OEG-Seminar 22.11.2014

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Opfer(ent)schädigung
PatientIn und TherapeutIn
im Spannungsfeld von OEG
und Therapie

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ICD 10 und DSM-IV
ICD:
International Classification of Diseases and Related
Health Problems; seit 1986 (ICD 9) zur
Diagnoseverschlüsselung in Krankenhäusern in
Deutschland verpflichtend

DSM:
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disdorders,
erste dt. Publikation 1984 (DSM-III)
Kritik: Paradigmenwechsel, weitgehende Loslösung von
ätiologie- und theoriebezogener Terminologie

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Definition eines Traumas nach ICD 10 I

Ein Trauma ist ein
„belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher
Bedrohung oder
katastrophenartigen Ausmaßes (kurz- oder lang anhaltend), die bei
fast jedem eine tiefe Verstörung hervorrufen würde.“


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Definition eines Traumas nach ICD10 II


Ein Trauma wird verursacht durch:
 Naturereignisse
 Kampfhandlungen
 Schwere Unfälle
 Von Menschen herbeigeführte Katastrophen
 Miterleben des gewaltsamen Todes anderer
 Erleben oder Miterleben von Folter, Geiselnahme oder
Vergewaltigung


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Trauma-Definition nach DSM-IV


Subjektive Merkmale eines Traumas:
 Das

Erleben intensiver Hilflosigkeit

 Erleben

intensiver Furcht

 Erleben

intensiven Entsetzens


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Trauma-Definition nach DSM-IV


Objektive Merkmale eines Traumas:
 Bedrohung

des eigenen Lebens

 Gefährdung
 Schädigung

der eigenen körperlichen Unversehrtheit

oder tödliche Bedrohung anderer Personen


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Traumafolgestörung I
1.Akute Belastungsstörung (F43.0)
• Beginn - sofort- innerhalb von Minuten
• Dauer- Stunden bis( 2-3) Tage
• Symptomatik





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“Betäubung“, Bewußtseinseinengung
Desorientierheit
Unruhe, Überaktivität, Fluchtreaktionen
(panische) Angst, vegetative Zeichen


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Traumafolgestörungen II
2.Anpassungsstörung (F43.2)
• Beginn – innerhalb eines Monats
• Dauer – meist nicht länger als 6 Monate
• Ursache – belastendes Ereignis, entscheidende Lebensveränderung, körperliche Erkrankung, (z.B. Todesfall,
Emigration, Flucht)
• Symptomatik – Depression, Angst, Unfähigkeit zurechtzukommen

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Traumafolgestörungen III
3. Andauernde Persönlichkeitsstörung nach Extrembelastung (F62.0)
• Beginn – schleichend; evtl. ist eine PTSD vorausgegangen
• Dauer – jahre- oder lebenslang (Beispiel Hr. F- poln. Gefängnis)
• Symptomatik
– sozialer Rückzug
– feindliche mißtrauische Haltung der Welt gegenüber
– Gefühl der Leere und Hoffnungslosigkeit
– Chronisches Bedrohungsgefühl
– Entfremdung

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Typische Symptomatik nach
Traumatisierung I
1. Wiedererleben


Intrusionen: sich aufdrängende Erinnerungen in Form von
 Gedanken

und Bildern
 Geräuschen
 Gerüchen
 Haptischem Erleben


Flashback: Wiedererleben; sich fühlen „wie im falschen
Film“



Albträume


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Typische Symptomatik nach
Traumatisierung II
2. Vermeiden und emotionales Abstumpfen


Vermeidungsverhalten in Bezug auf




Orte
Situationen
Gedanken, die an das traumatische Ereignis erinnern



Gedächtnisschwierigkeiten



Entfremdungsgefühl



Interessensverlust


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Typische Symptomatik nach
Traumatisierung III
3. Erhöhte Anspannung


Hypervigilanz (= Zustand einer überhöhten Wachsamkeit
und dauernder Anspannung)



Schlafstörungen



Reizbarkeit und Wutausbrüche



Konzentrationsschwierigkeiten


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Traumaassoziierte
Störungsbilder neben der PTSD

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Trauma-Begleiterkrankungen
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Akute Belastungsstörung
PTSD
Dissoziative Störungen
Somatsierungsstörungen/somatoforme Schmerzstörung
Zwangserkrankungen
Angsterkrankung
Affektive Störungen/Posttraumatische Depression
Substanzmittelabusus
Ess-Störung
Borderline Persönlichkeitsstörung
Andauernde Persönlichkeitsveränderung nach
Extrembelastung


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Kölner Opferhilfemodel –
Trauma-Ambulanzen
• 1998 wurde das Kölner Opferhilfemodell etabliert (KOM)
• Ca 100 Beratungen nach PTSD-Screening (2011)
– 75 Personen waren innerhalb von 5h geheilt
– Nur 25% der Betroffenen benötigte bis zu 20 oder mehr
Stunden

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Finanzierung des KOM






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Zusammenarbeit mit den Versorgungsämtern
5h zur „Sachverhaltsklärung“
danach Befundbericht und gegebenenfalls
10h Therapie als „Akutmaßnahme“
Falls weitere Behandlung darüber hinaus nötigbesonderer Antrag oder Therapie als GKVLeistung


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Anerkennung von
Traumafolgstörungen (PTSD)
Die BG ist Herrin des Verfahrens –
Und niemand kann zwei Herr(Inn)en dienen

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Rechte und Pflichten der BG






Die BG ist Herrin des Verfahrens
Eine Therapie wird vom Sachbearbeiter genehmigt
Schweigepflichtsentbindung (Psycholog. PT)
Regelmäßige Berichtserstattung
Regelmäßige Überprüfung des therapeutischen
Fortschrittes
• Regelmäßige Überprüfung des Gesundheitszustandes
auch nach Feststellung der Dauerschädigung
(Begutachtung)
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Rechte und Pflichten von
TherapeutInnen
• Ziel der Therapie ist die Wiederherstellung der
Arbeitsfähigkeit ggf. auch in einem veränderten
beruflichen Umfeld (Unterschied Arbeitsfähigkeit und
Berufsfähigkeit)
• Größere Freiheiten hinsichtlich der Methodenwahl
• Verpflichtung zur regelmäßigen Berichterstattung

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Rechte und Pflichten der
PatientInnen bei Arbeitsunfällen

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Rechte und Pflichten der
PatientInnen bei Arbeitsunfällen
• Mitwirkungspflicht
• Therapie, inklusive Therapieformen, die außerhalb der
Richtlinien der GKV liegen
• Verletztengeld (mehr als Krankengeld) bis zu 78 Wochen
• Wiedereingliederungshilfe z.B. Fahrstunden,
Arbeitshilfsmittel o.ä.
• BG-Rente nach Feststellung des Dauerschadens
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Aufgabe der GutachterInnen
• Wird von der BG beauftragt zur Beantwortung einer
spezifischen Fragestellung
• Darf keine eigenen PatientInnen begutachten
• Muss Verlaufsbeobachtungen mitberücksichtigen
• Heilverfahrenskontrolle

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Aufgabe der GutachterInnen
• Der (subjektive) Befundbericht von TherapeutInnen ist
kein Gutachten und darf als solches auch nicht gewertet
werden
• GutachterInnen müssen Stellung nehmen zu Kausalität,
Wahrscheinlichkeit und Glaubhaftigkeit gemäß den
wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Entstehung und
Verlauf der Störung
• GutachterInnen müssen den GdB nach Tabellen und
Prozenten einordnen und zeitlich zuordnen
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Fall I – Alles geht gut
(Busfahrer)








Patient kommt rasch
Guter und direkter Draht zu der BG
Gute Unterstützung durch den Arbeitgeber
Hohe Motivation
Kein eigener Anspruch auf Schadensausgleich
Keine nennenswerte Vorschädigung
Braucht keinen Gutachter

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Lessons Learned
• Gutes geht gut
• Kommunikation hilft

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Fall II – Patient will,
BG will nicht (Gleisbauer)
• Patient kommt schnell
• BG zahlt nicht
• Streit um PTSD-Anerkennung vorrangig vor der
Traumatherapie
• Gutachter ist parteiisch gegen den Patienten
– Worauf müssen TherapeutInnen beim Verfassen von
Berichten achten
• Diagnostik von TherapeutInnen ist nicht identisch mit
Diagnostik von GutachterInnen
• Simulation und Agravation als Problem der
Begutachtung
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Lessons Learned
• Es gibt GutachterInnen, vor denen man PatientInnen
schützen muss
• Simulation und Agravation sind keine speziellen
Merkmale einer PTSD
• PTSD ist eine Erkrankung, die in 80% der Fälle
folgenlos ausheilt; „Rentenbefürchtungen“ der BGs sind
oft übertrieben

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Fall III – Patient will nicht gesund
werden, sondern Rente
(Laden-Besitzer)
• Patienten, die Rente wollen, können nicht gesund werden
wollen
• Eine rasche Zusammenhangsbegutachtung ist sinnvoll,
wenn an der Therapiemotivation des Patienten Zweifel
bestehen
– Das heißt nicht, dass der Patient simuliert

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Lessons Learned

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Lessons Learned

• Den möglichen Widerspruch zwischen dem Wunsch
nach Heilung und dem Wunsch nach einer
Rentenleistung können TherapeutInnen nicht immer
aufheben

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Fall IV – Patient hat Angst aber
keine Traumafolgestörung
(Auto fahren)
Lessons Learned
• Manchmal brauchen PatientInnen Hilfe aber kein
EMDR

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Fall V – Man kann Läuse und
Flöhe haben
(Fraternitas Saturni)
• Autounfall zur Arbeit und desolates Elternhaus
– Trennung von Vorschädigung und Akuttrauma
– Trennung von Traumatherapie und Psychotherapie

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Lessons Learned
• Es gibt einen Unterschied zwischen Traumatherapie und
Psychotherapie

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Fazit: Was bekommt man
anerkannt, wenn man es
anerkannt bekommt?





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Verletztengeld während der Arbeitsunfähigkeit
Übergangsgeld bis zum Abschluß der Reha
Therapie wird bezahlt
Wiedereingliederungshilfe ggf. Umschulung
Ggf. Rente bei Anerkennung von PTSD als Traumafolge
(i.R. 20%-30% GdB)