Transcript Document
Literatur: W. Demtröder, Experimentalphysik 1, Springer Lehrbuch P. A. Tipler, Physik, Spektrum Akad. Verlag Meschede: Gerthsen Physik, Springer Verlag Bergmann, Schäfer : Lehrbuch der Experimentalphysik“ R.W. Pohl „Mechanik, Akustik und Wärmelehre“ The Feynman Lectures on Physics, Vol.1, Addison Wesley Walther Levine, MIT Open Courseware Gaub E1 WS14/15 1 Physik Die Physik sucht in der Vielzahl der Naturerscheinungen nach Gesetzmässigkeiten und Zusammenhängen, die sie mit möglichst wenigen Grundprinzipien erklären kann Die Mathematik ist die natürliche Sprache der Physik Die Gültigkeit physikalischer Gesetze wird durch Experimente geprüft Gaub E1 WS14/15 2 Physik Die Physik ist die Wissenschaft der unbelebten Welt Die Physik ist die Wissenschaft der Wechselwirkungen "Daß ich erkenne, was die Welt / Im Innersten zusammenhält" (V. 382 f.) Gaub E1 WS14/15 3 Erkenntnisgewinn: Beobachtung Analyse Hypothese Experiment Physikalisches Gesetz Gaub E1 WS14/15 4 Gaub E1 WS14/15 5 Eine umfangreiche Sammlung optischer Täuschungen findet sich unter http://www.michaelbach.de/ot/ Gaub E1 WS14/15 6 "Die mathematischen Prinzipien der Naturphilosopie"" Newtonsche Mechanik : mathematische Theorie physikalischer Beobachtungen Theorie / Modell Beobachtungen Experiment Vorhersagen Gaub Galilei: gilt als der erste „Experimentator“ Erkenntnis E1 WS14/15 7 Messverfahren und Normale Messen heißt immer zwei Größen miteinander zu vergleichen. Für einen einheitlichen, zahlenmäßigen Vergleich werden Standards, sogenannte Normale festgelegt. Der Messvorgang sollte folgende Kriterien erfüllen : Forderungen an eine physikalische Messung: 1. reproduzierbar (Invarianz der Naturgesetze) 2. quantitativ (d.h. zahlenmäßig in Maßeinheiten) 3. genau (unter Angabe eines Messfehlers) Forderungen an ein Normal: Normale müssen mit genügender Genauigkeit, reproduzierbar und mit vertretbarem technischen Aufwand mit zu messender Größen vergleichbar sein. Die menschliche Wahrnehmung ist für physikalische Messungen nur bedingt brauchbar. (siehe Demonstrationen) Gaub E1 WS14/15 8 Eine Messung ist der Vergleich zweier Grössen miteinander Scale Gaub Balance Aus Erfahrung: Je höher die Symmetrie im Aufbau, desto genauer die Messung E1 WS14/15 9 Die Basiseinheiten (SI-Einheiten) SI: système international d’unités Fundamentale Grundgrößen: war Länge: ist heute 1m Erdquadrant 10.000.000 c 0 299.792.458 Sonnentag 60 60 24 Zeit: 1s Masse: 1kg1dm H2O@4 C m s Cs 9.192.631.770,0 3 1 s ? Atommassen im Kern Weitere Grundgrößen des SI-Systems (zweckmäßig): Stoffmenge: 1Mol 6,022136710 Teilchen Temperatur: 1K Stromstärke: 1A 1,1180mg Gaub 23 TripelH 2O 273,16 Ag s E1 WS14/15 1Mol 6,022136710 Teilchen 23 Ekin Gas Kraft zwischen zwei Leitern 10 (SI - Vorsätze) Vorsilben zur Bezeichnung von dezimalen Vielfachen und Teilen Gaub E1 WS14/15 11 Einheit der Länge Heute gültige Definition : Meter [m] 1 Meter ist die Länge der Strecke, die Licht im Vakuum während der Dauer von 1/299 792 458 Sekunden durchläuft. => Relative Messunsicherheit : 10-14 1875 : Das Urmeter (Paris) 1960 Definition über die Wellenlänge des KryptonIsotops 86 Seit 1983 ist die Lichtgeschwindigkeit auf c0=299 792 458 m/s festgelegt. Gaub E1 WS14/15 12 GPS Triangulation mit Radiosignalen Gaub E1 WS14/15 13 Größenordnungen in der Physik 10 n Logarithmische Skala Gaub E1 WS14/15 14 Gaub E1 WS14/15 15 Zeitenskalen sec Gaub 1018 1015 1012 109 106 103 1 10-3 10-6 10-9 10-12 10-15 10-18 10-21 10-24 Alter des Universums ( 5*1017s) Alter der Erde (1.6*1017s) Erste Menschen (2*1013s) Alter der Pyramiden (2*1010s) 1 Jahr = 3,15 107 s , 1 Tag 8,64 104 s Zeit die Licht von der Sonne zur Erde benötigt (5*102 s) Abstand zwischen Herzschlägen Periode einer Schallwelle Periode einer Radiowelle Licht legt 30cm zurück Periode einer Molekülschwingung Periode einer Atomschwingung Licht legt Atomdurchmesser zurück Periode einer Kernschwingung Licht legt Kerndurchmesser zurück E1 WS14/15 16 Einheit der Zeit Heute gültige Definition : Sekunde [s] 1 Sekunde ist das Zeitinterval, während dessen die Cäsiumuhr 9 192 631 770,0 Schwingungen macht. => Relative Messunsicherheit : 10-14 Ursprüngliche Definition: 1s = 1/(60 60 24) = 1/86400 eines mittleren Sonnentages Atomuhren gehen auf 20 Millionen Jahre 1 s falsch. Gaub E1 WS14/15 17 Gaub E1 WS14/15 aus Demtröder, 2003 18 Frequency Comb Gaub E1 WS14/15 19 http://nobelprize.org/mediaplayer/index.php?id=858 Gaub E1 WS14/15 20 Einheit der Masse Heute gültige Definition : Kilogramm [kg] 1 Kilogramm (kg) ist die Masse eines Platin-Iridium-Zylinders, der als Massennormal in Paris aufbewahrt wird. => Relative Messunsicherheit : 10-9 Das Urkilogramm Gaub E1 WS14/15 21 Massen und Längen im Universum Gaub E1 WS14/15 22 Stoffmengeneinheit Definition 1 mol ist die Stoffmenge eines Systems, das aus ebensovielen Teilchen besteht, wie Atome in 0,012kg des Kohlenstoffnuklids 12C enthalten sind. Die Anzahl Teilchen in einer Stoffmenge von 1 Mol ist die Avogadro-Konstante NA= 6,022·1023/mol N n NA N : Teilchenzahl [einheitenlos] n : Stoffmenge [mol] In der Atomphysik und Chemie werden auch Atommasseneinheiten benutzt. Dem Isotop 12C wird die Atommassezahl 12 zugeordnet 1 12 m C 1,66053 10 27 kg Eine Atomare Masseneinheit (amu) = 12 Gaub E1 WS14/15 23 Wer misst misst Mist! Gaub E1 WS14/15 24 Wer misst misst Mist! Systematisch Fehler Kalibrierfehler Hintergrundsignale nj Statistische Fehler x Gaub ∆xj E1 WS14/15 Thermische Fluktuationen Schrotrauschen 1/f Rauschen xj 25 . Stärke der Koordinativen Bindung zwischen Gold und dem primären Amin der Nukleinsäure Thymin F ≈ 10 nN/s PEG C,G,A Au T Gaub E1 WS14/15 26 Wer misst misst Mist! Kalibrierfehler Hintergrundsignale Systematisch Fehler nj Statistische Fehler xj ∆xj x Thermische Fluktuationen Schrotrauschen 1/f Rauschen n Mittelwert x definiert durch S x x i Minim um 2 i1 Gaub n dS 2 x xi 0 dx i1 E1 WS14/15 1 n x xi n i1 Arithmetisches Mittel 27 Fehler 1 n Def.: Wahrer Wert: xw lim xi n n i1 Def.: Absoluter Fehler der Messung i: ei x w x i Def.: Absoluter Fehler des Arithmetischen Mittels: x w x 1 n 1 n x w x x w x i ei n i1 n i1 2 1 1 1 1 2 2 ei 2 e 2 i 2 eie j 2 e 2 i n i ji n i n i n i 1 n weil lim ei xw xw 0 0 n n –> i1 Def.: Mittlerer Fehler des arithmetischen Mittels: m 2 x 1 1 2 e i n n2 w xi 2 i Def.: Arithmetisches Mittel der 1 n 2 1 2 2 quadatischen Abweichungen der Einzelmessung: e ei x w x i n Def.: Standardabweichung: Gaub Zufällige Fehler lassen sich durch wiederholte MessungenE1"ausgleichen" WS14/15 => e2 m n i1 x xi 2 w n n 28 Streuungsmasse Problem: Da bei endlicher Zahl der Messungen i der wahre Wert xw nicht bekannt ist und somit auch ei und , bzw m nicht bestimmbar sind, Übergang zur Grössen relativ zum Mittelwert Def.: Abweichung vom Mittelwert: v i x x i x w x i x w x ei Def.: Mittlere quadratische 1 Abweichung vom Mittelwert: s 2 1 n weil ei ==> n i1 1 2 e i n i n i 2 2 1 2 ei ei n i n i s2 v i2 Gaub n 1 n 1 2 2 2 2 2 2 e m n 1 m i n i n 2 Alternative Schreibweise s 2 xw xi xw x m 2 1 1 2 2 2 s E1 WS14/15 vi x xi n i n i Vergleich 29 x xi 2 => Standardabweichung der Einzelmessungen: n 1 x x 2 Mittlerer Fehler des Arithmetischen Mittels: (Standardabweichung des Mittelwerts) m i nn 1 Gaub E1 WS14/15 30 Verteilungsfunktion Übergang zu normierten Verteilungen der Messwerte nj/n 1 k x n i x i n i1 F = ∆ni/n f(x) k m it x ∆xj xj Gaub i n i1 Verteilungsfunktion f x 1 nlimni xi Übergang zu infinitessimalen Intervallen, k–>oo für ∆xi 0 geht ∆ni 0, aber ni = ∆ni/∆xi bleibt endlich! n 1 n dn dx E1 WS14/15 f(x)dx gibt die Wahrscheinlichkeit, den Messwert bei x im Interwall dx zu finden 31 Eigenschaften der Verteilungsfunktion Die Verteilungsfunktion ist normiert: f x dx lim1 n n x 1 k weil x n n i i i i i1 Varianz e 2 2 x x f x dx 2 w Wenn nur statistische Fehler auftreten Normalverteilung (Gausssche Glockenkurve) f x Gaub E1 WS14/15 1 2 2 e xx w 2 2 2 32 f x Normalverteilung = 1/4 f(x) 1 x - xw Anmerkung : Bei gequantelten statistischen Vorgängen z.B. Photonenzählen geht die Gauss- in die Poissonverteilung über x x x f x e Gaub x! e P x w x i =1 0 2 2 xx w 2 2 2 Hat man aus n Messungen bestimmt, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein weiterer Messwert innerhalb der Standartabweichung liegt = 1/2 -1 1 x ganzzahlig E1WS14/15 x w f xdx x w Einsetzen und Integrieren ergibt: Pei 0,683(68% Vertrauensbereich) Pei 2 0,954(95% Vertrauensbereich) Pei 3 0,997(99% Vertrauensbereich) 33 Fehlerfortpflanzung Zu bestimmende Grösse y sein Funktion der Messgrösse x => dy df x dx dx x xi 2 x n-malige Messung liefert Standardabweichung y y Vorsicht Fehler im Demtröder f x dy n 1 y yi 2 y n 1 (x xdf x/ dx) 2 x x x dx Gaub n 1 df x y x dx x „Fortgepflanzte“ Standardabweichung E1 WS14/15 34 Fehlerfortpflanzung Zu bestimmende Grösse sei Funktion zweier Messgrössen f(x,y) , die jeweils unabhängig voneinander fehlerbehaftet seien x x x Mittelwert aus n Messungen y y y Mittelwert aus m Messungen Taylorentwicklung von f x, y um x , y v f ik f x i, y k f x v i , y uk 2 i n 1 u 2 k m 1 mit v i x i x mit uk y k y f x, y f x, y f x , y vi uk ... x x y y Lineare Näherung Gaub E1 WS14/15 35 Mittelwertbildung: 1 1 n m f f f fik f x , y vi x , y uk x , y nm i k n m i1 k1 dx dy Da 1 f f f x, y= constant n m f x, y mv i n uk dx n m x y i k und v u i k 0 f f x , y Das arithmetische Mittel der Funktionswerte ist gleich dem Funktionswert der arithmetischen Mittelwerte der Messgrössen Herleitung der Standardabweichungen mühsam siehe Bergmann Schäfer o ä. 2 2 f f f x2 y2 x y Wegen a b a b 2 Gaub 2 2 2 f f f w x, y f x, y x2 y2 x y f f f f w f x, y x y E1 WS14/15 x y 36 Ausgleichsrechnung Sei die Messgenauigkeit einer Grösse viel höher als die der anderen, hier z.B. ∆x << ∆y S yi axi b 2 x S 2 x i y i axi b 0 a i1 n S 2y i axi b 0 b i1 a und b entsprechen mit 68% Zuverlässigkeit dem wahren Wert a x i2 b x i x i y i i i i i b 1 nyi a nxi x y x x y b 2 i i i i i d a E1 WS14/15 i a xi b n yi 2 mit d n x x j Gaub y ax b n 2 i Weiterführend: - Maximum likelihood estimator - Bayesian inference Gesucht: Ausgleichgerade Minimierung der Summe der Abweichungsquadrate y n x y x y i i i i d 37 Beispiel: Herzschlagfrequenzen ruhender Fledermäuse aufgezeichnet in Panama (Quelle: Uni Konstanz) Gaub E1 WS14/15 38 Nicht die Zeitmessung unterliegt hier statistischen Schwankungen sondern eine Grösse von der die Frequenz exponentiell abhängt! ln (heart rate) Gaub E1 WS14/15 39