Wolfgang Wildgen Migration von Sprachen und Kulturen

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Einführung in die Germanistische Linguistik, 4
Prof. Dr. Wolfgang Wildgen
Einführung in die
Germanistische Linguistik
4. Sitzung
Grammatiktheorie, Methoden der
Sprachanalyse
Aufgaben einer Grammatik
Einführung in die Germanistische Linguistik, 4
Prof. Dr. Wolfgang Wildgen
Entwicklung der modernen Linguistik
(nach de Saussure)
Amerikanischer Strukturalismus
• Leonard Bloomfield (1887-1949): 1933 „Language“
Prager Strukturalismus/Funktionalismus
• Nicolai S. Trubetzkoy (1890- 1938): 1939 „Grundzüge der
Phonologie“
• Roman Jakobson (1896-1982), André Martinet und viele
andere Autoren bis heute
Kopenhagener Strukturalismus/Logisch-konstruktive
Grammatik
• Louis Hjelmslev (1899-1965): 1943 „Prolegomena zu
einer Theorie der Sprache“
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Inhaltsbezogene Grammatik (Deutschland)
• Feldtheorie und sprachliche Weltgestaltung: Leo
Weisgerber, 1949-1954 „Von den Kräften der
deutschen Sprache“
Deskriptivismus (Amerika) und Anfänge der
mathematischen Linguistik
• Zellig S. Harris, 1951 „Methods in Structural
Linguistics“ (korpusorientiert)
• Aus der Nachbarschaft („cooccurrence“) von
Morphemen und Wörtern (Sätzen) soll die
Klassifikation (z.B. der Wortarten oder
Konstruktionstypen) induktiv gefunden werden.
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Generative Grammatik
• Noam Chomsky (geb. 1928): 1957 „Syntactic Structures“
(mentalistisch)
• Pariser Schule (Greimas, Levi-Strauss)(semiotisch)
• Algirdas Julien Greimas, 1966 „Sémantique structurale“
(deutsch, 1971)
Valenzgrammatik (Tesnière)/ Dependenzgrammatik
• Lucien Tesnière , 1959 (posthum) „Éléments de syntaxe
structurale“(deutsch 1980)
Montague Grammatik/ Situationssemantik
• Richard Montague, 1970 „English as a Formal Language“;
später: Barwise J. und Perry, J. , 1983. Situations and
Attitudes; deutsch 1987.
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Aktuelle Theoriediskussion
Kognitive Linguistik (- Semantik)
• George Lakoff, 1987 „Women, Fire , and Dangerous
Things. What Categories Reveal about the Mind
• (vgl. als Überblick: W.Wildgen, 2008. Kognitive Grammatik,
de Gruyter, Berlin)
Natürlichkeitstheorien und naturalisierte Theorien der
Sprache und Grammatik
• In der Phonologie: Dressler u.a., in der Morphologie:
Mayerthaler (Markiertheitstheorie),
• in der Semantik und Syntax: Dynamische Semantik.
• Evolutionäre Grammatik (vgl. Wildgen, 2004)
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Die Sprache als Phänomen: Arten des
empirischen Zugangs
Zugang über das individuelle Bewusstsein
• Eigene Kompetenz: Wort/Nicht-Wort, Grammatikalität /
Ungrammatikalität, semantische Selektion,
Mehrdeutigkeit (siehe Chomsky und die Rolle des
Mentalismus für die Sprachbeschreibung in der
generativen Grammatik).
• Kategoriale Urteile über Sprache: Konnotation (Osgood),
Assoziation (Psychologie), erwartete (relative) Häufigkeit
von Wörtern, semantische Relationen (Synonymie,
Antonymie, Hyponymie)
• Handlungswertigkeit von Äußerungen (Voraussetzungen
und Folgen von Sprechakten).
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Beobachtung, Speicherung und Transkription
von mündlichem Sprachverhalten
•
•
•
•
Beobachtung ungesteuerter mündlicher Kommunikation
(Beispiel: Tischgespräch in einer WG)
Elizitierung von bestimmten Sprachformen, z.B.
Erzählungen, Beschreibungen, Argumentationen usw.
(Beispiel: Alltagserzählungen)
Interviews, die eine linguistische oder soziolinguistische
Fragestellung realisieren
Beispiel 1: ein sprachbiographisches Interview in Bremen,
Beispiel 2: Interview mit ausländischen Arbeitern (Italiener
in Heidelberg)
Kleine soziale Netze: Familie, Gruppen von Jugendlichen,
Nachbarschaftsnetzwerke,
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• Kommunikation in Institutionen (Beispiel : Interviews zur
asymmetrischen Kommunikation Richter – Patient in der
psychiatrischen Klinik)
• Medienkommunikation (im Fernsehen, im Rundfunkt, im
Internet)
Sammlung, Einteilung, Charakterisierung schriftlicher
Sprachdaten
• Man kann einen primären Zugang, der direkt schriftliche
Materialien meist unter bestimmten Aspekten (etwa: neue
Wörter, Komposita, Redewendungen, Schlagzeilen,
Kontexte eines ausgewählten Wortes , Verwendungen
eines Eigennamens) auswertet und einen sekundären
Zugang, bei dem vorhandene Sammlungen und bereits
analysierte Materialien einer weiterführenden Analyse
unterzogen werden.
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Primäranalysen
• Private Schriftlichkeit: Briefe, Tagebücher
• Medienprodukte wie Zeitungen, Magazine usw.
• Bücher: Sachbücher, Trivialliteratur, gehobene Literatur
Sekundäranalysen
• Ausgehend von Korpora, d.h. Textsammlungen (meist in Datenbanken
oder auf CD-Rom verfügbar)
• Ausgehend von Wörterbüchern verschiedenen Typs (einsprachig,
mehrsprachig, alphabetisch/inhaltlich gegliedert, enzyklopädisch,
fachsprachlich usw.)
• Ausgehend von größeren Grammatiken und dem dort angeführten
Beispielmaterial
• Ausgehend von Sprachatlanten
Videoaufnahmen (mit Gestik und Mimik), Experimente zur
Sprachverarbeitung.
Beispiele: Zweisprachigkeit in Familien, Analyse der Gestik und
Experimente mit dem Computertomographen in der Neurolinguistik
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Was leistet eine Grammatik (des Deutschen)?
Im Folgenden beziehe ich mich auf die Duden-Grammatik
(Band 4: Grammatik der deutschen Gegenwartssprache)
1. Historische Aspekte sind ausgeklammert (vgl. dazu
Grimms Konzeption einer Grammatik: Einführung 1)
2. Gliederung vom Kleinen (Laut) zum Großen (Text) oder
umgekehrt. Der Duden schreitet vom Kleinen zum
Großen voran.
• Die „Deutsche Grammatik“ von U. Engel geht von Text
zum Satz und zu den Wortarten, die Phonologie
(Phonetik) fehlt.
• Der „Grundriss der Deutschen Grammatik“ von Eisenberg
geht von den Wortarten aus und behandelt dann die
syntaktischen Konstruktionen.
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Internetportal „Grammis“ des IdS
Systematische Grammatik
• Der Inhalt der Systematischen Grammatik erschließt sich
im Wesentlichen unter syntaktischem und semantischem
Aspekt. Grammatische Strukturen werden darüber hinaus
unter kommunikativ-funktionalen Gesichtspunkten
betrachtet.
• Aus syntaktischer Sicht
• zeigen sich Ausdruckseinheiten aller Komplexitätsstufen Morpheme, Wörter, Phrasen, Sätze, ganze Texte -, deren
formale Beziehungen zueinander und die formalen
Funktionen, die sie bei der Bildung korrekter Redeeinheiten
erfüllen können
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• Aus semantischer Sicht
• werden die syntaktischen Verhältnisse im Deutschen nicht
als autonome Strukturen gesehen, sondern als Basis für
die Interpretation der Bedeutungsverhältnisse in Diskursund Texteinheiten aller Komplexitätsstufen.
• Aus kommunikativ-funktionaler Sicht
• wird betrachtet, über welche sprachliche Mittel man als
Sprachteilhaber verfügen kann, um die Aufgaben zu
bewältigen, die sich unter verschiedensten
Rahmenbedingungen im Zug kommunikativen Handelns
ergeben können. Dabei wird unterschieden zwischen
Mitteln, mit denen die Natur sprachlicher Handlungen
klarzustellen ist, und Mitteln, mit denen spezifischere
Funktionen wie etwa die Einordnung in Gesprächszusammenhänge oder eine Einstufung mit Blick auf eigene oder fremde - Erwartungen vorzunehmen sind.
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Erprobung
• Wählen Sie ein Wort aus. Das Programm sucht
dann die Kollokationen (Nachbarn) im Korpus.
• Die Suche kann weiter ausgedehnt werden.
• Auf diese Weise können sprachliche Strukturen im
Deutschen sowohl stilistisch als auch kategorial
untersucht werden.
• Die Korpora werden ständig aktualisiert.
• Derzeit werden auch historische Korpora und
Korpora mündlicher Sprache vorbereitet.
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Duden
Die neu erarbeitete und erweiterte Auflage des Standardwerks
für richtiges Deutsch bietet Ihnen im Detail:
• die wissenschaftlich exakte und umfassende Darstellung des
Aufbaus der deutschen Gegenwartssprache vom Laut über
das Wort und den Satz bis hin zum Text und zu den
Merkmalen der gesprochenen Sprache auf der Basis des
aktuellen Forschungsstands,
• das völlig neue Kapitel zur Grammatik der gesprochenen
Sprache,
• das völlig neue Kapitel über Struktur und Funktion von Texten,
• zahlreiche Beispiele aus dem aktuellen Sprachgebrauch,
• ein praktisches, ausführliches Wort- und Sachregister.
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