1. Internationaler Handel

Download Report

Transcript 1. Internationaler Handel

Internationale Wirtschaftsbeziehungen
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
Vorlesungsskript: www.rainer-maurer.de
E-Mail:
[email protected]
Kolloquium:
Freitags 17.15 - 18.45 Raum W1.4.03
Prof. Dr. Rainer Maurer
-1-
© RAINER MAURER, Pforzheim
Internationale Wirtschaftsbeziehungen
1. Internationaler Handel
1.1. Zur Geschichte des Handels
1.2. Die Theorie des internationalen Handels
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
1.3. Internationale Handelspolitik
1.3.1. Die Instrumente der Handelspolitik
1.3.2. Handelspolitische Konzeptionen: Freihandelsdoktrin,
Importsubstitutionspolitik, Exportorientierte
Industrialisierung, Globalisierungskritik
1.3.3. Die Entwicklung der Welthandelsorganisation
1.4. Kontrollfragen
Vertiefungsliteratur:
◆ Kapitel 6, 8, 9, 10,11, Paul Krugman and Maurice Obstfeld, 2006, International
Economics, Pearson International, Boston.
-2-
Prof. Dr. Rainer Maurer
1. Internationaler Handel
Homo
Habilis
Homo Erectus
Homo
Sapiens
1.1. Zur Geschichte des Handels
Fernhandel ist keine Erfindung der
Neuzeit:
Bereits kurz nach dem Auftreten des
Homo Sapiens finden sich erste
Spuren von Fernhandel:
Musical notation
Writing
Metal Age
© RAINER MAURER, Pforzheim
Barbed hooks,
Bone tools,
Fishing,
Prof. Dr. Rainer Maurer
Seemuscheln weit im Landesinneren
oder Feuersteinwerkzeuge fernab
von Regionen mit natürlichem
Feuersteinvorkommen…
Gravettian art
and high-quality
painting
Beads
Microliths
Shellfishing
Erste Zeugnisse von Fernhandel
vor ca. 150 000 Jahren
Long-distance exchange
Auftreten des Homo Sapiens
vor ca. 170 000 Jahren
1M
300k
250k
100k
Quelle: Stephen Oppenheimer (2003)
-3-
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.1. Zur Geschichte des Handels
➤ Wer hat den Handel erfunden?
■ Nach heutigem Forschungsstand der Paläoanthropologie finden sich
Spuren von Handelsaktivität über längere Entfernungen nur beim
Homo sapiens. Andere Hominini - selbst der hochentwickelte
Neanderthaler - scheinen keinen Fernhandel betrieben zu haben.
■ Eine Erklärung dafür könnte eine andere Besonderheit des Homo
sapiens sein:
◆ Geschlechts- und altersspezifische Arbeitsteilung innerhalb einer
Kleingruppe (Kuhn & Stiner 2006):
● Männer sind für die Jagd großer Tiere verantwortlich.
● Frauen und Kinder für das Sammeln pflanzlicher Nahrung
und kleiner Tiere.
◆ Am Ende des Tages werden die Nahrungsmittel dann zusammen
zubereitet und gegessen = Tausch!
■ Eine ähnliche Arbeitsteilung findet bei heute noch existierenden
Steinzeitkulturen (z.B. „Hadza“ und „San“ in Afrika) noch immer.
Prof. Dr. Rainer Maurer
-4-
1. Internationaler Handel
1.1. Zur Geschichte des Handels
➤ Wer hat den Handel erfunden?
■ Durch diese Spezialisierung auf unterschiedliche Arten der
Nahrungsbeschaffung wird es möglich Größenvorteile in der
Produktion zu realisieren:
◆ Entwicklung spezieller Jagdwaffen und Erlernung spezieller
Techniken für die Jagd großer Tiere
◆ Entwicklung spezieller Werkzeuge und Kenntnisse zum Sammeln
von Pflanzen
© RAINER MAURER, Pforzheim
 Die Produktivität der Nahrungsbeschaffung steigt durch
Arbeitsteilung und Tausch!
■ Einige Paläoanthropologen sehen darin bereits einen der Gründe,
weshalb sich von allen anderen Spezies der Gattung Hominini nur
der Homo sapiens durchsetzen konnte.
Prof. Dr. Rainer Maurer
-5-
1. Internationaler Handel
1.1. Zur Geschichte des Handels
➤ Wer hat den Handel erfunden?
■ Nachdem das Prinzip „Arbeitsteilung durch Tausch“ innerhalb einer
Kleingruppe erfunden war, war es vermutlich nur noch ein kleiner
Schritt, dieses Prinzip auch zwischen verschiedenen Kleingruppen
anzuwenden.
■ Das dürfte nicht nur weitere Produktivitätsfortschritte durch eine
Vertiefung der Spezialisierung ermöglicht haben, sondern auch die
Spezies Homo sapiens vergleichsweise friedfertiger gemacht haben.
© RAINER MAURER, Pforzheim
◆ Wer miteinander Handel treiben will bzw. wenn unterschiedliche
Prof. Dr. Rainer Maurer
Kleingruppen durch Arbeitsteilung von einander abhängig geworden
sind, steigen die Opportunitätskosten kriegerischer Auseinandersetzungen.
◆ Kriegerische Auseinandersetzung mit tödlichem Ausgang bis hin zu
Kannibalismus sind bei anderen Hominiden häufig, wie z.B. die
Erforschung heute lebender Schimpansen-Populationen zeigt.
■ Höhere Produktivität in Kombination mit mehr Kooperation könnte in
der Tat der Grund dafür sein, dass unsere Spezies andere Hominini
wie den Neanderthaler verdrängt hat.
-6-
1. Internationaler Handel
1.1. Zur Geschichte des Handels
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Verhaltensexperimente zeigen, dass Menschen, die in arbeitsteiligen
Gemeinschaften leben, zu kooperativeren Verhaltensweisen neigen:
■ Ultimatum Spiel: Ein Spieler erhält einen Geldbetrag und muss ihn
mit einem anderen Spieler teilen. Über die Höhe der Aufteilung
entscheidet der erste Spieler. Nur wenn der zweite Spieler zustimmt,
wird der Geldbetrag ausgezahlt.
■ Ergebnisse: Menschen aus Kulturen, in denen Kooperation über
Handel eine wichtige Rolle spielt, sind großzügiger bei der Aufteilung
(Henrich, J. et al. 2005):
◆ Hazda (autarke Jäger und Sammler, Tansania):
ᴓ-Angebot 15%
◆ Machiguenga (autarke Brandrodungsbauern, Amazonas): ᴓ-Angebot 15%
◆ Orma Nomads (handeltreibende Nomaden,Kenia):
ᴓ-Angebot ≈50%
◆ Anchuar (handeltreibende Kleinbauern, Equador):
ᴓ-Angebot ≈ 50%
◆ Amerikanische Undergraduate Studenten:
ᴓ-Angebot ≈ 50%
◆ Lamalera (in Gruppen jagende Walfänger, Indonesien): ᴓ-Angebot = 58%
■ Mögliche Interpretation: Handel macht Menschen kooperativer!
Prof. Dr. Rainer Maurer
-7-
1. Internationaler Handel
1.1. Zur Geschichte des Handels
© RAINER MAURER, Pforzheim
Mit dem Aufkommen des
Merkantilismus am Ende des
Mittelalters sinkt die Anzahl der Morde
je 100 000 Einwohner in Europa
Quelle: Spierenburg (2008) A History of Murder.
Prof. Dr. Rainer Maurer
-8-
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.1. Zur Geschichte des Handels
➤ Vor ca. 8000 Jahren bestand in Europa ein Netz von Handelswegen
(„Steinzeit EU“).
➤ Flüsse, die mit Einbäumen befahren wurden, waren die „Autobahnen“
der Steinzeit.
➤ Ein Beispiel für ein „steinzeitliches Industriegebiet“ mit hoher
„Exportquote“ ist die Gegend um das niederbayerische Arnhofen.
➤ Hier kommt qualitativ hochwertiger Feuerstein vor, der vor 8000 Jahren
in ca. 8 m tiefen und 2 m breiten Gruben abgebaut wurde (ca. 20 000
Gruben mit ca. 12 kg Ausbeute je Grube). => Spezialisierung auf
Feuersteinabbau & Handel => Arbeitsteilung mit Jägern & Sammlern...
➤ Durch die fossile Zusammensetzung des Feuersteins, kann man ihn
eindeutig dem Abbaugebiet Arnhofen zu ordnen.
➤ Danach wurde Feuerstein aus Arnhofen bis nach Prag, Göttingen oder
Iserlohn gehandelt.
➤ Nach Böhmen existierte eine „Feuersteinhandelsstraße“, über den Fluss
Regen, wie die Überreste von bearbeitetem Feuerstein entlang des
Flusses zeigen.
Prof. Dr. Rainer Maurer
-9-
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.1. Zur Geschichte des Handels
➤ Im römischen Reich (510 v.Chr. – 480 n.Chr.), kam es zu einer
drastischen Senkung von Transaktionskosten (Ausbau der
Handelswege, Abschaffung der Binnenzölle, Reduzierung des
Raubrisikos). Die daraus resultierende Intensivierung von
Handelsbeziehungen führte zu typischen „Globalisierungseffekten“,
wie sie auch aus der Neuzeit bekannt sind:
➤ Beispiel Terra Sigillata Geschirr-Produktion:
 TS Geschirr war das „Porzellan der Römerzeit“.
 Ursprüngliche Produktionsstätte war Arezzo in der Toskana.
 Da es bei den wohlhabenden Offizieren sehr beliebt war, musste es
nach der römischen Besetzung Westgermaniens über die Alpen in
die germanischen Militärgarnisonen transportiert werden.
 Das war sehr teuer und riskant.
 Als dann in Gallien (Lyon, La Graufesenque…) und Germanien
(Rheinzabern, später Nürtingen, Waiblingen…) Lagerstätten von
rotem Ton entdeckt wurden, begannen Handwerker aus Arezzo
dort mit dem Aufbau von TS Produktionsstätten.
- 11 -
Prof. Dr. Rainer Maurer
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.1. Zur Geschichte des Handels
➤ Beispiel Terra Sigillata Geschirr-Produktion:
 Da der Rohstoff und die Arbeitskräfte in den germanischen und
gallischen TS Produktionsstätten sehr viel billiger waren als im
industriell hoch entwickelten Arezzo, setzte bald eine Produktion
von TS Massenprodukten ein, die dann nach Italien exportiert
wurde.
 In Arezzo brach darauf hin die Herstellung von TS Massenprodukten ein. Die Handwerker dort verlagerten ihre Produktion auf
höherwertige Töpferware und Schmuckherstellung.
➤ Dieser Handelseffekt lässt sich auch in der Neuzeit
immer wieder beobachten:
 Die Verlagerung der Textil- und Modeschmuckproduktion nach Südostasien in den 80er Jahren.
 Die Verlagerung der Möbelproduktion nach Osteuropa in den 90er
Jahren.
➤ In Abschnitt 1.2. werden wir die theoretischen Hintergründe des
Phänomens genauer betrachten und wohlfahrtstheoretisch bewerten.
- 12 -
Prof. Dr. Rainer Maurer
Internationale Wirtschaftsbeziehungen
© RAINER MAURER, Pforzheim
1. Internationaler Handel
1.1. Zur Geschichte des Handels
1.2. Die Theorie des internationalen Handels
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 15 -
1. Internationaler Handel
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
➤ Historisch gesehen ist Handel also kein Phänomen der Neuzeit.
■ Menschen haben zu allen Zeiten nicht nur lokalen sondern auch
© RAINER MAURER, Pforzheim
Fernhandel betrieben.
■ Die Geschichte der Menschheit ist voll von Zeugnissen dieser
Handelstätigkeit.
➤ Offensichtlich muss Handel für alle Beteiligten also Vorteile
bringen.
➤ Damit stellt sich die Frage, wo diese Vorteile des Handels liegen?
Wie kann man erklären, dass es für Menschen vorteilhaft ist,
miteinander Handel zu treiben?
➤ Interessanterweise gelang eine theoretische Erklärung der beiderseitigen Vorteilhaftigkeit des Handels erst 1817 dem englischen Ökonomen David Ricardo in seinem Buch „Grundsätze
der politischen Ökonomie und der Besteuerung“. Im Folgenden
betrachten wir eine grafische Darstellung seiner Theorie:
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 16 -
1. Internationaler Handel
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
10
kg Brot
Erwins Arbeitsproduktivität:
3 Stunden für 1 kg Brot
6 Stunden für 1 kg Butter
9
8
6
6
Erna ist Erwin sowohl in
der Butter als auch in der
Brot Produktion überlegen!
4
3
2
2
1
1
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Prof. Dr. Rainer Maurer
10
kg Butter
Produktionsmöglichkeiten für
Erwin bei 12 Stunden Arbeitstag
Ist hier trotzdem
beiderseitig
vorteilhafter Handel
möglich?
5
3
0
Ernas Arbeitsproduktivität:
2 Stunden für 1 kg Brot
1,5 Stunden für 1 kg Butter
8
7
4
kg Brot
9
7
5
© RAINER MAURER, Pforzheim
10
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
kg Butter
Produktionsmöglichkeiten für Erna
bei 12 Stunden Arbeitstag
- 17 -
Erwins Arbeitsproduktivität:
3 Stunden für 1 kg Brot
6 Stunden für 1 kg Butter
Ernas Arbeitsproduktivität:
2 Stunden für 1 kg Brot
1,5 Stunden für 1 kg Butter
1. Internationaler Handel
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
10
kg Brot
Annahme: Aufgrund seiner
Präferenzen möchte Erwin
2 kg Brot und 1 kg Butter
konsumieren
9
8
7
© RAINER MAURER, Pforzheim
10
8
7
6
5
5
4
4
3
3
2
2
1
1
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Annahme: Aufgrund ihrer
Präferenzen möchte Erna 3
kg Brot und 4 kg Butter
konsumieren
9
6
0
kg Brot
10
kg Butter
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
kg Butter
Können beide bei Aufnahme von Handel mehr konsumieren?
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 18 -
Erwins Arbeitsproduktivität:
3 Stunden für 1 kg Brot
6 Stunden für 1 kg Butter
Ernas Arbeitsproduktivität:
2 Stunden für 1 kg Brot
1,5 Stunden für 1 kg Butter
1. Internationaler Handel
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
10
kg Brot
10
Erwin bietet Erna folgendes Geschäft
an: Erwin gibt Erna 2 kg
9
Brot im Austausch für 2 kg Butter.
9
8
8
Lohnt sich das Geschäft
für beide?
7
7
Erwins
Produktionspunkt
5
6
© RAINER MAURER, Pforzheim
kg Brot
6
5
4
4
3
3
2
2
Erwins
Konsumpunkt
1
Ernas
Konsumpunkt
Ernas
Produktionspunkt
1
0
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
kg Butter
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
kg Butter
Beide können bei Handel von einem Gut mehr konsumieren, ohne von dem
anderen weniger konsumieren zu müssen. Handel lohnt sich also für beide.
Prof. Dr. Rainer Maurer
4/1,5 = 2,66
- 19 -
Erwins Arbeitsproduktivität:
3 Stunden für 1 kg Brot
6 Stunden für 1 kg Butter
1. Internationaler Handel
Ernas Arbeitsproduktivität:
2 Stunden für 1 kg Brot
1,5 Stunden für 1 kg Butter
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Obwohl Erwin bei beiden Gütern eine niedrigere Produktivität
besitzt als Erna, kann er vom Freihandel profitieren.
➤ Handel lohnt sich also offensichtlich auch zwischen entwickelten
und weniger entwickelten Produzenten.
➤ Warum ist das möglich?
■ Erwin besitzt im Vergleich zu Erna bei der Produktion beider Güter
Prof. Dr. Rainer Maurer
einen absoluten Produktionsnachteil: Er benötigt sowohl mehr
Arbeitszeit für die Herstellung von Brot (+1 Stunde) als auch für die
Herstellung von Butter (+ 4,5 Stunden).
■ Erwin muss also bei der Produktion beider Güter mehr
Produktionsfaktoren (in diesem Fall Arbeit) aufwenden als Erna.
- 20 -
Erwins Arbeitsproduktivität:
3 Stunden für 1 kg Brot
6 Stunden für 1 kg Butter
1. Internationaler Handel
Ernas Arbeitsproduktivität:
2 Stunden für 1 kg Brot
1,5 Stunden für 1 kg Butter
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
➤ Warum ist das möglich?
■ Bei der Produktion von Brot ist Erwins Produktivitätsnachteil aber
geringer (+1 Stunde) als bei der Produktion von Butter (+ 4,5
Stunden).
■ Anders formuliert, Erwins Opportunitätskosten sind bei der
Brotproduktion geringer als Ernas Opportunitätskosten:
◆ Erwins Opportunitätskosten für 1 kg Brot sind 0,5 kg Butter: Für 1 kg
© RAINER MAURER, Pforzheim
Brot mehr muss Erwin 3 Stunden Arbeit aus der Butterproduktion
abziehen, so dass seine Butterproduktion um 3/6 = 0,5 kg Butter sinkt.
◆ Ernas Opportunitätskosten für 1 kg Brot sind 1⅓ kg Butter: Für 1 kg Brot
mehr muss Erna 2 Stunden Arbeit aus der Butterproduktion abziehen,
so dass die Butterproduktion um 2 / 1,5 = 1⅓ kg Butter sinkt.
Prof. Dr. Rainer Maurer
■ Da Erwin bei der Brotproduktion weniger Butterproduktion verliert als
Erna, lohnt es sich für beide, wenn Erwin sich auf die Brotproduktion
spezialisiert und Erna sich auf die Butterproduktion spezialisiert. Den
Produktionsgewinn, den sie dabei zusammen machen, können sie
sich durch die Wahl einer entsprechenden Tauschquote teilen. - 21 -
Erwins Arbeitsproduktivität:
3 Stunden für 1 kg Brot
6 Stunden für 1 kg Butter
Ernas Arbeitsproduktivität:
2 Stunden für 1 kg Brot
1,5 Stunden für 1 kg Butter
1. Internationaler Handel
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
10
kg Brot
10
kg Brot
9
Bei Handel produziert Erwin also mehr9 Brot und weniger Butter, während
8
8
Erna mehr Butter und weniger
Brot produziert.
7
7
Erwins
Produktionspunkt bei
5
Handel
6
© RAINER MAURER, Pforzheim
5
4
4
3
3
Erwins Produktionspunkt ohne Handel
2
1
Ernas Produktionspunkt ohne
Handel
6
Ernas
Produktionspunkt
bei
Handel
2
1
0
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
kg Butter
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
kg Butter
Erwin spezialisiert sich also auf seinen komparativen Vorteil in der
Brotproduktion, während Erna sich auf ihren komparativen Vorteil in der
- 22 Butterproduktion spezialisiert.
Prof. Dr. Rainer Maurer
1. Internationaler Handel
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Dieses einfache Beispiel zeigt also, dass Spezialisierung auf
den komparativen Vorteil eine Quelle für Wohlfahrtsgewinne
durch Handel sein können:
■ In Erwins Land muss die „Butterindustrie“ zwar „Arbeitsplätze
abbauen“ wegen der Konkurrenz durch die ausländische
Butterindustrie.
■ Diese „freigesetzten Arbeitskräfte“ können jedoch problemlos in die
„Brotindustrie“ abwandern werden und verdienen dort jetzt mehr
als vorher in der Butterindustrie.
■ Da Erwin „Besitzer“ dieser Arbeitskräfte und deren Löhne
kassieren darf, gewinnt er also in der Brotindustrie mehr dazu als
er in der Butterindustrie verliert.
■ Sein Nettogewinn aus dem Handel ist also größer Null.
➤ Für Erna gilt das Gleiche in Bezug auf die Butterindustrie!
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 23 -
1. Internationaler Handel
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
➤ Das Ganze funktioniert aber nur deshalb so gut, weil
1. Handelsgewinn und Handelsverlust in der Person Erwins
zusammenfallen,
2. die implizite Annahme gemacht wurde, dass Arbeiter mit der
Qualifikation zur Herstellung von Butter auch die Qualifikation für
die Herstellung von Brot besitzen und problemlos von einer
Industrie in die andere umsteigen können.
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ In der Realität ist das jedoch keineswegs selbstverständlich:
1. Die Gewinner des Handels in der Brotindustrie sind andere
Personen als die Verlierer des Handels in der Butterindustrie.
2. Es ist nicht immer möglich, Arbeiter unabhängig von ihrer
Qualifikation und ohne Lohnabschläge von einer Industrie in die
andere umzusetzen (s. AU. 5.1.3.5. Mismatch-Arbeitslosigkeit).
➤ Das wird im Folgenden deutlich, wenn wir die Auswirkung des
internationalen Handels mit einem Marktdiagramm untersuchen.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 24 -
Internationale Wirtschaftsbeziehungen
© RAINER MAURER, Pforzheim
1. Internationaler Handel
1.1. Zur Geschichte des Handels
1.2. Die Theorie des internationalen Handels
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 25 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
Angebot
Nachfrage
Q
0
Prof. Dr. Rainer Maurer
1
2 3
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 27 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Wie hoch ist die
Zahlungsbereitschaft des
Konsumenten für die erste
Einheit dieses Gutes?
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 28 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
Wie hoch ist die
18
17
Zahlungsbereitschaft des
16
Konsumenten für die erste
15
Einheit dieses Gutes?
14
13
12
11
10
9
8
1 * 17€ = grüner Balken
7
6
5
4
Nachfrage
3
2
1
Q
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 29 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Wie hoch ist die
Zahlungsbereitschaft des
Konsumenten für die zweite
Einheit dieses Gutes?
1 * 16€ = zusätzlicher grüner Balken
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 30 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Wie hoch ist die
Zahlungsbereitschaft des
Konsumenten für die dritte
Einheit dieses Gutes?
1 * 15€ = zusätzlicher grüner Balken
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 31 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
etc.…
Was erhalten wir, wenn wir
die grünen Balken
zusammenaddieren?
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 32 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Die maximale
Zahlungsbereitschaft des
Konsumenten für 17
Einheiten des Gutes = 153 €
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 33 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Die maximale
Angebot
Zahlungsbereitschaft
des
Konsumenten für 8
Einheiten des Gutes = 108 €
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 34 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
Angebot
16
15
Konsumausgaben = 10 € * 8 = 80 €
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
Nachfrage
3
2
1
Q
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 35 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Was stellt die Fläche über
dem Rechteck der Angebot
Konsumausgaben dar =
108 € -80 € = 28 € ?
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 36 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Diese „überschüssige
Angebot
Zahlungsbereitschaft“ wird
„Konsumentenrente“ oder
„Wohlfahrt der Konsumenten“
genannt.
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 37 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Konsumentenrente
Angebot
Welche Fläche stellt die
Produzentenrente dar?
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 38 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Angebot
Ausgaben der
Konsumenten =
Umsatz der
Unternehmen
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 39 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Angebot
Ausgaben der
Konsumenten =
Umsatz der
Unternehmen
Variable Kosten?
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 40 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Angebot
Erinnerung: Die
Angebotskurve
entspricht (bei Angebotsmengen größer Null) der
Grenzkostenkurve.
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 41 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Angebot
Erinnerung: Die
Angebotskurve
entspricht (bei Angebotsmengen größer Null) der
Grenzkostenkurve.
Kosten der Herstellung der
ersten Einheit =Nachfrage
1* 3 €
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 42 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Angebot
Erinnerung: Die
Angebotskurve
entspricht (bei Angebotsmengen größer Null) der
Grenzkostenkurve.
Kosten der Herstellung der
zweiten Einheit Nachfrage
= 1* 4 €
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 43 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Angebot
Kosten der Herstellung der
dritten Einheit =Nachfrage
1* 5 €
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 44 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Angebot
Was ergibt die Summe der
Nachfrage
blauen Balken?
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 45 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Angebot
Summe der blauen Balken =
variable Kosten der
Herstellung von 8 Nachfrage
Einheiten
= 52 €
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 46 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Angebot
Was ist dann also die
rote Fläche
= 80 € – 52 € = 28 €?
Umsatz – variable Kosten =
„Produzentenrente“ =
„Produzentenwohlfahrt“
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 47 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
➤ Definition der Produzentenrente
■ Die Produzentenrente ist Umsatz minus variable Kosten.
■ Warum werden die Fixkosten nicht berücksichtigt?
◆ Es wird (zur Vereinfachung) unterstellt, dass alle Anbieter auf
© RAINER MAURER, Pforzheim
einem Markt bereits die Investitionen in die Fixkosten getätigt
haben und dass diese Investitionen irreversibel – also
historische Kosten – sind.
◆ Es wird also angenommen, dass die Fixkosten nicht mehr
vermieden werden können. Sie können deshalb
„vernachlässigt“ werden.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 48 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Prof. Dr. Rainer Maurer
Angebot
Zur Vereinfachung
unterstellen wir in
Zukunft wieder
beliebig teilbare
Güter, so dass die
„Treppenstufen“
wegfallen.
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 49 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
Konsumentenrente
Prof. Dr. Rainer Maurer
Angebot
Produzentenrente
Variable Kosten
© RAINER MAURER, Pforzheim
20
19 €/Stück
18
17
16
15
14
13
12
11
Pe 10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0 1 2 3
Nachfrage
Q
4
5
6 7
8
Qe
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
- 50 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
Marktgleichgewicht
ohne intern. Handel (Autarkie)
SInland
Konsumentenrente
PAutarkie
© RAINER MAURER, Pforzheim
Produzentenrente
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
QAutarkie
Q
- 52 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
Konsumentenrente
Zunächst unterstellen wir, dass
der Weltmarktpreis des Gutes
unter dem Autarkiepreis liegt und
das Land so klein ist, dass seine
Nachfrage den Weltmarktpreis
nicht spürbar beeinflussen kann.
PAutarkie
Produzentenrente
© RAINER MAURER, Pforzheim
Pw
S Weltmarkt
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
QAutarkie
Q
- 53 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
PAutarkie
© RAINER MAURER, Pforzheim
Pw
S Weltmarkt
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
QAutarkie
Freihandel
QKonsum
Q
- 54 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
PAutarkie
© RAINER MAURER, Pforzheim
Pw
S Weltmarkt
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QProduktion
QAutarkie
Freihandel
QKonsum
Q
- 55 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
PAutarkie
Marktgleichgewicht mit
intern. Handel
Pw
S Weltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
Import
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QProduktion
QAutarkie
Freihandel
QKonsum
Q
- 56 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
PAutarkie
Wohlfahrtseffekt des
intern. Handels
Pw
S Weltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
Import
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QProduktion
QAutarkie
Freihandel
QKonsum
Q
- 57 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
A
PAutarkie
B
D
© RAINER MAURER, Pforzheim
Pw
Wohlfahrtseffekt des
intern. Handels
S Weltmarkt
C
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QProduktion
Freihandel
QKonsum
Q
- 58 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
A
PAutarkie
Wohlfahrtseffekt des
intern. Handels
B
D
© RAINER MAURER, Pforzheim
Pw
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
S Weltmarkt
C
Autarkie
Freihandel
Veränderung
Konsumentenrente
A
A+B+D
B+D
Produzentenrente
B+C
C
Kooperationsrente
A+B+C
A+B+C+D
QProduktion
QKonsum
D-B
Inland
+D
Q
- 59 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
A
PAutarkie
Wohlfahrtseffekt des
intern. Handels
B
D
© RAINER MAURER, Pforzheim
Pw
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
S Weltmarkt
C
Autarkie
Freihandel
Veränderung
Konsumentenrente
A
A+B+D
B+D
Produzentenrente
B+C
C
Kooperationsrente
A+B+C
A+B+C+D
QProduktion
QKonsum
Wohlfahrtsgewinn durch Freihandel
D-B
Inland
+D
Q
- 60 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
➤ Beim Übergang von Autarkie zu Freihandel ganzer Länder (und
nicht von Einzelpersonen wie Erna und Erwin) gibt es also
Gewinner und Verlierer:
■ Liegt der Weltmarktpreis unter dem Autarkiepreis sind die
Konsumenten die Gewinner und die Produzenten die Verlierer.
■ Der Nettoeffekt ist jedoch positiv: Die Konsumenten gewinnen mehr
als die Produzenten verlieren.
© RAINER MAURER, Pforzheim
■ Die Konsumenten gewinnen einen Teil der ehemaligen
Prof. Dr. Rainer Maurer
Produzentenrente (Fläche B) plus neue Konsumentenrente aus dem
Konsum der Importe (Fläche D).
■ Da die Produzenten bei Freihandel weniger produzieren als vorher,
setzen sie Produktionsfaktoren frei – also auch Arbeitskräfte. Wenn
diese aufgrund ihrer Qualifikation nicht ohne weiteres in andere
Industrien wechseln können, kann es zu weiteren Verlusten durch
Lohneinbußen kommen!
- 61 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
Marktgleichgewicht
ohne intern. Handel (Autarkie)
SInland
Konsumentenrente
PAutarkie
© RAINER MAURER, Pforzheim
Produzentenrente
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
QAutarkie
Q
- 62 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
Pw
SWeltmarkt
Konsumentenrente
Nun unterstellen wir, dass der
Weltmarktpreis des Gutes über
dem Autarkiepreis liegt und das
Land so klein ist, dass sein
Angebot den Weltmarktpreis
nicht spürbar beeinflussen kann.
PAutarkie
© RAINER MAURER, Pforzheim
Produzentenrente
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
QAutarkie
Q
- 63 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
Pw
SWeltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
PAutarkie
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
QAutarkie
Q
- 64 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
Pw
SWeltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
PAutarkie
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QKonsum
QAutarkie
Freihandel
QProduktion
Q
- 65 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
Export
Pw
SWeltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
PAutarkie
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QKonsum
QAutarkie
Freihandel
QProduktion
Q
- 66 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
Export
Pw
SWeltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
PAutarkie
Marktgleichgewicht mit
intern. Handel
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QKonsum
QAutarkie
Freihandel
QProduktion
Q
- 67 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
Export
Pw
SWeltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
PAutarkie
Wohlfahrtseffekt des
intern. Handels
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QKonsum
QAutarkie
Freihandel
QProduktion
Q
- 68 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
Export
Pw
C
SWeltmarkt
A
D
PAutarkie
Wohlfahrtseffekt des
intern. Handels
© RAINER MAURER, Pforzheim
B
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QKonsum
QAutarkie
Freihandel
QProduktion
Q
- 69 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
Export
Pw
C
SWeltmarkt
A
D
PAutarkie
Wohlfahrtseffekt des
intern. Handels
© RAINER MAURER, Pforzheim
B
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Autarkie
Freihandel
Veränderung
Konsumentenrente
C+A
C
-A
Produzentenrente
B
B+A+D
Kooperationsrente
QNachfrage
C+A+B
QAutarkie
C+A+B+D
QProduktion
+A+D
DInland
+D
Q
- 70 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
Export
Pw
C
SWeltmarkt
A
D
PAutarkie
Wohlfahrtseffekt des
intern. Handels
© RAINER MAURER, Pforzheim
B
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Autarkie
Freihandel
Veränderung
Konsumentenrente
C+A
C
-A
Produzentenrente
B
B+A+D
+A+D
D
Kooperationsrente
C+A+B
C+A+B+D
+D
QNachfrage
QAutarkie
QProduktion
Wohlfahrtsgewinn durch Freihandel
Inland
Q
- 71 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Die bisherige Analyse hat gezeigt:
■ Der Nettoeffekt des Freihandels ist immer positiv.
■ Aber es gibt immer Gewinner und Verlierer beim Übergang von
Prof. Dr. Rainer Maurer
Autarkie zu Freihandel.
◆ Ist der Autarkiepreis höher als der Preis bei Freihandel, so sind
die Konsumenten die Gewinner und die Produzenten die
Verlierer des Freihandels.
◆ Ist der Autarkiepreis niedriger als der Preis bei Freihandel, so
sind die Produzenten die Gewinner und die Konsumenten die
Verlierer des Freihandels.
■ Zwar gewinnen die Gewinner soviel dazu, dass sie prinzipiell die
Verlierer entschädigen könnten, ohne staatlichen Eingriff findet
jedoch eine solche Entschädigung nicht statt.
■ Es existiert kein Marktmechanismus, der für eine Entschädigung
der Verlierer sorgt!
- 73 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Es gibt deshalb aus wissenschaftlicher Sicht keine theoretisch
begründbare Notwendigkeit, einen solchen Übergang
durchzuführen.
➤ Man muss deshalb eine normative Entscheidung treffen:
■ Nach dem für viele Menschen ethisch akzeptablen
Prof. Dr. Rainer Maurer
Paretokriterium (eine Maßnahme soll immer dann durchgeführt
werden, wenn dadurch mindestens eine Person besser gestellt
werden kann, ohne, dass eine andere schlechter gestellt werden
muss) kann ein Übergang nicht vollzogen werden:
■ Da die Verlierer des Freihandels nicht entschädigt werden, kommt
es beim Übergang von Autarkie zu Freihandel in der Regel nicht zu
einer Pareto-Verbesserung.
- 74 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
➤ Kaldor und Hicks (1939) haben deshalb ein Kriterium
vorgeschlagen, nach dem ein Übergang zu Freihandel immer
durchzuführen wäre:
■ Kaldor-Hicks-Kriterium: Eine Maßnahme soll immer dann
durchgeführt werden, wenn die Person, die dadurch besser gestellt
wird, die Person, die dadurch schlechter gestellt wird, potentiell
entschädigen könnte und noch einen Nettogewinn zurückbehielte.
Modifiziertes
© RAINER MAURER, Pforzheim
… und keine Person, die schlechter gestellt wird, Kaldor-Hicks
in eine existentielle Notlage gerät.
-Kriterium
➤ Dieses Kriterium beinhaltet jedoch ein sehr starkes Werturteil. Es
ist deshalb sicherlich nicht mit jedem ethischen Standpunkt
vereinbar.
➤ Viele Menschen lehnen es aufgrund ihrer ethischen
Überzeugungen ab.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 75 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Um sich selbst eine Meinung zu der Frage zu bilden, ist es
wahrscheinlich nützlich, die je nach Land unterschiedlichen
Konsequenzen eines entschädigungslosen Übergangs zum
Freihandel zu bedenken:
■ Wenn z.B. die Bauern in einem entwickelten Land mit
Prof. Dr. Rainer Maurer
funktionierendem Sozialhilfesystem, Bildungs- und Finanzsektor
aufgrund ausländischer Konkurrenz ihre Produktion einstellen
müssen, haben sie zwar i.d.R. schmerzhafte finanzielle Einbußen,
leiden aber aufgrund des Sozialhilfesystems keine existentielle Not
und können über die Angebote des Bildungssystems und die
Möglichkeit Kredite aufzunehmen mittelfristig Alternativen
entwickeln.
■ Wenn jedoch Bauern in einem Entwicklungsland aufgrund
ausländischer Konkurrenz ihre Produktion einstellen müssen,
erleiden ihre Familien häufig existentielle Not, da es kein
Sozialhilfesystem, Bildungs- oder Finanzsektor gibt.
- 76 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Wie die bisherige Analyse gezeigt hat, kommt es immer dann zu
internationalem Handel, wenn der Weltmarktpreis und der
Autarkiepreis unterschiedlich sind.
➤ Wenn der Weltmarktpreis und der Autarkiepreis identisch sind,
kommt es bei Übergang von Autarkie zu Freihandel nicht zu
internationalem Handel.
➤ Das zeigt das folgende Schaubild:
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 78 -
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
P
SInland
Pw
Inländische Nachfrage
SWeltmarkt
PAutarkie
© RAINER MAURER, Pforzheim
Inländisches Angebot
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
QAutarkie
Q
- 79 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
➤ In den bisherigen Erklärungen für die Entstehung von Handelsgewinnen war die Differenz zwischen Autarkie und Weltmarktpreis die Ursache.
➤ Autarkiepreise können aus unterschiedlichen Gründen
divergieren:
1. Die Produktionstechnolgien sind unterschiedlich in den
© RAINER MAURER, Pforzheim
verschiedenen Ländern (Ricardo 1817).
2. Die Nachfrage nach bestimmten Gütern ist unterschiedlich stark in
den verschiedenen Ländern.
3. Die Ausstattung mit Produktionsfaktoren ist unterschiedlich in den
verschiedenen Ländern (Heckscher/Ohlin 1933).
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 80 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
© RAINER MAURER, Pforzheim
1. Unterschiedliche Produktionstechnolgien:
■ Als Ricardo 1817 in seinem Buch „Grundsätze der politischen
Prof. Dr. Rainer Maurer
Ökonomie und der Besteuerung“ erstmals anhand des Handels
von Tuch und Wein zwischen England und Portugal ein
rechnerisches Beispiel für die Vorteilhaftigkeit des Handels gab
(analog zum obigen Beispiel von Erna & Erwin), unterstellte er
einfach technologisch bedingte unterschiedliche Produktivitäten in
beiden Ländern.
■ Diese Annahme ist heute nicht mehr so plausibel, da technologisches Wissen in ungebundener Form (Patente, Blaupausen…)
oder gebundener Form (Maschinen, Produktionsanlagen…) in
praktisch jedem Land verfügbar ist: „Tuch“ wird heute in England
mit den gleichen Produktionsverfahren wie in Portugal hergestellt.
■ Lediglich klimatisch bedingte Produktivitätsunterschiede spielen bei
der Nahrungsmittelproduktion noch eine Rolle: Weinproduktion in
Portugal vs. Weinproduktion in England.
- 81 -
Internationaler Handel aufgrund von Produktivitätsunterschieden
Land A
P
Export
P
S(P)
Land B
S(P) PAutarkie
PHandel
PAutarkie
Import
D(P)
XAutarkie
D(P)
X
X
XAutarkie
© RAINER MAURER, Pforzheim
Land A und Land B unterscheiden sich durch nur durch unterschiedliche
Produktionstechnologien: Land A ist bei der Produktion von Gut X produktiver
als Land B. Deshalb verläuft seine Angebotskurve S(P) weiter rechts als die
von Land B. Die Nachfragekurven D(P) beider Länder sind identisch. Bei
Autarkie ist der Preis in Land A aufgrund seines höheren Angebotes niedriger
als in Land B. Bei Aufnahme von Freihandel steigt der Preis aufgrund der
Nachfrage aus Land B über den Autarkiepreis von Land A. In Land B fällt der
Preis aufgrund des Angebotes aus Land A unter den Autarkiepreis. Der
Export aus Land A fließt als Import nach Land B.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 82 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
© RAINER MAURER, Pforzheim
2. Unterschiedlich starke Nachfragepräferenzen:
■ Zu Unterschieden zwischen dem inländischen Autarkiepreis und
Prof. Dr. Rainer Maurer
dem ausländischen Preis kann es jedoch auch kommen, wenn Inund Ausland vollkommen identisch sind mit Ausnahme der
Nachfragepräferenzen der Konsumenten.
■ In diesem Fall können unterschiedlich starke Nachfragen für die
verschiedenen Güter zu unterschiedlichen Autarkiepreisen führen:
◆ Wenn in Land A die die Konsumentenpräferenzen für
Schokolade höher sind als in Land B und in Land B die
Konsumentenpräferenzen für Kekse höher sind als in Land A,
dann wird Land A einen höheren Autarkiepreis für Schokolade
haben und Land B einen höheren Autarkiepreis für Kekse.
◆ Bei der Aufnahme von Freihandel wird deshalb Land A solange
Kekse nach Land B exportieren und Land B solange
Schokolade nach Land A exportieren, bis die Preise von
Schokolade und Keksen in beiden Länder gleich sind.
- 83 -
Internationaler Handel aufgrund von Nachfrageunterschieden
Land A
P
Land B
P
S(P)
S(P)
Export
PHandel
PAutarkie
PAutarkie
Import
D(P)
D(P)
XAutarkie
X
XAutarkie
X
© RAINER MAURER, Pforzheim
Land A und Land B unterscheiden sich durch nur durch Unterschiede in der
Nachfragestärke: Land B hat bei Gut X eine höhere Nachfrage nach Keksen
als Land A. Deshalb verläuft seine Nachfragekurve D(P) weiter rechts als die
von Land A. Die Angebotskurven S(P) beider Länder sind identisch. Bei
Autarkie ist der Preis in Land B aufgrund seiner höheren Nachfrage höher als
in Land A. Bei Aufnahme von Freihandel fällt der Preis aufgrund der
niedrigeren Nachfrage in Land B unter den Autarkiepreis. In Land A steigt der
Preis aufgrund der höheren Nachfrage aus Land B über den Autarkiepreis.
Der Export aus Land A fließt als Import nach Land B.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 84 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
© RAINER MAURER, Pforzheim
3. Unterschiedliche Ausstattung mit Produktionsfaktoren:
■ In dem 1933 erschienenen Buch „Interregional and Inter-national
Prof. Dr. Rainer Maurer
Trade“ weisen Heckscher und Ohlin darauf hin, dass auch eine
unterschiedliche Ausstattung mit Produktionsfaktoren die Ursache
für divergierende Autarkiepreise und damit für
wohlfahrtsteigernden Handel sein kann:
◆ So konnten Heckscher/Ohlin zeigen, dass in einem Land A,
das über relativ mehr qualifizierte Arbeitskräfte und relativ
wenig unqualifizierte Arbeitskräfte verfügt, die Autarkiepreise
von Gütern, für deren Herstellung qualifizierte Arbeitskräfte
gebraucht werden (z.B. Hightech-Güter), niedriger sind als in
Land B, das über relativ mehr unqualifizierte Arbeitskräfte und
relativ wenig qualifizierte Arbeitskräfte verfügt.
◆ Bei der Aufnahme von Freihandel kommt es deshalb zu einem
Export von Hightech-Gütern aus Land A nach Land B, während
Land B nach Land A Lowtech-Güter exportiert.
- 85 -
Internationaler Handel aufgrund von Unterschieden in der
Faktorausstattung
Land A
P
Export
P
S(P)
Grafisch ist der Fall
identisch mit dem Fall
unterschiedlicher
Produktionstechnologien!
S(P) PAutarkie
PHandel
PAutarkie
Land B
Import
D(P)
XAutarkie
D(P)
X
X
XAutarkie
© RAINER MAURER, Pforzheim
Land A und Land B unterscheiden sich durch nur durch eine unterschiedliche
Ausstattung mit Produktionsfaktoren: Land A besitzt mehr Produktionsfaktoren, die bei der Produktion von Gut X benötigt werden. Diese Produktionsfaktoren sind deshalb in Land A billiger. Deshalb verläuft seine Angebotskurve
S(P), die ja der Grenzkostenkurve entspricht, weiter rechts als die von Land B.
Die Nachfragekurven D(P) beider Länder sind identisch. Bei Autarkie ist der
Preis in Land A aufgrund seines höheren Angebotes niedriger als in Land B.
Bei Aufnahme von Freihandel steigt der Preis aufgrund der Nach-frage aus
Land B über den Autarkiepreis von Land A. In Land B fällt der Preis aufgrund
des Angebotes aus Land A unter den Autarkiepreis. Der Export aus Land A
fließt als Import nach Land B.
- 86 -
Prof. Dr. Rainer Maurer
[email protected]
1. Internationaler Handel
[email protected]
1.2.2. Gewinner
und Verlierer des internationalen Handels
3. Unterschiedliche Ausstattung mit Produktionsfaktoren:
■ Dieser Zusammenhang wird als „Heckscher/Ohlin Theorem“
bezeichnet:
◆ „Ein Land exportiert die Güter, deren Produktion intensiv den in
dem Land relativ reichlich vorhandenen Produktionsfaktor nutzt.“
Anteile des Exports von Simbabwe in die USA
Tabak
Sonstige
19%
21%
Anteile des Exports der USA nach Simbabwe
Chemie
11%
Sonstige
27%
© RAINER MAURER, Pforzheim
Zucker
8%
Schuhe,
Taschen
etc
25%
Prof. Dr. Rainer Maurer
Stahl &
Eisen 27%
Transport
Ausrüstung
20%
Telekomm
unikation
und
Maschinen
42%
- 87 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
© RAINER MAURER, Pforzheim
3. Unterschiedliche Ausstattung mit Produktionsfaktoren:
■ Ein anderes Theorem, das man aus den Annahmen des
Prof. Dr. Rainer Maurer
Heckscher/Ohlin Modells ableiten kann, ist das Stolper/SamuelsonTheorem. Danach gilt:
◆ „Bei Freihandel steigt die Entlohnung des in dem Land relativ
reichlich vorhandenen Produktionsfaktors, während die
Entlohnung des relativ knappen Produktionsfaktors sinkt.“
■ Erläuterung: Da nach dem Heckscher/Ohlin Theorem, bei
Aufnahme von Freihandel die Güter exportiert werden, bei deren
Herstellung der relativ reichliche Produktionsfaktor intensiv genutzt
wird, wird also der relativ reichlich vorhandene Produktionsfaktor
verstärkt nachgefragt. Deshalb steigt seine Entlohnung.
■ Bei dem relativ knappen Produktionsfaktor ist es genau umgekehrt.
- 90 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
3. Unterschiedliche Ausstattung mit Produktionsfaktoren:
■ Frage: Wie wirkt sich der Freihandel auf die Einkommensverteilung
in den entwickelten Ländern aus?
© RAINER MAURER, Pforzheim
◆
Prof. Dr. Rainer Maurer
◆
Qualifizierte Arbeitskräfte (mit hohem Einkommen) erhalten
noch höhere Einkommen, weil Güter, bei deren Herstellung
qualifizierte Arbeitskräfte gebraucht werden, durch den Export
mehr nachgefragt werden; niedrig qualifizierte Arbeitskräfte (mit
niedrigem Einkommen) erhalten noch niedrigere Einkommen,
weil Güter, bei deren Herstellung niedrig qualifizierte
Arbeitskräfte eingesetzt werden) wg. der Importe aus den
unterentwickelten Ländern weniger nachgefragt werden.
=> Nach dem Heckscher-Ohlin Modell wird durch
internationalen Handel wird die Einkommensverteilung in den
entwickelten Ländern ungleicher.
Die Einkommensverteilung wird aber auch noch von anderen
Faktoren beeinflusst (Entwicklung der Produktionstechnologien, Steuerpolitik usw.)
- 91 -
1. Internationaler Handel
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
3. Unterschiedliche Ausstattung mit Produktionsfaktoren:
■ Frage: Wie wirkt sich der Freihandel auf die Einkommensverteilung
© RAINER MAURER, Pforzheim
in den unterentwickelten Ländern aus?
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 92 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1. Internationaler Handel
1.1. Zur Geschichte des Handels
1.2. Die Theorie des internationalen Handels
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 93 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
➤ Nach der bisher betrachteten klassischen Außenhandelstheorie
sollte es Handel vor allem zwischen Ländern geben, die unterschiedlich sind in Bezug auf Technologien, Konsumentenpräferenzen und Ausstattung mit Produktionsfaktoren: Also z.B.
zwischen entwickelten und unterentwickelten Ländern.
➤ Empirisch betrachtet findet jedoch ein Großteil des Welthandels
zwischen Ländern statt, die sehr ähnlich sind.
➤ Dieser Handel wird von der klassischen Außenhandelstheorie
nicht erklärt.
➤ Paul Krugman hat dieses Problem in einer Reihe von Arbeiten
aufgegriffen und gezeigt, dass der Handel zwischen relativ
gleichen Ländern durch Größenvorteile in der Produktion erklärt
werden kann.
➤ Da Größenvorteile in der Produktion normalerweise immer mit
unvollkommenem Wettbewerb einhergehen, ist seine Theorie
zugleich eine Theorie des Handels bei unvollkommenem
Wettbewerb.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 94 -
1. Internationaler Handel
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
➤ Nach der bisher betrachteten klassischen Handelstheorie sollte
ein Land vor allem Güter exportieren, die es nicht importiert u.u.
(=inter-industrieller Handel).
➤ Die meisten entwickelten Länder exportieren jedoch Güter aus
den gleichen Industrien, aus denen sie auch Güter importieren
(=intra-industrieller Handel):
© RAINER MAURER, Pforzheim
Other
45%
Prof. Dr. Rainer Maurer
US export shares to world
Chemicals
Electrical
9%
machinery
9%
Transport
equipment
16%
Telecoms &
industrial
machinery
21%
Other
47%
Share US imports from world
Chemicals Electrical
machinery
6%
9%
Transport
equipment
16%
Telecoms &
industrial
machinery
22%
- 95 -
1. Internationaler Handel
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
➤ Mit dem Grubel-Lloyd Index kann gemessen werden, ob ein Land
in der Industrie i mehr inter- oder mehr intra-industriellen Handel
betreibt:
© RAINER MAURER, Pforzheim
GL i  1 
Xi  Mi
Xi  Mi
➤ Bei ausschließlich intra-industriellen Handel (Xi=Mi) ist der Index
gleich Eins; bei ausschließlich inter-industriellen Handel (Xi>0 =>
Mi=0) ist der Index gleich Null.
➤ Interpretation:
■ Wenn ein Land in der Industrie i gerade soviel exportiert wie es
Prof. Dr. Rainer Maurer
importiert (also intra-industriellen Handel betreibt) ist Xi = Mi, so
dass der Index gleich Eins ist.
■ Wenn ein Land in der Industrie i nur exportiert oder nur importiert
(also inter-industriellen Handel betreibt) ist [(Xi>0 und Mi=0) oder
(Xi=0 und Mi>0)], so dass der Index gleich Null ist.
- 96 -
1. Internationaler Handel
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
➤ Numerische Beispiele für den Grubel-Lloyd Index:
© RAINER MAURER, Pforzheim
GL i  1 
1
1
X
M
X
M
GL=1
Prof. Dr. Rainer Maurer
Xi  Mi
Xi  Mi
1
1
0,5
M
X
M
GL=0
X
M
GL=0.66
- 97 -
Länderwerte für den Grubel-Lloyd Indizes (IIT)
(Durchschnittswerte über alle Industrien)
IIT
Algerien
Kamerun
Zentralafrikan. Republik
Chile
Kolumbien
Malawi
Dominikanische Republik
Ägypten
Morokko
Ghana
Guatemala
Guyana
Haiti
Elfenbeinküste
Durchschnitt
.01
.06
.01
.10
.20
.06
.07
.07
.11
.04
.33
.20
.46
.13
.15
© RAINER MAURER, Pforzheim
Entwicklungsländer
Prof. Dr. Rainer Maurer
Schwellenländer IIT
Argentinien
Brasilien
Griechenland
Hong Kong
Indien
Israel
Süd Korea
Mexiko
Portugal
Singapore
Spanien
Taiwan
Jugoslavien
.42
.38
.21
.41
.37
.62
.35
.32
.33
.67
.52
.35
.51
Durchschnitt
.42
Industrieländer
IIT
Australien
Österreich
Benelux
Kanada
Dänemark
Finnland
Frankreich
Deutschland
Irland
Italien
Japan
Vereinigtes Königr.
USA
Norwegen
Durchschnitt
.25
.74
.79
.67
.67
.45
.80
.63
.61
.59
.26
.81
.59
.44
.59
- 98 -
1. Internationaler Handel
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
➤ Dieses empirische Handelsmuster kann durch Größenvorteile in
der Produktion (Skalenerträge) erklärt werden, wie im Folgenden
gezeigt wird.
➤ Zwei Arten von Größenvorteilen lassen sich dabei unterscheiden:
■ Interne Größenvorteile: Die durchschnittlichen Kosten hängen
negativ von der Unternehmensgröße ab: Größere Firmen können zu
niedrigeren Durchschnittskosten produzieren als kleinere Firmen.
© RAINER MAURER, Pforzheim
■ Externe Größenvorteile: Die durchschnittlichen Kosten hängen
Prof. Dr. Rainer Maurer
negativ von der Größe der jeweiligen Industrie ab: In Ländern, in
denen die jeweilige Industrie größer ist, können die einzelnen
Firmen zu niedrigeren Durchschnittskosten produzieren als in
Ländern in denen die jeweilige Industrie kleiner ist.
- 99 -
1. Internationaler Handel
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
➤ Die Ursachen für das Vorliegen von internen oder externen
Größenvorteilen sind unterschiedlich:
■ Ursachen für interne Größenvorteile:
◆
◆
◆
Fixkosten der Produktionsanlagen
Mengenrabatte für Produktionsfaktoren (Einkaufsmacht)
Klumpige Produktionsfaktoren (Werbung, F&E)
■ Ursachen für externe Größenvorteile:
◆
◆
© RAINER MAURER, Pforzheim
◆
◆
◆
Prof. Dr. Rainer Maurer
Spezialisierte Zulieferer (industriespezifische Dienstleister)
Wissens-Spillover (Wissen anderer Firmen kann über
informelle lokale Kanäle mitgenutzt werden.)
Arbeitskräfte-Pooling (Bei Nachfrageanstieg finden sich freie
qualifizierte Arbeitskräfte auf dem lokalen Arbeitsmarkt, die von
anderen Firmen aus der gleichen Industrie entlassen wurden.)
Infrastruktureffekte (Industriespezifische Schulen oder
Transportinfrastruktur (Hafen, Flughafen, spezialisierte
Speditionen),
Beispiele: Silicon-Valley, Hollywood, London City, Pforzheim…
- 100 -
1. Internationaler Handel
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Interne oder externe Größenvorteile können eine weitere
Ursache für Handelsgewinne sein.
➤ Sie stellen eine Art von Handelsgewinnen dar, die völlig
unabhängig von den Handelsgewinnen in dem Beispiel von
Ricardo sind! Dazu zunächst wieder ein einfaches Zahlenbeispiel. Angenommen aufgrund von Größenvorteilen gelten
die folgenden Input/Output-Beziehungen:
Prof. Dr. Rainer Maurer
Arbeitskräfte (L)
Anzahl
Autos (Y)
Arbeitsproduktivität (Y/L)
10
100
10
20
300
15
30
600
20
40
1200
30
50
2400
48
60
4800
80
- 103 -
1. Internationaler Handel
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
➤ Zur Vereinfachung seien zwei Länder angenommen, in denen
■ alle Autos mit der gleichen Produktionstechnologie hergestellt
werden,
■ zwei gleichgroße Konsumentengruppen mit unterschiedlichen
Präferenzen für Autos existieren:
◆ Konsumenten mit dem Idealprodukt Ferrari
◆ Konsumenten mit dem Idealprodukt Porsche
◆ gleiche Nachfragekurven für beide Autotypen
■ für die Produktion von Autos jeweils 60 Einheiten Arbeit zur
© RAINER MAURER, Pforzheim
Verfügung stehen.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 104 -
1. Internationaler Handel
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
➤ Bei Autarkie wird dann wie folgt produziert:
■ Italien: 30 Einheiten Arbeit je Modell
Porsches = 600 Stück; Ferraris = 600 Stück Total: 1200 Stück
■ Deutschland: 30 Einheiten Arbeit je Modell
Porsches = 600 Stück; Ferraris = 600 Stück Total: 1200 Stück
■ Weltproduktion:
Porsches = 1200 Stück; Ferraris = 1200 Stück
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Bei der Aufnahme von Freihandel spezialisiert sich jedes Land
aufgrund der Kostendegression auf einen Modelltyp und
importiert den anderen Modelltyp:
■ Italien: 60 Einheiten Arbeit in der Ferrari-Produktion:
Prof. Dr. Rainer Maurer
Ferraris = 4800 Stück
■ Deutschland: 60 Einheiten Arbeit je Porsche:
Porsches = 4800 Stück
■ Weltproduktion:
Porsches = 4800 Stück & Ferraris = 4800 Stück
- 105 -
Autoproduktion bei Autarkie
Italien
Deutschland
Da gleiche Nachfragen und Produktionstechnologien unterstellt
wurden, teilt sich die Produktion bei Autarkie gleichmäßig
zwischen Porsche und Ferrari in beiden Ländern auf.
C1
C1
600
Stückkosten
Stückkosten
Porsches
Porsches
Deutschland
C1
Italien
© RAINER MAURER, Pforzheim
C1
Stückkosten
Ferraris
Prof. Dr. Rainer Maurer
600
600
Stückkosten
Ferraris
- 106 -
Autoproduktion bei Freihandel
Italien
Deutschland
Bei Freihandel genügt bereits eine zufällige Erhöhung der
Porscheproduktion in Deutschland, um dort niedrigere Stückkosten
und damit eine Ausdehnung der Produktion zu verursachen.
C1
C1
C2
600
Stückkosten
Stückkosten
Porsches
Porsches
4800
Deutschland
C1
600
Italien
© RAINER MAURER, Pforzheim
C1
Stückkosten
Ferraris
Prof. Dr. Rainer Maurer
0
600
Stückkosten
Ferraris
- 107 -
Autoproduktion bei Freihandel
Italien
Deutschland
C1
Da die deutsche Porscheproduktion aufgrund der höheren
Arbeitsproduktivität höhere Löhne zahlen kann, wandern die Arbeiter
in der deutschen Ferrariproduktion in die Porscheproduktion ab.
C1
C2
600
© RAINER MAURER, Pforzheim
C1
Stückkosten
Stückkosten
Porsches
Porsches
4800
Deutschland
0
600
Italien
Deutsche Porsches sind jetzt billiger als italienische, so dass die in
der italienischen Porscheproduktion freigesetzten Arbeitskräfte in
die Ferrariproduktion abwandern.
C1
Stückkosten
Stückkosten
C2
Ferraris
Prof. Dr. Rainer Maurer
600
4800
Ferraris
- 108 -
Autoproduktion bei Freihandel
Italien
Deutschland
Da gleiche Nachfragen unterstellt wurden, exportiert Italien bei
Freihandel die Hälfte seiner Ferrariproduktion nach Deutschland
und Deutschland die Hälfte seiner Porscheproduktion nach Italien.
C1
C1
C2
600
© RAINER MAURER, Pforzheim
C1
Stückkosten
Stückkosten
Porsches
Porsches
4800
Deutschland
0
600
Italien
Die Erhöhung der Produktion von 1200 auf 4800 Autos entspricht
dem Handelsgewinn, der in diesem Fall von den sinkenden
Stückkosten (=Größenvorteile) verursacht wird und sich zu gleichen
Teilen auf dieCbeiden
Länder aufteilt.
1
Stückkosten
Stückkosten
C2
Ferraris
Prof. Dr. Rainer Maurer
600
4800
Ferraris
- 109 -
1. Internationaler Handel
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
➤ Aufgrund von Größenvorteilen können also bei Freihandel durch
die Spezialisierung auf jeweils einen Modelltyp anstelle von nur
1200 Stück je Typ nun 4800 Stück je Typ gebaut werden.
➤ Mit der gleichen Anzahl von Arbeitskräften können also bei
Freihandel mehr Ferraris und Porsches gebaut werden.
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Handel führt also bei auch bei Größenvorteilen zu
Produktivitätsgewinnen.
➤ Das Beispiel zeigt, wie es bei Größenvorteilen zu Handelsgewinnen kommt – der Handel (Ex- und Import der Porsches
bzw. Ferraris) wird von den Unternehmen aber nicht wegen der
Handelsgewinne durchgeführt, sondern weil aufgrund der
Handelsgewinne ihr Unternehmensgewinn steigt. Wie stark
aufgrund der Handelsgewinne der Unternehmensgewinn steigt,
hängt von der Wettbewerbssituation und der Nachfragestärke ab.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 110 -
1. Internationaler Handel
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Das Beispiel zeigt auch:
■ Obwohl es sich hier um zwei praktisch identische Güter handelt, die
mit den gleichen Produktionsfaktoren hergestellt werden, kommt es
trotzdem aufgrund der Größenvorteile zum Handel dieser Güter
zwischen Deutschland und Italien.
■ Beide Güter gehören zur gleichen Industrie, es handelt sich also im
intra-industriellen Handel.
■ Bei Ländern, die einen gleichen Entwicklungsstand erreicht haben
hinsichtlich ihrer
◆ Produktionstechnologien
◆ Konsumentenpräferenzen
◆ relativen Faktorausstattung (Qualifikationsniveau der
Arbeitskräfte, Kapitalstock je Beschäftigten)
wie etwa Deutschland und Italien, kommt es aufgrund derartiger
Größenvorteile immer noch zu Handel.
➤ Das Beispiel ist allerdings stark vereinfacht. Die Effekte, die von
dem bei Größenvorteilen auftretendem unvollkommenen
Wettbewerb ausgehen wurden noch nicht berücksichtigt.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 111 -
© RAINER MAURER, Pforzheim
Exkurs: Der Nordamerikanische Auto-Pakt von 1964 und seine Auswirkung auf
den intra-industriellen Handel
Eine Art „natürliches Experiment“ für das Zustandekommen und die Wirkung
von intra-industriellem Handel stellt der Nordamerikanische Auto-Pakt zwischen
den USA und Kanada von 1964 dar:
Bis 1964 waren die Zölle auf Fahrzeuge zwischen den USA und Kanada so
hoch, dass es nur wenig Handel mit Autos zwischen beiden Ländern gab. Da in
Kanada die gleichen Firmen wie in den USA tätig waren, stellte die kanadische
Autoindustrie in der Tat eine um den Faktor 1/10 verkleinerte Version der USAutoindustrie dar.
Die Produktivität der Kanadischen Werke war aufgrund der Existenz von
Größenvorteilen um rund 30 % niedriger als in der US-Industrie. Gründe dafür
werden deutlich, wenn man bedenkt, dass in Kanada aufgrund der kleineren
Absatzmengen in einem Werk mehr als nur ein Modell hergestellt wurde. Dies
machte regelmäßig mehrere Wochen dauernde Werkschließungen für die
Produktionsumrüstung notwendig.
Als 1964 dann mit dem Auto-Pakt eine Freihandelszone für Autos zwischen den
USA und Kanada errichtet wurde, strukturierte sich die gesamte Industrie um:
In Kanada wurde die Produktpalette von General Motors z.B. um die Hälfte
reduziert. Trotzdem kam es in der kanadischen Autoindustrie nicht zu einem
Arbeitsplatzabbau, weil bei den verbliebenen kanadischen Autotypen die
Produktionsmengen ausgedehnt wurden. Der Produktionszuwachs bei diesen
Typen wurde dann in die USA exportiert, während die Autotypen, die vormals in
Kanada hergestellt wurden nun aus den USA importiert wurden: Es setze also
massiver intra-industrieller Handel ein.
- 112 -
Prof. Dr. Rainer Maurer
Exkurs: Der Nordamerikanische Auto-Pakt von 1964 und seine Auswirkung auf
den intra-industriellen Handel
Während 1962 Kanada lediglich Autos im Wert von 16 Millionen US-$ in die
USA exportierten und aus den USA Autos im Wert von 519 Millionen US-$
importierten, exportierte Kanada 1968 Autos im Wert von 2,4 Milliarden US-$,
während sie aus den USA Autos im Wert von 2,9 Milliarden US-$ importierten.
Sowohl Importe als auch Exporte erhöhten sich also drastisch.
Auch in der Entwicklung der Produktivität schlug sich der intra-industrielle
Handel so nieder wie von der Theorie impliziert: 1970 hatte die kanadische
Autoindustrie
ihren
durch
niedrige
Stückzahlen
verursachten
Produktivitätsrückstand fast vollständig aufgeholt.
© RAINER MAURER, Pforzheim
(Quelle: Krugman/Obstfeld (2006, S. 130-131)
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 113 -
Autoproduktion vor Abschluss des Nordamerikanischen Auto-Pakts:
USA
Produktion auf dem
US-amerikanischen
Markt
=>
Große Nachfrage
Kanada
K
E
Produktion auf dem
kanadischen Markt
I
=>
N
10x kleinere
Nachfrage
=>
=>
Große
Produktionsmengen
© RAINER MAURER, Pforzheim
=>
Prof. Dr. Rainer Maurer
H
10x kleinere
Produktionsmengen
A
N
Starke Wirkung der
Größenvorteile
D
=>
E
30% höhere
Produktivität
L
= um Faktor
10
verkleinerte
Version der
USProduktion
=>
Geringere Wirkung
der Größenvorteile
=>
30% niedrigere
Produktivität
- 114 -
Autoproduktion nach Abschluss des Nordamerikanischen Auto-Pakts:
Kanada
USA
© RAINER MAURER, Pforzheim
FREIHANDEL
=> Gemeinsamer Automarkt = Keine
Handelsschranken!
=> Ausnutzung der Größenvorteile durch
lokale Konzentration der Produktion:
=> Ausgleich der
lokalen
Verlagerung der
Überschussproduktion
Produktion in die
USA
durch Export!
Prof. Dr. Rainer Maurer
=> Anstieg der
Produktivität in
den USA aufgrund
Anstiegs der
Produktionmengen
je Produkttyp!
Verlagerung der
Produktion nach
Kanada
=> Starker Anstieg
der Produktivität in
Kanada aufgrund
starkem Anstiegs
der Produktionsmengen je
Produkttyp!
- 115 -
1. Internationaler Handel
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
Fall (1): Handel zwischen zwei Ländern mit gleicher Ausstattung
mit Produktionsfaktoren, wenn es Größenvorteile gibt und nur
„Porsche“ und „Ferraris“ gehandelt werden (Industrieland :
Industrieland):
Land A:
Hoher Kapitalstock, großes Angebot qualifizierter
und niedriges Angebot unqualifizierter Arbeitskräfte
© RAINER MAURER, Pforzheim
Land B:
X  Mi
1 I 
1  i


I iMaurer
Xi  Mi
1 
Prof. Dr. Rainer
GL i 
Ferrari
Wert der Güter
Porsche
Hoher Kapitalstock, großes Angebot qualifizierter
und niedriges Angebot unqualifizierter Arbeitskräfte




- 116 -
1. Internationaler Handel
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
Fall (2): Handel zwischen zwei Ländern mit unterschiedlicher
Ausstattung mit Produktionsfaktoren, wenn es keine Größenvorteile
gibt und nur „Maschinen“ und „Nahrungsmittel“ gehandelt werden:
(Industrieland : Entwicklungsland)
Land A:
Hoher Kapitalstock, großes Angebot qualifizierter
und niedriges Angebot unqualifizierter Arbeitskräfte
© RAINER MAURER, Pforzheim
Land B:
X  Mi
1 I 
1  i


I iMaurer
Xi  Mi
1 
Prof. Dr. Rainer
GL i 
Nahrungsmittel
Wert der Güter
Maschinen
Niedriger Kapitalstock, niedriges Angebot qualifizierter & hohes Angebot unqualifizierter Arbeitskräfte




- 117 -
1. Internationaler Handel
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
Fall (3): Handel zwischen zwei Ländern mit unterschiedlicher
Ausstattung mit Produktionsfaktoren, wenn es Größenvorteile in der
Maschinenproduktion gibt und nur „Maschinen“ und „Nahrungsmittel“ gehandelt werden (Industrieland : Schwellenland):
Land A:
Hoher Kapitalstock, großes Angebot qualifizierter
und niedriges Angebot unqualifizierter Arbeitskräfte
© RAINER MAURER, Pforzheim
Maschinen
Land B:
X  Mi
1 I 
1  i


I iMaurer
Xi  Mi
1 
Prof. Dr. Rainer
GL i 
Wert der Güter
Maschinen
Nahrungsmittel
Niedriger Kapitalstock, niedriges Angebot qualifizierter & hohes Angebot unqualifizierter Arbeitskräfte




- 118 -
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
P, C
Kostenvorteil
Deutschlands aufgrund
komparativer Vorteile
P1
Durchschnittskosten Taiwan
© RAINER MAURER, Pforzheim
Durchschnittskosten Deutschland
Weltmarktnachfrage
O
Y1
Prof. Dr. Rainer Maurer
Y
- 123 -
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
P, C
Kostennachteil bei Produktionsbeginn in
Deutschland wenn Taiwan bereits Y1 produziert
P1
Durchschnittskosten Taiwan
© RAINER MAURER, Pforzheim
Durchschnittskosten Deutschland
Weltmarktnachfrage
O
Y1
Prof. Dr. Rainer Maurer
Y
- 124 -
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
P, C
Kostennachteil bei
Produktionsbeginn
in Deutschland
Pfadabhängigkeiten: Wenn Taiwan mit der
Produktion eines bestimmten
Maschinentyps bereits Weltmarktführer ist,
kann Deutschland diese Maschine zum
Weltmarktpreis P1 nicht kostendeckend
produzieren, obwohl es eigentlich
aufgrund seiner komparativen Vorteile die
Maschine günstiger herstellen könnte,
wenn es Weltmarktführer wäre.
P1
Durchschnittskosten Taiwan
© RAINER MAURER, Pforzheim
Durchschnittskosten Deutschland
Weltmarktnachfrage
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Y1
Y
- 125 -
1. Internationaler Handel
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
➤ Das vorangegangen Bild zeigt ein Szenario, in dem durch einen
staatlichen Eingriff die Wohlfahrt verbessert werden könnte:
■ Würde der Staat den bei P1 resultierenden Kostennachteil der
© RAINER MAURER, Pforzheim
deutschen Industrie durch eine „Anschubsubvention“ ausgleichen,
bis sie eine Größe erreicht hätte, die der kritischen Masse Y2
entspricht, könnte sich die deutsche Industrie aufgrund ihres
komparativen Kostenvorteils auch ohne Subventionen dauerhaft am
Weltmarkt behaupten.
■ Der Weltmarktpreis würde dann (genügend Wettbewerb
vorausgesetzt) dauerhaft auf einem niedrigeren Niveau P2 liegen
und die Produktionsmenge auf einem höheren Niveau Y3, so dass
also auch die Konsumenten davon profitieren könnten.
➤ Dies ist der Grundgedanke der „strategischen Handelspolitik“.
➤ In der Praxis wird die strategische Handelspolitik durch ein
nichttriviales Informationsproblem erschwert: Niemand kennt mit
Sicherheit den Kostenverlauf der heimischen Industrie im
Vergleich zu ausländischen.
- 126 -
Prof. Dr. Rainer Maurer
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
P, C
Strategische Handelspolitik bei
vollkommener Information: Durch
„Anschubfinanzierung“ der heimischen
Industrie zum „Durchbruch auf dem
Weltmarkt“ verhelfen.
„Anschubsubvention“
P1
Durchschnittskosten Taiwan
Durchschnittskosten Deutschland
© RAINER MAURER, Pforzheim
P2
Weltmarktnachfrage
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Y2 = kritische
Masse
Y1
Y3
Y
- 127 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1. Internationaler Handel
1.1. Zur Geschichte des Handels
1.2. Die Theorie des internationalen Handels
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
1.3. Internationale Handelspolitik
1.3.1. Die Instrumente der Handelspolitik
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 129 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.3.1. Die Instrumente der Handelspolitik
➤ In Abschnitt 1.2.1. haben wir nur die Fälle Autarkie und
Freihandel miteinander verglichen.
➤ In der Realität spielen diese Extremfälle jedoch nur eine
untergeordnete Rolle. In der praktischen Handelspolitik geht es
vor allem um die Auswirkung von Zöllen und nichttarifären
Handelshemmnissen.
➤ Zölle werden in den meisten Ländern nicht als uniforme
Importzölle erhoben, sondern sehr differenziert nach einzelnen
Produktgruppen.
➤ Da innerhalb der EU keine Binnenzölle mehr erhoben werden,
hat sich die EU 1992 auf ein einheitliches System von
Importzöllen geeinigt (Die EU ist eine „Zollunion“ aber keine
„Freihandelszone“. In Freihandelszonen gibt es unterschiedliche
Zölle gegenüber Drittländern). Die extreme Differenziertheit
dieses Systems rührt vom Einfluss von Industrieverbänden und
Lobbygruppen her.
➤ Es führt zu einer sehr personalaufwendigen Zollbürokratie, die
einen großen Teil der Zolleinnahmen verschlingt.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 130 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.3.1. Die Instrumente der Handelspolitik
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 131 -
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Unter „
http://ec.europa.eu/taxat
ion_customs/dds2/taric/t
aric_consultation.jsp“
kann man die
Einfuhrzölle der EU für
alle Güter ermitteln.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 132 -
1. Internationaler Handel
1.3.1. Die Instrumente der Handelspolitik
© RAINER MAURER, Pforzheim
…z.B. für lebende
Wildpferde
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 133 -
1. Internationaler Handel
1.3.1. Die Instrumente der Handelspolitik
© RAINER MAURER, Pforzheim
…oder für
Gummistiefel
Welche
Wohlfahrtseffekte haben
Importzölle?
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 134 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importzölle
P
Produktion und Konsum
vor Einführung d. Importzolls
SInland
Konsumentenrente
© RAINER MAURER, Pforzheim
Pw
S Weltmarkt
Produzentenrente
Import
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QProduktion
Freihandel
QKonsum
Q
- 135 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importzölle
P
Produktion und Konsum
nach Einführung d. Importzolls
PZoll
© RAINER MAURER, Pforzheim
Importzoll
S Weltmarkt
Import nach Zoll
Pw
SInland
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
Zoll
QProduktion QProduktion
Zoll
QKonsum
Freihandel
QKonsum
Q
- 136 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importzölle
P
Produktion und Konsum
nach Einführung d. Importzolls
PZoll
© RAINER MAURER, Pforzheim
Importzoll
S Weltmarkt
Import nach Zoll
Pw
SInland
Import vor
Einführung d. Zolls
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
Zoll
QProduktion QProduktion
Zoll
QKonsum
Freihandel
QKonsum
Q
- 137 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importzölle
P
Wohlfahrtseffekt des
Zolls
SInland
Konsumentenrente
A
B
PZoll
Importzoll
S Weltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
Pw
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
Zoll
QProduktion QProduktion
Zoll
QKonsum
Freihandel
QKonsum
Q
- 138 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importzölle
P
Wohlfahrtseffekt des
Zolls
SInland
A
B
PZoll
Importzoll
S Weltmarkt
C
G
Pw
© RAINER MAURER, Pforzheim
Produzentenrente
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
Zoll
QProduktion QProduktion
Zoll
QKonsum
Freihandel
QKonsum
Q
- 139 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importzölle
P
Wohlfahrtseffekt des
Zolls
A
SInland
Steuereinnahmen
B
PZoll
C
G
© RAINER MAURER, Pforzheim
Pw
Importzoll
S Weltmarkt
E
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
Zoll
QProduktion QProduktion
Zoll
QKonsum
Freihandel
QKonsum
Q
- 140 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importzölle
P
Wohlfahrtseffekt des
Zolls
SInland
Wohlfahrtsverluste
A
B
PZoll
C
G
© RAINER MAURER, Pforzheim
Pw
E
D
Importzoll
S Weltmarkt
F
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
Zoll
QProduktion QProduktion
Zoll
QKonsum
Freihandel
QKonsum
Q
- 141 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importzölle
P
Wohlfahrtseffekt des
Zolls
SInland
A
B
PZoll
Pw
C
G
E
D
Importzoll
S Weltmarkt
F
Nach Zoll
Veränderung
Konsumentenrente
A+B+C+D+E+F
A+B
-C-D-E-F
Produzentenrente
G
G+C
© RAINER MAURER, Pforzheim
Vor Zoll
Freihandel
Steuereinnahmen
O
Nichts
QProduktion QProduktion
Kooperationsrente
Prof. Dr. Rainer Maurer
Zoll
Zoll
QKonsum
A+B+C+D+E+F+G
QKonsumE
Freihandel
A+B+C+E+G
DInland
+C
E
Q
-D-F
- 142 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importzölle
P
Wohlfahrtseffekt des
Zolls
SInland
A
B
PZoll
C
G
© RAINER MAURER, Pforzheim
Pw
E
D
Importzoll
S Weltmarkt
F
Vor Zoll
Nach Zoll
Veränderung
Konsumentenrente
A+B+C+D+E+F
A+B
-C-D-E-F
Produzentenrente
G
G+C
+C
Steuereinnahmen
Nichts
E
Kooperationsrente
Freihandel
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
A+B+C+D+E+F+G
Zoll
Zoll
QProduktion QProduktion
QKonsum
A+B+C+E+G
Freihandel
QKonsum
Wohlfahrtsverlust durch Importzoll
E
DInland
-D-F
Q
- 143 -
1. Internationaler Handel
1.3.1. Die Instrumente der Handelspolitik
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Neben Zöllen spielen wie gesagt auch nichttarifäre
Handelhemmnisse = Mengenbeschränkungen eine wichtige
Rolle in der praktischen Handelspolitik.
➤ Mit Handelsschranken versuchen Regierungen i.d.R.
bestimmte Wirtschaftszweige gegenüber ausländischen zu
„schützen“.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 144 -
1. Internationaler Handel
1.3.1. Die Instrumente der Handelspolitik
© RAINER MAURER, Pforzheim
…z.B. für die
Einfuhr von TShirts aus
Baumwolle aus
China
Welche
Wohlfahrtseffekte haben
solche
Importquoten?
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 145 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importquoten
P
Produktion und Konsum vor
Einführung d. Importquote
Pw
SInland
S Weltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
Import
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QProduktion
Freihandel
QKonsum
Q
- 147 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importquoten
P
Produktion und Konsum vor
Einführung d. Importquote
Pw
SInland
S Weltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
Import
DInland
O
Importquote
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QKonsum
Q
- 148 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importquoten
P
Produktion und Konsum nach
Einführung d. Importquote
SInland
SInland+ Importquote
PImportquote
Pw
S Weltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
Importquote
= Bestimmte Menge des
Gutes, die importiert
werden darf.
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QProduktion
QQ
Importquote
QKonsum
Freihandel
QKonsum
Q
- 149 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importquoten
P
Wohlfahrtseffekt der
Importquote
SInland
Konsumentenrente
SInland+ Importquote
A
PImportquote
Pw
S Weltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
Importquote
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QProduktion
Importquote
QKonsum
Freihandel
QKonsum
Q
- 150 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importquoten
P
Wohlfahrtseffekt der
Importquote
SInland
Produzentenrente
SInland+ Importquote
A
PImportquote
D
B
Pw
S Weltmarkt
G
© RAINER MAURER, Pforzheim
Importquote
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QProduktion
Importquote
QKonsum
Freihandel
QKonsum
Q
- 151 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importquoten
P
Wohlfahrtseffekt der
Importquote
SInland
Rente der
Importlizenzinhaber
SInland+ Importquote
A
PImportquote
B
Pw
C
D
E F
S Weltmarkt
G
© RAINER MAURER, Pforzheim
Importquote
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QProduktion
Importquote
QKonsum
Freihandel
QKonsum
Q
- 152 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importquoten
P
Wohlfahrtseffekt der
Importquote
SInland
Wohlfahrtsverlust
SInland+ Importquote
A
PImportquote
B
Pw
C
D
E F
S Weltmarkt
G
© RAINER MAURER, Pforzheim
Importquote
DInland
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
QProduktion
Importquote
QKonsum
Freihandel
QKonsum
Q
- 153 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importquoten
P
Wohlfahrtseffekt der
Importquote
SInland
SInland+ Importquote
Wohlfahrtsverlust
A
PImportquote
C
B
Pw
D
E F
G
Importquote
Vor Importquote
© RAINER MAURER, Pforzheim
S Weltmarkt
Nach Importquote
Veränderung
-B-C-D-E-F
Konsumentenrente
A+B+C+D+E+F
A
Produzentenrente
G
G+B+D
Freihandel
Importlizenzinhaber
O
QProduktion
Kooperationsrente
Prof. Dr. Rainer Maurer
Nichts
Importquote
QKonsum
A+B+C+D+E+F+G
QKonsumC
Freihandel
A+G+B+D+C
DInland
+B+D
C
Q
-F-E
- 154 -
Die Wohlfahrtseffekte der Handelspolitik: Importquoten
P
Wohlfahrtseffekt der
Importquote
SInland
SInland+ Importquote
Wohlfahrtsverlust
A
PImportquote
Pw
D
C
B
E F
S Weltmarkt
G
Vor Zoll
Nach Zoll
Veränderung
Konsumentenrente
A+B+C+D+E+F
A
-B-C-D-E-F
Produzentenrente
G
G+B+D
+B+D
Nichts
C
© RAINER MAURER, Pforzheim
Importquote
Importlizenzinhaber
O
Kooperationsrente
QProduktion
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
Importquote
A+B+C+D+E+F+G
QKonsum
Freihandel
QKonsum
A+G+B+D+C
Wohlfahrtsverlust durch Importquote
DInland
C
-F-E
Q
- 155 -
1. Internationaler Handel
1.3.1. Die Instrumente der Handelspolitik
➤ Alternativer Lösungsweg zur Importquote
■ Die folgende alternative Lösung ist mathematisch äquivalent zu
der vorangegangenen.
© RAINER MAURER, Pforzheim
■ Sie kann helfen das Verständnis der Analyse zu vertiefen.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 156 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1. Internationaler Handel
1.1. Zur Geschichte des Handels
1.2. Die Theorie des internationalen Handels
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
1.3. Internationale Handelspolitik
1.3.1. Die Instrumente der Handelspolitik
1.3.2. Handelspolitische Konzeptionen:
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
Prof. Dr. Rainer Maurer
ÜA
- 166 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
➤ Es gibt nur ein Land, das weitestgehend Freihandel praktiziert:
Die Stadt Hong Kong. Trotzdem hat die Freihandelsdoktrin unter
Ökonomen seit Adam Smith und David Ricardo viele
Unterstützer.
➤ Das wichtigste
P
WohlfahrtsverSInland
Argument der
lust durch zu
Freihandelsdoktrin
viel Produktion
sind die in Abschnitt
Wohlfahrtsver1.3.1. beschriebenen
lust durch zu
Effizienzverluste, bei
A
wenig Konsum
einer Begrenzung des
B
P
Freihandels durch
Zoll
Importzoll
C
D
E
F
P
Zölle oder Quoten:
w
S Weltmarkt
G
Es wird im Vergleich
zu Freihandel im
DInland
Inland zu wenig
Freihandel
Freihandel
Zoll
Zoll
konsumiert und zu viel
Q
Q
QProduktion QProduktion QKonsum Konsum
produziert.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 168 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
➤ Versuche, diese Effizienzverluste zu messen, führten zu
folgenden Ergebnissen:
Gewinne beim Übergang zu völligem Freihandel in % des BIP
USA
0,57 %
EU
0,61 %
Japan
0,85 %
Entwicklungsländer
1,4 %
Welt
0,93 %
Quelle: William Cline (2004), Trade and Global Poverty, Washington
© RAINER MAURER, Pforzheim
Kosten der Handelsprotektion in % des NIP
Prof. Dr. Rainer Maurer
Brasilien (1966)
9,5 %
Türkei (1978)
5,4 %
Philippinen (1978)
5,4 %
USA (1983)
0,26 %
Quelle: nach Krugman/Obstfeld (2004, S. 209)
- 169 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
➤ Die Befürworter der Freihandelsdoktrin weisen jedoch darauf
hin, dass es noch weitere Argumente für Freihandel gibt:
1. Verstärkung des Wettbewerbs: Auf vielen Märkten spielen
Größenvorteile eine Rolle. Ohne Freihandel bilden sich dort oft
enge nationale Oligopole oder monopolistischer Wettbewerb mit
nur wenigen nationalen Anbietern. Durch Freihandel erhöht sich die
Zahl der Anbieter. Der resultierende erhöhte Wettbewerb führt zu
© RAINER MAURER, Pforzheim
◆
◆
◆
Prof. Dr. Rainer Maure
niedrigeren Preisen,
höheren Mengen und
mehr Produktvielfalt / -qualität
Außerdem erhöht der Wettbewerb den Innovationsdruck für die
Unternehmen. Erhöhe F&E-Aktivitäten führen zu mehr technischem
Fortschritt, der sich positiv auf das Produktivitätswachstum
auswirken kann.
- 170 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
2. Erhöhung der F&E-Rentabilität (1):
© RAINER MAURER, Pforzheim
■ F&E Ausgaben zählen (wie z.B. auch Werbeausgaben) zu den
„klumpigen“ Produktionsfaktoren. D.h. es ist immer eine bestimmte
Mindestgröße des Forschungsetats notwendig, um Aussicht auf
Forschungserfolg zu haben. Ein einzelner Forscher ist
erfahrungsgemäß nicht so kreativ wie eine größere Gruppe.
Außerdem werden in vielen Forschungsbereichen Ausrüstungsgüter
eingesetzt, die eine bestimmte Mindestgröße haben (die kleinste
optimale Kapazität ist "groß")
■ F&E Ausgaben zählen also zu den fixen Produktionsfaktoren.
■ Damit tritt auch bei ihnen „Fixkostendegression“ auf:
◆ Je größer die Produktionsmenge, des mit Hilfe der F&E
entwickelten Produktes, desto kleiner sind die durchschnittlichen
F&E Kosten bei diesem Produkt.
■ Da bei Freihandel Unternehmen einen größeren Absatzmarkt und
damit auch höhere Produktionsmengen haben, sind bei Freihandel
die durchschnittlichen F&E-Kosten kleiner.
Prof. Dr. Rainer Maure
- 171 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
2. Erhöhung der F&E-Rentabilität (2):
F & E  Fixkosten
F & E  Fixkosten

Große Pr oduktionsmenge bei Freihandel Kleine Pr oduktionsmenge bei Autarkie
© RAINER MAURER, Pforzheim
■ Bei Freihandel wird deshalb mehr in F&E investiert:
■ Der aus den F&E-Investitionen resultierende höhere technische
Prof. Dr. Rainer Maure
Fortschritt, kann dann das Produktivitätswachstum der ganzen
Volkswirtschaft steigern.
■ In den Modellen der sogen. „Neuen Wachstumstheorie“ kann man
zeigen, dass bei Freihandel das langfristige Wirtschaftswachstum
größer ist bei Autarkie.
■ Das zeigt also, dass es beim Übergang zu Freihandel nicht nur zu
einmaligen „Effizienzgewinnen“ (=Wohlfahrtsgewinne der
statischen Analyse (Folien 47-67)), kommen kann, sondern zu
dauerhaft höherem Wirtschaftswachstum.
■ Wenn die Neue Wachstumstheorie also stimmt, dann hat
Freihandel auf die langfristige Wohlfahrt der Menschen eine noch
viel größere Bedeutung als die statische Wohlfahrtsanalyse der
klassischen Handelstheorie vermuten lässt.
- 172 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
Niveauentwicklung in Abhängigkeit von der Wachstumrate
über einen Zeitraum von 50 Jahren
450%
400%
350%
300%
250%
© RAINER MAURER, Pforzheim
200%
150%
100%
1
3
5
7
1,0%
Prof. Dr. Rainer Maure
9
11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45 47 49 51
1,5%
2,0%
2,5%
3,0%
- 173 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
Prof. Dr. Rainer Maure
3. Reduzierung von Lobbying-Effekten: Eine Regierung, die sich nicht
eindeutig auf Freihandel festlegt, signalisiert damit implizit den
Unternehmensverbänden, dass es einen "Kuchen" zu verteilen gibt.
◆ Die Unternehmen haben deshalb einen Anreiz, in LobbyingAktivitäten zu investieren, mit dem Ziel die Handelspolitik zur
Einführung von Importzöllen und –mengenbeschränkungen zu
bewegen.
◆ Auswirkungen auf die Wohlfahrt:
1. Durch die Handelsbeschränkungen entstehen die bereits
genannten Wohlfahrtsverluste.
2. Zusätzlich werden für die Lobbyingaktivitäten Produktionsfaktoren (Arbeitskräfte) eingesetzt, die keine wohlfahrtsstiftenden Güter- oder Dienstleistungen produzieren
können. Auch hier entstehen also Wohlfahrtsverluste in
Form von Opportunitätskosten.
- 174 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
4. Probleme der Organisation von Konsumenteninteressen:
◆
© RAINER MAURER, Pforzheim
◆
Prof. Dr. Rainer Maure
Unternehmen besitzen in den meisten Ländern traditionell einen
hohen Organisationsgrad, da Unternehmensverbände
beispielsweise in der Tarif- und Ausbildungspolitik benötigt
werden.
Unternehmen haben es deshalb leicht, mit Hilfe ihrer Verbände
auf die Handelspolitik Einfluss zu nehmen. Konsumenten haben
es dagegen viel schwerer, ihre Interessen zu organisieren.
Obwohl es für alle Konsumenten vorteilhaft wäre, sich für die
Abschaffung von Importzöllen einzusetzen, ist der Anreiz, dies
zu tun, für einen Einzelnen sehr gering:
 Für den Einzelnen sind die Erfolgschancen gegenüber der
Politik zu niedrig. Wenn sich aber eine genügend große
Gruppe von Konsumenten dafür einsetzen würde, resultiert
ein Gefangenendilemma: Wenn alle Konsumenten einen
„Konsumentenverband“ unterstützen würden, könnte dieser
Konsumenteninteressen gegenüber der Politik erfolgreich
vertreten. Für den Einzelnen bestünde dann jedoch ein
Anreiz, den Mitgliedsbeitrag einzusparen und den Verband
wieder zu verlassen, da anderen Verbandsmitglieder die
Arbeit finanzieren. Der Verband würde also wieder zerfallen
- 175 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
➤ Zusammenfassend können also 5 Argumente für die
Freihandelsdoktrin angeführt werden:
Effizienzgewinne bei Freihandel (klassische Handelstheorie)
Verstärkung des Wettbewerbs
Erhöhung der F&E-Rentabilität => Erhöhung des Wachstums
Reduzierung von Lobbying-Effekten
Wegfall der Gefangenendilemma-Probleme bei der Organisation
von Konsumenteninteressen
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.
2.
3.
4.
5.
Prof. Dr. Rainer Maure
- 176 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
➤ Gegen die Freihandelsdoktrin können eine Reihe ökonomisch
fundierter Argumente vorgebracht werden:
1. Wenn es in einem Land Marktunvollkommenheiten gibt, kann eine
© RAINER MAURER, Pforzheim
Beschränkung des Freihandels u.U. zu Nettoeffizienzgewinnen
führen.
2. Wenn ein Land groß genug ist, um mit seiner Nachfrage den
Weltmarktpreis zu beeinflussen (Fall des "großen Landes"), kann
der Staat durch einen "optimalen" Importzoll ein de facto ein
Einkaufsmonopol organisieren, das zu Wohfahrtsgewinnen des
Inlandes zu Lasten des Auslandes führen kann.
3. Bei unvollkommenem Wettbewerb können durch staatliche
Subventionen monopolistische Gewinne auf ausländischen Märkten
gemacht werden ("strategische Handelspolitik").
Prof. Dr. Rainer Maure
- 177 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
1. Wenn es in einem Land Marktunvollkommenheiten gibt, kann
eine Beschränkung des Freihandels u.U. zu Nettoeffizienzgewinnen führen.
■ Ursachen für solche Marktunvollkommenheiten können sein:
◆
© RAINER MAURER, Pforzheim
◆
Prof. Dr. Rainer Maure
Klassische Arbeitslosigkeit (vgl. AU 5.1.3): Durch Institutionen,
die den Marktlohn über den Marktgleichgewichtslohn heben,
kommt es zu Arbeitslosigkeit mit der Folge, dass Arbeitskräfte
die aufgrund von Freihandel entlassen werden keine neue
Beschäftigung finden.
Technologische Externalitäten: Bei der Produktion eines Gutes
treten Kostenvorteile für andere Industrien auf, die dem
Produzenten nicht entgolten werden ("positive externe Effekte").
■ In diesen Fällen muss die bisherige Wohlfahrtsanalyse (vgl.
Abschnitt 1.3.1 um zusätzliche wohlfahrtssteigernde Wirkung der
heimischen Produktion wie in folgender Grafik dargestellt ergänzt
werden:
- 178 -
P
Wohlfahrtsverlust
durch zu viel
heimische Produktion
Wohlfahrtsverlust durch zu
wenig Konsum
A
PZoll
C
Pw G
SInland
B
D
E
Importzoll
S Weltmarkt
F
DInland
Freihandel
QProduktion
Zoll
QProduktion
Zoll
QKonsum
Freihandel
QKonsum
Q
€
© RAINER MAURER, Pforzheim
Zusätzlicher Wohlfahrtsgewinn
durch heimische Produktion
H
Zoll
QFreihandel
Produktion QProduktion
Prof. Dr. Rainer Maure
Sozialer Grenzertrag
der heimischen
Produktion
Q
Im unteren Diagramm
sind die Wohlfahrtsgewinne der heimischen
Produktion abgetragen,
die durch die beschriebenen Marktunvollkommenheiten
entstehen können. Das
Beispiel ist so gewählt,
dass die Fläche H größer ist als die Summe
der durch den Importzoll
verursachten Wohlfahrtsverluste D und F.
Das muss jedoch nicht
zwingend so sein. Die
Größe der Fläche H
hängt vom Ausmaß der
Marktunvollkommenheiten ab.
- 179 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
➤ Das Beispiel zeigt, dass bei Marktunvollkommenheiten eine
künstliche Stützung der heimischen Produktion, durch
Importzölle etwa, die Wohlfahrt erhöhen kann.
➤ Kritik der Kritik:
■ Es gäbe jedoch auch Alternativen zu einem Importzoll, die zu
© RAINER MAURER, Pforzheim
weniger Wohlfahrtsverlusten führen würden – also "billiger" wären –
wie z.B. eine
◆ Subventionierung der heimischen Produktion mit einer
Mengensubvention (s. nächstes Schaubild) oder eine
◆ "Ursachentherapie": Bekämpfung der Markunvollkommenheiten
auf dem Arbeitsmarkt.
Prof. Dr. Rainer Maure
- 180 -
P
Wohlfahrtsverlust
durch heimische
Produktion
G
Pw
SInland
Subvention
SInland
F
S Weltmarkt
J
DInland
Freihandel
QProduktion
Subvention
QProduktion
Zoll
QKonsum
Subvention
QKonsum
Q
€
© RAINER MAURER, Pforzheim
Zusätzlicher Wohlfahrtsgewinn
durch Subvention
H
QProduktion QProduktion
Prof. Dr. Rainer Maure
Sozialer Grenzertrag
der heimischen
Produktion
Q
Anstelle eines
Importzolls könnte auch
eine Mengensubvention
gezahlt werden. In
diesem Fall wäre der
Wohlfahrtsverlust gleich
G. G ist der Teil der
heimischen Produktionskosten, der
gemessen an der
Produktion bei Freihandel zu hoch ist, weil
durch Importe der
entsprechenden Menge,
diese Kosten vermieden
werden könnten. Da bei
der Subvention der
heimische Preis gleich
dem Weltmarktpreis ist,
wird die gleiche Menge
wie bei Freihandel
konsumiert: F ist also
kein Wohlfahrtsverlust.
- 181 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
2. Wenn ein Land groß genug ist, um den Weltmarktpreis zu
beeinflussen, kann der Staat durch einen „Optimalzoll“ de facto
ein inländisches "Einkaufsmonopol" organisieren:
■ Man kann mathematisch zeigen, dass im Fall eines großen Landes
■
■
© RAINER MAURER, Pforzheim
■
Prof. Dr. Rainer Maure
■
der für das Land optimale Importzoll immer größer ist als Null.
Es handelt sich jedoch nicht um eine "win-win"-Politik, denn ein
solcher Importzoll geht zu Lasten des Auslandes.
Wenn das Ausland seinerseits mit "optimalen" Importzöllen
reagiert, kann der Nettoeffekt eines "optimalen" Importzolls für das
Inland negativ sein.
In letzterem Fall kann mit gegenseitigen Handelsabkommen durch
Senkung der Importzölle die Wohlfahrt vergrößert werden (vgl.
Abschnitt 1.3.3)
Folgende Schaubilder zeigen die Wirkungsweise eines
„Optimalzolls“.
- 182 -
Exkurs: Vereinfachtes Zahlenbeispiel zum Optimalzoll
■ Weltmarkt-Kaffeepreis bei Freihandel:
8 € / kg
Wenn Land A groß genug ist, um mit seiner Nachfrage den Weltmarktpreis zu
beeinflussen, sinkt bei Einführung eines Importszolls in Land A der
Weltmarktpreis, weil die Nachfrage von Land A zurückgeht:
■ Importzoll von Land A:
4 € / kg
■ Weltmarkt-Kaffeepreis bei Importzoll von Land A:
5 € / kg
■ Kaffeepreis in Land A bei Importzoll:
9 € / kg
=> Belastung der inländischen Konsumenten durch Zoll: 1 € / kg = 9 € - 8 €
=> Belastung der ausländischen Produzenten durch Zoll: 3 € / kg = 8 € - 5 €
________________
© RAINER MAURER, Pforzheim
Importzolleinnahmen von Land A: 4 € / kg
=> Wenn die Wohlfahrtsverluste der inländischen Konsumenten kleiner als
3 € / kg sind, erhöht der Importzoll aufgrund der Zolleinnahmen des Staates
die inländische Wohlfahrt im Vergleich zur Situation bei Freihandel.
Prof. Dr. Rainer Maurer
Maure
- 183 -
Auswirkung eines „Optimalzolls“
Land A
P
ExportFreihandel
Land B
Weltmarktpreis:
ExportLand A= ImportLand B
S(P)
PFreihandel
ImportFreihandel
D(P)
Konsum
XFreihandel
S(P)
P
Produktion
XFreihandel
D(P) X
X
Produktion
XFreihandel
Konsum
XFreihandel
© RAINER MAURER, Pforzheim
In der Ausgangsituation herrscht Freihandel. Damit der Markt in Land A und
in Land B im Gleichgewicht ist, muss der Weltmarktpreis auf einem Niveau
liegen, bei dem die Exporte von Land A gleich den Importen von Land B sein
müssen. In diesem Fall addieren sich die nachgefragten Mengen von Land A
und Land B zu einem Wert auf, der der Summe der Produktionsmengen von
Land A und Land B entspricht (Das kann man leicht mit einem Lineal in
obiger Grafik überprüfen!). Die Gesamtnachfrage beider Länder ist dann also
gleich dem Gesamtangebot beider Länder, so dass ein globales
Marktgleichgewicht herrscht.
Prof. Dr. Rainer Maure
- 184 -
Auswirkung eines „Optimalzolls“
Land A
P
S(P)
P
Land B
ImportZoll
PFreihandel
ExportFreihandel
S(P)
Importzoll
ImportFreihandel
D(P)
Konsum
XFreihandel
Produktion
XFreihandel
D(P) X
X
Produktion
XFreihandel
Konsum
XFreihandel
© RAINER MAURER, Pforzheim
Wenn Land B nun einen Importzoll einführt, geht die Importmenge von Land
B wegen des höheren inländischen Preises zurück von „ImportFreihandel“ auf
„ImportZoll“. Folglich geht auch die Exportmenge von Land A zurück. Dadurch
sinkt nun der Weltmarktpreis! Land B kann also durch einen Importzoll den
Weltmarktpreis senken. Das ist der entscheidende Punkt beim Optimalzoll.
Prof. Dr. Rainer Maure
- 185 -
Auswirkung eines „Optimalzolls“
Land A
P
S(P)
P
Land B
Weltmarktpreis:
ExportLand A= ImportLand B
S(P) PB,Zoll
PFreihandel
ImportZoll
Importzoll
PZoll
ExportZoll
D(P)
Konsum
XFreihandel
Produktion
XFreihandel
D(P) X
X
Produktion
XFreihandel
Konsum
XFreihandel
© RAINER MAURER, Pforzheim
Durch den niedrigeren Weltmarktpreis sinkt nun natürlich auch der
inländische Preis in Land B, der gleich dem Weltmarktpreis plus dem
Importzoll ist. Dadurch steigt die nachgefragte Importmenge von Land B
wieder etwas an. Der neue Weltmarktpreis, bei dem ein globales Marktgleichgewicht gilt, ist dann erreicht, wenn die Importmenge von Land B nach
Einführung des Importzolls (=ImportZoll) gleich der Exportmenge von Land A
nach Einführung des Importzolls ist (=ExportZoll). Man sieht, dass nach
Einführung des Zolls der gleichgewichtige Weltmarktpreis (PZoll) auf einem
niedrigeren Niveau liegt.
Prof. Dr. Rainer Maure
- 186 -
Auswirkung eines „Optimalzolls“
Land A
P
S(P)
P
Land B
Weltmarktpreis:
ExportLand A= ImportLand B
S(P) PB,Zoll
PFreihandel
PZoll
ImportZoll
C
E
A
B
D
Importzoll
ExportZoll
D(P)
Konsum
Produktion
XZoll
XZoll
D(P) X
X
Konsum
Produktion
XZoll
XZoll
© RAINER MAURER, Pforzheim
Wohlfahrtsanalyse: Die Zolleinnahmen des Staates entsprechen in Land B
der Fläche A+B. Die Fläche A war vor Einführung des Zolls Teil der
Konsumentenrente. Sie stellt also eine Umverteilung von den inländischen
Konsumenten an den Staat dar. Die Fläche B ist durch die Senkung des
Weltmarktpreises entstanden! Sie wird aus dem Wohlfahrtsverlust der
Produzenten von Land A (=Fläche E) finanziert. Da die Fläche E größer ist
als die Fläche B, kommt ein Teil der ehemaligen Wohlfahrt der Produzenten
niemandem zugute. Es ist ein Nettowohlfahrtsverlust. Das gleiche gilt für die
Flächen D und C, die vorher Teil der inländischen Konsumentenrente waren.
Prof. Dr. Rainer Maure
- 187 -
Auswirkung eines „Optimalzolls“
Land A
P
S(P)
P
Land B
Weltmarktpreis:
ExportLand A= ImportLand B
S(P) PB,Zoll
PFreihandel
PZoll
ImportZoll
C
E
A
B
D
Importzoll
ExportZoll
D(P)
Konsum
Produktion
XZoll
XZoll
D(P) X
X
Konsum
Produktion
XZoll
XZoll
© RAINER MAURER, Pforzheim
Wohlfahrtsanalyse: Das gleiche gilt für die Flächen D und C, die vorher Teil
der inländischen Konsumentenrente waren. Da die Summe der Flächen D
und C kleiner ist als die Fläche B, die von den ausländischen Produzenten
an den inländischen Staat umverteilt wird, resultiert also für das Land B
durch die Einführung des Importzolls ein Nettowohlfahrtsgewinn für Land B in
Höhe von B minus C minus D.
Der Importzoll erhöht also die Wohlfahrt von Land B zulasten der Wohlfahrt
von Land A!
Prof. Dr. Rainer Maure
- 188 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
© RAINER MAURER, Pforzheim
3. Bei unvollkommenem Wettbewerb können durch staatliche
Subventionen monopolistische Gewinne auf ausländischen
Märkten gemacht werden ("strategische Handelspolitik"):
■ Wenn Größenvorteile so groß sind, dass auch auf dem Weltmarkt
Prof. Dr. Rainer Maure
nur unvollkommener Wettbewerb resultiert, dann können durch
staatliche Subventionen die monopolistischen Gewinne ganz oder
teilweise ins Inland umgeleitet werden.
■ Ein bekanntes Beispiel für einen solchen Markt ist der Markt für
Passagierflugzeuge, den sich heute im wesentlichen Boeing und
Airbus teilen.
◆ Bevor Deutschland und Frankreich mit Subventionen die
Gründung von Airbus angeschoben haben, war Boeing (fast)
Monopolist bei großen Passagierflugzeugen.
◆ Die folgende Analyse, die auf ein mathematisches Modell von
Brander und Spencer (1985) zurückgeht, kann diese Art von
Subventionspolitik im Prinzip rechtfertigen.
- 189 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Die Auszahlungsmatrix gibt ein vereinfachtes Schema der Aufteilung des
Monopolgewinnes zwischen Airbus und Boeing an.
➤ Wenn Boeing und Airbus die Produktion aufnehmen, sinkt ihr Monopolgewinn auf den Duopolgewinn. Hier wird unterstellt, dass der Duopolumsatz so niedrig bzw. die Kosten so hoch sind, dass der Gewinn dann
negativ (-5) wird.
➤ Wenn nur einer von
beiden produziert, ist der
Airbus
Monopolumsatz so hoch
NichtProduktion
bzw. die Kosten so
produktion
niedrig, dass er einen
Boeing
stark positiven Gewinn
-5
0
macht.
=>Wenn Boeing bereits vor
Produktion
Airbus im Markt ist, hat
-5
100
es einen "First-MoverAdvantage": Die rote
100
0
Markierung gibt dann den
NichtGleichgewichtspunkt an.
produktion
0
0
Prof. Dr. Rainer Maure
- 190 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Wenn nun die EU Airbus eine Subvention von 25 zahlen würde, wäre der
Gewinn von Airbus auch bei gleichzeitiger Produktion mit Boeing positiv
= 20 = -5 + 25.
➤ Boeing würde aber bei gleichzeitiger Produktion mit Airbus den Verlust
von -5 machen.
➤ Für Boeing wäre es also rentabel, die Produktion einzustellen.
➤ Wenn Boeing seine
Airbus
Produktion einstellt, kann
NichtAirbus aber den MonoProduktion
produktion
polgewinn von 100 erBoeing
zielen plus die Subvention der EU = 100+25.
-5+25
0
=>Für die EU lohnt sich
Produktion
also die Subvention, weil
-5
100
sie 25 ausgibt und der
EU-Volkswirtschaft zu
100+25
einem Gewinn von 100
0
Nichtzu Lasten des Auslandes
produktion
0
verhilft.
0
- 191 -
Prof. Dr. Rainer Maure
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
➤ Gegen dieses Ergebnis des Modells von Brander und Spencer
können zwei Argumente vorgebracht werden:
1. Es setzt voraus, dass die USA tatenlos zusehen, wie die EU Boing
© RAINER MAURER, Pforzheim
mit Hilfe von Subventionen vom Markt drängt.
2. Es setzt voraus, dass die EU ausreichend präzise Informationen
über die Kostenfunktion von Boing besitzt.
➤ Man kann mit bestreiten, dass diese Annahmen sehr realistisch
sind.
➤ Wenn sie nicht gelten, kann ein Ergebnis resultieren, das auch
für die EU einen Nettoverlust impliziert.
➤ Dies zeigen die folgenden Beispiele:
Prof. Dr. Rainer Maure
- 192 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ 1. Fall: Wenn die USA sich entschließen, Boing „aus strategischen
Gründen zu retten“, und an Boing ebenfalls eine Subvention von 25
zahlen, ist für Boing auch nach dem Markteintritt von Airbus die
Weiterproduktion rentabel.
➤ In diesem Fall würde sowohl Boing als auch Airbus einen Gewinn in
Höhe von 20 machen, die Steuerzahler in beiden Ländern müssten dafür
aber jeweils 25 zahlen.
➤ Es würden in beiden
Airbus
Ländern also netto ein
NichtWert von 5 vernichtet.
Produktion
produktion
➤ Das Ergebnis wäre also
Boeing
ein ineffizienter
-5+25
0
Subventionswettlauf.
Produktion
-5+25
Nichtproduktion
Prof. Dr. Rainer Maure
100+25
100+25
0
0
0
- 193 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ 2. Fall: Strategische Handelspolitik funktioniert jedoch nur, wenn die EU
sicher wissen kann, dass Airbus mindestens genau so rentabel
produziert wie Boeing.
➤ Das kann man aber in vielen Fällen nicht mit Sicherheit sagen: Boeing
kann Erfahrungskurvenvorteile haben oder Boeing kann mehr
technisches Wissen besitzen.
➤ In diesem Fall kann für
Airbus
Boeing auch nach
NichtProduktionsaufnahme
Produktion
produktion
von Airbus die
Boeing
Weiterführung der
Produktion vorteilhaft
-20
0
sein, wie diese
Produktion
Auszahlungsmatrizen
zeigen.
5
125
Nichtproduktion
Prof. Dr. Rainer Maure
100
0
0
0
- 194 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
➤ Aufgrund seiner höheren Produktivität, macht Boeing in diesem Beispiel
auch nach Produktionsaufnahme von Airbus auch ohne Subventionen
noch einen positiven Gewinn von 5 und bleibt deshalb im Markt.
➤ Die EU stößt in diesem Fall mit ihrer Subvention von 25 die Produktion
von Airbus an. Airbus erzielt jedoch keinen ökonomischen Gewinn, sondern kann sich nur wg. der Subventionen im Markt halten 5 = -20 + 25.
➤ Es entsteht also für die
Airbus
EU-Volkswirtschaft kein
NichtNettogewinn sondern ein
Produktion
produktion
Verlust in Höhe der
Boeing
Kosten von Airbus – 20.
© RAINER MAURER, Pforzheim
-20+25
0
Produktion
5
Nichtproduktion
Prof. Dr. Rainer Maure
125
100+25
0
0
0
- 195 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
➤ Das Beispiel zeigt also, dass die strategische Handelspolitik am
dazu notwendigen Informationsbedarf scheitern kann.
➤ In der Realität geht der Informationsbedarf aber noch über die in
Frage stehende Branche hinaus:
■ Da Airbus bei Produktionsaufnahme Arbeitskräfte und andere
© RAINER MAURER, Pforzheim
Produktionsfaktoren nachfragt, können sich deren Preise erhöhen.
■ Dies erhöht dann die Kosten für andere Industrien, die dadurch auf
den Weltmärkten weniger wettbewerbsfähig werden.
■ Zum Beispiel steigt durch Airbus die Nachfrage nach Ingenieuren &
Facharbeitern, so dass andere Industrien, wo die EU eine
komparativen Vorteil besitzt (Automobilbau, Maschinenbau,
Elektrotechnik) höhere Arbeitskosten haben.
Prof. Dr. Rainer Maure
- 196 -
© RAINER MAURER, Pforzheim
1. Internationaler Handel
1. Internationaler Handel
1.1. Zur Geschichte des Handels
1.2. Die Theorie des internationalen Handels
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
1.3. Internationale Handelspolitik
1.3.1. Die Instrumente der Handelspolitik
1.3.2. Handelspolitische Konzeptionen:
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
1.3.2.2. Importsubstitutionspolitik
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 199 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.2. Importsubstitutionspolitik
Japan
Lateinamerika
Exportorientierte
Süd Korea
Taiwan
Industrialisierung
Singapore
Asien
Malysia
Thailand
© RAINER MAURER, Pforzheim
Afrika
Importsubstitutionspolitik
Weltwirtschaftskrise
Ende
2. Weltkrieg
80er Jahre
Asien
Lateinamerika
Afrika
Osteuropa
90er Jahre
- 200 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.3.2.2. Importsubstitutionspolitik
➤ In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg bis in die 70er Jahre
praktizierten die meisten Entwicklungsländer ein Handelsregime,
das man als "Import-Substitutionspolitik„ („IS-Politik“) bezeichnet.
➤ Ziel dieser Politik ist der Aufbau einer heimischen Industrie, die in
der Lage ist, importierte Güter aus entwickelten Ländern selbst zu
produzieren – also Importe durch heimische Produktion zu
substituieren.
➤ Die theoretische Rechtfertigung der IS-Politik lautet:
■ In den meisten Industrien für technologisch höherwertige Güter,
gibt es starke Größenvorteile.
■ Durch die Importkonkurrenz der entwickelten Länder können diese
Industrien in den Entwicklungsländern keine konkurrenzfähige
Größe erreichen.
■ Deshalb müssen die Entwicklungsländer ihre Industrien vor der
Importkonkurrenz schützen, bis diese eine konkurrenzfähige Größe
erreicht haben.
■ Die Argumentation ist also ähnlich wie bei der „strategischen
Handelspolitik“.
- 201 -
Prof. Dr. Rainer Maurer
1. Internationaler Handel
1.3.2.2. Importsubstitutionspolitik
➤ Große asiatische Länder wie Indien und Pakistan setzen nach ihrer
Unabhängigkeit 1947 auch auf die IS-Politik-Strategie.
➤ Indien war im Zurückdrängen von Importen besonders erfolgreich.
Seine Nicht-Öl-Importe beliefen sich Anfang der 70er Jahre noch
auf 3% seines BIP.
➤ In den IS-Politik Ländern erreichten die effektiven Importzölle
(=Importzölle plus in Zölle umgerechnete Importquoten und
sonstige Handelshemmnisse) sehr hohe Durchschnittswerte:
© RAINER MAURER, Pforzheim
Effektive Importzölle für Industriegüter
Prof. Dr. Rainer Maurer
Mexiko (1960)
26 %
Philippines (1965)
61 %
Brasilien (1966)
113 %
Chile (1961)
182 %
Pakistan (1963)
271 %
Quelle: Balassa (1971)
- 203 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.2. Importsubstitutionspolitik
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Insgesamt waren die Ergebnisse dieser Politik:
■ Relativ kleine heimische Industrien, die aufgrund der begrenzten
Prof. Dr. Rainer Maurer
inländischen Absatzmärkte immer Produktivitätsrückstände
gegenüber den Industrien der entwickelten Ländern hatten.
■ Hohe Preise für die Güter der heimischen IS-Industrien (und oft
auch schlechte Qualität), da diese aufgrund der fehlenden
Weltmarktkonkurrenz häufig eine oligopolistische oder
monopolistische Struktur hatten und deshalb monopolistische
Preisaufschläge durchsetzen konnten.
■ Nichtentwicklung eines industriellen Exportsektors, da die
Nachfrage nach Industriearbeitern aus den Importsubstitutionsindustrien die Löhne hochtrieb und das Entstehen von
konkurrenzfähigen Exportindustrien erschwerte („Lerner Symmetrie
Theorem“), wie die folgenden Grafiken illustrieren:
- 204 -
Auswirkung von Importzöllen auf den Exportsektor
P, Exportsektor
P, Importsektor
S(P)
Export
S(P)
PWeltmarkt
PWeltmarkt
Import
D(P)
Freihandel
XKonsum
Freihandel
XProduktion
D(P)
X
Freihandel
XProduktion
X
Freihandel
XKonsum
© RAINER MAURER, Pforzheim
Ausgangslage: Spezialisierung des Landes bei Freihandel.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 205 -
Auswirkung von Importzöllen auf den Exportsektor
P, Exportsektor
P, Importsektor
S(P)
Export
Prohibitiver
Importzoll
S(P)
PWeltmarkt
PWeltmarkt
Import
D(P)
Freihandel
XKonsum
Freihandel
XProduktion
D(P)
X
Freihandel
XProduktion
X
Freihandel
XKonsum
© RAINER MAURER, Pforzheim
Bei Einführung eines Importzolls erhöht sich die heimische Produktion im
Importsektor. Wenn der Zoll hoch genug ist, schrumpfen die Importe auf
Null, weil der heimische Konsum aufgrund des höheren Inlandspreises sinkt
und die heimische Produktion steigt.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 206 -
Auswirkung von Importzöllen auf den Exportsektor
P, Exportsektor
P, Importsektor
S(P)
S2(P)
Export
Prohibitiver
Importzoll
S1(P)
PWeltmarkt
PWeltmarkt
D(P)
Freihandel
XKonsum
D(P)
X
Freihandel
XProduktion
X
X
Importzoll
© RAINER MAURER, Pforzheim
Der Anstieg der heimischen Produktion erhöht dann die Nachfrage nach
Produktionsfaktoren. Dadurch beginnen die Preise immobiler inländischer
Produktionsfaktoren, wie Arbeit, Immobilien usw. zu steigen.
Dies erhöht nun die Produktionskosten in der Exportindustrie!
Dadurch geht das Angebot der Exportindustrie zurück, so dass die Exporte
schrumpfen! Importzölle verdrängen also heimische Exporte!
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 207 -
Auswirkung von Importzöllen auf den Exportsektor
P, Exportsektor
P, Importsektor
S(P)
S2(P)
Export
PWeltmarkt
Prohibitiver
Importzoll
S1(P)
PWeltmarkt
D(P)
Freihandel
Importzoll
XKonsum XProduktion
D(P)
X
Freihandel
XProduktion
X
X
Importzoll
© RAINER MAURER, Pforzheim
Der Anstieg der heimischen Produktion erhöht dann die Nachfrage nach
Produktionsfaktoren. Dadurch beginnen die Preise immobiler inländischer
Produktionsfaktoren, wie Arbeit, Immobilien usw. zu steigen.
Dies erhöht nun die Produktionskosten in der Exportindustrie!
Dadurch geht das Angebot der Exportindustrie zurück, so dass die Exporte
schrumpfen! Importzölle können also heimische Exporte verdrängen!
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 208 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.2. Importsubstitutionspolitik
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Aufgrund des fehlenden Exportsektors hatte viele ISEntwicklungsländer Schwierigkeiten die Devisen zur Bezahlung
ihre Energieimporte zu verdienen.
➤ Als in den siebziger Jahren die Energiepreise stiegen, trieb das
viele IS-Länder in eine Verschuldungsfalle:
■ Um ihre Ölimporte bezahlen zu können, mussten sich die Länder
Prof. Dr. Rainer Maurer
auf den internationalen Kapitalmärkten verschulden.
■ Da die Kreditgeber von Entwicklungsländern in der Regel kein
Wechselkursrisiko übernehmen wollen, verschulden sich
Entwicklungsländer normalerweise mit Dollarkrediten.
■ Als dann der Dollar gegenüber den meisten Währungen zu Beginn
der 80er Jahre aufwertete, mussten sie sehr viel mehr heimische
Währung aufwenden, um ihre Schulden zurückzuzahlen. Sie waren
damit plötzlich überschuldet.
- 209 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.2. Importsubstitutionspolitik
➤ Aus der Verschuldungskrise der 80er Jahre zogen dann viele ISPolitik Länder Konsequenzen und änderten ihr Handelsregime.
➤ Zur Erhöhung ihrer Deviseneinnahmen schlossen sich viele
dem Beispiel der asiatischen "Tigerstaaten" an und folgen der
Strategie einer "exportorientierten Industrialisierung".
➤ Beispiel für die Rücknahme der Importbeschränkungen zweier
ehemaliger IS-Politik Länder:
Effektive Importzölle für Industriegüter
© RAINER MAURER, Pforzheim
Brasilien
Indien
Ende 80er
Ende 90er
77 %
126 %
19 %
40 %
Quelle: Abreu (2004); Rodrik & Subramian (2002)
➤ Insgesamt vertiefte sich durch diesen Politikschwenk nach dem
Ende der 80er Jahre die Handelsintegration der meisten
Entwicklungsländer.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 210 -
© RAINER MAURER, Pforzheim
1. Internationaler Handel
1. Internationaler Handel
1.1. Zur Geschichte des Handels
1.2. Die Theorie des internationalen Handels
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
1.3. Internationale Handelspolitik
1.3.1. Die Instrumente der Handelspolitik
1.3.2. Handelspolitische Konzeptionen:
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
1.3.2.2. Importsubstitutionspolitik
1.3.2.3. Exportorientierte Industrialisierung
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 211 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.3.2.3. Exportorientierte Industrialisierung
➤ Süd Korea war eines der ersten Länder, das bereits 1963
ökonomische Reformen umsetzte, die zum Übergang von einem
Importsubstitutionsregime zur einer Handelspolitik führte, die
man "exportorientierte Industrialisierung" („EOI-Politik) nennt.
➤ Von 1963 bis zum Jahr 2003 wuchs sein Pro-Kopf-Einkommen
um das 10-fache.
➤ Relativ bald folgten Hong Kong, Taiwan und Singapore dem
Kurs von Süd Korea. Sie wurden die "Vier Tiger" genannt.
➤ In den 70er und 80er Jahren folgten dann auch Malaysia,
Thailand und Indonesien und schließlich China.
➤ Alle diese Länder erreichten sehr hohe reale Wachstumsraten,
die einhergingen mit hohen Export- und Importanteilen am BIP.
➤ Ob diese Wachstumserfolge tatsächlich im Wesentlichen durch
freien Außenhandel bewirkt wurden, ist allerdings umstritten.
➤ Der Erfolg dieser Länder, wird jedoch von vielen als Beleg dafür
gewertet, dass die Entwicklung eines Landes ohne gezielte
Importsubstitutionspolitik erfolgreich sein kann.
- 212 -
Prof. Dr. Rainer Maurer
Pro-Kopf-BIP-Wachstum
(berechnet zu konstanten Preisen des Jahres 1990; Index: 1970 = 100)
800
Prozent des Jahres 1970
700
600
500
400
300
200
© RAINER MAURER, Pforzheim
100
0
1970
1973
1976
1979
1982
1985
1988
1991
1994
1997
2000
2003
Republic of Korea
Hong Kong
Singapore
Malaysia
Thailand
Brazil
Kenya
Pakistan
Quelle: UN Statistics Division
Prof. Dr. Rainer Maurer
2006
- 213 -
Entwicklung des Exportanteils am BIP
(berechnet auf Basis laufender Preise in nationaler Währung)
Prozent des BIP
240%
220%
200%
180%
160%
140%
120%
100%
80%
60%
40%
© RAINER MAURER, Pforzheim
20%
0%
1970
1973
1976
Republic of Korea
Thailand
Quelle: UN Statistics Division
Prof. Dr. Rainer Maurer
1979
1982
1985
1988
1991
1994
1997
2000
Hong Kong
Singapore
Malaysia
Brazil
Kenya
Pakistan
2003
2006
- 214 -
Entwicklung der Investitionsquote des BIPs
(berechnet auf Basis laufender Preise in nationaler Währung)
50%
Prozent des BIP
45%
40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
© RAINER MAURER, Pforzheim
5%
0%
1970
1973
1976
1979
1982
1985
1988
1991
1994
1997
2000
2003
Republic of Korea
Hong Kong
Singapore
Malaysia
Thailand
Brazil
Kenya
Pakistan
Prof. Dr. Rainer Maurer
2006
- 215 -
Süd Korea: Strukturwandel im Verarbeitenden Gewerbe
(Anteile an der Wertschöpfung zu laufenden Preisen)
100%
Manufacturing n.e.c.
90%
Transport equipment
80%
Machinery and equipment
70%
60%
50%
40%
30%
© RAINER MAURER, Pforzheim
20%
10%
1970
1972
1974
1976
1978
1980
1982
1984
1986
1988
1990
1992
1994
1996
1998
2000
2002
2004
2006
2008
0%
Prof. Dr. Rainer Maurer
Basic metals and fabricated
metal products
Other non-metallic mineral
products
Chemical, rubber, plastics and
fuel products
Pulp, paper, paper products,
printing and publishing
Wood and products of wood
and cork
Textiles, textile products,
leather and footwear
Food products, beverages
and tobacco
- 216 -
Süd Korea: Technologischer Strukturwandel im Verarbeitenden Gewerbe
(Anteile an der Wertschöpfung zu laufenden Preisen)
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
1993
1992
1991
1990
1989
1988
1987
1986
Low tech manufactures
Medium-high tech manufactures
Quelle: OECD, STAN Database
Prof. Dr. Rainer Maurer
1985
1984
1983
1982
0%
1981
© RAINER MAURER, Pforzheim
10%
Medium-low tech manufactures
High-tech manufactures
- 217 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.3. Exportorientierte Industrialisierung
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Die theoretische Rechtfertigung der EOI-Politik basiert im Prinzip auf
den gleichen Argumenten wie die Freihandelsdoktrin.
➤ Es gibt jedoch auch Befürworter der EOI, die nicht nur für eine
Nichtbehinderung von Exporten durch Importzölle plädieren, sondern
auch für ein aktive Förderung von Exporten durch Subventionen. Ihre
Argumentation lautet:
■ Von den Exportindustrien gehen positive externe Effekte auf die übrige
Prof. Dr. Rainer Maurer
Wirtschaft aus:
◆ Exportindustrien arbeiten humankapital- und F&E-intensiv. Sie
absorbieren deshalb international verfügbares technisches Wissen.
◆ Durch „Spill-over-Effekte“ fließt dieses dann an die übrige
Wirtschaft des Landes und führt dort zu höherem Produktivitätswachstum.
◆ Grund für die „Spill-over-Effekte“ sind beispielsweise Mitarbeiter,
die von den Exportindustrien in die übrige Wirtschaft wechseln, das
Entstehen einer besseren Bildungsinfrastruktur, die von der
Arbeitskräftenachfrage der Exportindustrien angeregt wird oder der
Technologietransfer über Lieferbeziehungen zur Zulieferindustrien.
- 218 -
1. Internationaler Handel
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.3.2.3. Exportorientierte Industrialisierung
➤ Ob solche externen Effekte tatsächlich stark genug sind, um
Exportsubventionen zu rechtfertigen, ist in der Literatur
umstritten.
➤ Vielfach wird darauf verwiesen, dass sie nur als ideologischer
Überbau für die Durchsetzung der Interessen der Exportindustrien dienen.
➤ Einige Beobachter sehen in den Exportsubventionen, wie sie
etwa in Südkorea (Ansiedlung von Schwerindustrie, Chemischer
Industrie, Automobilindustrie) von 1973 bis 1979 gewährt
wurden, einen Grund für Südkoreas Entwicklungserfolg.
➤ Andere verweisen aber darauf, dass diese Industriepolitik wieder
eingestellt wurde, weil sie nicht erfolgreich war.
➤ Neuere Arbeiten schreiben den Wachstumserfolg vor allem den
hohen Sparquoten und dem staatlich intensiv geförderten
Ausbau des Bildungssystems in den EOI-Ländern zu.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 219 -
© RAINER MAURER, Pforzheim
1. Internationaler Handel
1. Internationaler Handel
1.1. Zur Geschichte des Handels
1.2. Die Theorie des internationalen Handels
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
1.3. Internationale Handelspolitik
1.3.1. Die Instrumente der Handelspolitik
1.3.2. Handelspolitische Konzeptionen:
1.3.2.1. Die klassische Freihandelsdoktrin
1.3.2.2. Importsubstitutionspolitik
1.3.2.3. Exportorientierte Industrialisierung
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 220 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Die Anti-Globalisierungsbewegung trat zum ersten Mal bei der
WTO-Konferenz in Seattle 1999 ins Rampenlicht.
➤ Ihre Kritik am Welthandel betrifft vor allem folgende Punkte:
1. Löhne: Arbeiter in den Entwicklungsländern erhalten für die gleiche
Arbeit viel niedrigere Löhne als Arbeiter in den entwickelten
Ländern, was darauf zurückzuführen ist, dass multinationale Firmen
die Immobilität der Arbeitskräfte ausnutzen und Arbeiter in den
Entwicklungsländern gegen Arbeiter in den Industrieländern
ausspielen.
2. Umwelt: In ähnlicher Weise werden auch die niedrigeren
Umweltstandards in den Entwicklungsländern ausgenutzt.
3. Kultur: Die Globalisierung führt zu einer Verdrängung von
regionalen Kulturen durch eine vereinheitliche Kommerzkultur.
4. Souveränität: Die Globalisierung untergräbt die nationale
Souveränität der Länder.
➤ Dazu sind folgende Gegenargumente in der Diskussion:
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 221 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
© RAINER MAURER, Pforzheim
1. Löhne: Wie wirkt der internationale Handel auf die Lohnhöhe?
■ Wenn man die Auswirkung des internationalen Handels auf die
Prof. Dr. Rainer Maurer
Lohnhöhe messen will, muss man die Lohnhöhe bei internationalem Handel mit der Lohnhöhe ohne internationalen Handel
vergleichen.
■ Ein Vergleich der Lohnhöhe zwischen Entwicklungsländern und
Industrieländern bei internationalem Handel sagt nichts über die
Wirkung des internationalen Handels aus.
◆ Bei Freihandel exportieren Entwicklungsländer vor allem Güter,
bei deren Produktion vor allem der im Entwicklungsland relativ
reichlich vorhandene Produktionsfaktor benötigt wird. Aufgrund
der Exporte steigt im Entwicklungsland also die Nachfrage nach
dort relativ reichlich vorhanden niedrig qualifizierten
Arbeitskräften, so dass deren Löhne im Vergleich zu Autarkie
steigen. Aus dem gleichen Grund sinken die Löhne der höher
qualifizierten Arbeitskräfte im Entwicklungsland.
◆ Im Industrieland ist es genau umgekehrt: Die Löhne für niedrig
qualifizierte Arbeitskräfte sinken und die Löhne für höher
qualifizierte Arbeitskräfte steigen.
- 222 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
© RAINER MAURER, Pforzheim
1. Löhne: Wie wirkt der internationale Handel auf die Lohnhöhe?
■ Obwohl also bei Freihandel die niedrig qualifizierten Arbeitskräfte in
Prof. Dr. Rainer Maure
den Entwicklungsländern in der Regel weniger verdienen als die
niedrig qualifizierten Arbeitskräfte in den Industrieländern, wäre der
Unterschied zwischen der Lohnhöhe von niedrig qualifizierten
Arbeitskräften in Entwicklungs- und Industrieländern ohne
internationalen Handel noch größer.
◆ Die niedrig qualifizierten Arbeitskräfte (also die Mehrzahl aller
Arbeitskräfte in den Entwicklungsländern) sind also auf der
Gewinnerseite des Freihandels.
■ Nur der Unterschied zwischen der Lohnhöhe von höher qualifizierten Arbeitskräften in Entwicklungs- und Industrieländern wäre
ohne internationalen Handel kleiner.
◆ Nur die höher qualifizierten Arbeitskräfte (also die Minderheit
aller Arbeitskräfte in den Entwicklungsländern) sind also auf der
Verliererseite des Freihandels.
- 223 -
Wirkung des Handels auf die Lohnhöhe im Export- & Importsektor
P
Exportsektor
Hohes Angebot
=> Niedriger
Autarkiepreis
P
Importsektor
S(P)
Knappes Angebot
=> Hoher
Autarkiepreis
S(P) PAutarkie
PAutarkie
D(P)
X
XAutarkie
Arbeitsmarkt Exportsektor
LS(P)
w
Hohes Angebot
=> Niedriger
Autarkielohn
© RAINER MAURER, Pforzheim
w
XAutarkie
Arbeitsmarkt Importsektor
LS(P)
wAutarkie
Knappes Angebot
=> Hoher
Autarkielohn
wAutarkie
LD(P, XAutarkie)
LD(P, XAutarkie)
Prof. Dr. Rainer Maurer
LAutarkie
D(P)
X
L
LAutarkie
L- 224 -
Wirkung des Handels auf die Lohnhöhe im Export- & Importsektor
Exportsektor
P
ExportFreihandel
Importsektor
S(P)
P
S(P)
PFreihandel
ImportFreihandel
PFreihandel
D(P)
Konsum
XFreihandel
© RAINER MAURER, Pforzheim
w
Produktion
XFreihandel
X
Arbeitsmarkt Exportsektor
LS(P)
wFreihandel
Produktion
XFreihandel
w
=> Im Exportsektor
steigt der
wAutarkie
Arbeitslohn durch
den Freihandel
Konsum
XFreihandel
Arbeitsmarkt Importsektor
LS(P)
=> Im
wFreihandel
LD(P, XFreihandel)
wAutarkie
Importsektor
sinkt der
Arbeitslohn
durch den
Freihandel
LD(P, XFreihandel)
LD(P, XAutarkie)
Prof. Dr. Rainer Maurer
LAutarkie LFreihandel
L
D(P)
X
LAutarkie
LD(P, XAutarkie)
L- 225 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
1. Löhne: Wie wirkt der internationale Handel auf die Lohnhöhe?
■ Welche Konsequenzen hätte vor diesem Hintergrund, die
© RAINER MAURER, Pforzheim
Einführung von Mindestlöhnen, wie häufig von
entwicklungspolitischen Vereinen gefordert (s. folgenden
Zeitungsartikel)?
◆ Hier müssen zwei Fälle unterschieden werden:
1. Normal verlaufende Arbeitsangebotskurven
2. „Pathologisch“ verlaufende Arbeitsangebotskurven
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 226 -
Warum die Jeans von Lidl und Co. so billig sind (1)
© RAINER MAURER, Pforzheim
(...) Discounter wie Lidl und Kik lassen ihr Textilsortiment vor allem in
Bangladesch produzieren - und kümmern sich wenig um die Arbeitsbedingungen.
Die verstoßen massiv gegen internationale Sozialstandards, zeigt eine
Untersuchung.
In Deutschland werden die in Bangladesh genähten Hosen von Discountern wie
Kik und Lidl zu Dumpingpreisen verkauft. 9,99 Euro kostet derzeit eine
Damenjeans beim Billiganbieter Kik, bei Lidl bekommt man Kinderjeans
momentan für 5,99 Euro, Jungen-Freizeithosen gibt es sogar schon für 2,99 Euro.
"Weil die Discounter ihre Waren hier in Deutschland zu absoluten Billigpreisen
anbieten wollen, üben sie enormen Druck auf die Hersteller aus. Und das führt
dazu, dass die Arbeiter in den Produktionsländern unter unwürdigen Bedingungen
arbeiten müssen", sagt Gisela Burckhardt von der "Kampagne für Saubere
Kleidung" (CCC).
Gemeinsam mit Partnern in Bangladesch hat CCC die Arbeitsbedingungen von
sechs Fabriken untersucht, die zu den Lieferanten von Lidl und Kik gehören.
Knapp 140 Arbeiterinnen und Arbeiter wurden für die Studie nach ihren
Arbeitsbedingungen und Löhnen befragt. (...) "Die Befragung stellt massive
Verstöße gegen international anerkannte Sozialstandards fest", heißt es in der
Studie. So verfügte mit Ausnahme von sechs Arbeiterinnen keiner der Angestellten
über einen Vertrag, die Arbeitszeit betrug in der Regel zwischen neun und 14
Stunden, die Sechs-Tage-Woche wurde nur in zwei Fabriken eingehalten.
Prof. Dr. Rainer Maurer
Maure
- 227 -
Warum die Jeans von Lidl und Co. so billig sind (2)
© RAINER MAURER, Pforzheim
Überstunden sind zwar verpflichtend, werden aber, wenn überhaupt, nur
unregelmäßig bezahlt. Nur sieben Befragte erhalten einen Lohn zwischen 35 Euro
und 55 Euro, über 90 Prozent der Arbeiter verdienen zwischen 14,30 Euro und
29,70 Euro - im Monat. Dazu kommt: Sozialstandards für den Krankheitsfall
fehlen völlig, wer nicht gesund ist, muss unbezahlten Urlaub nehmen. "Die
Arbeiterinnen können zwar nach der Geburt ihres Kindes wieder in der gleichen
Fabrik anfangen, aber ihre bisherige Beschäftigungszeit wird nicht angerechnet:
"Sie werden wie Neulinge mit einem niedrigeren Lohnniveau eingestuft", heißt es
in der Studie weiter. Einen Betriebsrat oder gar Gewerkschaften, die sich für mehr
Rechte einsetzen könnten, lassen die Fabrikbesitzer nicht zu. (…)
Nach Angaben der Marktforschungsgesellschaft GfK beträgt der Anteil der
Discounter am gesamten Textilumsatz in Deutschland inzwischen knapp 25
Prozent. Vor allem reine Textildiscounter wie Kik entwickelten sich positiv. (…)
(Quelle: Auszug aus Spiegel Online vom 21. November 2008)
Prof. Dr. Rainer Maurer
Maure
- 228 -
Wie wirkt die Einführung eines Mindestlohnes auf Handel &
Arbeitsmarkt?
Exportsektor
P
ExportFreihandel
S(P)
PFreihandel
D(P)
Konsum
XFreihandel
X
Arbeitsmarkt Exportsektor
LS(P)
Arbeitslosigkeit
Mindestlohn
© RAINER MAURER, Pforzheim
w
Produktion
XFreihandel
Fall 1: Bei normal verlaufenden
Arbeitsangebotskurven führt ein
Mindestlohn zu einem Rückgang
der Arbeitsnachfrage und einem
Anstieg des Arbeitsangebotes und
damit zu Arbeitslosigkeit
(s. Makroökonomik Abschnitt
5.1.3.4.)
wFreihandel
Prof. Dr. Rainer Maurer
LD(P, XFreihandel)
LMindestl. LFreihandel
L
- 229 -
Wie wirkt die Einführung eines Mindestlohnes auf Handel &
Arbeitsmarkt?
Exportsektor
P
ExportFreihandel
S(P)
PFreihandel
D(P)
Konsum
XFreihandel
w
Produktion
XFreihandel
X
Arbeitsmarkt Exportsektor
LS(P)
Arbeitslosigkeit
Mindestlohn
© RAINER MAURER, Pforzheim
+
wFreihandel
Prof. Dr. Rainer Maurer
LMindestl. LFreihandel
LD(P, XFreihandel)
L
Fall 1: Die Lohnsumme kann
steigen oder fallen in Abhängigkeit
von der Lohnelastizität der
Arbeitsnachfrage. Je höher die
Elastizität, desto größer ist die
Wahrscheinlichkeit eines Sinkens
der Lohnsumme.
Im Schaubild sinkt die Lohnsumme, weil das grüne Rechteck
(=das was die Arbeiter, die nicht
arbeitslos werden dazugewinnen),
kleiner ist als das rote Rechteck
(=das was die Arbeiter die
arbeitslos werden verlieren).
Auf jeden Fall wird aber ein Teil
der vorher Beschäftigen seine
Arbeitsplätze und damit ihr
komplettes Einkommen verlieren.
- 230 -
Wie wirkt die Einführung eines Mindestlohnes auf Handel &
Arbeitsmarkt?
Exportsektor
P
ExportFreihandel
S(P, ML)
S(P)
PFreihandel
D(P)
Konsum
XFreihandel
w
Produktion
XFreihandel
X
Arbeitsmarkt Exportsektor
LS(P)
Arbeitslosigkeit
Mindestlohn
© RAINER MAURER, Pforzheim
+
wFreihandel
Prof. Dr. Rainer Maurer
LMindestl. LFreihandel
Fall 1: Durch den Anstieg der
Lohnkosten pro eingesetzter
Stunde Arbeit, steigen die
Produktionskosten der
Exportindustrie, so dass der
Mindestlohn auch zu einem
Rückgang des Angebotes des
Exportgutes führt.
Die Möglichkeiten des Landes sich
gemäß seines komparativen
Vorteils (der aus reichlich
vorhandenen Arbeitskräften mit
einer Qualifikation für die
Produktion des Exportgutes
besteht) in die internationale
Arbeitsteilung zu integrieren,
sinken also.
LD(P, XFreihandel)
L
- 231 -
Wie wirkt die Einführung eines Mindestlohnes auf Handel &
Arbeitsmarkt?
Exportsektor
P
S(P, ML)
S(P)
ExportMindestlohn
PFreihandel
D(P)
Konsum
XFreihandel
w
Produktion
XFreihandel
X
Arbeitsmarkt Exportsektor
LS(P)
Arbeitslosigkeit
Mindestlohn
© RAINER MAURER, Pforzheim
+
wFreihandel
Prof. Dr. Rainer Maurer
LMindestl. LFreihandel
Fall 1: Durch den Anstieg der
Lohnkosten pro eingesetzter
Stunde Arbeit, steigen die
Produktionskosten der
Exportindustrie, so dass der
Mindestlohn auch zu einem
Rückgang des Angebotes des
Exportgutes führt.
Die Möglichkeiten des Landes sich
gemäß seines komparativen
Vorteils (der aus reichlich
vorhandenen Arbeitskräften mit
einer Qualifikation für die
Produktion des Exportgutes
besteht) in die internationale
Arbeitsteilung zu integrieren,
sinken also.
LD(P, XFreihandel)
L
- 232 -
Wie wirkt die Einführung eines Mindestlohnes auf Handel &
Arbeitsmarkt?
Exportsektor
P
ExportFreihandel
S(P)
PFreihandel
D(P)
Konsum
XFreihandel
w
X
Produktion
XFreihandel
Arbeitsmarkt Exportsektor
LS(P)
wkritisch
© RAINER MAURER, Pforzheim
LS(P)
Prof. Dr. Rainer Maurer
LD(P, XFreihandel)
LMindestl. LFreihandel
L
Fall 2: Bei "pathologisch"
verlaufender Arbeitsangebotskurve muss ein Mindestlohn nicht
notwendigerweise zu Arbeitslosigkeit führen.
Eine "pathologisch" verlaufende
Arbeitsangebotskurve resultiert
wenn ein "working poor"-Effekt
vorliegt:
Ab einem bestimmten Lohnniveau
(wkritisch) ist das Einkommen der
Haushalte so niedrig, dass sie bei
einem weiterem Rückgang des
Lohnniveaus nicht mehr Konsum
durch Freizeit substituieren,
sondern mehr Arbeit anbieten, um
das lebensnotwendige
Konsumniveau halten zu können
- 233 -
Wie wirkt die Einführung eines Mindestlohnes auf Handel &
Arbeitsmarkt?
Exportsektor
P
ExportFreihandel
S(P)
PFreihandel
D(P)
Konsum
XFreihandel
w
© RAINER MAURER, Pforzheim
wkritisch
Prof. Dr. Rainer Maurer
Produktion
XFreihandel
X
Fall 2: Deshalb beginnt die
Arbeitsangebotskurve dann mit
sinkendem Lohn, mehr Arbeit
anzubieten!
Folglich gibt es einen zweiten
Schnittpunkt mit der
Nachfragekurve, so dass wir einen
Markt mit zwei
Gleichgewichtspunkten haben!
Arbeitsmarkt Exportsektor
LS(P)
Multiple
Gleichgewichtspunkte
LS(P)
LD(P, XFreihandel)
LMindestl. LFreihandel
L
- 234 -
Wie wirkt die Einführung eines Mindestlohnes auf Handel &
Arbeitsmarkt?
Exportsektor
P
ExportFreihandel
S(P)
PFreihandel
D(P)
Konsum
XFreihandel
w
Produktion
XFreihandel
X
Arbeitsmarkt Exportsektor
LS(P)
Nachfrageüberschuss
© RAINER MAURER, Pforzheim
wMindestlohn
wFreihandel
Prof. Dr. Rainer Maurer
Mindestlohn
LS(P)
Fall 2: Wenn in diesem Fall der
Lohn in der Ausgangssituation im
Gleichgewicht mit dem niedrigeren
Lohnniveau liegt, kann durch einen
Mindestlohn, der knapp darüber
liegt, das Arbeitsangebot stärker
sinken als die Arbeitsnachfrage, so
dass Überschussnachfrage nach
Arbeitskräften resultiert, die dann
zu einem Anstieg des Lohnes über
den Mindestlohn, in das
Gleichgewicht mit dem höheren
Lohnniveau, führt.
In diesem Arbeitsmarktgleichgewicht ist der Lohn höher als im
ersten und es herrscht keine
Arbeitslosigkeit !
LD(P, XFreihandel)
LMindestl. LFreihandel
L
- 235 -
Wie wirkt die Einführung eines Mindestlohnes auf Handel &
Arbeitsmarkt?
S(P, ML)
ExportMindestlohn
S(P)
D(P)
Konsum
XFreihandel
w
Arbeitsmarkt Exportsektor
LS(P)
© RAINER MAURER, Pforzheim
wMindestlohn
wFreihandel
Prof. Dr. Rainer Maurer
X
Produktion
XFreihandel
Fall 2: Da die Unternehmen nun
aber einen höheren Lohn für eine
geringere Arbeitseinsatzmenge
zahlen müssen, steigen die
durchschnittlichen Arbeitskosten,
so dass mit relativ großer
Wahrscheinlichkeit (wenn es
keinen billigeren Produktionsfaktor
gibt, der Arbeit vollständig
substituieren kann) die
Produktionskosten steigen werden
und es wieder zu einem Rückgang
des Angebotes des Exportgutes
führt.
Mindestlohn
LS(P)
LD(P, XFreihandel)
LMindestl. LFreihandel
L
- 236 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
1. Löhne: Wie wirkt der internationale Handel auf die Lohnhöhe?
■ Aus empirischer Sicht, spricht einiges dafür, dass
Entwicklungsländer typischerweise mit einem niedrigen Lohnniveau
starten, wenn sie sich in den internationalen Handel integrieren,
dann aber im Laufe der Zeit ein überdurchschnittlich starkes
Reallohnwachstum erfahren.
■ Die zeigen die folgenden Schaubilder, die in einen Beitrag auf
meinem Blog „Volxwirtschaft“ ausführlich erläutert werden:
■ Hier klicken
■ http://volxwirtschaft.blog.de/2011/10/25/unternehmensinvestit
© RAINER MAURER, Pforzheim
ionen-billiglohnlaendern-grund-fuchsteufelswild-12067461
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 237 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
Nominale Stundenlöhne*) in US-Dollar 1975
Beispiel: Südostasiatische
„Tigerstaaten“:
© RAINER MAURER, Pforzheim
Republic of Korea
Taiwan
Hong Kong
Singapore
Spain
Japan
United Kingdom
New Zealand
Ireland
Italy
France
Finland
Germany
Australia
Switzerland
United States
Canada
Netherlands
Norway
Sweden
0,00
US-Dollar
1,00
2,00
3,00
4,00
5,00
6,00
7,00
Quelle: US Bureau of Labor Statistics; UN Statistical Division; *) Hourly compensation costs in manufacturing (ILO-Definition)
Prof. Dr. Rainer Maurer
8,00
- 238 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
*)
1100
Reallohnentwicklung 1975 - 2009 Deutschland und südostasiatische
"Tigerstaaten" (Reallohnnviveau 1975 = 100%)
Prozent
1000
900
800
700
600
500
400
300
© RAINER MAURER, Pforzheim
200
100
0
1975
1977
Germany
1979
1981
1983
1985
Hong Kong
1987
1989
1991
1993
1995
Republic of Korea
1997
1999
2001
2003
2005
Singapore
Quelle: US Bureau of Labor Statistics; UN Statistical Division; *) Hourly compensation costs in manufacturing (ILO-Definition)
Prof. Dr. Rainer Maurer
2007
2009
Taiwan
- 239 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
7,0%
Zusammenhang zwischen jährlichem Reallohnwachstum *) und
durchschnittlicher Bruttoinvestitionsquote 1975-2009
Reales jährliches
Wachstum der Löhne
Republic of Korea
6,0%
5,0%
Taiwan
4,0%
Singapore
3,0%
Hong Kong
© RAINER MAURER, Pforzheim
2,0%
1,0%
Finland
Germany
Denmark
Belgium
France
United Kingdom Sweden
Netherlands
Switzerland Norway
Italy
Canada
New Zealand
United States
Luxembourg
0,0%
15,0%
17,0%
19,0%
21,0%
Japan
Austria
Australia
Ireland
Spain
Portugal
23,0%
Bruttoinvestitionen in % BIP
25,0%
27,0%
29,0%
31,0%
Quelle: US Bureau of Labor Statistics; UN Statistical Division; *) Hourly compensation costs in manufacturing (ILO-Definition)
Prof. Dr. Rainer Maurer
33,0%
- 240 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
Nominales Jahreslohnniveau*) in Tsd. Euro 1995
Beispiel: Osteuropäische
„Transformationsländer“:
© RAINER MAURER, Pforzheim
Rumänien
Bulgarien
Litauen
Lettland
Estland
Slowakei
Polen
Tschechien
Ungarn
Kroatien
Portugal
Slowenien
Griechenland
Zypern
Republik Korea
Kanada
Spanien
Vereinigtes
Irland
Schweden
EU 12
Finnland
USA
Deutschland
Frankreich
Norwegen
Schweiz
Tsd. Euro
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
Quelle: AMECO Database, EU Kommission; *) Compensation of employees per year; total economy (Definition: ESA 95-code)
Prof. Dr. Rainer Maurer
50
- 241 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
Reallohnentwicklung*) 1995 - 2009 Deutschland und osteuropäische
EU-Beitrittsländer (Reallohnnviveau 1995 = 100%)
240
220
Prozent des
Jahres 1995
200
180
160
140
120
100
© RAINER MAURER, Pforzheim
80
60
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Bulgarien
Tschechien
Deutschland
Estland
Lettland
Litauen
Rumänien
Slowenien
Slowakei
Ungarn
EU-12
Kroatien
Quelle: AMECO Database, EU Kommission; *) Compensation of employees; total economy (Definition: ESA 95-code)
Prof. Dr. Rainer Maurer
2008
2009
Polen
- 242 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
Zusammenhang zwischen jährlichem Reallohnwachstum*) und
durchschnittlicher Bruttoinvestitionsquote 1995-2009
5,0%
4,5%
Litauen
Reales jährliches
Wachstum der Löhne
Slowakei
4,0%
Rumänien
Kroatien
3,5%
Lettland
Tschechien
3,0%
2,5%
Estland
Polen
Slowenien
Bulgarien
2,0%
Ungarn
© RAINER MAURER, Pforzheim
1,5%
1,0%
Deutschland
EU-12
0,5%
0,0%
18%
Bruttoinvestitionen in % BIP
20%
22%
24%
26%
28%
Quelle: AMECO Database, EU Kommission; *) Compensation of employees; total economy (Definition: ESA 95-code)
Prof. Dr. Rainer Maurer
30%
- 243 -
Exkurs: Kinderarbeit (1)
Spiegel Dokumentation: Kinder in Bolivien kämpfen
um Recht auf Arbeit. Weltweit gilt Kinderarbeit als
Ausbeutung. Aber in Bolivien, einem der ärmsten
Länder Südamerikas, kämpfen Kinderarbeiter für ihr
Recht auf Arbeit. Ihnen geht es ums Überleben.
(08.01.2014 )
Normatives Problem: Welche Ethik ist die richtige?
© RAINER MAURER, Pforzheim
o Gesinnungsethik: Kinder dürfen unter keinen Umständen
arbeiten, weil Kinderarbeit schlecht für die Kinder ist.
o Verantwortungsethik: Kinderarbeit darf nur dann verboten
werden, wenn dadurch der Lebensunterhalt der Kinder nicht
gefährdet wird.
Prof. Dr. Rainer Maurer
Maure
- 244 -
Exkurs: Kinderarbeit (2)
Fallstudie: Konsequenzen des Verbotes des
Kinderarbeit in Indien durch den Child Labor
Act von 1986:
Bharadwaj, Lakdawaka, Li (2013), “Perverse
Consequences of Well Intentioned Regulation:
Evidence from India’s Child Labor Ban”, NBER
Working Paper 19602.1)
Daten: Integrated Public Use Microdata Series International (IPUMS) database for India
from the employment and unemployment surveys collected by the National Sample
Survey Organization of the Government of India.
o 1983 (= “pre-ban” period), 1987 and 1993 (= “post-ban”) rounds of the survey
o 515,000 children between the ages of 6 and 17
Theoretischer Hintergrund:
o When perfectly enforced, bans force employers to forgo the use of child labor.
© RAINER MAURER, Pforzheim
o When imperfectly enforced, bans may simply lower the wages that children are
paid: when bans are imperfectly enforced, they raise the cost of hiring children, as
employers anticipate facing stiff fines or other penalties
when caught using child labour. In reality, governments in
countries where child labour is prevalent, rarely have the
capacity and resources to perfectly enforce regulations on
child employment.
- 245 1) Im Folgenden z.T. wörtliche Zitate aus der Studie
Prof. Dr. Rainer Maurer
Maure
Exkurs: Kinderarbeit (3)
Hauptergebnisse:
o After the ban, overall employment levels of children under the legal working age of
14 (relative to those of legal age) rose, rather than fell: 12% increase in child
employment.
o This seems to stem in part from the large drop in child wages, which fall by nearly
4% relative to adult wages after the ban.
o Children with siblings in the 10-13 age group are about 5.6% more likely to be
pushed into work in response to the ban.
o The effects seem to be concentrated among the poorest families – those whose
head of the household has less than a secondary education, and whose food
consumption is largely made up of cheap calories from staple foods.
o Moreover, we find some evidence that children are being taken out of school in
order to work.
© RAINER MAURER, Pforzheim
o Finally, we show that other key components of household welfare, such as per
capita expenditure and assets, seem to decrease slightly after ban.
o This suggests that overall the ban may have made households worse-off.
Prof. Dr. Rainer Maurer
Maure
- 246 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
2. Umwelt: Wie wirkt der internationale Handel auf die Umwelt?
■ In den meisten Entwicklungsländern ist Umwelt ein relativ reichlich
■
■
© RAINER MAURER, Pforzheim
■
Prof. Dr. Rainer Maure
■
vorhandenes Gut, was mit der natürlichen Verfügbarkeit aber auch
mit fehlender Umweltschutzgesetzgebung zusammenhängt.
Aufgrund dieser reichlichen Verfügbarkeit kommt es bei Freihandel
zu einem verstärkten Einsatz vom Umweltgütern (Luft und Wasser
zur Schadstoffaufnahme, Wälder zur Holz- oder Agrarproduktion).
Wenn Umweltschutzgesetze fehlen, die den Verursachern die
Kosten der Umweltschäden in Rechnung stellen, dann kommt es zu
einer ineffizienten Übernutzung der Umwelt. Durch die erhöhten
Produktionsanreize bei Freihandel steigt diese dann noch.
Hier stellt sich also wieder die Frage nach "Ursachentherapie" oder
"Symptomdoktorei": Soll der Freihandel von den Regierungen
eingeschränkt oder die Umweltschutzgesetze verbessert werden?
Außerdem kann man natürlich einwenden, dass Entwicklungsländer auch das Recht haben, ihre relativ reichlich vorhandenen
Umweltgüter stärker zu nutzen, um höhere Einkommen zu erzielen.
Viele entwickelte Länder haben das in ihrer Geschichte auch so
gemacht.
- 247 -
Exkurs: Recycling oder Umweltschutz?
Recycling von ausgedienten Ozeanschiffen ist bei den in Europa üblichen
Umweltschutzauflagen nicht rentabel. Die meisten Schiffe werden deshalb in
Entwicklungsländern (Indien, Bangladesh, Elfenbeinküste) abgewrackt. In
Alang an der Westküste von Indien befindet sich ein ca. 6 km langer Strand, an
dem solche Schiffe abgewrackt werden. Die beim Abwracken freigesetzten
Chemikalien, alten Treibstoffe usw. fließen dabei unbehandelt ins Meer oder
vergiften den Strand. Die Arbeitsbedingungen sind gemessen an europäischen
1998 starteten Greenpeace
Standards sehr schlecht.
gruppen eine Kampagne
und Anti-GlobalisierungsAlang.
gegen die Anlagen von
© RAINER MAURER, Pforzheim
nicht nur bei den indischen
Die Aktion war jedoch
sondern auch bei deren ArAbwrackunternehmen
lokalen Bevölkerung sehr
beitnehmern und der
lokalen Umweltverschmutunbeliebt. Denn trotz der
zung und den schlechten Arbeitsbedingungen haben die Arbeiter auf der
Abwrackwerft von Alang ein an indischen Verhältnissen gemessenes überdurchschnittliches Einkommen und es sind viele
den Schrott weiter verarbeitende Unternehmen und deren Arbeitnehmer in der Region
von den Abwrackanlagen von Alang abhängig.
Prof. Dr. Rainer Maurer
Maure
- 248 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
3. Kultur: Wie wirkt der internationale Handel auf die Kultur?
■ Historisch betrachtet hat Freihandel schon in der Vorgeschichte
■
■
© RAINER MAURER, Pforzheim
■
Prof. Dr. Rainer Maure
■
zum Entstehen relativ einheitlicher Kulturräume geführt.
Auf diese Weise haben sich nicht nur Produktionstechnologien
verbreitet sondern auch einheitliche Kunststile und religiöse
Vorstellungen.
Die gegenseitige Durchdringung von Kulturen durch Handel hat den
Nachteil eines Verlusts an kultureller Vielfalt.
Wenn Menschen sich jedoch freiwillig entschließen neue Produktionstechnologien, Kunststile, religiöse Vorstellungen aus anderen
Kulturkreisen zu übernehmen, weil sie darin Vorteile für sich sehen,
kann man auch fragen, ob jemand das Recht hat, diese Freiheit
durch Handelsbeschränkungen einzuschränken.
Die Wirkung der Globalisierung auf die Kultur ist auch nicht
einseitig: Es gibt in Deutschland nicht nur McDonalds und Burger
King sondern auch Sushi und Döner. Und bekanntermaßen
erfreuen sich nicht nur Kung Fu-Filme in Deutschland großer
Beliebtheit sondern auch Derrik-Krimis in Japan.
- 249 -
1. Internationaler Handel
1.3.2.4. Die Globalisierungskritik
4. Nationale Souveränität: Wie wirkt der internationale Handel auf
die Souveränität eines Landes?
■ Wenn ein Land Verträge mit der Welthandelsorganisation (WTO)
© RAINER MAURER, Pforzheim
dem Internationalen Währungsfond (IWF) oder der Weltbank
abgeschlossen hat, dann können diese auf der Grundlage der
Verträge die Wirtschaftspolitik des Landes überprüfen. Insofern
liegt also ein Verlust von Souveränität vor, den jedes Land jedoch
durch Kündigung der Verträge wieder rückgängig machen kann.
■ Die mit dem Freihandel i.d.R. einhergehende internationale
Mobilität des Produktionsfaktors Kapitals, beschränkt allerdings die
Möglichkeiten zur Besteuerung des von Kapital: Bei Kapitalmobilität
kann sich der Produktionsfaktor Kapital den Standort mit den
niedrigsten Kapitalsteuern aussuchen:
Prof. Dr. Rainer Maure
◆
Seit Beginn der 80er Jahre hat das international zu einem trendmäßigen Rückgang der Kapitalsteuern zu Lasten des weniger
mobilen Produktionsfaktors Arbeit geführt.
- 251 -
© RAINER MAURER, Pforzheim
1. Internationaler Handel
1. Internationaler Handel
1.1. Zur Geschichte des Handels
1.2. Die Theorie des internationalen Handels
1.2.1. Handel aufgrund komparativer Vorteile
1.2.2. Gewinner und Verlierer des internationalen Handels
1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
1.3. Internationale Handelspolitik
1.3.1. Die Instrumente der Handelspolitik
1.3.2. Handelspolitische Konzeptionen: Freihandelsdoktrin,
Importsubstitutionspolitik, Exportorientierte
Industrialisierung, Globalisierungskritik
1.3.3. Die Entwicklung der Welthandelsorganisation
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 252 -
1. Internationaler Handel
1.3.3. Die Entwicklung der Welthandelsorganisation
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Ohne eine Vertragslösung besteht die Gefahr, dass die
Entscheidung über das Handelregime zwischen zwei Ländern zu
einer Gefangenendilemma-Lösung führt.
➤ Die Entscheidungsmatrix beschreibt in idealisierter Form die Situationslogik: Wenn beide Länder Freihandel treiben, profitieren
sie beide von den HanLand A
delsgewinnen. Wenn sich
ProtektioFreihandel
nun aber Land A für Pronismus
Land B
tektionismus entscheidet
10
20 und Land B bei Freihandel
bleibt, steigt der Vorteil für
Freihandel
Land A noch über den bei
10
-10
Freihandel. Grund dafür
-10
-5 können z.B. die Einahmen
Protektioaus "Optimalzöllen"
nismus
(Abschnitt 1.3.2.1.) - 253 20
-5
Prof. Dr. Rainer Maurer
1. Internationaler Handel
1.3.3. Die Entwicklung der Welthandelsorganisation
oder – aus Sicht der Regierungspartei – finanzielle Wahlkampfunterstützung durch die Lobby der geschützten Industrie sein. Da
diese Anreizstruktur aber für beide Länder gilt, ist die Entscheidung
für Freihandel nicht stabil: Beide Länder haben einen Anreiz, sich für
Protektionismus zu entscheiden. In diesem Fall entfallen die
Land A
© RAINER MAURER, Pforzheim
Land B
Freihandel
Protektionismus
Prof. Dr. Rainer Maurer
Handelsgewinne durch
Freihandel, so dass sich
ProtektioFreihandel
beide verschlechtern. Um
nismus
dieses Dilemma zu über10
20 winden bietet sich ein Vertragsabschluss an, der die
Freihandelslösung juris10
-10
tisch stabilisiert. Die WTO
-10
-5 ist die Organisation, die
die Einhaltung solcher
Verträge kontrolliert. - 254 20
-5
1. Internationaler Handel
1.3.3. Die Entwicklung der Welthandelsorganisation
Da die WTO Länder, die von ihren vertraglich bindend vereinbarten
Freihandelsstrategien abweichen, bestrafen kann (vgl. weiter unten
„WTO Gericht“), kann sie die Auszahlungen, die Länder bei
protektionistischen Verhaltensweisen erzielen können, reduzieren.
Wenn die Reduzierung stark genug ist, z.B. eine Strafe
Land A
Freihandel
Land B
Protektionismus
© RAINER MAURER, Pforzheim
10
8=20-12
von 12 im Fall dieser
Strategiematrix, ist dann
die Strategiewahl
„Freihandel“ der stabile
Gleichgewichtspunkt.
Freihandel
10
Protektionismus
Prof. Dr. Rainer Maurer
-10+12
-10+12
8=20-12
-5
-5
- 255 -
1. Internationaler Handel
1.3.3. Die Entwicklung der Welthandelsorganisation
➤ Der Vorläufer der WTO, das GATT, wurde 1947 gegründet.
➤ Grund dafür war der stetige Rückgang des Welthandels von
1930 bis 1945 (s. nächstes Schaubild).
➤ Der Rückgang war also nicht nur durch den 1939 begonnen
Zweiten Weltkrieg verursacht, sondern durch die in den 30er
Jahren von vielen Ländern betriebene Abschottung der Märkte.
■ So wurde in den USA 1930 der Smoot-Hawley Act erlassen, der die
© RAINER MAURER, Pforzheim
Importzölle der USA auf durchschnittlich 59% anhob.
■ In Deutschland und anderen europäischen Ländern gab es
ähnliche Entwicklungen z.T. gekoppelt mit staatlicher
Devisenbewirtschaftung.
➤ Zunächst wollten die Siegermächte eine International Trade
Organisation (ITO) parallel zum IMF und zur Weltbank. Da sich
das aus politischen Gründen verzögerte, griffen 23 Staaten dem
vor und vereinbarten provisorisch ein General Agreement on
Trade and Tariffs (GATT), das dann aber 41 Jahre in Kraft blieb.
Prof. Dr. Rainer Maure
- 256 -
Pro-Kopf BIP und Exportquote der frühen Industrieländer*)
von 1820 - 1990
18
Pro-Kopf BIP in
PPP US-$ of 1985
16
14
1990
1980
12
10
1970
8
6
1960
1950
1946 1939 1930
1918
19191920
1900 1914
1860
1850
1840
1830
1820
18701880
1945
© RAINER MAURER, Pforzheim
4
2
0
0%
5%
10%
Industrieexporte in % BIP
15%
20%
*) Durchschnittswerte; bis 1870: Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Dtl., Italien, UK,
USA; ab 1871 zusätzlich: Australien, Kanada, Finland, Niederlande, Norwegen, Schweden.
Quelle: Maddison, 1992, Dynamic Forces in Capitalist Development, Oxford Univ. Press.
- 257 -
Prof. Dr. Rainer Maure
1. Internationaler Handel
1.3.3. Die Entwicklung der Welthandelsorganisation
➤ Das GATT gewann über die Jahre immer mehr Mitglieder und
wurde dann im Rahmen der Uruguay-Runde 1986 in die World
Trade Organization (WTO) umgewandelt, die den Sitz des GATT
in Genf sowie die GATT-Regeln übernahm.
➤ Diese Regeln schreiben einen Mechanismus fest, den man als
Kombination aus Sperrklinke und Hebel beschreiben kann:
■ Als Sperrklinke wirkt das Prinzip der gebundenen Zolltarife: Wenn
© RAINER MAURER, Pforzheim
ein Zoll vertraglich festgeschrieben ist, darf ein Land diesen Zoll
nicht mehr erhöhen. Importquoten sind generell festgeschrieben,
dürfen aber temporär erhöht werden. Exportsubventionen sind
generell verboten mit Ausnahme von Landwirtschaftssubventionen.
Prof. Dr. Rainer Maurer
■ Als Hebel dienen die ständigen Handelsrunden, die sich jeweils
einen weiteren Abbau von Handelshemmnissen vornehmen.
- 260 -
© RAINER MAURER, Pforzheim
Percent
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 262 -
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Nationale
81
Prof. Dr. Rainer Maure
Gescheitert
- 263 -
1. Internationaler Handel
1.3.3. Die Entwicklung der Welthandelsorganisation
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Acht "Handelsrunden" hat es bislang gegeben. Die Dauer der
Handelsrunden ist von 7 Monaten auf mehr als 6 Jahre angewachsen, was auch darauf zurückzuführen ist, dass statt 23 nun
141 Länder mitverhandeln.
➤ Die ersten 5 Runden waren fast reine Zollsenkungsrunden, dann
nahm man sich auch (noch) schwierigeren Themen wie Dumping, nichttariffäre Handelshemmnisse oder Eigentumsrechte an.
➤ Die Uruguay-Runde (1986-1994) zerfiel in zwei Teile:
1. Handelsreform: Senkung der Durchschnittszölle von 6,3 % auf 3,9
Prof. Dr. Rainer Maure
%, Reduzierung der Agrarsubventionen um 36%, Umwandlung von
Agrar-Importquoten in äquivalente Zölle, sowie Aufhebung der im
Multi-Fiber-Arrangement festge-schriebenen Importquoten für
Textilien über einen Zeitraum von 10 Jahren. Letzteres führte dann
ab 2005 in vielen Industrieländern zu einer starken Zunahme der
Textilimporte aus China und anderen asiatischen Ländern.
- 264 -
1. Internationaler Handel
1.3.3. Die Entwicklung der Welthandelsorganisation
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤ Die Uruguay-Runde (1986-1994) zerfiel in zwei Teile:
Prof. Dr. Rainer Maure
2. Organisationsreform:
◆ Übergang vom Provisorium GATT zur WTO;
◆ Ausweitung der Zuständigkeit vom Güterhandel auf den
Handel mit Dienstleitungen (Finanz-, Versicherungs-,
Beratungs-, Transportsektor) und Festschreibung des Status
Quo im GATS (General Agreement on Trade in Services);
◆ Ausweitung der Zuständigkeit auf den Handel mit den im
Vergleich zu Industriegütern immer wichtiger werdenden
Eigentumsrechten und Festschreibung des Status Quo im
TRIPS (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual
Property Rights).
◆ Festlegung eines "Streitschlichtungsmechanismus":
Anrufung eines "WTO-Gerichtes" (=Expertengremium) durch
eine Partei. Beschluss innerhalb eines Jahres. Bei Verstoß
gegen WTO-Regelungen erhält die benachteiligte Partei das
Recht auf Vergeltungsmaßnahmen.
- 265 -
© RAINER MAURER, Pforzheim
Exkurs: Der WTO-Schlichtungsmechanismus im Stahlstreit USA - EU
Im März 2002 erhob die US Regierung einen 30 % Importzoll auf alle Stahlprodukte. Offizielle Begründung war "zeitlicher Anpassungsbedarf der US-Industrie
aufgrund eines Anziehens der Importe". Politischer Hintergrund war die
kritische Bedeutung für die Präsidentenwahl 2004 der Bundesstaaten, in denen
die US Stahlindustrie konzentriert ist: West Virginia, Ohio, Pennsylvania.
Die Stahlexporteure EU, Japan, China und Süd Korea riefen sofort die WTO
an. Im Juli 2003 kam das WTO-Gericht zu dem Ergebnis, dass die Erhöhung
der US Importzölle gegen die WTO-Regeln verstößt und räumte der u.a. der
EU das Recht ein, Strafzölle für US Exporte im Volumen von 2 Milliarden $ zu
erheben.
Es kam darauf nicht, wie von einigen Beobachtern erwartet zu einem Handelskrieg zwischen Europa und den USA. Die USA hoben dann tatsächlich im
Dezember 2003 die Importzölle wieder auf: Die EU hatte den politischen Hintergrund der US Stahlzölle erkannt und ihre Strafzölle auf Produkte konzentriert,
die schwerpunktmäßig aus den drei US Stahlstaaten nach Europa importiert
wurden.
In einem ähnlichen Verfahren gab die WTO im März 2005 Brasilien recht, dass
die Subventionen für US Baumwollproduzenten gegen die WTO Regeln verstoßen. Die USA stellten daraufhin die Exportsubventionen für Baumwolle ein,
behielten aber Produktions- und Kreditsubventionen für Baumwolle bei.
Prof. Dr. Rainer Maurer
Maure
- 266 -
1. Internationaler Handel
1.3.3. Die Entwicklung der Welthandelsorganisation
➤ Die Doha-Runde (2001 – † 2004):
■ Ziele der Doha-Runde waren Handelserleichterungen bei:
© RAINER MAURER, Pforzheim
◆
◆
◆
Prof. Dr. Rainer Maure
Agrar- und Industriegütern,
Dienstleistungen (GATS)
geistigen Eigentumsrechten (TRIPS)
■ Die Handelsrunde scheiterte 2004 an der Forderung vieler
Entwicklungsländer zum Abbau von Agrarsubventionen in den
entwickelten Ländern, die von den entwickelten Ländern mit der
Forderung nach Senkung der Industriegüterzölle der
Schwellenländer pariert wurde.
■ Bei einer nachfolgenden Ministerkonferenz in Hongkong 2005
wurde ein Kompromissvorschlag erarbeitet: Die Agrarexportsubventionen sollten demnach in den Industrieländern bis 2013
vollständig abgeschafft werden.
■ Bei anderen Verhandlungspunkten konnte aber keine Einigkeit
erzielt werden. Deshalb kam keine Vereinbarung zustande („single
undertaking principle“).
- 267 -
1. Internationaler Handel
1.3.3. Die Entwicklung der Welthandelsorganisation
➤ Die Doha-Runde (2001 – † 2004):
■ Es wird auf Ministerkonferenzen immer wieder versucht, die Doha-
■
© RAINER MAURER, Pforzheim
■
Prof. Dr. Rainer Maure
■
■
Runde noch nachträglich zu einem Abschluss zu bringen.
Seit der Ministerkonferenz von Genf 2008 ist der Streit um den
"Special Safeguard Mechanism„ in den Vordergrund gerückt, mit
dem arme Bauern in Entwicklungsländern kurzfristig gegen
importverursachte Preisstürze durch Importzölle geschützt werden
sollten.
Der Grundkonflikt: Insbesondere die USA fordern einen deutlich
verbesserten Zugang zu den Agrar- und Industriegütermärkten in
Brasilien, China und Indien. Die Schwellenländer wiederum sind
ohne zusätzliche maßgebliche Gegenleistungen der USA nicht zu
weiteren Zugeständnissen bereit.
Durch diese Blockade ist die WTO in eine Krise geraten.
Weltweit beobachtet man nun die Tendenz zu regionalen
Freihandelsabkommen, die an der WTO vorbei etabliert werden.
- 268 -
Freihandel bei externen Effekten
© RAINER MAURER, Pforzheim
Alternative Darstellung der Wohlfahrtswirkung von Freihandel
bei externen Effekten
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 270 -
Wohlfahrtswirkung von Freihandel bei externen Effekten
P
In Geld bewerteter
Nutzen des externen
Effektes von X1
=
S(P)
"Wert der Bestäubung
von Obstplantagen"
In Geld bewerteter
Nutzen des Konsums
der Menge X1
=
"Wert des Nutzen des
Honigkonsums"
© RAINER MAURER, Pforzheim
D(P) + ext. Effekt
D(P)
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
X1
X
- 271 -
Wohlfahrtswirkung von Freihandel bei externen Effekten
P
S(P)
PAutarkie
Nutzenstiftung der zuletzt
hergestellten Menge
aufgrund des externen
Effektes größer als
Produktionskosten
Produktions=> menge zu
gering!
© RAINER MAURER, Pforzheim
D(P) + ext. Effekt
D(P)
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
XAutarkie
X
- 272 -
Wohlfahrtswirkung von Freihandel bei externen Effekten
P
Wohlfahrtsverlust
bei Autarkie
aufgrund zu
geringer Produktionsmenge
S(P)
PAutarkie
© RAINER MAURER, Pforzheim
Wohlfahrtsoptimale
Produktionsmenge
D(P) + ext. Effekt
D(P)
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
XAutarkie X*
X
- 273 -
Wohlfahrtswirkung von Freihandel bei externen Effekten
P
Zusätzlicher Wohlfahrtsverlust
bei Freihandel aufgrund
Rückgangs der inländischen
Produktionsmenge
PAutarkie
S(P)
Weltmarktpreisniveau
PW
© RAINER MAURER, Pforzheim
D(P) + ext. Effekt
D(P)
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Produktion
XFreihandel
XAutarkie
Konsum
XFreihandel
X
- 274 -
Wohlfahrtswirkung von Freihandel bei externen Effekten
P
Zusätzlicher Wohlfahrtsverlust
bei Freihandel aufgrund
Rückgangs der inländischen
Produktionsmenge
S(P)
PAutarkie
Importzoll
PW
© RAINER MAURER, Pforzheim
D(P) + ext. Effekt
D(P)
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Produktion
XFreihandel
XAutarkie
Konsum
XFreihandel
X
- 275 -
Wohlfahrtswirkung von Freihandel
bei externen
Effekten
Durch den Importzoll
steigt die
P
inländische Produktion wieder auf das
Autarkieniveau und der vom
S(P)
Freihandhandel verursachte Anstieg
des Wohlfahrtsverlustes aufgrund des
externen Effektes verschwindet wieder
PAutarkie
Importzoll
PW
© RAINER MAURER, Pforzheim
D(P) + ext. Effekt
D(P)
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
XAutarkie
Konsum
XFreihandel
X
- 276 -
Freihandel bei externen Effekten
© RAINER MAURER, Pforzheim
Alternative Darstellung der Wohlfahrtswirkung einer Subvention
anstelle eines Importzolls bei externen Effekten
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 277 -
Wohlfahrtswirkung von Freihandel bei externen Effekten
P
Zusätzlicher Wohlfahrtsverlust
bei Freihandel aufgrund
Rückgangs der inländischen
Produktionsmenge
S(P)
Subvention
PAutarkie
Weltmarktpreisniveau
PW
© RAINER MAURER, Pforzheim
D(P) + ext. Effekt
D(P)
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Produktion
XFreihandel
XAutarkie
XFreihandel
X
- 278 -
Wohlfahrtswirkung von Freihandel bei externen Effekten
P
Wohlfahrtsverlust (A)
verschwindet wegen erhöhter
inländischer Produktion
S(P)
Subvention
PAutarkie
Weltmarktpreisniveau
(B)
PW
D(P) + ext. Effekt
© RAINER MAURER, Pforzheim
Wohlfahrtsverlust (B) entsteht
wegen erhöhter inländischer
Produktion, aber: (B)< (A)
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
Produktion
XFreihandel
XAutarkie
XFreihandel
Vorteil der Subvention im
Vergleich zum
Importzoll:
D(P)
Konsum bleibt auf
Freihandelsniveau
X
- 279 -
Stabilitätseigenschaften von Marktgleichgewichten
bei normalem und „pathologischem“ Verlauf von
Angebotskurven
© RAINER MAURER, Pforzheim
Exkurs: Stabilitätseigenschaften von Marktgleichgewichten
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 280 -
Stabilitätseigenschaften von Marktgleichgewichten bei
normaler Angebotskurve
P
Überschuss
angebot
© RAINER MAURER, Pforzheim
P*
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
XD
X*
XS
Steigt der Preis
zufällig über den
S(P)
Marktgleichgewichtspreis,
resultiert ein
Überschussangebot. Bei einem
Überschussangebot gibt es Anbieter,
die die
nachgefragte
Menge auch zu
einem niedrigeren
D(P)
Preis liefern
würden.
Deshalb unterbieten sich die Anbieter
gegenseitig, so dass der Preis
X Richtung Marktgleichgewichtspreis sinkt.
- 281 -
Stabilitätseigenschaften von Marktgleichgewichten bei
normaler Angebotskurve
P
S(P)
P*
Überschussnachfrage
© RAINER MAURER, Pforzheim
D(P)
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
XS
X*
XD
Fällt der Preis
zufällig unter den
Marktgleichgewichtspreis,
resultiert eine
Überschussnachfrage. Bei einer
Überschussnachfrage gibt es
Nachfrager, die die
angebotene Menge
auch zu einem
höheren Preis
kaufen würden.
Deshalb überbieten sich die Nachfrager
gegenseitig, so dass der PreisXRichtung
Marktgleichgewichtspreis steigt.
- 282 -
Stabilitätseigenschaften von Marktgleichgewichten bei
normaler Angebotskurve
P
S(P)
Überschuss
angebot
P*
Überschussnachfrage
© RAINER MAURER, Pforzheim
D(P)
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
X*
Unter diesen
Annahmen ist ein
Marktgleichgewicht
also stabil: Es gibt
„Marktkräfte“, die
bei stochastischen
Abweichungen vom
Marktgleichgewichtspreis eine
Rückkehr zum
Marktgleichgewicht
spreis bewirken!
X
- 283 -
Stabilitätseigenschaften von Marktgleichgewichten bei
pathologischer Angebotskurve
P
P*
S(P)
Hat die
Angebotskurve
jedoch eine
negative Steigung
(=„pathologischer
Verlauf“), wirken
die gleichen
Marktkräfte
destabilisierend!
© RAINER MAURER, Pforzheim
D(P)
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
X*
X
- 284 -
Stabilitätseigenschaften von Marktgleichgewichten bei
pathologischer Angebotskurve
P
Überschussnachfrage
P*
S(P)
© RAINER MAURER, Pforzheim
D(P)
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
XS
XD
X*
Steigt der Preis
zufällig über den
Marktgleichgewichtspreis,
resultiert jetzt eine
Überschussnachfrage. Bei einer
Überschussnachfrage gibt es
Nachfrager, die die
angebotene Menge
auch zu einem
noch höheren Preis
kaufen würden.
Deshalb überbieten sich die Nachfrager
gegenseitig, so dass sich der Preis
X
weiter weg vom Marktgleichgewichts- 285 preis bewegt!
Stabilitätseigenschaften von Marktgleichgewichten bei
pathologischer Angebotskurve
P
Deshalb unterbieten sich die Anbieter
gegenseitig, so dass sich der Preis
weiter weg vom Marktgleichgewichtspreis bewegt!
P*
S(P)
© RAINER MAURER, Pforzheim
Überschussangebot
O
Prof. Dr. Rainer Maurer
X*
XD
XS
D(P)
Fällt der Preis
zufällig unter den
Marktgleichgewichtspreis,
resultiert jetzt ein
Überschussangebot. Bei einem
Überschussangebot gibt es Anbieter,
die die nachgefragte Menge
auch zu einem
noch niedrigeren
Preis verkaufen
würden.
X
- 286 -
1.4. Kontrollfragen
Die Kontrollfragen bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihr
Verständnis der Lerninhalte dieses Kapitels zu überprüfen.
Alle Fragen können mit Hilfe dieses Vorlesungsskriptes
beantwortet werden. Sollten Sie Schwierigkeiten haben,
wenden Sie sich nach den Vorlesungen an mich oder
besuchen Sie mein Kolloquium oder senden Sie mir eine EMail.
© RAINER MAURER, Pforzheim
➤
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 287 -
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.4. Kontrollfragen
1. Seit wann gibt es nachweislich Fernhandel?
2. Erläutern Sie die Auswirkung des Freihandels im römischen Reich
auf die Produktionsorte des Terra Sigillata-Geschirrs.
3. Welche Ursachen für Handelsgewinne gibt es und wie wirken sie?
4. Erläutern Sie verbal das Konzept von Konsumentenrente,
Produzentenrente und Kooperationsrente.
5. Warum gibt es beim Übergang von Autarkie zu Freihandel immer
Gewinner und Verlierer ?
6. Erfüllt der Übergang von Autarkie zu Freihandel die Bedingungen
für eine Pareto-Verbesserung?
7. Erläutern Sie das Kaldor-Hicks Kriterium.
8. Welche Bedingung muss erfüllt sein, damit es bei Übergang von
Autarkie zu Freihandel tatsächlich zu Handel kommt?
9. Wann kommt es nach David Ricardo zu beiderseitig vorteilhaftem
Handel zwischen zwei Ländern?
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 288 -
1.4. Kontrollfragen
10. Heinz benötigt für die Herstellung von 1 kg Brot 4 Stunden Zeit und für die
Herstellung von 1kg Butter 3 Stunden. Hilde benötigt für die Herstellung von
1kg Brot 2 Stunden Zeit und für die Herstellung von 1 kg Butter 2 Stunden.
Beide arbeiten pro Tag 12 Stunden. Erläutern Sie eine Möglichkeit für
gegenseitig vorteilhaften Tausch anhand von folgendem Schaubild:
10
9
9
8
8
7
7
6
6
5
5
4
4
3
3
2
2
1
1
0
0
© RAINER MAURER, Pforzheim
10
0
Prof. Dr. Rainer Maurer
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
- 289 -
1.4. Kontrollfragen
11. Bestimmen Sie ausgehend von Autarkie die Auswirkungen der Aufnahme
von Freihandel auf die Wohlfahrt von Konsumenten, Produzenten.
P
SInland
Pw
S Weltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
DInland
Autarkie
Veränderung
Konsumentenrente
Produzentenrente
Kooperationsrente
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
Q
- 290 -
1.4. Kontrollfragen
12. Bestimmen Sie ausgehend von Autarkie die Auswirkungen der Aufnahme
von Freihandel auf die Wohlfahrt von Konsumenten, Produzenten.
P
SInland
S Weltmarkt
Pw
© RAINER MAURER, Pforzheim
DInland
Autarkie
Veränderung
Konsumentenrente
Produzentenrente
Kooperationsrente
Prof. Dr. Rainer Maurer
Freihandel
Q
- 291 -
1.4. Kontrollfragen
13. Bestimmen Sie die Auswirkungen eines Importzolls in der eingezeichneten Höhe auf die Wohlfahrt von Konsumenten, Produzenten und
P Regierung, wenn in der Ausgangsituation Freihandel herrscht.
SInland
Pw
S Weltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
Importzoll
DInland
Freihandel
Zoll
Q
Veränderung
Konsumentenrente
Produzentenrente
Steuereinnahmen
Kooperationsrente
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 292 -
1.4. Kontrollfragen
14. Bestimmen Sie die Auswirkungen einer Importquote in der eingezeichneten Höhe auf die Wohlfahrt von Konsumenten, Produzenten und
P Regierung, wenn in der Ausgangsituation Freihandel herrscht.
SInland
Pw
S Weltmarkt
Importquote
© RAINER MAURER, Pforzheim
DInland
Freihandel
Zoll
Q
Veränderung
Konsumentenrente
Produzentenrente
Steuereinnahmen
Kooperationsrente
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 293 -
14. Bestimmen Sie die im folgenden Artikel beschriebenen Auswirkungen der Landwirtschaftspolitik in Europa und den USA auf die
Wohlfahrt von Konsumenten und Produzenten in Entwicklungsländern.
Im Welthandel sucht der Norden nur seinen Vorteil
© RAINER MAURER, Pforzheim
...Auch die Einkommen amerikanischer Bauern liegen Präsident Bush am Herzen. Nur wenige Monate nach der DohaKonferenz beschloss der amerikanische Kongress, die nicht gerade geringen staatlichen Subventionen für
amerikanische Landwirte um 80 Prozent zu erhöhen. Gut 180 Milliarden Dollar sollen zusätzlich ausgeschüttet
werden, für Sojabohnen und Mais, Erdnüsse, Baumwolle und Weizen. Dabei bewegt sich Bush ganz in der Tradition
des alten Europa. Nach Berechnung der Hilfsorganisation Oxfam unterstützt die Europäische Union jede einzelne Kuh
mit durchschnittlich zwei Dollar am Tag. Damit bekommt europäisches Vieh mehr als das, was der Hälfte der
Weltbevölkerung täglich zum Leben bleibt. Das mit diesen Zuschüssen produzierte Milchpulver exportieren die
Europäer dann billig nach Afrika oder in die Karibik, wo die örtlichen Bauern plötzlich ihre Kunden verlieren. Auf
ausländische Butter aber schlägt die EU einen Zoll von 150 Prozent auf.
Durch die Agrarpolitik des Nordens entgehen den Bauern des Südens jedes Jahr 26 Milliarden Dollar, hat das
Internationale Forschungsinstitut für Nahrungspolitik in Washington ausgerechnet. In Doha hatten die
Regierungsvertreter der Industrieländer noch zugestimmt, Importbeschränkungen und Subventionen abzubauen. Doch
als der WTO-Diplomat Stuart Harbinson jüngst den Vorschlag machte, die Zölle auf Agrarprodukte um 60 Prozent zu
reduzieren und Exporthilfen in den nächsten fünf Jahren um mindestens die Hälfte abzubauen, lehnte Europa ab. Viel
zu viel!, sagten die EU-Vertreter in Genf.
Dabei ist die Landwirtschaft „das Schlüsselthema der Verhandlungen“, so der thailändische WTO-Chef Supachai
Panitchpakdi. Und tatsächlich: Ohne Angebote des Nordens wird es kein Entgegenkommen des Südens geben – etwa
bei der Öffnung der Märkte für Dienstleistungen, die den Industrienationen so wichtig ist ...
(Die Zeit, 11.01.2003)
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 294 -
1.4. Kontrollfragen
P
SEntwicklungsland
Pw
S Weltmarkt
TV
RA
DEntwicklungsland BL
Q
© RAINER MAURER, Pforzheim
O
Vor Subvention
Nach Subvention
Ret
Veränderung
Konsumentenrente
Produzentenrente
Kooperationsrente
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 295 -
1.4. Kontrollfragen
15. Bestimmen Sie die Auswirkungen eines Importzolls in der eingezeichneten Höhe auf die Wohlfahrt von Konsumenten, Produzenten und
P Regierung, wenn in der Ausgangsituation Autarkie herrscht.
SInland
Pw
S Weltmarkt
© RAINER MAURER, Pforzheim
Importzoll
DInland
Autarkie
Zoll
Q
Veränderung
Konsumentenrente
Produzentenrente
Steuereinnahmen
Kooperationsrente
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 296 -
1.4. Kontrollfragen
16. Bestimmen Sie die Auswirkungen einer Importquote in der eingezeichneten Höhe auf die Wohlfahrt von Konsumenten, Produzenten und
P Regierung, wenn in der Ausgangsituation Autarkie herrscht.
SInland
Pw
S Weltmarkt
Importquote
© RAINER MAURER, Pforzheim
DInland
Autarkie
Quote
Q
Veränderung
Konsumentenrente
Produzentenrente
Importlizenzeinnahmen
Kooperationsrente
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 297 -
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.4. Kontrollfragen
17. Wann kommt es nach Heckscher und Ohlin zu beiderseitig
vorteilhaftem Handel zwischen zwei Ländern?
18. Nennen Sie drei Gründe, die zu unterschiedlichen Autarkiepreisen
führen können.
19. Welche Art von Handel prägt normalerweise den Warenaustausch
zwischen Entwicklungsländern und Industrieländern und warum?
20. Welche Art von Handel prägt normalerweise den Warenaustausch
zwischen Industrieländern und warum?
21. Erläutern Sie das Stolper/Samuelson Theorem.
22. Wie wirkt sich nach dem Stolper/Samuelson Theorem intern. Handel
auf die Einkommensverteilung von Ländern aus?
23. Was misst der Grubel/Lloyd-Index?
24. Welche Auswirkung können Größenvorteile auf den internationalen
Handel haben?
25. Nennen Sie zwei Gründe für das Auftreten von Größenvorteilen.
26. Erläutern Sie das Zustandekommen von Größenvorteilen am Beispiel
der Filmindustrie.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 298 -
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.4. Kontrollfragen
27. Warum kann es bei internationalem Handel zu intra-industriellem
Handel kommen?
28. Wann kommt es bei internationalem Handel zu inter-industriellem
Handel?
29. Welche Gründe können dazu führen, dass Konsumenten eines
Gutes, das bei monopolistischem Wettbewerb mit Größenvorteilen
hergestellt wird, vom Übergang zu Autarkie zu Freihandel
profitieren?
30. Erläutern Sie die Auswirkungen des Nordamerikanischen Autopaktes von 1964 auf den Handel zwischen den USA und Kanada.
31. Welche Art von Handel lässt sich zwischen Ländern mit relativ
gleicher Faktorausstattung beobachten, welche Art von Handel
lässt sich zwischen Ländern mit sehr unterschiedlicher Faktorausstattung beobachten und warum?
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 299 -
1.4. Kontrollfragen
32. Welches Marktgleichgewicht resultiert hier, wenn Land A bereits vor
Land B für den Markt produziert? Was könnte man tun, um das
zu ändern?
© RAINER MAURER, Pforzheim
Durchschnittskosten
Industrie Land A
Durchschnittskosten Industrie
Land B
Weltmarktnachfrage
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 300 -
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.4. Kontrollfragen
33. Welche 4 Gründe sprechen nach der Freihandelsdoktrin als
Argumente für den Freihandel? Erläutern Sie die Gründe bitte.
34. Welche 3 Gründe können gegen die Freihandelsdoktrin
vorgebracht werden? Erläutern Sie die Gründe bitte.
35. Was spricht für und was spricht gegen strategische Handelspolitik?
36. Erläutern Sie die Probleme der strategischen Handelspolitik am
Beispiel der japanischen Computerchip-Industrie.
37. Erläutern Sie das Konzept der Importsubstitutionspolitik.
38. Welche Gründe sprechen für und welche sprechen gegen
Importsubstitutionspolitik?
39. Erläutern Sie das Konzept der exportorientierten Industrialisierung.
40. Welche Erfahrungen haben die südostasiatischen Schwellenländer
mit dem Konzept der exportorientierten Industrialisierung gemacht?
41. Erläutern Sie das Gefangenendilemma, das Auftreten kann, wenn
eine Regierung sich zwischen Freihandel und Protektionismus
entscheiden muss. Wie kann es überwunden werden?
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 301 -
© RAINER MAURER, Pforzheim
1.4. Kontrollfragen
42. Wie wirkt der internationale Handel auf die Lohnhöhe, wenn man die
klassische Handelstheorie als gültig unterstellt?
43. Welche Wirkung auf den Handel hat die Einführung von
Mindestlöhnen, wenn man die klassische Handelstheorie unterstellt?
44. Unter welchen Bedingungen führt die Einführung eines
Mindestlohnes nicht zu Arbeitslosigkeit?
45. Wie wirkt internationaler Handel auf die Umweltbelastung eines
Landes?
46. Warum kam es nach dem Zweiten Weltkrieg zur Gründung des
GATT?
47. Beschreiben Sie die beiden Mechanismen, die das GATT bzw. die
WTO nutzen, um eine Entwicklung in Richtung weltweiten Freihandel
durchzusetzen.
48. Für welche Arten für Gütern ist die WTO zuständig?
49. Erläutern Sie die den WTO-Schlichtungsmechanismus am Beispiel
des Stahlstreits zwischen Europa und den USA.
Prof. Dr. Rainer Maurer
- 302 -