Der Einfluss einer zweiten Sprache (L2) auf die

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Transcript Der Einfluss einer zweiten Sprache (L2) auf die

Die gegenseitige Beeinflussung von L2
und L1 bei bilingualen Sprechern
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Venice International University
Institut für Phonetik und Sprachverarbeitung
Hauptseminar phonetic and technological aspects of
speaker characteristics
Dozent Prof. Jonathan Harrington
Referentin Carolin Grube
Die gegenseitige Beeinflussung von L1
und L2 bei bilingualen Sprechern
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Beispiel anhand einer 27 jährigen brasilianischen
Studentin in den USA (Sancier, Fowler 1997)
Und koreanischen Studenten die im Alter zw. 1 - 23 in
die USA einwanderten (Yeni – Komshian, Flege, Liu
Übersicht der Themen
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Einführung
Bestehende Theorien
Versuchspersonen
Methoden
Experimente
Ergebnisse
Diskussion
Kritik
Einführung
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Sancier, Fowler beschäftigen sich mit wahrnehmungsgesteuerten Veränderungen über die Zeit nach dem
Spracherwerb (vgl. Lenneberg 67)
Kommt diese Veränderung vor, warum?
Wird sie von brasilianischen und amerikanischen
Hörern wahrgenommen ?
Inspiriert durch ausländische Kollegen (Engländer,
Brasilianer)
Bestehende Theorien
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Soziale Anpassung wird bei diesem Versuch
ausgeschlossen
Menschen neigen dazu Sprache zu imitieren; bei
Kindern erwiesen ( Boysson – Bardres , Halle, Sagart
& Durrant 1989)
„similar phones“ ein bereits vorhandener ähnlicher Laut
verhindert eine authentische Neubildung, neue
Kategorie kann nicht gelernt werden ( Flege 87, 95)
Methode
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Versuchsperson: 27 jährige brasilianische Studentin in
Connecticut; lernt seit 12 Jahren Englisch
Sie übersetzte 12 Sätze von Englisch auf
Portugiesisch und andersherum; 5 Wiederholungen;
großes Lautinventar
Sätze wurden von Muttersprachlern zusammengestellt
3 Sitzungen; 1. Nach 4.5 Monaten in den USA
2. Nach 2. Monaten in Brasilien
3. Nach 4 Monaten in den USA
3 Versuche wurden damit gemacht
Experiment 1
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13 Muttersprachler des brasilianisch – portugiesischen
zw. 18 und 35 Jahren aus Sao Paulo
Ihnen wurden portugiesische Satzpaare vorgespielt;
wann welcher gesprochen wurde musste beurteilt
werden und warum
Zu 66% wurden die Sätze richtig erkannt
Gründe: Vorkommen von Hyperartikulation;
Veränderungen der Artikulation und der Nasalität
Experiment 2
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Analog zu Experiment 1
Englische Sätze mussten richtig zugeordnet werden
33 Muttersprachler des amerikanisch Englischen;
Studenten der Universität Connecticut
Nur zu 48% wurden die Sätze richtig erkannt; Ergebnis
nicht ausreichend
Gründe können eine fehlende Veränderung sein oder
die Schwierigkeit einen Grad der Akzentuierung zu
hören
Experiment 3
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Geprüft wird ob sich portugiesisch [p] und [t] und
englisch [ph] und [th] beeinflussen und
umgebungsabhängig sind
Flege zeigt 87 Ergebnisse anhand Englisch und
Französisch
30 Tokens mit jeweils 6 port. Wörtern mit p usw.,
wortinitial
Problem: Versuchsperson übersetzte teilweise falsch
Gemessen wurde das Audiosignal und das EGG
Experiment 3 - Ergebnisse
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VOTs sind generell länger nach einem USA Aufenthalt
Wechsel zw. [p] und [ph] ist sprachunabhängig; bei t
nicht
Bei t hat Englisch keinen Einfluss auf Portugiesisch
Diskussion
3 Gründe um die Veränderung zu erklären:
1. erwachsene Menschen können imitieren; Vokaltrakt
Gesten eher als abstrakte phonetische Kategorien.
2. Beziehung zw. L1 und L2; [t] und [th] können „similar
phones“ sein
3. Änderung ist jedoch gering; letzte Erfahrung bleibt im
Gedächtnis
Diskussion
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„potential function“
System zw. Entstimmung und Oralverschluss ändert
sich
Eine neue potential function ändert eine alte
Das alte System hat Einfluss auf ein neues( vgl.
Zanone, Kelso 92)
Diskussion
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L1 beeinflusst L2
akzentuiert
Bereits die Anwesenheit von L2 beeinflusst L1
Phonologische Kategorie ist ein Mix aus potential
functions
Es werden keine neuen Attractors gebildet;
PF verändert sie nur; das Lernen hört nie auf ( vgl.
Flege 87 Bsp: franz. Und engl. Muttersprachler im
Ausland)
Kritik
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Ergebnisse einer Versuchsperson sind nicht
repräsentativ
33 Muttersprachler des Englischen; nur 13 des
Portugiesischen
Versuchsperson kannte den Versuch
Nur Hypothesen als Erklärungen (potential function
Erklärung lässt Fragen offen)
Einführung
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Komshian, Flege und Liu beschäftigten sich mit der
Aussprachefähigkeit in L1 (Koreanisch) und L2
(Englisch) bei bilingualen Koreanern, die zw. 1 und 23
Jahren auswanderten (AOA: age of arrival)
Ebenfalls Test zur Morphosyntax
Befragung zu Hintergrundinformationen
Zwei vorherige Studien (Flege, Muno und Mac Kay 95;
sowie Weber, Fox, Neville 96) zu bilingualen Sprechern
Beide ergaben, dass frühe L2 Lerner diese besser
beherrschen
Bestehende Theorien
Lenneberg, kritische Periode für den Spracherwerb
(CPH)
 Altersbedingte Veränderungen dürfen nicht linear sein,
sonst sind sie kognitiven Veränderungen beizumessen
 Junge L2 Lerner müssen wie monolinguale Sprecher
sprechen
 Kritische Periode muss für L1 und L2 gelten
Gegenargumente (IH):
 Hintergrundfaktoren werden nicht berücksichtigt
 Man kann keine zweite erste Sprache lernen
 L1 und L2 beeinflussen sich gegenseitig
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Bestehende Theorien
Flege (95) speech learning model(SLM)
 Mit steigendem Alter können phonetische Kategorien in
L2 nicht mehr gebildet werden;
 Bei jüngeren L2 Lernern kann eine neu geformte
Kategorie Einfluss auf die L1 haben
Bedingungen:
 L1 und L2 müssen sich gegenseitig beeinflussen
 Die meisten bilingualen Sprecher müssen eine
Sprache besser sprechen
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Teilnehmer und Methode
Teilnehmer:
 240 bilinguale Koreaner; 10 Subgruppen basierend auf
AOA; 12 Männer und 12 Frauen
 Im Schnitt 26 Jahre alt; 6 Jahre in den USA und
Studenten
Methode:
 Den Teilnehmern wurden englische und koreanische
Sätze vorgespielt die sie nachsprechen mussten
 24 Erwachsene und 14 Kinder produzierten Sätze in
der jeweiligen Sprache
 10 Sätze (5K und 5E) wurden ausgewählt;
Experiment
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Experiment 1:
Teilnehmer absolvierten einen Hörfähigkeitstest;
Fragen zur Schullaufbahn; abschließend
Grammatiktest
Experiment 2:
Sätze wurden monolingualen Sprechern vorgespielt;
diese mussten sie auf einer Skala von 1 – 9 bewerten
Bei Englisch: 1 für starken Akzent; 9 keinen
Bei Koreanisch: 1 für schlechte Aussprache; 9 gute
Ergebnisse
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1. Vergleich zw. KB und EM (Kinder-bilingual;
Erwachsene-monolingual: 2 unterschiedliche
Einteilungen)
Frauen hatten mehr Punkte als Männer
Einige junge L2 Lerner wurden ähnlich wie
monolinguale Sprecher bewertet; als Gruppe zu
unterscheiden
Schuljahre und regelmäßiger Gebrauch von Englisch
spielen wie AOA eine Rolle
Ergebnisse
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2. Vergleich zw. Kinder-bilingual und Kindermonolingual
Schlechtesten waren die AOA 1- 7
Ab AOA 13 waren sie nicht mehr von KM zu
unterscheiden
Über alle Gruppen gab es 118 KB die von KM nicht zu
unterscheiden waren
Ergebnisse
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Gebrauchen der koreanischen Sprache verbessert die
Aussprache; Gebrauchen der englischen Sprache,
Aufenthaltsjahre und Schuljahre in den USA haben
keinen Effekt
junge L2 Lerner erzielten weniger Punkte als EM,
hatten trotzdem eine schlechte Aussprache in L1
17 hatten eine ähnliche Punkteanzahl
2 (AOA 5 und 8) hatten in beiden Sprachen
Muttersprachlerqualitäten;
Ergebnisse
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Vergleich in beiden Sprachen:
bei 9 von 10 Gruppen war eine Sprache besser als die
andere; bei AOA 10 - 11 nicht
Negative Beziehung zw. L1 und L2
Unterschiede zw. frühen und späten L2 Lernern
Für Englisch eine Beziehung zw. AOA und Aussprache
Bei Koreanisch nur für die Jüngeren
Zurückzuführen auf geringe Variation im Koreanischen
Ergebnisse
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Beziehung zu den Hintergrundinformationen:
4 Gruppen: K+E+ ; K-E- ; K+E- ; K-E+ wurden
verglichen
Faktoren: AOA, LOR, Bildung, Sprachgebrauch,
Stellung und Motivation
K+E- ergab einen Gegensatz zu E+KK-E- ergab als einzige kein einheitliches Muster; sie
sind wohl nicht sprachbegabt
Diskussion
These der kritischen Periode:
Aussprachefähigkeit in L2:
- lineare Funktion; besonders im Bereich 7- 13
Jahre sehr linear
- konstantes Abnehmen der Aussprachefähigkeit; bei
späten L2 Lernern bestätigt sich das Modell zum Teil
Aussprachefähigkeit in L1:
- Muttersprachler ähnlich bei 49%, die meisten AOA 1223
- Bis zu einem gewissen Alter ist L2 besser; bestätigt
das Modell
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Diskussion
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These der gegenseitigen Beeinflussung:
- Teilnehmer sprechen eine Sprache besser als die
andere
- jedoch Beziehung zw. L1 und L2 nur für junge L2
Lerner relevant
Zusammenfassend:
These der kritischen Periode bestätigt für ältere L2 Lerner
im Koreanischen
These der gegenseitigen Beeinflussung für junge L2
Lerner
Mögliche Ursachen
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E+K+ hatten im Schnitt eine AOA von 11 Jahren;
bereits Erfahrung mit syntaktischen Strukturen,
phonologisches System, Literatur ( vgl. Liu, Bates, Li
92)
AOA 11 lernten nicht beide Sprachen parallel
KB 12 - 23 lernten Englisch von Muttersprachlern des
Koreanischen ( vgl. Bahrick, Hall, Gaggin, Berger 94)
Obwohl Sprachgebrauch und Schuljahre wichtig sind,
kommen keine Muttersprachlerfähigkeiten zu Stande;
Schuljahre haben Einfluss auf die Morphosyntax
Kritik
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Es wurden nur Menschen getestet die in der
Umgebung Englisch sprechen mussten; sonst könnten
sich andere Sprachmuster herausstellen
Quellen
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Sancier M.L & Fowler, C.A. (1997) "Gestural drift in a
bilingual speaker of Brazilian Portuguese and English",
Journal of Phonetics 25,4: 421-436.
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Yeni-Komshian, G. H., Flege, J. E. & Liu, S. (2000).
Pronunciation proficiency in the first and second
languages of Korean-English bilinguals. Bilingualism,
Language and Cognition, 3, 131-149.