Clara Wichmann 1922 Leben und Werk Clara Wichmanns: Gewaltlose Anarchistin und Antimilitaristin 1885 – 1922 Institut für Friedensarbeit und gewaltfreie Konfliktaustragung Vortrag Essen, 13.4.2013 Aufbau des Vortrags • Ziel: Übersicht.

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Transcript Clara Wichmann 1922 Leben und Werk Clara Wichmanns: Gewaltlose Anarchistin und Antimilitaristin 1885 – 1922 Institut für Friedensarbeit und gewaltfreie Konfliktaustragung Vortrag Essen, 13.4.2013 Aufbau des Vortrags • Ziel: Übersicht.

Clara Wichmann 1922
Leben und Werk Clara
Wichmanns: Gewaltlose
Anarchistin und Antimilitaristin
1885 – 1922
Institut für Friedensarbeit und
gewaltfreie Konfliktaustragung
Vortrag
Essen, 13.4.2013
Aufbau des Vortrags
• Ziel: Übersicht über das Werk (immanent, deskriptiv)
• Biographische Einführung
• Wichtige Themen und Fragestellungen
• Diskussion politisch-sozialer Bewegungen bei C.W.
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Einzelthemen:
Frauenbewegung
Ehe- und Familienrecht
Strafrecht
Krieg und Frieden
Gewaltlosigkeit, Ziel und Mittel
Tierrechte und Vegetarismus/Veganismus
Clara Wichmann – eine Ikone
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Bild: Einladung, Titel der Graswurzelrevolution
Steun Clara! – Clara Wichmann Institut
Proefprocessenfond (u.a. 2005 gegen GSP)
1985 Hundertjahrfeier, Neuauflage Dissertation
Texte: differenziert, großes Wissen, abwägend,
verständlich, verständnisvoll, unpolemisch,
• Repräsentantin wichtiger Bewegungen +
Diskussionen in den fortschrittlichen NL
Biografie: Ausbildung + Beruf
• 17.8.1885 Hamburg – 15.2.1922 (deutschniederländisch)
• Vater Geologieprofessor in Utrecht
• Geschichtsstudium Gymnasialexamen 1905/
Philosophie: insbesondere Hegel
• Jura 1912 Promotion („Historische Grundlagen
der gegenwärtigen Umformung des Strafbegriffs“)
• Anwältin, Mitarbeit an der Ausstellung „Die Frau
1813-1913, Schule für Soziale Arbeit
• 1914 Zentralbüro für Statistik Den Haag
Entwicklung/Persönlichkeit
• Elternhaus: „Klassische Bipolarität“ +
Spannungen (Scheidung der Eltern 1916)
• Fremdheitserfahrungen (erste Schuljahre)
• Ausgeprägte Bildungsambitionen
• Ehrgeiz, Ernst, Idealismus, „Frauen müssen sich
beweisen“, Engagement, Verantwortung, Ethik,
Anti-Egozentrik/Anti-Egoismus, Harmonie
• Bekanntschaft mit Bart de Ligt, zentrale Begriffe
• Heirat mit J.B.Meyer (1895-1969)
Arbeit + Engagement
Theorie + Praxis
• Frauenfrage/-bewegung/-stimmrecht, UVSV+NBV
(1907-1916 Gründung u. Vorstand)
• Strafrechtsreform, Gründung + Sekretariat CBMS, 1920
• Internationale Schule für Philosophie Amersfoort
(praktisch-politischer Bezug 1916 ff)
• Beratung Kriegsdienstverweigerer
• Bond van Christen-Socialisten (1917-1919) „Opwaarts“
• Bond van Revolutionnair Socialistische Intellectueelen,
1919-20 „De Nieuwe Amsterdammer“
• Bond van Religieuze Anarcho-Communisten, 1920-22
„De Bevrijding“, „De Vrije Communist“ (BCS + Vrije
Menschen Verbond v. L.v.Mierop)
Wesentliche Fragen/Prinzipien
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Wie ist es? Darstellung und Kritik
Wie war es? Veränderlichkeit
Wie wird es sein? Entwicklung, Verfeinerung
Was ist zu tun? Der subjektive Faktor!
Ausgehen vom Konkreten, Persönlichen
Ständige Veränderung, Bewegung, Entwicklung
Dunkle Vergangenheit – helle Zukunft = falsches
Schema, Sedimentierung des Vergangenen
• Relativität jeder (!) Weltanschauung, „Verzicht“
keine Relativierung der objektiven Probleme
kein „Freund/Feind“ – Denken
Gegenwärtige Gesellschaft
• Differenzierung, Verschärfung der Gegensätze,
Krise, Elend, Ungerechtigkeit
• Umbruchszeit, individuell intensiveres Erleben
• Gegenwärtige Ordnung erscheint als die unbedingt zu verteidigende - Ordnung
• Abhängigkeit der Menschen vom Eigentum =
„Heiligtum“
• Familie ist ein Machtverhältnis, zwar vergeistigt,
aber Unterdrückung der Frau, der „Anderen“,
der Kinder, der Jugend
Dimensionen der Ungerechtigkeit
• Ungleiche Behandlung „Gleichartiger“ und
„Anderer“ (Gruppenegoismus)
• Mangel an Empathie, Aufmerksamkeit,
Eigengruppenegozentrik (unterdrückte
Klassen, Straftäter, Tiere, Alte-Junge,
geographisch entfernter Lebende)
• Andere Moral für Eigen- und Fremdgruppe
• Herrscher und Namenlose
• Starke und Schwache (Missbrauch)
Gegenwärtige ökonomische
Verhältnisse
• Macht des Kapitals wird akzeptiert
• Ausrichtung auf Kapitalinteressen (Schule)
• Quantitatives Denken: Produkt statt Arbeit,
Produktion für Markt statt Bedarf
• Überstrapazierung u. Ausschluss vom
geistigen Leben u. Wachsen der Arbeiter
• Staatl. Intervention, Sozialarbeit, Taylorsystem sichern status quo
• „Kultur braucht Dienstboten“ = kulturlos
Neue Gesellschaft
• Klassengegensätze sind durch Änderung
der Produktionsweise aufzuheben
• Sozialismus ist Klassenkampf/Befreiung
und (!) Aufbau neuen Zusammenlebens
• Neue Gesellschaft ist für alle (!) offen,
Macht nicht nur für die Arbeiterklasse
• Heutige herrschende Klasse kann/muss
den Verlust der Macht akzeptieren
Geistige und gesellschaftliche
Entwicklung
• Soziale Ethik muss der individuellen folgen
• In der individuellen Ethik: Befreiung von:
„geistiger Selbstbehauptung“ Selbstsucht/
Egoismus – Einsicht in eigene Begrenztheit –
• „Verzicht“ darf und kann erwartet werden
• Macht der Tradition, der „Phrase“ brechen
• Statt „guter Glaube“ - „wahre Überzeugung“
• Ideologie (entspricht „positivem“ psychischen
Bedürfnis d. Ablehnung v. Egoismus) – Ideen
Einzelner und Gesellschaft
• Die Verteidigung der Interessen der eigenen
Gruppe ist nichts „Höheres“ als die individueller
Interessen (wichtigstes Beispiel: Nationalismus)
• Das Individuum sowohl wie die eigene Gruppe,
Rechtsordnung, Nation müssen untergehen,
Akzeptieren und „Verzichten“ (herrschende
Klasse)
• Einsicht: Alle Gruppen, Erscheinungen etc.
tragen zur menschlichen Entwicklung bei
• Weitestgefasster „Antimilitarismus“, Selbstrelativierung, im engeren Sinne Dienstverweigerung
Soziale Bewegungen: Sozialismus
• Religiös-ekstatischer S. (Mittelalter, Ketzer)
• Utopischer S. 18. Jhdt. (Rationalismus)
• Wissenschaftlicher S.19.Jhdt.(Moderne
Wissenschaft u. Industrie)
• Historische Formen sedimentiert, Gefühle und
geistige Aktivität sollten übernommen werden
(1,2),
• Vertrauen auf „Objektive Entwicklung“ (3)
problematisch, auf „Reife“ warten - Quietismus
(Reformismus, Parlamentarismus, Taktieren)
Kommunismus
Kommunismus betont stärker die Eigentumsfrage,
Überbetonung der „objektiven Faktoren“,
materialistischer Akzent (Basis – Überbau,
Notwendigkeit – Freiheit, gesellschaftliche und
persönliche Faktoren, Determinismus, kein
Fatalismus (Gegensatz deutsche
Sozialdemokratie)
Ideologiekritik aber Unterbelichtung/ Unterschätzung der Ethik, der Ideale, der Persönlichkeit
Historischer Materialismus als
historische Erscheinung
• Ergebnis einer historischen Entwicklung – zeigt
ein System (!) des Zusammenwirkens aller
Einflussfaktoren (keine Monokausalität)
• Der subjektive Faktor wirkt selbst kausal
• Einsicht in historische Gesetze als Faktor
• Die moderne Entwicklung ermöglicht aktives
Eingreifen in den historischen Prozess
• Demaskierung von Interessen, Unterscheidung
von Ideen und Idealen
Bedeutung des Syndikalismus
autoritär/antiautoritär
• Gegenbewegung zur/Warnung vor der Verbürgerlichung
der Sozialdemokratie bzw. der „modernen“
Gewerkschaftsbewegung
• Ablehnung des parlamentarischen Aushandelns, der
Kompromisse
• Belebung der sozialen Kämpfe durch direkte Aktion,
Massenstreik,
• Kampf auf ökonomischem statt politischem Gebiet
(Sozialisierung „von unten“) Relativierung der
Demokratie (unpolitische Mehrheit)
• Spontaneität, Widersetzlichkeit, subjektiver Faktor,
Solidarität statt Streikkassen, keine Funktionäre
Anarchismus (Kropotkin)
• Gesellschaft ist fähig zur Selbstorganisation
• Vertrauen auf ordnende gesellschaftliche Kräfte statt
Furcht vor chaotischen (Wahrnehmungstäuschung),
Bedeutung der Dezentralisation (u.a. Beispiel E-Motor)
• Staat als späte historische Niedergangserscheinung
(Spätmittelalter, Frühneuzeit)
• Kleine freie Gemeinschaften waren kulturell überlegen
• Anarchistische Moral lehnt Belohnung und Strafe ab,
Prinzip der gegenseitigen Hilfe
• Kritik von C.W.: Ethik zu sehr aus den Bedingungen des
Gruppenlebens erklärt, optimistische Überschätzung der
ordnenden Kräfte
Anarchismus und Kultur
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Anarchismus - erneuernde kulturelle Kraft
Alles verändert sich… ist relativ
Soziale Kämpfe als Beitrag zur Kultur (??)
Sozialer, kein individueller Anarchismus,
Verbindung mit Arbeiterbewegung
(Anarcho-Syndikalismus)
• Konkretheit – keine allg. Theorie des A.
• Revolutionär (Reife für den Sozialismus
erreichbar durch Handeln + Kämpfen)
Anarcha-Feminismus (?)
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Begriff 1920 unbekannt (A. = Männerbund)
Fehlen von Dominanzstreben, Manipulation
Abweisung von Hierarchien, dafür: Respekt
Subjekt – Subjekt statt Subjekt – Objekt
Platz für Intuition und Gefühl, Vorsicht in
Beurteilungen
Versöhnung von Gegensätzen (Klischee?)
(Frauenwahlrecht: doch antihierarchisch!)
Zuständigkeit für Hausarbeit nicht thematisiert
Keine Genderdebatte, hist. rel. Essentialismus
Frauenbewegung
• 1907 – 1917 Engagement Frauenwahlrechts- Bewegung
(Beruf + Studium waren akzeptiert)
• bestehendes Zensuswahlrecht, 1887 ges. Ergänzung:
„männlich“, 1894 Vereinigung f. Frauenwahlrecht
• 1907 Bund für Frauenwahlrecht (Clara Wichmann),
Frauenwahlrecht = Männerwahlrecht, kein „Haushaltsvorstandswahlrecht“ oder Altersgrenze für Frauen,
Zusammenarbeit mit SDAP und Freisinnigen
• (geistige) Entwicklung zentral /Frage nach dem Glück
• Ausstellung (1813-1913) Geschichte der Frauenarbeit
• Modernes Arbeitssystem schafft Probleme für arbeitende
Frauen/ Kinder/ Ruhe, Besinnung = wichtige Bedürfnisse
• Sept. 1917: Die Frau u. die Friedensbewegung/
Jan.1921: Die Ereignisse im Rev. Soc. Vrouwenbond
Ehe- und Familie(nrecht)
• Gegenwärtige Familie ist nicht „die Familie“
• Unwürdige ökonomische (äußere) Zwänge
• Stärkere Differenzierung der Menschen bedeutet
komplexere persönliche Verhältnisse
• Missverständnis „freie Liebe“/Verantwortlichkeit
• Sozialismus – Grenze zwischen Familie und Außenwelt
und die Grenze der persönlichen Entwicklung aufheben
• Recht schafft keine neuen Sitten, kann neuem
sozialistischem Gewohnheitsrecht Raum geben
(russisches Familienrecht als Übergang vom bürgerlichen zum sozialistischen Recht)
Strafbegriff
• Strafe – mythologische Vorstellungen: auf
Unrecht muss Leid folgen
• Strafe als instinktive Reaktion
• Am Anfang der menschlichen Geschichte
steht der Missetäter, der sich auflehnt, z.B.
Prometheus, Lucifer
• Strafe als Strafe für Ungehorsam – durch
die „Obrigkeit“ („Zeus“, „Gott“)
Verbrechen/Strafe als Konflikt
Alte Norm – neue Entwicklung
• a) persönlich (Lucifer)
• b) andere Norm (Prometheus, Antigone)
„anterograde“ oder „evolutive Kriminalität“
(Tolstois „erster verweigernder Kannibale“)
Kriegsdienstverweigerung – praktische Hilfe durch
C.W.)
Verbrecher: Feind, Ungehorsamer, Sünder
Strafe: instinktive Reaktion, Rache, Erniedrigung
Argumente gegen die
Vergeltungstheorie
• Leid + Belohnung gehören zur Tauschgesellschaft, nicht zur Sittlichkeit
• Es geht um Aufbauen, Aufrichten
• Strafe stört den inneren Besinnungsprozess
• Der bestrafte Mensch ist nicht derselbe, der die
Tat beging (Tat zeitigt Wirkungen im Täter)
• Falsche Aufteilung in „Sünder und Gerechte“
• Gerechtigkeit ist dem irrenden Menschen nicht
möglich (die Realität ist zu komplex)
• Der Straffällige (insbes. äußere Gründe) muss
nicht schlechter sein als der Unbescholtene
Gründe gegen Zwecktheorien
General- und Spezialprävention
• Einwirkung nur auf die „niedrige“ Seite des
Menschen
• Verkennung der Natur des „Willens“ , der
Rolle des Unbewussten
• Demoralisierende und meist überschätzte
Wirkung der Abschreckung
• Der Bestrafte wird zum Instrument der
Abschreckung, zum Mittel (s. Kant)
Kriminalität hat meist
gesellschaftliche Ursachen
• Wechselndes Erscheinungsbild in der
Geschichte
• Kriminalität als Massenphänomen in
Krisenzeiten (Frühkapitalismus, Gegenwart)
• Abhängigkeit von Jahreszeiten
• Eugeniker verkennen soziale Gründe
• Bürgerliche Milieutheoretiker verkennen
Zusammenhang des Verbrechens und des
Strafrechts mit dem Kapitalismus
Verbrechen in der sozialistischen
Gesellschaft
• Verschwinden massenhafter Berufskriminalität
• Es verringern sich wegen besserer Verhältnisse:
• Psychopathen
• Verbrechen aus Leidenschaft
• Zufalls- und Nachlässigkeitsverbrechen
• Es bleiben: Anti- oder a-soziale Charaktere
(hierfür sind Maßregeln zu treffen, da hier ein
Mangel an Empathie, Intelligenz etc. Ursache)
• Evolutive Kriminalität sollte geschätzt werden
Veränderungen im Strafrecht
• Absterben des Strafbegriffes
• Aufgabe der primitiven Vorstellungen von
Schuld, Strafe, Gerechtigkeit
• Historische Relativität von „Gerechtigkeit“,
„Schuld“ etc.
• Grenzen der eigenen Urteilsfähigkeit (!)
• Strafbarkeit im Bezug auf Eigentum, Obrigkeit,
Staat schützt keine sittlichen Werte
• Liebe statt Vergeltung oder Strafe
• Strafrecht stark rückständig, aktives Eintreten für
Reformen notwendig, kein Selbstläufer
Bedeutung für die
Strafrechtsreform
• Clara Wichmann als „Verteidigerin der
Menschlichkeit“ (Bart de Ligt)
• Bedeutung der Arbeit für diese Idee (C.W.
als Mitbegründerin u. Geschäftsführerin
des Comité, Verfasserin der Gründungsproklamation)
• Wiederbelebung in den 70-er Jahren
• „Resozialisierung“, „Sozialtherapeutische
Anstalt“ statt Gefängnis
Krieg und Frieden
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S. Selbstbehauptung v. Einzelnen und Gruppen
Nationale Interessen – sind Klasseninteressen
Besitz, Bestehen, Kampf sind nicht das Höchste
der Andere oder Feind ist wie man selbst
Recht und Unrecht sind nie ganz auf einer Seite
Wegen der eigene Beschränkung den Anderen im
milderen Licht sehen, aufhören zu hassen
• Militarismus etc. erst im eigenen Land bekämpfen
• Die Verschiedenheit akzeptieren lernen
• Verschiedenheit als Reichtum der Menschheit sehen
Gewaltlosigkeit und soziale
Revolution
• Kein Prinzip kann bis zur letzten Konsequenz
erfüllt werden, wichtig ist, anzufangen
• Keine abstrakte Frage, Kein Entweder oder bei
der Gewaltlosigkeit
• Wehrlosigkeit oder Gewalt – falsche Alternative
• Gewaltlosigkeit muss sich entwickeln
• Gewalt ist die (historisch) primitivste Reaktion
• Gewalt zieht Gewalt nach sich
• Gewalt ist nicht immer falsch (z.T. besser als
Nichtstun, aber gewaltlose Mittel sind besser)
• Neue Mittel suchen – „geistige Wehrhaftigkeit“
Mittel und Zweck
• Objektiver Zusammenhang (nicht das unterstellte Interesse am eigenen reinen Gewissen)
• Falsche (unethische) Mittel verfehlen den
Zweck, führen von ihm weg, zum Gegenteil, ggf.
Verzicht auf Ziel notwendig
• Gefahr der reaktionären Entwicklung
• Zu bekämpfen ist die Gewaltsuggestion, Gewalt
wird selbsterfüllende Prophezeiung
• Mittel der Selbstbefreiung der Ausgebeuteten:
Streik, Boykott, individuelle und massenhafte
Dienstverweigerung (Beispiel: J. Meijer)
Tiere und aktive Gewaltlosigkeit
Kropotkin: Gegenseitige Hilfe in der Natur
Vegetarismus im Anarchismus: Tolstoi, Elisé
Reclus, Louise Michel, tolstojanische
Siedlungen in den Niederlanden
Domela Nieuwenhuis, Antimilitarist + Verweigerer
Jan van der Veer (Vrede-groep 1897), Felix Ortt,
Lodewijk van Mierop u.a. (Kolonie van de
internationale broederschap 1899), Louis
Bähler, Jacob van Rees, Clara Wichmann, Jo
Meyer, u.a.
Die Rechtsstellung der
Haustiere (sog. Nutztiere)
• Tiere fallen unter das Sachenrecht
• Tiere werden verkauft, gepfändet,
versteigert, gegen ihre persönlichen (!)
Interessen
• Vergehen gegen Tiere gelten als Verstoß
gegen die guten Sitten
• Lage der Tiere vergleichbar der der
Sklaven, der Frauen, der unterdrückten
Völker
Forderungen zu Tierrechten
• Tiere gehören unter ein Personenrecht
• Ggf. stellvertretende Wahrnehmung ihrer
Rechte
• Eigentumsrechte von Tieren („Für wen
hat Gott die Milch bestimmt, wenn nicht für
die kleine Ziege?“)
• Vegetarismus/Veganismus
Vegetarismus + Veganismus
“…het gaat om een grondige en innerlijke omzetting van
der menschen verhouding tot de dieren. Om een omwenteling van die oude gewoonte, de dieren te
beschouwen als een zaak, aan Adam gegeven opdat hij er
profijt en gemak van hebben zou.”
De rechtspositie der huisdieren, 1920
“Es geht um eine grundlegenden und innere Veränderung
des Verhaltens der Menschen gegenüber den Tieren. Um
eine Umwälzung der alten Gewohnheit, Tiere als Sachen
anzusehen, die Adam für seinen Profit und sein Vergnügen
überlassen wurden.”
Befreiung
• Befreiung bedeutet daher: sich losreißen von
etwas, das keine Wahrheit mehr hat.
• Dass alles, was menschlich und begrenzt ist,
auch zu seinem Ende kommen und von etwas
anderem abgelöst werden muss.
• Es gibt keine wirkliche Verbesserung der
gesellschaftlichen Verhältnisse ohne
Selbsterziehung und Selbstreform des
Menschen.
Danke für die Aufmerksamkeit!
Zum besseren Verständnis des Denkens von
Clara Wichmann folgen hier einige Folien mit
Zitaten aus ihren Aufsätzen
• Entwicklung des menschlichen Geistes in der
Entwicklungsgeschichte der Gesellschaft.
• So läuft denn auch die Entwicklung unserer
Menschlichkeit mit der unserer gesellschaftlichen
Organisation parallel. Es gibt keine wirkliche
Verbesserung der gesellschaftlichen Verhältnisse ohne
Selbsterziehung und Selbstreform des Menschen
• Denn in unserem bewussten Geistesleben überwiegt
das Neuerworbene, das wirklich das „Unsere“ ist; und
die Rudimente vergangener Kulturen liegen auf dem
Boden
Zitate II
•
Der größte Teil des menschlichen Lebens wird noch so
stark von dem Selbstverständlichen, Übernommenen,
nicht selbständig, ehrlich neu Erfahrenen beherrscht,
• Der theoretische Ausdruck der Tradition ist die Phrase.
• So ist denn auch der „gute Glaube“ der Menschen, die
einander in der Gesellschaft bekämpfen, keineswegs mit
einer wahren Überzeugung auf eine Stufe zu stellen
• Denn die Wirklichkeit verlangt neue Erkenntnisse, neue
Vergeistigung. Die Wahrheit über eine neue Wirklichkeit
ist eine neue Wahrheit.
Zitate III
• Befreiung bedeutet daher: sich losreißen
von etwas, das keine Wahrheit mehr hat
• Etwas ganz anderes als lavierendes
Verhandeln ist das versöhnende Begreifen
auch dessen, der auf der Gegenseite
steht.
• Es herrschen noch andere Mächte in der
Gesellschaft als nur die Tradition. Es
herrschen auch Selbstsucht und Egoismus
Zitate III
•
Die Selbstbehauptung beherrscht das gesamte
gesellschaftliche Leben: die Verhältnisse zwischen den
Völkern und dadurch die Rassen- und
Bevölkerungsprobleme; die Verhältnisse zwischen den
Klassen und dadurch den gesamten Produktions-,
Verteilungs- und Konsumtionsprozess; selbst die
Verhältnisse zwischen den geistigen Strömungen und
dadurch die Kirche und die offizielle Wissenschaft.
• Die Verschleierung eines Interesses als Ideologie ist ein
psychischer Prozess. Das Bessere und das Höhere im
Menschen erlauben ihm nicht, lediglich seinen
Eigeninteressen zu dienen;
Zitate IV
• Keine Angst ist groß wie die, dazu verurteilt zu sein, zu einer
Gruppe zu gehören, die es eigentlich nicht mehr geben dürfte.
• Dieses Urteil trifft alle nationalistischen Ideologien, es trifft auch alle
Ideologien, in denen eine besitzende Klasse oder ein herrschendes
Geschlecht in ihrer Herrschaft die Weltordnung so wie sie sein
muss, verwirklicht wähnen. In viel geringerem Maße trifft es die, die
noch im Aufstieg begriffen sind, die bisher zu kurz Gekommenen (:
daher die Antinationalisten, die Proletarier, die Frauen); sie sind
vorläufig noch im Recht. Doch dazu später.
• Hinzu kommt noch immer eine eigenartige Verwirrung: als sollte der
Kampf für eine Gruppe immer von selbst ein altruistischer Kampf,
ein Kampf für eine Idee sein.
Zitate V
• Hinzu kommt noch immer eine eigenartige
Verwirrung: als sollte der Kampf für eine Gruppe
immer von selbst ein altruistischer Kampf, ein
Kampf für eine Idee sein.
• Als ob dies ein nicht-egoistisches Ideal wäre –
das ewige Bestehen oder auch die ewige
Vorherrschaft einer Kategorie von Menschen zu
wünschen, während doch alles, was menschlich
und begrenzt ist, auch zu seinem Ende kommen
und von etwas anderem abgelöst werden muss.
•
In ähnlicher Fassung wurde dieser Vortrag auch bei der Feier des vierzigjährigen Bestehens der Zeitung und des Verlages „Graswurzelrevolution“
am 8. September 2012 in Münster gehalten.