Internationale Migration von und nach Österreich

Download Report

Transcript Internationale Migration von und nach Österreich

Standardisierte Klausur in Deutsch an AHS und
BHS Chancen und Risiken für zwei- und mehrsprachig
aufwachsende Schülerinnen und Schüler in
Österreich
Univ.-Prof. Dr. İncі Dirim
Universität Wien
Institut für Germanistik
Deutsch als Zweitsprache
Wichtiger Hinweis: Es handelt sich um eine
Vortrags-PPP, d.h. Literaturhinweise fehlen und
der Text ist lückenhaft. Bei Informationsbedarf
bitte bei Inci Dirim melden:
[email protected]
Chancen der Standardisierung
• Die Standardisierung schriftlicher Prüfungsformate
bietet im Hinblick auf die Unterstützung zwei- und
mehrsprachig aufwachsender SchülerInnen die
Möglichkeit der besonderen gezielten Vorbereitung
unter Berücksichtigung ihrer speziellen
Voraussetzungen.
• Warum sollte diese Gruppe gesondert berücksichtigt
werden?
• Warum „gezielte Vorbereitung“?
• Wie kann diese Vorbereitung erfolgen?
• Vorschläge für eine (wissenschaftliche) Vorgehensweise
Internationale Migration von und nach
Österreich
Quelle: STATISTIK AUSTRIA, Wanderungsstatistik vom 19.05.2010.
© Marion Döll
Internationale Migration von und nach
Österreich – aktuelle Entwicklung
Eigene Berechnungen nach STATISTIK AUSTRIA, Wanderungsstatistik vom 19.05.2010.
Zuzug
60,000
50,000
40,000
30,000
20,000
10,000
0
ANGEHÖRIGE EUSTAATEN, EWR, SCHWEIZ
2006
Wegzug
2008
2009
DRITTSTAATSANGEHÖRI
GE
60,000
50,000
40,000
30,000
ANGEHÖRIGE EUSTAATEN, EWR, SCHWEIZ
20,000
DRITTSTAATSANGEHÖRIG
E
10,000
0
2006
2008
2009
© Marion Döll
Internationale Migration von und nach
Österreich – Kinder und Jugendliche
Quelle: STATISTIK AUSTRIA, Wanderungsstatistik vom 19.05.2010.
Zahl im Jahr
2009
zugezogener
Kinder im Alter
zwischen 5
und 19 Jahren:
14.874
~
595
Schulklassen à
25 SuS
© Marion Döll
Internationale Migration von und
nach Österreich - Zusammenfassung
Zuzug in den letzten Jahren vergleichsweise konstant
Zuzug einer nicht unerheblichen Zahl von Kindern und
Jugendlichen im Schulalter; z. T. mit Erfahrungen in
anderen Schulsystemen (der Herkunftsländer)
Zuzug zu über 50 % aus EU-Staaten, EWR und
Schweiz
EU-Binnenmigration: Grundrecht der Unionsbürger
durch Art. 40 der Grundrechtecharta sowie Art. 18 des
EG-Vertrags
Internationale Migration ist in Österreich ein stabiles
(künftig ggf. zunehmendes) Phänomen.
© Marion Döll
Sprachliche Heterogenität an Schulen
Quelle: bmukk 2011
© Marion Döll
Sprachliche Heterogenität in Schulen
Quelle: bmukk 2011
© Marion Döll
Forschungsergebnisse zum Bildungserfolg
von SchülerInnen mit Migrationshintergrund
• In Österreich wiederholen SchülerInnen mit
Migrationshintergrund im Durchschnitt überproportional
oft eine Klasse (Unterwurzacher 2007).
• Sie werden vermehrt auf Schulformen wie die
Sonderschule oder die Hauptschule verwiesen
(Specht/Bundesministerium für Inneres 2009, S. 42;
Unterwurzacher 2007, S. 71f.), deren Abschlüsse für
den Anschluss angesehener und vielversprechender
Berufsausbildungsgänge häufig nicht ausreichen.
• Nach Abschluss der Volksschule Überrepräsentation in
Sonder- und Hauptschulen (Unterwurzacher 2007).
• Es findet eine gewisse „ethnische Schichtung“ statt:
SchülerInnen mit ostasiatischem Hintergrund haben eine
bessere schulische Performanz als der Durchschnitt der
österreichischen SchülerInnen ohne Migrationshintergrund,
während SchülerInnen mit türkischem und exjugoslawischem Hintergrund in solche Umstände geraten,
auf Grund derer sie geringere durchschnittliche Leistungen
erbringen (Unterwurzacher 2007, S.71; Gächter 2008, S.
193).
• Es findet eine gewisse „ethnische Schichtung“ statt:
SchülerInnen mit ostasiatischem Hintergrund haben
eine bessere schulische Performanz als der
Durchschnitt der österreichischen SchülerInnen ohne
Migrationshintergrund, während SchülerInnen mit
türkischem und ex-jugoslawischem Hintergrund in
solche Umstände geraten, auf Grund derer sie
geringere durchschnittliche Leistungen erbringen
(Unterwurzacher 2007, S.71; Gächter 2008, S. 193).
Beispiel Österreich: Einige
Ergebnisse der PISA-Studie 2009
• Schwerpunkt Lesefähigkeiten von Jugendlichen
• Teilnehmerländer: 34 OECD-Staaten und 31
Partnerstaaten
• Mitteleuropäische Länder zeigen schlechtere Ergebnisse
als klassische Einwanderungsländer, z.B. Kanada
• Österreich: Kompetenznachteile der SchülerInnen mit
Migrationshintergrund: 40 Punkte (39 Punkte
entsprechen dem Kompetenzzuwachs in einem
Schuljahr)
(vgl. Stanat, Rauch & Segeritz 2010, S. 211)
Fördermaßnahmen an Schulen
• Ein- bis zweijährige Förderung, wenn Aufnahme
als „außerordentliche/r SchülerIn“
• Keine weitere systematische Förderung
(vgl. Dirim & Furch 2011)
Zwischenfazit: Gleiche
Bedingungen ≠ Chancengleichheit
• Das österreichische Schulsystem zeigt
Gerechtigkeits- und Effizienzprobleme im
Hinblick auf den fruchtbaren Umgang mit
migrationsbedingter Heterogenität
• Das österreichische Schulsystem benachteiligt
SchülerInnen mit Migrationshintergrund
Gründe für die Benachteiligung der
SchülerInnen mit Migrationshintergrund (vgl.
Dirim & Furch 2011)
• Spezielle Kenntnisse vom Unterrichten in
mehrsprachigen Klassen werden in der Lehrerausund Fortbildung nicht systematisch angeboten
• Die meisten Lehrkräfte in Österreich unterrichten
ohne jegliche Vorstellung vom Umgang mit Deutsch
als Zweitsprache und Mehrsprachigkeit
• Maßnahmen für die Unterstützung der SchülerInnen
im Erwerb des Deutschen als Zweitsprache
umfassen nicht alle Schulformen und –stufen und
werden nur kurzfristig angeboten
• Die Deutsch als Zweitsprache-Förderung ist weder
als additives Angebot ausreichend noch im Sinne
der durchgängigen Sprachbildung
• Die meisten Lehrkräfte in Österreich kennen weder
das Konzept der durchgängigen Sprachbildung noch
ihre didaktisch-methodischen Prinzipien (z.B.
„Scaffolding“)
• Wenn überhaupt, wird in der Regel nach den
Methoden des Fremdsprachenunterrichts
gearbeitet (z.B. nach dem Wiener Modell
„Fremdsprachenwachstum“)
• Die meisten Lehrkräfte haben noch nie etwas
von Sprachstandsdiagnostik gehört und kennen
folglich keine Methoden der
Sprachstandsdiagnostik und keine der
diagnosegestützten Sprachförderung
• Die meisten Lehrkräfte haben keinen Einblick in
den Unterschied zwischen dem Erwerb des
Deutschen als Erst- und als Zweitsprache
Zum Fach Deutsch
• Das Fach Deutsch arbeitet mit bildungssprachlichen
Mitteln einer spezifischen Fachsprache
• Den meisten Lehrkräften ist nicht klar, was das
bedeutet
• Das Fach Deutsch ist in Österreich weitgehend ein
Fach, das sich an der Vorstellung eines Kindes
orientiert, das Deutsch als Muttersprache lernt –
auch dann, wenn in einer Klasse fast ausschließlich
DaZ-SchülerInnen sitzen
Zwischenfazit
• Die SchülerInnen mit Migrationshintergrund, die zwei- und
mehrsprachig aufwachsen, befinden sich in Österreich einem
Bildungssystem der Ungleichstellung erzeugenden
Gleichbehandlung
• Dies gilt auch für standardisierten Abschluss- und
Aufnahmeprüfungen (s. Projekt „Diversität in pädagogischen
Berufen“)
• Besondere Bedarfe der genannten SchülerInnengruppe im Erwerb
der verschiedenen Fachsprachen ist wissenschaftlich festgestellt
worden (vgl. Tajmel 2010)
• Der unsachgemäße schulische Umgang mit Deutsch als
Zweitsprache bzw. Mehrsprachigkeit ist vermutlich ein zentrales
Problemfeld
Bezug zu den standardisierten
Reifeprüfungen in Deutsch
• Die genannten Probleme treten auch im Fach Deutsch
auf, daher:
• Die SchülerInnen mit Migrationshintergrund werden
vermutlich im Vergleich zu ihren MitschülerInnen ohne
Migrationshintergrund nicht selbst verschuldete
Wettbewerbsnachteile bei den standardisierten
Klausuren in Deutsch haben
Lösungsvorschläge – wissenschaftliche
Untersuchungen und Schulprojekte
• Zur Eruierung der Probleme: Durchführung
eines Pretests zur Erfassung der Unterschiede
zwischen den Leistungen der SchülerInnen mit
und ohne Migrationshintergrund (zur
Hypothesengenerierung)
• Untersuchung des sprachlichen Anspruchs der
standardisierten Reifeprüfungen in Deutsch für
die Erstellung eines DaZ-spezifischen
Sprachkompetenzmodells, zur gezielten
Förderung der SchülerInnen
• Entwicklung eines sprachstandsdiagnostischen
Verfahrens zur Erfassung des Förderbedarfs
• Entwicklung eines spezifischen
Sprachfördermodells
• Bei integrativer Förderung kann evt. auf die
Diagnostik verzichtet werden
• Entwicklung eines Lehrerfortbildungsmodells
Alternativ:
• Zur Verhinderung eines „Förderstaus“ am Ende der
Schulzeit:
• Implementierung der „durchgängigen Sprachförderung“
in Österreich
• Verbesserung der Lehrerausbildung (Pflichtmodule für
den Umgang mit Mehrsprachigkeit an allen
Lehrerausbildungseinrichtungen; s. Krumm & Reich
2011)
• Wissenschaftliche Evaluation der Sprachförderung an
Schulen
Angebot
• Kleine Pretest-Untersuchung im Fachbereich
Deutsch als Fremd- und Zweitsprache an der
Universität Wien im Rahmen des Projekts
„Diversität in pädagogischen Berufen“
Fazit
• Auf Grund der allgemeinen Benachteiligung der
SchülerInnen mit Migrationshintergrund im
österreichischen Bildungswesen ist auch mit einem
Wettbewerbsnachteil im Rahmen der standardisierten
Klausur in Deutsch zu rechnen
• Zur Überprüfung dieser Hypothese müssten
wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt werden
• Wenn Benachteiligungen festgestellt werden, sind
Programme zur Reduzierung dieser Benachteiligungen
zu entwickeln
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!