Thema: Speziell juristische Arbeitsmethoden

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Transcript Thema: Speziell juristische Arbeitsmethoden

JURISTISCHE ARBEITSMETHODEN
Einführungsworkshop Repetenten-AG
WS 2013 / 14
ZIEL WISSENSCHAFTLICHEN ARBEITENS
Systematik: Klarer, gedanklicher
Aufbau
 Objektive Begründungen
 Verwendung von juristischen
Argumentationstechniken
 Fähigkeit, auch neue Probleme zu
lösen

ARBEITSMETHODEN
Systematisches Arbeiten
 Arbeiten mit dem Gesetz
 Standardargumente
 Auslegung
 Auf die Sprache achten
 Gutachtenstil

SYSTEMATISCHES ARBEITEN

Zivilrecht:
• System der Ansprüche, (Download:
http://www.jura.unibonn.de/index.php?id=5657
• Einwendungen
• Einreden
ARBEIT MIT DEM GESETZ
Jedes Mal die Norm lesen, die man
gerade anwendet, selbst nach dem
1.000ten Mal: dies schon beim
Lernen und erst recht in der Klausur
 Die „Normnachbarschaft“ abklappern
nach brauchbaren Inhalten

STANDARDARGUMENTE
Analogie und Umkehrschluss
 Teleologische Extension und
Reduktion
 Erst-recht-Schluss
 Hinweis auf unsinnige Folgen
 Negatives Argument
 Gegenakt

ANALOGIE

Voraussetzungen:
• Planwidrige Regelungslücke
• Vergleichbare Interessenlage

Besonderheit im Strafrecht
ANALAOGIE BEISPIEL

Der 20jährige Tom kauft im Auftrag
von Rudi beim Fahrradhändler Ferit
eine Mountain Bike und erklärt: „Für
meinen Freund Rudi“. Rudi ist aber
erst acht Jahre alt, der Vertrag daher
ungültig. Hat Ferit Ansprüche gegen
Tom?
ANALOGIE BEISPIELE

§ 179 I BGB: Wer als Vertreter einen
Vertrag geschlossen hat, ist, sofern
er nicht seine Vertretungsmacht
nachweist, dem anderen Teil nach
dessen Wahl zur Erfüllung oder zum
Schadensersatz verpflichtet, wenn
der Vertretene die Genehmigung des
Vertrags verweigert.
ANALOGIE BEISPIEL

§ 16 I 1 StGB: Wer bei Begehung der
Tat einen Umstand nicht kennt, der
zum gesetzlichen Tatbestand gehört,
handelt nicht vorsätzlich.
UMKEHRSCHLUSS
Lat.: argumentum e contrario
Voraussetzung
 Plangemäße Regelungslücke: Der
geregelte Fall wird als Ausnahme
betrachtet
UMKEHRSCHLUSS BEISPIEL

Keine Übertragbarkeit der
zivilrechtlichen Gefährdungshaftung
als Ausnahme vom
Verschuldensprinzip auf andere, nicht
ausdrücklich geregelte
Gefahrenquellen
SYSTEM DER ANSPRÜCHE
I. Vertraglich
 II. Quasivertraglich
 III. Dinglich
 IV. Deliktisch

• Gefährdungshaftung
• Haftung für vermutetes Verschulden
• Verschuldenshaftung

V. Bereicherungsrecht
TELEOLOGISCHE REDUKTION

Eine teleologische Reduktion ist
angezeigt, wenn der Wortlaut des
Gesetzes weiter reicht, als es der
Zweck gebietet.
TELEOLOGISCHE REDUKTION BEISPIEL

Der achtjährige Rudi stößt beim
Radfahren versehentlich gegen das
ordnungsgemäß geparkte Auto des
Nachbarn und verursacht
Lackschäden in Höhe von 800,- €.
Anspruch auf Schadensersatz?
TELEOLOGISCHE REDUKTION

§ 828 II BGB: Wer das siebente, aber
nicht das zehnte Lebensjahr
vollendet hat, ist für den Schaden,
den er bei einem Unfall mit einem
Kraftfahrzeug (….) einem anderen
zufügt, nicht verantwortlich.
LOGISCHE GEGENSÄTZE
Tatbestand
 Analogie:

Rechtsfolge
Teleologische Reduktion:
ERST-RECHT-SCHLUSS

Lat. argumentum a fortiori
• argumentum a maiore ad minus
• argumentum a minore ad maius
„Wenn schon…, dann erst recht….“
 Streng genommen ein Unterfall der
Analogie

ERST-RECHT-SCHLUSS BEISPIEL 1

Auf dem Rasen steht ein Schild:
„Betreten verboten“. Darf Rudi mit
seinem Fahrrad auf die Rasenfläche
fahren?
ERST-RECHT-SCHLUSS BEISPIEL 2

Wenn arbeitsvertraglich vorgesehen
ist, dass bei Disziplinarverstößen
bestimmte Sondervergütungen wie
das Weihnachtsgeld gestrichen
werden können, können dann auch
Kürzungen vorgenommen werden?
HINWEIS AUF UNSINNIGE FOLGEN
Lat.: argumentum ad absurdum
 Beispiel Tatplanhorizont /
Rücktrittshorizont

NEGATIVES ARGUMENT
Lat. argumentum negativum
 Es finden sich keine Argumente für
eine Behauptung, es wird aber aus
dem Fehlen von Gründen gegen
diese Behauptung auf ihre Richtigkeit
geschlossen.

NEGATIVES ARGUMENT BEISPIEL

Es ist kein Grund ersichtlich, oHG und
KG die Berufung auf Grundrechte zu
verwehren, wenn schon die
juristischen Personen sich darauf
berufen können. (vgl. Art. 19 III GG:
„Die Grundrechte gelten auch für
inländische juristische Personen,
soweit sie ihrem Wesen nach auf
diese anwendbar sind.“)
GEGENAKT
Lat. actus contrarius
 Beispiel: Wenn für ein Gesetz die
Zustimmung des Bundesrates
erforderlich ist, wäre auch das
AufhebungsG zustimmungsbedürftig
(z.B. Art. 23 I 2, 3, 74 II, 79 II, 84 V,
85 I u.a. GG)

AUSLEGUNGSKANON
Grammatikalische Auslegung
 Systematisch Auslegung
 Historische Auslegung
 Teleologische Auslegung
 Verfassungskonforme Auslegung
 Europarechtskonforme Auslegung

SPRACHE

Achten Sie darauf,
•
•
•
•
•
•
knapp und präzise zu formulieren,
keine Schachtelsätze zu bilden,
Füllwörter zu streichen,
keine Ausrufezeichen zu verwenden,
den Urteilsstil zu fürchten und
die Ich-Form strikt zu meiden.
SPRACHE

Die exzessive Akkumulation von
Fremdwörtern signalisiert relevante
Semiintellektualität.
Aus: Hattenhauer, Christian, Stilregeln für Juristen, JASonderheft für Erstsemester S.54 bis 58.
GUTACHTENSTIL
Obersatz (Frage)
 Untersatz

• Definition i.w.S.:
• Voraussetzungen
einer AGL nennen oder
• Tatbestandsmerkmale definieren
• Subsumtion

Schlusssatz (knappe Antwort)
BEISPIEL GUTACHTENSTIL

Fertigen Sie in Gruppenarbeit
schriftlich ein kurzes Gutachten zu
folgendem Fall an:
SACHVERHALT
Ein döddeliger Zapper eines rohen Knuts kann den
Knut flanschen. Alle kantigen Laschen sind döddelig.
Ein mälziger Knut ist roh.
Der A ist Zapper des Gosch. A ist ein Lasch und der
Gosch ist ein Knut. A ist kantig. Der Gosch ist mälzig.
Kann A den Gosch flanschen?
Uni Erlangen / Nürnberg, Juristisches Kompetenztraining
LITERATUR
Möller, Thomas
Juristische Arbeitstechniken und
wissenschaftliches Arbeiten
6. Auflage München 2012
ISBN 978 3 8006 4255 7
Valerius, Brian
Der Gutachtenstil in der juristischen
Fallbearbeitung
JA-Sonderheft für Erstsemester, S. 48 54
Hattenhauer, Christian
Stilregeln für Juristen
JA-Sonderheft für Erstsemester, S. 54
– 58
Schmidt, Thorsten Ingo
Grundlagen rechtswissenschaftlichen
Arbeitens
JuS 2003, S.551-556 und 649-654