dimensions
oder
Multi User Dungeons
Geschichte
•
•
•
•
Mitte der 70er „Dungeons & Dragons“
erstes Fantasy Rollenspiel (Brettspiel)
Kerkermeister erschafft Welt
Mitspieler können Figur frei gestalten,
indem sie zwischen verschiedenen
Völkern und Charakterklassen wählen
• Regelwerk mit Charismapunkten,
magischen Ebenen und Würfel
Geschichte
• viele Computerfreaks wurden von D&D in den
Bann gezogen
• 1975: erstes sg. Textadventure „Advent“
• Textadventures: Umgebung ausschließlich
durch Texte beschrieben
• Vorstellungsvermögen gefragt
• Spieler übernimmt Rolle eines oder mehrerer
Mitspieler, die durch Befehlseingabe durch
virtuelle Welt gesteuert werden (Beispiel)
Geschichte
• basierend auf dem Source-Code vom Advent
entwickelten Studenten der Uni Essex in
England 1980 das MehrbenutzerTextadventure für Netzwerke „Multi User
Dungeon“
• Dungeon: auf Ähnlichkeit zu D&D oder auf
Textadventure „Dungeon“ zurückzuführen
• anfangs nur Universitätsnetze, durch
Erreichbarkeit über Telefonnetz große
Öffentlichkeit in Großbritannien und den USA
Technisches
• MUDs ursprünglich nur jene Programme,
die auf demselben Programmiercode wie
MUD beruhten
• verweisend auf andere Codes hießen
andere Spiele MOO, MUSE, MUCK oder
MUSH
• MUD als Überbegriff
Technisches
• MUDs von Programmen (Gamedriver), die auf
einem zentralen Rechner (Server) laufen,
bereitgestellt
• der Spieler (User, Mudder) stellt über ein
Client-Programm (Telnet-Client, JAVA-Client,
spezielle MUD Clients) von seinem Computer
zum Server her
• Server nimmt über Gamedriver die einzelnen
Eingaben der Spieler entgegen und berechnet
die Reaktionen der Computerumgebung sowie
der darin enthaltenen Objekte darauf
• Reaktionen in Textform wieder ausgegeben
Technisches
• MUD-Lib: Basissoftware eines MUDs
• dient dem MUD-Programmierer (Wizard)
als Konstruktionssprache für die zu
erschaffende Welt
• Entwicklung zeitaufwändig
→ viele MUDs basieren auf denselben
MUD-Libs
Abgrenzung
• MUDs: so gut wie ausschließlich textbasierte
Mehr-Benutzer-Rollenspiele
• vereinzelt auch MUDs mit grafischem Interface
(grafische MUDs, 3D-MUDs, Avatar-Welten)
• Szenen und Personen über Computergrafiken
dargestellt
• Bewegungssteuerung über Maus,
Kommunikation über Texteingabe
• besser als MMORPG (Massive Online
Roleplaying Game) bezeichnet ?
Klassifikation
• Döring (1999): abenteuer-orientierte und soziale
MUDs
• abenteuer-orientierte: Spiel-Aspekt des
Punktesammelns und Kämpfens im Vordergrund
• soziale: Priorität auf zwischen-menschliche Beziehung
und Interaktion
• innerhalb der sozialen MUDs weitere Unterteilung in
LernMUDs, ForschungsMUDs und
Phantasieumgebungen als soziale Freizeittreffs
• Programmiersprache abenteuer-orientierter MUDs
darauf ausgelegt, Punkte zu verwalten und Kämpfe
darzustellen, während in sozialen MUDs Interaktion und
die Erzeugung virtueller Objekte ermöglicht werden soll
Klassifikation
• Verbreitung sozialer MUDs erst ab den
Neunziger-Jahren
• wegen fehlendem abenteuerlichem Kontext
auch als TinyMUDs oder MUSHEs (Multi User
Shared Environtments)
• laut Döring (1999) auch der Grund für die
alternative Bezeichnung Multi User
Dimensions
• Turkle (1998) sieht diese eher darin begründet,
dass die jungen Benützer in den Neunzigern die
ursprünglichen Dungeons nicht mehr kannten
Inhalt
• die meisten MUDs beschäftigen sich mit
Fantasy-Geschichten
• Lösen sg. Quests: Abfolgen von in eine
Geschichte eingebetteten Rätseln ähnlich
Adventurespielen (wikipedia.org)
• Sammeln von Erfahrungspunkten im
Laufe dieser Quests (spiegelt sich in
erhöhter Funktionalität der Figur wider)
Inhalt
• Aufstiegsmöglichkeiten mittels
Erfahrungspunkten: Status vermittelt eine
soziale Hierarchie
• Spieler können so auch selbst zu Gestaltern
(Wizards) aufsteigen
• z.B. im MUD MorgenGrauen erreicht man mit
100 gesammelten Stufenpunkten die nächste
Stufe
• Beispiele für Stufen im MorgenGrauen:
Magierlehrling, Vollmagier ohne Region, Vollmagier mit Region,
Hilfsmagier, Regionschef, Weiser, Erzmagier, Gott
Inhalt
• MUDs bieten auch die Gelegenheit, sich zu
Gruppen („Gilden“) zusammenzuschließen
• in diesen Gruppen kann man bestimmte
Fähigkeiten erlernen
• Gruppen entweder frei zugänglich oder an
bestimmte Anzahl an Erfahrungspunkten
gebunden
• Beispiel: Gilden im MorgenGrauen:
Abenteuer, Karate, Krieger, Chaos, Zauberer, Heiliger Orden,
Bierschüttergilde, Kämpfer
Inhalt
• Töten von Mitspielern (playerkill) in den meisten MUDs
verboten, manchmal erlaubt oder gar erwünscht
• Bekämpfen von computergesteuerten Charaktern –
sogenannten NPCs (non player characters) – zur
Lösung der Quests und zum Sammeln von
Erfahrungspunkten normalerweise nötig
• Lebenspunkte (health points) geben Auskunft über den
Gesundheitszustand des Characters (beeinflusst z.B.
durch Kämpfen, Essen und Trinken)
• Erfahrungs- und Lebenspunkte zählen zu den Attributen
eines Charakters
• bestimmen Fähigkeiten und legen Aufstiegsmöglichkeiten fest
Inhalt
• unterschiedlich strenge Kommunikationsregeln in den
verschiedenen MUDs:
• einerseits jene, die vorwiegend zum Chatten gebraucht
• andererseits solche, in denen Chatten außerhalb des
Spielkontextes nicht gern gesehen ist oder speziell
markiert werden muss
• beim Chatten in MUDs gibt es ähnliche Möglichkeiten
und Verhaltensweisen wie in IRCs: Flüstern, Smileys
und Emotes sind auch hier gebräuchlich
• auch das Chatten basiert auf simpler Befehlseingabe
• MUDs bieten außerdem mehrere Ebenen für Chatter:
manche Messages können von den Leuten im selben
Raum (z.B. sage …), manche im ganzen MUD (z.B. rufe
…), manche nur von den Mitgliedern derselben Gruppe,
manche sogar in anderen MUDs gesehen werden.
Inhalt
Beispiel für Kommunikation über eine Ebene:
Inhalt
• andere synchrone und asynchrone
Kommunikationsformen wie IRC, Newsgroups oder
Mailinglisten sind laut Utz (1999) „… Diskussionen, die
eben getippt statt gesprochen werden.“
• im Vergleich dazu bilden die MUDs mit ihren Räumen
und Elementen eine Analogie zur wirklichen Welt
• „Die Beschreibungen von Raum und Zeit liefern …
Hinweise über den sozialen Kontext, in den die jeweilige
Situation eingebettet ist.“
• MUDs der realen Welt strukturell nahe
→ seltsame Sonderstellung zwischen Virtual Reality und
Real Life
Charaktere & Identität
„Während man beim Mailen, in Mailinglisten und
in Newsgroups üblicherweise unter dem
richtigen Namen kommuniziert und zudem meist
durch Organisationszugehörigkeit, Adresse usw.
identifizierbar ist, bleibt man bei der Chat und
insbesondere bei der MUD-Kommunikation
häufiger anonym oder pseudonym. Im
zwischenmenschlichen Kontakt steht hier
nämlich nicht der reale Name an erster Stelle,
sondern der Nick und ggf. der Avatar.“
(Döring,1999)
Charaktere & Identität
• Avatar: künstliche Person oder virtueller
Stellvertreter einer Person in der virtuellen
Realität
• statt Avatar spricht man auch von OnlineCharacter oder Character
• Der Mudder ist gezwungen, „… sich einen
expliziten Repräsentaten in der virtuellen
Umgebung zu schaffen, der nicht nur einen
Namen trägt, sondern auch durch äußere
Merkmale, Besitzgegenstände oder Fähigkeiten
charakterisiert ist.“ (Döring, 1999)
Charaktere & Identität
• Abgrenzung von sg. NPCs oder Bots oft
schwer
• NPCs / Bots: computergesteuerte virtuelle
Charaktere
• wirken im ersten Augenblick oft wie
menschlich gesteuerte Characters
Charaktere & Identität
• beim ersten Betreten eines MUDs gilt es das
individuelle Erscheinungsbild eines Characters
festzulegen (Selbstbeschreibung)
• diese Beschreibung ist für andere Spieler über
Befehle abrufbar (z.B. schau <nick>)
• für Leute, die in ein MUD nur kurz
hineinschnuppern wollen, werden üblicherweise
Gastidentitäten angeboten, die den Gast für
andere User als solchen ersichtlich machen
• Gäste werden mit einer Standardbeschreibung
ausgestattet, brauchen also weder
Selbstbeschreibung noch Passwort.
Charaktere & Identität
• zur Schaffung eines neuen Characters sind zuerst ein
Nickname, ein Passwort, sowie die Festlegung des
Geschlechts nötig
• dann muss die Spieler-Kategorie gewählt werden, die
Anfangs maßgebend für die Selbstbeschreibung ist
• die Spielerkategorie bestimmt spezifische Fähigkeiten,
mit denen der Character ausgestattet wird
• Je nach Kategorie erhält man erst eine
Selbstbeschreibung vorgegeben, kann diese aber
jederzeit erweitern bzw. ändern.
• neben der Selbstbeschreibung gehören zum Character
auch Erfahrungspunkte, erworbene Fertigkeiten und
gesammelte Besitzgegenstände
Charaktere & Identität
• der größere Aufwand, der zum heimisch Fühlen in einem
MUD im Vergleich zu anderen CMC-Formen nötig ist,
führt zu einer stärkeren Bindung an das MUD (Döring,
1999)
• Explorieren der Räume und Kennenlernen der anderen
Benutzer mit deutlich mehr Zeitaufwand verbunden
• MUDs-System besteht aus vielen Räumen, wo sich die
User aufhalten können
• IRC im Vergleich dazu leichter überschaubar
• MUDs benötigen das Erlernen einer spezifischen
Befehlssprache
• Döring (1999) vergleicht das Einleben in einem MUD mit
dem Kennenlernen einer fremden Stadt mit fremden
Sitten und Gebräuchen
Charaktere & Identität
• entsprechend enger sind auch die Beziehungen
zwischen regelmäßigen Spielern von MUDs
• „Das Rollenspiel hat hier also nicht primär die
Funktion sich vor anderen zu verstecken und
anonym zu bleiben, sondern stellt eine
spezifische Form der Interaktion zwischen
Personen dar, die sich meist auch anderweitig
kennenlernen (wollen).“ (Döring, 1998)
Charaktere & Identität
• mit steigendem Ausmaß der Beteiligung an der virtuellen
Welt steigt auch die Identitätsrelevanz
• Dem Spieler ist es möglich, im Alltag unterrepräsentierte
Selbstaspekte zu realisieren und die daraus
resultierenden Konsequenzen abzuwarten.
• „In anderen CMC-Formen wird es oft als
Vertrauensmissbrauch gewertet, wenn sich jemand eine
falsche Identität aufbaut. Im MUD dagegen gehört es
ausdrücklich zum Spiel, sich entsprechend einer Rolle
zu verhalten.“ (Utz, 1999)
• die Möglichkeit der anonymen Interaktion über
Nicknames schafft neue Optionen zur selektiven
Selbstrepräsentation
Rollenspiele & MUDs
• Sherry Turkle (1998) hält Rollenspiele und insbesondere
Online-Rollenspiele aus psychologischer Sicht für
besonders aufschlussreich:
• bei MUDs ist die Grenze zwischen Spiel und Wirklichkeit
noch stärker verwischt.
• Turkle stellt sich gegen die verallgemeinernde These,
wonach Rollenspiele lediglich eine Flucht vor dem Alltag
darstellen
• Sie sieht sie als ernsthafte Möglichkeiten der
Auseinandersetzung mit Problemen des Lebens
• Dennoch fallen Rollenspiele durch ihre zeitliche
Begrenzung eher in die Kategorie „Spiel“
• Identität liegt beim realen Rollenspiel offen
Rollenspiele & MUDs
• In MUDs hat die Handlung keinen
vorgegebenen Endpunkt
• MUDs sind jederzeit unbegrenzt verfügbar,
wodurch sie für Mudder zum festen
Bestandteil des wirklichen Lebens werden
• Bsp.: aggressives Ausagieren im MUD
gegen Prüfungsangst oder Holen von
positivem soz. Feedback im MUD
Rollenspiele & MUDs
Rollenspiele erlauben, in
unterschiedlichen Spielen (das heißt
zu unterschiedlichen Zeitpunkten)
unterschiedliche Rollen zu
übernehmen, während MUDs
„parallele Leben in synchronen
Welten“ (Turkle, 1998) ermöglichen.
MUDs & RL
• „MUDs eröffnen Zugang zu parellelen Identitäten
und parellelen Lebenswelten. Die Erfahrung
dieses Parellelismus bestärkt einen darin, das
Leben ‚on screen‘ und ‚off screen‘ in
erstaunlichem Maße gleich zu behandeln.“
(Turkle, 1998)
• Fenster bieten die Möglichkeit, mehrere
Programme gleichzeitig zu betreiben
• durch die Funktion des zeitweiligen Abmeldens
kann man quasi gleichzeitig Real Life- (RL) und
virtuellen Aktivitäten nachgehen.
MUDs & RL
„…in der alltägliche Praxis vieler User sind Fenster
zu einer starken Metapher für die Annahme
geworden, dass das Selbst ein multiples,
dezentriertes System ist. … Die Fenster nötigen
uns … die Lebenspraxis eines dezentrierten
Selbst auf, das in vielen Welten existiert und
viele Rollen gleichzeitig spielt.“ (Turkle, 1998)
→ So gesehen wird das RL ebenso wie das MUD
zu einem Fenster unter vielen.
MUDs & RL
„Die Spieler beschreiben ihr wahres
Selbst gelegentlich als ein
Kompositum aus ihren Figuren, und
sie bezeichnen ihre Personae als
Instrumente, um an ihrem RL-Leben
zu arbeiten.“ (Turkle, 1998)
MUDs & RL
Es gibt aber auch Aspekte, die die
Virtualität von MUDs unterstreichen:
• radikale Selbstverwandlungen sind nach
belieben möglich
• im RL nicht verwirklichbare Erfahrungen
können im MUD erlebt werden
(kann auch ganz Alltägliches betreffen, vgl. Behinderte)
MUDs & RL
Turkle unterscheidet allgemein zwischen 3
Mudder-Typen:
• Personen, deren Personae sich grundsätzlich
von ihrer RL-Identität unterscheiden
• Personen, die online ihre eigene Identität
verkörpern
• Personen, die in der Realität unterrepräsentierte
oder unterdrückte Persönlichkeitsaspekte
ausleben.
MUDs und
Persönlichkeitsentwicklung
„Das Leben im Cyberspace bietet, wie das
Leben überhaupt, nicht allen gleiche
Chancen. … Wenn man über ein
gesundes Selbst verfügt, das sich durch
Beziehungen weiterentwickeln kann, dann
können MUDs sehr hilfreich sein.
Andernfalls drohen einem ernste
Schwierigkeiten.“ (Turkle, 1998)
MUDs und
Persönlichkeitsentwicklung
Turkle zieht einen Vergleich mit
therapeutischen Methoden:
• gleich wie in vielen Therapieformen bieten
MUDs die Möglichkeit, sich anderen
Menschen frei anzuvertrauen
• die Besonderheit der therapeutischen
Beziehung als allen Therapieschulen
eigenes Element fehlt jedoch
MUDs und
Persönlichkeitsentwicklung
MUDs bieten für manche die Gefahr des
Ausagierens von maladaptiven
Verhaltensmustern, wodurch in der Regel
keine Einsicht in Probleme möglich ist.
• die in Therapien auftauchenden Probleme
werden hingegen (im Idealfall) nicht
ausagiert, sondern durchgearbeitet
• starre Reaktionsmuster werden erkannt
und innerlich verändert
MUDs und
Persönlichkeitsentwicklung
MUDs stellen für beides viel Spielraum bereit:
„Sie bieten Möglichkeiten für echte Veränderung,
aber auch für unproduktive
Wiederholungen.“ (Turkle, 1998)
→ individuelle Entwicklungsmöglichkeiten
bestimmt durch:
• emotionale Herausforderung an den Spieler
• mitgebrachte emotionale Ressourcen
MUDs und
Persönlichkeitsentwicklung
MUDs sind für Turkle (1998) moderne Ersatzmittel zu
Erik Eriksons psychosozialem Moratorium der
Identitätsentwicklung in der Adoleszenz:
• Erikson: Moratorium als Phase der
Experimentierfreude im Dienste einer
Kernselbstentwicklung
• Erfahrungen finden in einem Freiraum außerhalb
des festgefügten Alltags statt
• Theorie in den 50ern entwickelt: Collegejahre als
Moratorium
• heute schwer als Moratorium vorstellbar
→ Verlagerung auf die virtuellen Gemeinschaften
MUDs und
Persönlichkeitsentwicklung
• Eriksons Theorie wurde in den 50ern
entwickelt: Collegejahre als Moratorium
• heute schwer als Moratorium vorstellbar
→ Verlagerung auf die virtuellen Gemeinschaften
Eriksons Stufenmodell ist nie abgeschlossen
→ Adoleszenz-Moratorium kein Durchgangsstadium, sondern ein Erfahrungsmodus, der
auch im Erwachsenenalter unverzichtbar ist. (vgl.
„Erwachsenenmoratorium“ Urlaub)
MUDs und
Persönlichkeitsentwicklung
MUDs bieten als moderne Moratorien
permanente Zugänglichkeit zum Freiraum
einer anderen Wirklichkeit, in der wir den
kreativen Umgang mit uns selbst
experimentell erschließen können.
(Turkle,1998)
Studien
Nicola Döring (1996): Führen Computernetze in
die Vereinsamung?
schriftl. on- und offline Untersuchung mit standardisierten Fragebögen
Eine Stichprobe von 48 Muddern wird mit der Gesamtstichprobe der
Internetbenutzer (n=332) verglichen:
signifikante Unterscheidung in zwei Punkten:
• Mudder waren im Durchschnitt jünger (25 ggü. 27 Jahren, t=3,6,
p<0,001)
• Mudder befürworteten eher die Aussage „Ich möchte gerne jemand
anderes sein“ (M=1,91 ggü. M=1,59, t=-1,8, p<0,1)
sie unterschieden sich jedoch nicht hinsichtlich…
• Selbstwertgefühl, Einsamkeit, Freundeszahl, Bekanntenzahl,
Partnerschaft
Studien
Döring (1996) folgert daraus:
„Das Spielen mit Identitäten und Rollen, wie es in MUDs
üblich ist, ist für die Spieler zwar attraktiv, aber offenbar
kein Anlass, reale Kontakte zu reduzieren.“
Geschlechtervergleiche aufgrund unausgewogener Stichprobe nicht
möglich: 96% der 332 Teilnehmer waren männlich, was einem
Frauenanteil von genau 13,28 entspricht. Darin spiegelt sich aber
wahrscheinlich die Geschlechterverteilung der Internetbenutzer zum
Untersuchungszeitpunkt (1994) wider.
Studien
Gerit Götzenbrucker (2001): Integrations- und
Desintegrationspotentiale neuer Technologien am
Beispiel von MUDs.
teilnehmende Feldbeobachtungen, 40 persönliche Leitfaden-Interviews und
standardisierte Fragebogenerhebungen mit Muddern aus Österreich (zitiert
nach Döring, 2001)
• Zusammengehörigkeit der Mudder in ihren virtuellen Gemeinschaften
durch vorgelagerte Werthaltungen und Lebensstile mitbestimmt:
überwiegend Personen, die Pflicht- und Akzeptanzwerte ablehnen, für die
dafür Bürgerschaftlichkeit und Selbstentfaltung wichtige Werte sind.
• Mudder ähnlich hinsichtlich Bildungsniveau, Mediennutzung, alternative
Wohnformen, bestimmte Freizeitinteressen
→ Gemeinschaftsbildung auf Neigungsähnlichkeit zurückzuführen
Studien
Gerit Götzenbrucker (2001): Integrations- und
Desintegrationspotentiale neuer Technologien am
Beispiel von MUDs.
• soziale Praxis verstärkt innerhalb der MUDs die soziale Integration
(Kommunikation oft wichtiger als Spielhandlung)
• Zugehörigkeit und Status durch permanente positive Anerkennung
u. dgl. gegenseitig bestätiget
• Mudder verdichten ihre sozialen Netzwerke über gemeinsames
MUD-Spielen
→ häufig längerer Kontakt auch auf der RL- oder anderen Ebenen
(vgl. Mudder-Treffen)
Studien
Sonja Utz (1996): Verteilung der MUD-Zeiten auf
einzelne Aktivitäten (Befragung)
Frauen
Männer
gesamt
Chat
76%
44%
49%
Role Play
19%
36%
34%
Coding
5%
n=15
20%
n=88
17%
n=103
durchschnittlich 12 Wochenstunden im MUD
•
•
deutliche Geschlechterunterschiede, allerdings sehr kleine weibliche
Stichprobe
Chatten trotzdem als MUD-Hauptaktivität bei beiden Geschlechtern
Studien
Sonja Utz (2001)
zwei zentrale Fragen:
• Sind alle Mudder daran interessiert, Kontakte mit
den anderen Spielern aufzubauen (socializing)?
• Wie wirkt sich die Motivation auf die Verwendung
von Emoticons und den Aufbau von OnlineFreundschaften aus?
Studien
Sonja Utz (2001)
Emoticons in MUDs:
• feelings: vordefinierte Verben und Adjektive, bei deren Eingabe
aber ein ganzer Satz ausgegeben wird
z.B. smi peter → You smile understandingly at Peter.
• emotes: Eingabe eines beliebigen Textes, der die Figur beschreibt
z.B. emote fühlt sich einsam → <nick> fühlt sich einsam.
• smileys: kleine Gesichter aus ascii-Zeichen, die Emotionen
symbolisieren z.B. :-)
Studien
Sonja Utz (2001)
Online-Fragebogenstudie an Muddern.
Erhoben wurden: demographische Daten, MUD-Verhalten, Motive für
das Mudden, Gebrauch und Bewertung von Emoticons, Aufbau von
Online Freundschaften, Einstellungen zum MUD, soziale
Kontaktfähigkeit.
Stichprobe: 186 Mudder (35 weiblich), hauptsächlich aus Nordamerika
(70%) und Europa (20%), durchschnittl. MUD-Erfahrung 46 Monate
(s=34), durchschn. wöchtentl. MUD-Zeit 22 Stunden (s=16)
Studien
Sonja Utz (2001)
•
Sind alle Mudder daran interessiert, Kontakte mit den
anderen Spielern aufzubauen (socializing)?
Die Mudder berichteten im Großen und Ganzen, dass sie Freundschaften
gschlossen haben. (M=4.36, signifikant über dem Mittelpunkt der
verwendeten 6-Punkt-Skala, t=9.38 p<.001)
Nutzung von Emoticons (geordnet nach mittlerer Häufigkeit):
1.
2.
3.
emotes (M=4.16)
feelings (M=4.02)
smileys (M=3.49)
Korrelation mit dem Aufbau von Online-Freundschaften:
1.
2.
3.
smileys (r=.31 p<.001)
emotes (r=.24 p<.01)
feelings (r=.14 p<.05)
Studien
Sonja Utz (2001)
•
Wie wirkt sich die Motivation auf die Verwendung von
Emoticons und den Aufbau von Online-Freundschaften aus?
Bewertung von Emoticons:
Studien
Sonja Utz (2001)
•
Wie wirkt sich die Motivation auf die Verwendung von Emoticons
und den Aufbau von Online-Freundschaften aus?
Hinsichtlich der Haupt-Motive der Mudder kommt Utz zu anderen
Ergebnissen als in ihrer Erhebung 1996:
Chat
15,6%
Rollenspiel
33,3%
Quests (Spiel)
26,7%
Programmieren
24,4%
Die vormals größte Gruppe ist nunmehr die kleinste. Unter Umständen
könnte das auf das spezialisierte Angebot von unzähligen Chats
zurückzuführen sein. Eventuell ziehen die mittlerweile technisch doch
etwas antiquierten MUDs nur mehr die echten „Nerds“ an, die sich eben
für Rollenspiele, Quests und das Programmieren begeistern können.
Studien
Sonja Utz (2001)
•
Wie wirkt sich die Motivation auf die Verwendung von
Emoticons und den Aufbau von Online-Freundschaften aus?
Die Motivation beeinflusst den Aufbau von Freundschaften:
→ Chatter und Programmierer mit höheren Werten bei OnlineFreundschaften als Rollenspieler und Spieler
Studien
Sonja Utz (2001)
•
Wie wirkt sich die Motivation auf die Verwendung von
Emoticons und den Aufbau von Online-Freundschaften aus?
Studien
Sonja Utz (2001)
•
Wie wirkt sich die Motivation auf die Verwendung von Emoticons
und den Aufbau von Online-Freundschaften aus?
→ Chatter und Programmierer: alle 3 Emoticon-Formen gleich häufig
eingesetzt
→ Rollenspieler bevorzugen Emotes.
→ Spieler bevorzugen Feelings.
Über getrennte Regressionen wurde ermittelt, dass die Verwendung von
Emoticons nur für Spieler und Rollenspieler einen signifikanten
Vorhersagewert für Online-Freunschaften leistet:
→ Rollenspieler profitieren vom häufigeren Einsatz von Smileys
→ Spieler vom häufigeren Einsatz von Emotes.
Studien
Sonja Utz (2001)
Fazit
•
•
•
•
•
Die in der vorliegenden Studie untersuchte Stichprobe zeichnet sich
durch eine lange durchschnittliche MUD-Erfahrung aus. Die Verwendung
von Emoticons spielt allerdings primär am Beginn des
Kennenlernprozesses eine Rolle.
Nur ein geringer Bruchteil hat wirklich großes Interesse (Hauptmotivation)
andere Mudder kennenzulernen.
Motivation beeinflusst den Aufbau von Online Freundschaften
(„motivierte“ Chatter und Programmierer mit höheren Werten)
Die vier Motivationstypen unterscheiden sich hinsichtlich der Verwendung
von Emoticons (s.o.)
Einsatz von Emoticons hat nur für Gruppen mit geringem Interesse an
Online-Freundschaften (Rollenspieler und Spieler) Vorhersagekraft.