*Mit dem Tiger kämpfen* * Stress und Burnout in modernen Zeiten

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Transcript *Mit dem Tiger kämpfen* * Stress und Burnout in modernen Zeiten

„Mit dem Tiger kämpfen“ – Stress und Burnout in
modernen Zeiten
11.04.2012 Infotreff Handwerkskammer Dresden
Dipl. Psych. Katharina Sende, Gesellschaft für
Gesunde Arbeit Dresden mbH
„In der einen Hälfte unseres
Lebens opfern wir die Gesundheit,
um Geld zu erwerben,
in der anderen opfern wir Geld, um
die Gesundheit wieder zu
erlangen“
(Voltaire, franz. Schriftsteller und Philosoph 1694-1778)
Stress am Arbeitsplatz….
Agenda
1.) Wandel in der Arbeitswelt
- neue Herausforderungen
2.) Was ist Stress und was passiert dabei?
- Definition
- Stressauslöser
3.) Burnout – die neue „Modekrankheit?“
- Einordnung und Behandlung
1. Wandel in der Arbeitswelt
Wandel in der Arbeitswelt
• Früher:
• Heute
•
•
•
Globalisierung
Flexibilisierung
Technisierung
Aber auch:
•
•
•
Veränderte Arbeitsformen
Arbeitszeitenregelungen
Kostensenkungsdruck
Die technischen Möglichkeiten haben vielleicht einige
körperliche Anstrengungen reduziert, dadurch ist die
Arbeitsbelastung aber nicht geringer geworden!
Wandel in der Arbeitswelt
Vor ca. 400.000 Jahren: als Jäger und Sammler geboren, Survival of the fittest
Ca. 7000 – 4000 v. Chr.: Bauern brauchen vor allem körperliche Leistungsfähigkeit
Vor 3 Generationen: 31% Landwirtschaft, 41% schwere körperliche Arbeit in der
Produktion: ¾ brauchten gute körperliche Fitness
Wandel in den vergangenen Jahrzehnten: über die Hälfte in
Dienstleistungsberufen, Großteil bewegungsarme Bürojobs, vielfach einseitige
Bewegungen und Zwangshaltungen (Bildschirm, Kassierer)
Psychische Seite: internationaler Konkurrenzdruck, hohe Produktqualität, flexible
Reaktionen gefordert  wichtig für Konkurrenzfähigkeit und wirtschaftliches
Überleben  Motivation und Belastbarkeit gefragt, laufende Neuorientierung,
neue Arbeitsformen (Gruppe, Team) fordern neue soziale Kompetenz
Wandel in der Arbeitswelt
Kosten für arbeitsbedingte psychische Krankheiten steigen weiterhin
stark!
2010 gingen durchschnittlich ca. zwei AU-Tage je AN auf
psychische- und Verhaltensstörungen zurück - obwohl Versicherte
durchschnittlich weniger Tage pro Jahr krank sind
63 % aller Arbeitsunfälle lassen sich auf psychische Faktoren
rückführen
Ausgaben für Behandlung dieser Krankheiten zwischen 2002 und
2008 um 32% gestiegen
Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
nach Diagnosegruppen in %
2. Was ist Stress?
Stress - Definition
Stress: ursprüngliche Bedeutung (engl.): Dehnung, Weitung; in Physik
zur Beschreibung der Elastizität von festen Körpern
50er Jahre: Bedeutung in psychosozialer Wissenschaft
• Selye (1946): Syndrom unspezifisch hervorgerufener körperlicher
Veränderungen – Anpassungsleistung des Körpers auf bestimmte
Reize
• Lazarus & Launier (1978): Stress, wenn Umgebungsanforderungen
oder innere Anforderungen die Fähigkeiten zur Bewältigung
(Ressourcen) stark beanspruchen oder übersteigen
 Ungleichgewicht zwischen Anforderungen und Kapazität
Stressauslöser - Stressoren
- Ausgelöst durch emotionale Phänomene, aber auch
auf der körperlichen und strukturellen Ebene
- Stressoren: „[…] für einen durchschnittlichen
Menschen Bedingungen, die streßauslösend wirken“
(Stengel, 1997)
- Biochemische Stressoren (Kaffee, Zucker..)
- Umweltstressoren (Licht, Lärm..)
- Verhaltensstressoren (wenig Schlaf etc…)
- …
Stress – individuelle Bewertung!
Manche Situationen rufen bei allen Stressreaktionen
hervor, manche aber abhängig von der individuellen
Bewertung und der Lebenssituation
– z.B. Langeweile/Unterforderung: auch als Stress bewertbar
– Reaktionen haben große individuelle Bandbreite  jeder
reagiert anders
– Individuelle Bewertung  davon abhängig Stressempfindung
oder nicht
– Gründe für unterschiedliche Bewertung: Erziehung, frühere
Erfahrungen, Lebenseinstellung
Stress – individuelle Bewertung!
Konfrontation Situation & Wahrnehmung  Beurteilung der
Situation (primäre kognitive Bewertung)  wenn als
Bedrohung  sekundäre kognitive Bewertung:
1.) die eigenen Fähigkeiten reichen zur Bewältigung aus: Situation als
Herausforderung gesehen
2.) Die Situation ist gefährlich, bzw. es ist nicht sicher ob die eigenen
Fähigkeiten ausreichend sind: Situation stellt Bedrohung dar
3.) Die Größe der Gefahr und die Situation lassen keine Bewältigung zu:
Schädigung bzw. Verlust
 durch Reaktion Schaffung von veränderten Bedingungen
Was passiert bei Stress?
Was passiert bei Stress?
- Kampf – Flucht Reaktion auf Stress – aber nur bei
körperlichem Angriff hilfreich!
- Stressreaktion nützt nichts in schwierigen Situationen,
wo wir nicht aktiv reagieren können
- Urreflex der Jäger und Sammler noch in uns
- Alarmstadium: Abpumpen von Blut aus dem Gerin,
Cholesterin ins Blut, Adrenalin und Cortisol freigesetzt
- Nur bei Handlung lösen wir Stresshormone auf!
- Körperliche Bewegung zum Abbau!
- Erholungsphasen! Erst Problem, wenn dauerhaft
3. Burnout – die neue Modekrankheit?
Burnout – die neue Modekrankheit?
Keine Krankheit im Sinne der Wissenschaft, sondern ein
Syndrom
Burnout (und auch Stress): keine Erkrankung im Sinne
des Klassifikationssystems für psychische
Erkrankungen
– Dafür nämlich: eindeutige Symptome, für Burnout existieren
aber über 130 einzelne!!
• Manche: Stresssymptome, manche Depressionssymptome, manche
Arbeitsunzufriedenheit
• Bisher erfolglos: Burnout von anderen Störungen
abgrenzen
• Daher spricht man vom Burnout-Syndrom, schwer abgrenzbar und
unscharf definiert
Burnout – die neue Modekrankheit?
Das Burn-out-Syndrom ist von einem breiten
Symptombereich gekennzeichnet:
•ständige Anspannung und Erschöpfung,
von erhöhtem Schlafbedarf, innerer Unruhe,
Überforderungsgefühlen
•Gefühl „ausgebrannt zu sein“, nicht mehr
kreativ und leistungsfähig handeln zu
können.
Häufig können sie sich nicht mehr
entspannen, die Gedanken kreisen um
aktuelle Stressoren, die Konzentrations- und
Gedächtnisfähigkeit
ist
reduziert,
die
allgemeine Lebensfreude gesunken.
Oft kommt es zu einem sozialen Rückzug
und
dem
Vernachlässigen
eigener
Bedürfnisse, Wünsche und Hobbys.
Burnout – 3 „Schweregrade“
1.) leicht: psychophysisches Erschöpfungssyndrom
keine Krankheitsdiagnose in engeren Sinne,
bedarf dennoch der Versorgung
2.) mittelgradig: Anpassungsstörung
3.) schwer: Erschöpfungsdepression
Burnoutsyndrome einfacher
Ausprägung
• Ressourcenorientierte Behandlung:
• Entwicklung eines individuellen Ursachenmodells
• Stärkung der positiven Selbstheilungskräfte
• Schwerpunkt auf die Stärkung der individuellen
Widerstandsfähigkeit (Resilienz)
Der Begriff „Resilienz“ lässt sich als „psychische
Widerstandsfähigkeit“ verstehen und bezieht sich auf das
Phänomen, dass manche Personen trotz ausgeprägter
Belastungen und Risiken gesund bleiben oder sich
vergleichsweise leicht von Störungen erholen, während
andere unter vergleichbaren Bedingungen anfälliger für
Störungen und Krankheiten sind und dann eine Burn-outSymptomatik entwickeln.
Burnoutsyndrome mittlerer Ausprägung
• Wie auch Anpassungsstörungen primär auf
identifizierbare psychosoziale Belastungen oder
Lebenssituationen bezogen
Vorherige
Störungen
Entwicklungsbiologische
Veränderungen
Soziale
Vorgeschichte
Intraindividuelle
Faktoren
Burnoutsyndrome mittlerer Ausprägung
• Stärkung individueller und Ressourcen
• Benennung ursächlicher Stressoren und versuchen,
diese unwirksam werden zu lassen
Mögliche Ursachen:
•Berufliche Überforderung, Prüfungen…
•Berufliche Auseinandersetzungen (bis zum Mobbing)
•Wohnortänderungen, Pendlertätigkeiten
•Ehekonflikte
•Unglücke
•Trauerfälle, Tod und Sterben
Burnoutsyndrome schwerer
Ausprägung
• entspricht vom Ausmaß her einer Erschöpfungsdepression
Burnoutsyndrome schwerer
Ausprägung
• mit Fortdauer des Syndroms: Zunahme der
Arbeitsunfähigkeitszeiten, Abnahme von Lebensqualität
• Einschränkung der Aktivitäten, Leistungen und
Leistungsfähigkeit, Teilhabeeinschränkungen
• ungünstige Prognose, da Erkrankte oft erst nach langem
Leidensweg die adäquate Behandlung bekommen und
Erkrankung schon physiologisch, psychologisch sowie
im sozialen Umfeld verfestigt
• frühestmöglicher Behandlungsbeginn!
Burnoutsyndrome schwerer
Ausprägung
Behandlung: multimodaler Ansatz
• Medikamentöse Behandlung bei Depressionsschwere zu
überlegen
• Stationäre Aufnahme und/oder
(anschließende/ambulante) Psychotherapie
• Identifizierung gesundheitsförderlicher als auch gesundheitsgefährdender Beanspruchungsverhältnisse
• Erwerb von Bewältigungsstrategien (mit spezifischen Stressoren
umgehen), eigene Interessen wahrnehmen, eingefahrene
Denkmuster erkennen, überprüfen und ggf. ersetzen 
Wiedererlangung der früheren sozialen Kompetenz
• Unterstützung u.a. durch Entspannungstechniken, Sport..
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!