Hirnstimulation zur Epilepsietherapie

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Transcript Hirnstimulation zur Epilepsietherapie

Quellenlokalisation –
der Weg des Signals vom Neuron
bis zum Mathematiker
Priv.-Doz. Dr. Christoph Kellinghaus
Klinik für Neurologie
Axon
Neuronennetzwerk und
Aufbau einer
Nervenzelle
(Neuron)
Dendriten
Zellkern
Erregende und hemmende Synapsen
Spannungsfeld über „einem“ Neuron
EEG-Feldpotentiale
10/10-EEG-Elektrodenverteilung
AEEGS 1994
10/10-EEG-Elektrodenverteilung
Eingang A
Eingang B
AEEGS 1994
EEG
Elektrodenverschaltungen
Reihenschaltung
Referenzschaltung
Mittelwertschaltung
Reihenschaltung
Eingang A
Eingang B
Hirnrindenaktivität
EEG
Reihenschaltung
Eingang A
Eingang B
Hirnrindenaktivität
EEG
Problems of reconstruction depth
Problems of reconstruction orientation
Interiktuale epileptiforme Aktivität –
Mechanismen der Entstehung I
- Neurone mit „Burster“Eigenschaften
- physiologisch:
Verstärker-Elemente in
neuronalen Netzwerken
- pathologisch:
- erhöhter Anteil von
„Burster“-Neuronen
- vermehrte rekurrente
exzitatorische Verbindungen
- verminderte laterale Inhibition
Interiktuale epileptiforme Aktivität –
Mechanismen der Entstehung II
- Synchrone Entladung einer
großen Population kortikaler
Neurone
- Intrazellulär: PDS
(paroxysmal depolarizing shift)
- Extrazellulär: epileptiformes
Feldpotential
- EEG: Spike / Sharp Wave
Spike / Sharp Wave I
- Oberflächen-Negativität kurzer Dauer
- Spike: bis 80 ms
- Sharp Wave 80 bis 200 ms
- Unterscheidung klinisch WENIG relevant
- rekurrente und laterale Inhibition:
=> langsames Nachpotential: obligat!
Wie viele Neuronen sind notwendig?
- 600-800 synchronisierte
Neuronen = 6cm²
Kortexoberfläche (Lehmkühler et al. 1991)
- in vitro-Experimente deuten
auf wesentlich kleinere Zahlen
(Gorji et al. 2006, Speckmann 1998)
Und das MEG?
- Entdeckt Magnetfelder bis zu 10-15 Tesla
(Erdmagnetfeld: 5x10-2 Tesla)
-Ortsauflösung <1mm, zeitl. Auflösung <1msec
- Erkennt oberflächennahe Potentiale mit tangentialer
Orientierung
Spike / Sharp Wave II
- Im ambulanten Routine-EEG:
Wichtigstes EEG-Merkmal für die Diagnose einer
Epilepsie, da Registrierung von
Anfällen/Anfallsaktivität meist nicht verfügbar
- Fehlen von Spikes / Sharp Waves schließt eine
Epilepsie natürlich nicht aus
Regionale (fokale) Spikes / Sharp Waves
- Hinweis auf lokalisiertes epileptogenes Areal
- Lokalisation von großer diagnostischer Bedeutung:
- Epilespiesyndrom ?
- Korrelation mit strukturellen Läsionen (MRT) ?
- Möglichkeit epilepsiechirurgischer Therapie ?
(zusammen mit Anfallsregistrierungen)
Regionale (fokale) Spikes / Sharp Waves –
Lokalisation I
Regionale (fokale) Spikes / Sharp Waves –
Lokalisation II
- Referenzableitung: Maximale Amplitude
- Bipolare Ableitung: Negative Phasenumkehr
Normal variants resembling epileptiform activity
Wickets/Wicket spikes
- Incidence: 0,9%
- adults, elderly (> 30 – 50 yrs)
- Morphology: series of monophasic waves, shparly contoured
- drowsiness, light sleep
- bilateral
- mostly temporal
- Frequency 6-11 Hz, amplitude 60-120 µV
If strictly unilateral and/or aftergoing slow wave -> most likely epileptiform
Normal variants resembling epileptiform activity
6 Hz Phantom Spike and Wave
- Inzidence: 2,5%
- Adults, adolescents
- Morphology: Series of Spike wave complexes
- low-amplitude spike of positive polarity (phantom spike)
- prominent slow wave
- drowsiness, light sleep
- bilateral synchronous or diffuse
- Frequency: 5-7 Hz, duration: 1-2 sec
Two types:
predominantly occipital, duringdrowsiness: -> benign variant
predominantly anterior, during wakefulness: -> epileptiform
Mothersill/Gloor
EEG-Beispiele
Wo bleibt der Dipol?
- Negativer Pol mit hoher Amplitude ist oberflächennah
(near field potential)
- gegenüberliegender Pol projiziert in die tiefen
Hirnstrukturen oder den Körper
- meist mit niedriger Amplitude, breiter Wellenform (far
field potential)
- keine Elektroden nahe dem Feldmaximum
- Untergang im Grundrauschen, oft nur sichtbar nach
‚averaging‘
- spielt in der klinischen Praxis keine Rolle
‚Spike marking‘
-Markierung an der Spitze des negativen
Feldes
d.h.
- Auswahl des Kanals mit der höchsten
Amplitude (Referenzschaltung) bzw. der
Elektrode der Phasenumkehr
(Reihenschaltung)
Küpper 2012
‚Spike marking‘
-Markierung an der Spitze des negativen
Feldes
d.h.
-Auswahl des Kanals mit der höchsten
Amplitude (Referenzschaltung) bzw. der
Elektrode der Phasenumkehr
(Reihenschaltung)
- dort ist die höchste Synchronizität
- nur dort kann genügend vom
Grundrauschen abgegrenzt werden
Küpper 2012
Quellenlokalisation
- ‚inverse problem‘ = Errechnung der ‚wahren‘ Lokalisation
anhand der Meßwerte
- ohne Vorannahmen nicht errechenbar
- wichtige Vorannahmen:
- ‚dipole fit‘ -> ‚initial guess‘ als Startpunkt notwendig
- lineares Modell (‚minimum norm estimation‘) ->
vordefinierter Satz von bekannten Dipolen wird verglichen,
kein ‚initial guess‘ nötig
-‚forward problem‘ = Errechnung der Feldverteilung einer
bekannten Quelle
- theoretisch errechenbar, in der Praxis eingeschränkt durch
Unbekannte (Gewebeinhomogenität, Anisotropie)
Quellenlokalisation
Der errechnete
Dipol repräsentiert
keine physikalische
Struktur!
‚Spike-marking‘ - Zusammenfassung
- Markierung aller epilepsietypischer Potentiale (‚Spikes‘)
an ihrem negativen Peak
- Zusammenfassung aller Spikes mit der gleichen PeakElektrode in Gruppen (‚Cluster‘)
- Spikes einer Gruppe werden gemeinsam ausgewerted
(‚averaging‘)
- keine standardisierte Suche nach weiteren Spikes, die
vom klinischen Evaluator übersehen wurden
- MEG-Auswertung nicht unabhängig, sondern abhängig
vom EEG
Problem 1: Reliabilität
- Wie abhängig ist das Ergebnis von Ausbildung,
Vorlieben, Aufmerksamkeit eines einzigen
Auswerters?
- > 3 unabhängige Auswerter (Kellinghaus, Küpper, Rampp)
- > Markierung des negativen Peaks (+/- 45ms) im Kanal der höchsten
Amplitude
- > ‚wahrer‘ Spike: Übereinstimmung von 2 Auswertern
- > ‚falsch positiver‘ Spike: Keine Übereinstimmung
- > ‚falsch negativer‘ Spike: nicht markiert, aber von den anderen 2
Auswertern markiert
Problem 1: Reliabilität
- 19 Dateien von 4 Patienten (7,5-10min pro Datei)
- 1107 Spikes markiert
- 754 mit Übereinstimmung 2/3 (true positive)
- 85 mit Übereinstimmung 3/3 (11%)
- Reviewer 1: Sensitivität 60%, Präzision 76%
- Reviewer 2: Sensitivität 92%, Präzision 64%
- Reviewer 3: Sensitivität 94%, Präzision 44%
- Mean: Sensitivität 78%, Präzision 61%
Problem 2: Wo ist der Referenzpunkt?
- Für das Averaging ist ein Referenzpunkt
notwendig!
Küpper 2012
Problem 2: Wo ist der Referenzpunkt?
- Matlab Procedure:
- selektiert den maximal negativen Kanal in der
Nähe des Markers
- sucht automatisch den negativsten Punkt
- errechnet die benachbarten Elektroden
- errechnet das lokale Minimum
Küpper 2012
Problem 2: Wo ist der Referenzpunkt?
Programm errechnet die Veränderung zum handmarkierten Punkt
Programm errechnet die Veränderung der Amplitude des Potentials
Problem 2: Wo ist der Referenzpunkt?
- 19 Dateien von 4 Patienten (7,5-10min pro Datei)
- 1107 Spikes markiert
- 883 Spikes wurden korrigiert (80%)
- Mittlere Abweichung 6,85ms +/- 4,54 ms
- Mittlere Amplitudenkorrektur: 7,25µV (+/- 7,12
µV) = 32,94%
Einfluss der Änderungen auf die
Quellenrekonstruktion
- Koregistrierung des T1-MRT und der EEG/MEGSensoren
- Segmentation: Haut, Schädelknochen (2
Schichten), Kortex
- Konduktivität: 0,33 S/m (Haut, Kortex); 0,0042
(Knochen)
- 3-Schichten BEM Model
- ‚moving dipole solution‘ , Konfidenz-Ellipsoide
- Ellipsoid-Achsenlänge invers proportional zu SNR
- Ellipsoid-Volumen invers proportional zu SNR³
Einfluss der Änderungen auf die
Quellenrekonstruktion
- 87 Spike-Clusters (‚averaged events‘)
- 2 Gruppen (1=‚hand marked‘, 2=‚corrected‘
Einfluss der Änderungen auf die
Quellenrekonstruktion
Evaluation von:
- peak of EEG only for EEG
- peak of MEG only for MEG
- EEG at the time of MEG peak
- MEG at the time of EEG peak
Vergleich von:
- MGFP, SNR, normalized and original residuals,
confidence ellipsoids, shift of position
EEG peak only for EEG:
EEG peak only for EEG:
MEG peak only for MEG:
MEG peak only for MEG:
EEG at time of MEG peak:
EEG at time of MEG peak:
MEG at time of EEG peak:
MEG at time of EEG peak:
Einfluss der Änderungen auf die
Quellenrekonstruktion
Mit Korrektur der Marker
- SNR sinkt beträchtlich
- MGFP steigt
Dadurch:
- Konfidenz-Ellipsoid (als Maß für die
Reliabilität des Dipol-Fit) wird signifikant
kleiner
EEG-Resultate ändern sich am meisten, da nur der
EEG-Peak korrigiert wurde
Problem 3: Wie reliabel sind die
Cluster?
• In klinischer Praxis:
– Negativer Peak/negativste Elektrode
– So gut es geht, die Umgebungselektroden
berücksichtigt
Problem 3: Wie reliabel sind die
Cluster?
• Vergleich:
– Handmarkierte Spike-Events auf die maximale
Negativität untersucht
– Clusterbildung nach der Elektrode der maximalen
Negativität
• Dann:
– Marker-Korrektur wie o.a.
– Clusterbildung nach der (neuen) Elektrode der
maximalen Negativität
SNR normiert auf Anzahl der Events pro Cluster
Problem 3: Wie reliabel sind die
Cluster?
Problem 3: Wie reliabel sind die
Cluster?
Problem 3: Wie reliabel sind die
Cluster?
• Zusammenfassung:
– Mit der Korrektur entstehen neue, präzisiere
Cluster von Spikes
– SNR sinkt zwar (Anzahl der Events pro Cluster
sinkt)
– Korrigierte SNR steigt jedoch signifikant
– Spezifität der Lokalisation steigt
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
• Vorannahme:
– Sobald ein kritischer Event (Spike) gefunden ist,
kann der Rest der Datenmenge automatisiert
analysiert werden
– Nicht alle Events mit den selben spatiotemporalen
Eigenschaften erfüllen die klinischen Kriterien
eines Spikes, da sie im Rauschen untergehen
können (Grundaktivität, technische Artefakte)
Ist das Vorgehen reliabel?
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
• ‚Template matching‘ (Curry)
– Template einer spezifischen Wellenform wird
definiert
– Daten werden nach Übereinstimmungen
durchsucht
– Wichtigste Parameter:
• Amplitudendifferenz (in %)
• Korrelation (in %)
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
• Selektion der charakteristischen Wellenform:
– Offset of first negative slope from baseline
– Negative and positive peak
– Half of the following slow wave
Amplitude (%) – Corrrelation (%)
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
Vorsicht: Referenzpunkt für Averaging!
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
Gruppe 1: Korrigierte Cluster der ursprünglich handmarkierten Spikes
Gruppe 2: Template-Matches
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
A85%/C85%
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
A85%/C85%
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
A85%/C65%
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
A85%/C65%
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
A65%/C85%
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
A65%/C85%
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
A65%/C65%
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
A65%/C65%
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
• Zusammenfassung:
– SNR/MGFP steigt in allen Subsets, jedoch nur in
einem statistisch signifikant
– Signifikanter Subset: A85%/Correlation 65%
– Jedes zusätzliche Event reduziert das Rauschen,
erhöht jedoch nicht unbedingt die Amplitude
(MGFP)
– Jedes Subset zeigt Shift vom ursprünglichen
Clustering (Gruppe 1)
Problem 4: Hilft eine automatisierte
Spike-Suche?
• Probleme:
– 2400 Meßsekunden -> selbst im A85/C85-Subset
kommt 1 Event alle 780ms, im A65/C65-Subset 1
Event alle 80ms
– Epochendauer pro Event: 700ms
– In vielen Epochen sind Signale anderer SpikeEpochen integriert ->SNR sinkt
Zusammenfassung
• Wichtigste Faktoren der Signalqualität
– Präzision des Spike-Marking
– Präzision des Clustering (Averaging)
– Im klinischen Alltag ist die inhärente
Ungenauigkeit kein Problem
– In der Anwendung von hochkomplexen
Verarbeitungsprozessen ‚downstream‘ werden
diese Ungenauigkeiten relevant
– Welche Tools sind die genauesten? Goldstandard
fehlt!