Das Krugman-Modell des intra-industriellen Handels

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Transcript Das Krugman-Modell des intra-industriellen Handels

© RAINER MAURER, Pforzheim
Exkurs: Das Krugman Modell des
intra-industriellen Handels
Prof. Dr. Rainer Maure
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1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
Exkurs: Das Krugman-Modell des intra-industriellen Handels
➤ Im folgenden soll die Auswirkung von Handel auf den
Gesamtmarkt also auf Güterpreis, Produktionsmengen und
Produzenten und Konsumenten untersucht werden.
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➤ Bei ausgeprägten (und nicht nur bei kleinen Produktionsmengen)
auftretenden Größenvorteilen in der Produktionstechnologie
resultiert immer ein Markt mit unvollkommenem Wettbewerb:
■ Monopol,
■ Oligopol
■ oder monopolistischer Wettbewerb
➤ Empirisch betrachtet kommt monopolistischer Wettbewerb am
häufigsten vor. Im Folgenden sollen deshalb die Folgen eines
Übergangs von Autarkie zu Freihandel für einen Markt mit
monopolistischem Wettbewerb (vgl. Mikroökonomik, AU 6.3)
untersucht werden.
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1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
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➤ Auf einem Markt mit monopolistischem Wettbewerb, haben die
Produzenten zwar einen teilweisen, aber keinen vollkommenen
Preissetzungsspielraum wie etwa ein Monopolist.
➤ Das liegt daran, dass ihr Produkt sich zwar von den Produkten
ihrer Konkurrenten unterscheidet, aber für die Konsumenten
teilweise ersetzbar durch die Produkte der Konkurrenten ist. Der
Preissetzungsspielraum des einzelnen Produzenten wird durch
die teilweise Substituierbarkeit begrenzt.
➤ Das hat zwei Gründe:
1. Es handelt sich um einen Markt mit differenzierbarem
Produkt. Viele Märkte besitzen heute diese Eigenschaft z.B.
Autos, Kleider, Handys, Schokoriegel, Zigaretten…
2. Konsumenten haben für diese Produkte individuelle
Präferenzen: Für jeden Konsumenten existiert immer eine
spezielle Produktvariante, die ihm den höchsten Nutzen
stiftet; seine ideale Produktvariante.
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1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
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➤ Konsequenz dieser Annahmen:
■ Bei gleichem Preis kauft ein Konsument immer diejenige Produktvariante, die seiner idealen Produktvariante am nächsten kommt.
■ Je stärker der Preis seines Idealproduktes jedoch über den Preis
des zweitbesten Produktes steigt, desto mehr Konsumenten kaufen
nicht mehr ihr Idealprodukt sondern ihr zweitbestes Produkt.
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➤ Die Nachfrage nach dem Produkt eines Unternehmens hängt
deshalb von folgenden Einflussfaktoren ab:
■ Die Größe des Gesamtmarktes S wirkt positiv.
■ Der Durchschnittspreis der Konkurrenz P* wirkt positiv.
■ Der eigene Preis wirkt P wirkt negativ.
■ Die Anzahl der Konkurrenten mit ähnlichen Produkten n wirkt
negativ.
➤ Die folgende Nachfragefunktion enthält diese Annahmen:
Y(S, n, P) = S ( 1/n – b (P – P*) )
„b“ steht dabei für die Stärke der Reaktion der Konsumenten bei einer
Abweichung des Firmenpreises vom Marktdurchschnittspreis P*.
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1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
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Exkurs: Das Krugman-Modell des intra-industriellen Handels
➤ Zur Vereinfachung des Beispiels werden Größenvorteile bei der
Produktion von Y Gütereinheiten hier als interne Größenvorteil
aufgrund von Fixkosten F und konstanten variablen Kosten c
beschrieben.
➤ Daraus resultiert eine sehr einfache Kostenfunktion des Typs:
K(Y) = F + c Y. Die Durchschnittskosten sind dann gleich:
K(Y)/Y = F/Y + c
➤ Zur Vereinfachung wird davon ausgegangen, dass alle Unternehmen die gleiche Kostenfunktion haben und, dass die Nachfragekurven für alle differenzierten Produkte gleich sind.
➤ Im Marktgleichgewicht setzen deshalb alle Unternehmen den
gleichen Preis, so dass P=P* und aufgrund der Nachfragefunktion Y = S ( 1/n – b (P – P*) ) die produzierte Menge von jeder
Produktvariante Y=S/n ist.
➤ Im folgenden Exkurs wird die Kostenkurve C(n) und die
Preiskurve P(n) eines Unternehmens in Abhängigkeit von der
Zahl der Konkurrenten n hergeleitet.
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P, C
C(n) = n F / S + c
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Erklärung der
positiven Steigung
der Kostenkurve: Je
höher die Anzahl der
Konkurrenten n,
desto geringer die
Produktionsmenge
je Unternehmen,
desto höher sind die
Durchschnittskosten
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O
n
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P, C
C(n) = n F / S1 + c
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S2 > S1
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C(n) = n F / S2 + c
Erklärung des
Verschiebeparameters S: Je
größer der Gesamtmarkt S,
desto größer die
Produktionsmenge je
Unternehmen, desto
niedriger sind aufgrund der
Größenvorteile die
Durchschnittskosten.
O
n
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P, C
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C(n) = n F / S + c
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O
Erklärung der negativen Steigung der
Preiskurve: Je größer die Zahl der
Konkurrenten n, desto niedriger ist
aufgrund des Konkurrenzdrucks der
gewinnmaximale Preis P.
P(n) = c + (b n)-1
n
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P, C
C(n) = n F / S + c
Bei n2 Konkurrenten ist der
gewinnmaximale Preis P2 kleiner als
die Durchschnittskosten C2. Die
Unternehmen machen also Verluste, so
dass einige aus dem Markt
ausscheiden n ↓ bis n* erreicht ist.
C2
P2
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P(n) = c + (b n)-1
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n*
n2
n
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P, C
C(n) = n F / S + c
Bei n1 Konkurrenten ist der
gewinnmaximale Preis P1 größer als
die Durchschnittskosten C1. Die
Unternehmen machen also Gewinne,
so dass neue Unternehmen in den
Markt eintreten n ↑ bis n* erreicht ist.
P1
C1
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P(n) = c + (b n)-1
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n1
n*
n
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P, C
C(n) = n F / S + c
Bei n* sind die
Durchschnittskosten
gerade so hoch wie der
gewinnmaximale Preis, so
dass die Anzahl der
Unternehmen n* stabil ist.
P* = C*
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P(n) = c + (b n)-1
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n*
n
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P, C
C(n)1 = n F / S1 + c
C(n)2 = n F / S2 + c
P1 = C1
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P(n) = c + (b n)-1
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n1
Kommt es nun durch die Aufnahme von
Freihandel zu einem Anstieg der Marktgröße
S2 > S1, so verschiebt sich die Kostenkurve
n
aufgrund der Größenvorteile nach rechts.
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P, C
C(n)2 = n F / S2 + c
Bei der neuen Durchschnittskostenkurve
und der alten Anzahl von Unternehmen n1
ist nun der Preis größer als die
Durchschnittskosten: P1 > C2
P1
C2
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P(n) = c + (b n)-1
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O
n1
n
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P, C
Neue Unternehmen treten deshalb in den
Markt ein, solange bis die Durchschnittskosten wieder gleich dem Preis P1 = P3 sind
und der Gewinn gleich Null.
C(n)2 = n F / S2 + c
P1
P3 = C3
C2
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P(n) = c + (b n)-1
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O
n1 n2
n
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P, C
Das Ergebnis des Übergangs zu
Freihandel ist also eine
Marktvergrößerung, die aufgrund der
Größenvorteile in der Produktion zu einer
Senkung des Preises und zu einem
Anstieg der Zahl der Unternehmen führt.
C(n)2 = n F / S2 + c
P1
P3 = C3
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P(n) = c + (b n)-1
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O
n1 n2
n
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1.2.3. Handel aufgrund von Größenvorteilen
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➤ Schlussfolgerungen:
■ Die Konsumenten profitieren also von der Marktvergrößerung
durch Handel, weil dadurch die Preise für die differenzierten
Produkte sinken.
■ Sie profitieren außerdem, weil durch den Handel die Anzahl
der Unternehmen steigt, die differenzierte Produkte anbieten,
denn dies führt zu einer Vergrößerung der Produktvielfalt.
■ Eine größere Produktvielfalt erleichtert es den Konsumenten,
ein Produkt zu finden, das ihrem Idealprodukt nahe kommt
und vergrößert somit die Nutzenstiftung der Güter.
➤ Wie wirken Größenvorteile und komparative Vorteile nun
zusammengenommen auf den Handel zweier Länder?
➤ Die folgende schematische Darstellung erläutert den
gleichzeitigen Einfluss beider Faktoren auf den Handel zweier
Länder.
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Beispiel: Der Nordamerikanische Auto-Pakt von 1964 und seine Auswirkung auf
den intra-industriellen Handel
Eine Art „natürliches Experiment“ für das Zustandekommen und die Wirkung
von intra-industriellem Handel stellt der Nordamerikanische Auto-Pakt zwischen
den USA und Kanada von 1964 dar:
Bis 1965 waren die Zölle auf Fahrzeuge zwischen den USA und Kanada so
hoch, dass es so gut wie keinen Handel mit Autos zwischen beiden Ländern
gab. Da in Kanada die gleichen Firmen wie in den USA tätig waren, stellte die
kanadische Autoindustrie in der Tat eine um den Faktor 1/10 verkleinerte
Version der US-Autoindustrie dar.
Die Produktivität der Kanadischen Werke war aufgrund der Existenz von
Größenvorteilen um rund 30 % niedriger als in der US-Industrie. Gründe dafür
werden deutlich, wenn man bedenkt, dass in Kanada aufgrund der kleineren
Absatzmengen in einem Werk mehr als nur ein Modell hergestellt wurde. Dies
machte regelmäßig mehrere Wochen dauernde Werkschließungen für die
Produktionsumrüstung notwendig.
Als 1964 dann mit dem Auto-Pakt eine Freihandelszone für Autos zwischen den
USA und Kanada errichtet wurde, strukturierte sich die gesamte Industrie um:
In Kanada wurde die Produktpalette von General Motors z.B. um die Hälfte
reduziert. Trotzdem kam es in der kanadischen Autoindustrie nicht zu einem
Arbeitsplatzabbau, weil bei den verbliebenen kanadischen Autotypen die
Produktionsmengen ausgedehnt wurden. Der Produktionszuwachs bei diesen
Typen wurde dann in die USA exportiert, während die Autotypen, die vormals in
Kanada hergestellt wurden nun aus den USA importiert wurden: Es setze also
massiver intra-industrieller Handel ein.
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Beispiel: Der Nordamerikanische Auto-Pakt von 1964 und seine Auswirkung auf
den intra-industriellen Handel
Während 1962 Kanada lediglich Autos im Wert von 16 Millionen US-$
exportierten in die USA exportierten und aus den USA Autos im Wert von 519
Millionen US-$ importierten, exportierte Kanada 1968 Autos im Wert von 2,4
Milliarden US-$, während sie aus den USA Autos im Wert von 2,9 Milliarden
US-$ importierten. Sowohl Importe als auch Exporte erhöhten sich also
drastisch.
Auch in der Entwicklung der Produktivität schlug sich der intra-industrielle
Handel so nieder wie von der Theorie impliziert: 1970 hatte die kanadische
Autoindustrie
ihren
durch
niedrige
Stückzahlen
verursachten
Produktivitätsrückstand fast vollständig aufgeholt.
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(Quelle: Krugman/Obstfeld (2006, S. 130-131)
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