Transcript Plastik
Plastik aus dem griech.: „plassein“ = „bilden“, „formen“; Überbegriff für alle dreidimensionalen Kunstwerke, André Bloc: Plastik ist „die Kunst, Raum einzunehmen.“ Plastik Unterbegriff: Kunstwerk, das in einer formenden, aufbauenden und modellierenden Arbeitsweise erstellt wird; entsteht durch Hinzufügen bzw. Addition von Material Camille Claudel Gängigste Materialien: Ton und Wachs; auch Güsse, etwa aus Bronze, zählen zur Plastik im engeren Sinne, da der Werkstoff geschmolzen werden muss und sich bei der Herstellung im flüssigen Zustand befindet Skulptur: • abgeleitet vom lateinischen Verb „sculpere“: „Schneiden“ oder „Schnitzen" • beschreibt ein wegnehmendes Verfahren • entsteht durch Abtragen bzw. Subtraktion des Werkstoffes, • traditionelle Materialien sind Stein und Holz (Gips nur im sogen. „abgebundenem“ Zustand) August Rodin Objektkunst: • Formen werden nicht neu geschaffen, sondern aus der Bearbeitung und der Kombination von Gegenständen gewonnen • Gegenstände werden aus einem kunstfremden Zusammenhang genommen und zu einem Kunstwerk umgewandelt (objet trouvé, fr: Fundstück; Ready-made, engl: Fertigteil), • kunstfremde Verfahren: Schrauben, Schweißen, Kleben, Vernieten u.a. Marcel Duchamp, Fontaine, 1917 Marcel Duchamp, Das Fahrrad-Rad, 1913 Phasen des Werkprozesses (gestalterischer Prozess) Skizzen in Form von Zeichnungen Plastische Entwürfe (aus Ton = Bozzeto, Gipsentwurf, u.s.w) Auswahl des Materials und Ausführung der endgültigen Fassung Material/ Materialgerechtheit Die Wahl des Materiales hängt entscheidend vom „Charakter“ ab, den dieses vermittelt Bronze – eher „aktiv“ – warmer Farbton – Lebendigkeit, Stein – eher „passiv“ – kühl und distanzierend – Anspruch auf Ewigkeit Gips – verdankt seiner Entstehung dem Vorgang der Erstarrung Holz – natürlich gewachsen – lebendig und warm Antonio Canova „Ton ist Leben, Gips ist Tod, Bronze ist Wiederauferstehung Aspekte bei der Gestaltung einer Plastik Oberflächenbeschaffenheit: Der Tastsinn spielt bei der Gestaltung eine große Rolle. Eine Sache begreifen heißt sie auch zu verstehen Für viele Künstler ist /war es wichtig die Oberfläche einer Plastik bewusst zu gestalten und Werkspuren zu hinterlassen Plastizität Wird durch die Struktur der Oberfläche bestimmt Körperlichkeit Wechselspiel von Höhlungen (Vertiefung) = konkav Wölbungen (Erhebung) = konvex Material, Oberflächenbeschaffenheit und Plastizität bestimmen das Licht-Schatten-Spiel einer Plastik Rodin: Plastik ist die Kunst, die Formen im Spiel von Licht und Schatten darzustellen. Licht: abhängig vom Material und der Bearbeitung der Plastik ; z.B.: dunkler Ton – lichtarm; polierte Metalle – reflektieren Schatten: „Eigenschatten“ (Körperschatten) auf der Oberfläche einer Plastik „Schlagschatten“ (Außenschatten) „wirft“ die Plastik selbst Ansichtigkeit Einansichtig: Mehransichtig: Allansichtig: - freistehende Plastiken - Frontalansicht, - muss rundum erfahren (voll-bzw. rundplastisch), werden, - Relief, - sind umgehbar, - Werke, die vor - erklärt sich erst dann, haben oft aber nur einer Wand bzw. wenn der Betrachter eine „Hauptansicht“, in einer Nische sie voll umschritten von der aus sie am stehen, hat, - en face (von vorne) meisten Aufschluss - mehrere Schauseiten über sich geben zu betrachten, Die Kontur ändert - sind auf der Rücksich beim Umschreiten seite oftmals nicht ausgearbeitet Gerichtetheit/Achsen • Hauptrichtungen, die im Werk angelegt sind (z.B. „Kontrapost“- it.: Gegensatz) • Verlauf der Körperachsen, Richtungen „virtuell“ verlängern (Frage nach der Verspannung mit der Umgebung) Körper – Raum – Verhältnis: Ein Körper existiert nur in der Ausdehnung im Raum - den die Masse des Körpers einnimmt - den die Plastik umschließt oder in den sie hinausweist Blockhafte Plastik Raumoffene Plastik Hohl-, Mantelformen: - Material wird soweit = Kernplastik, - vorrangig konvexe - Wechselspiel zw. zurückgenommen, dass die positiven Formen Wölbungen, konvexen eher linear denn plastisch - gewinnt Energie aus und konkaven wirken, RAUMLINEATUR dem Inneren des Körpers, Partien - Raum gewinnt die - raumabweisend (Hohlform, Übermacht Durchbrüche), - raumgreifend, - raumweisend Anfertigen einer Raum/Masseverhältnis Zeichnung Der sogenannte Kleobis Anfang 6. Jh. v. Chr. Delphi, im Original erhalten Archaik • Die überlebensgrosse Jünglingsstatue wurde(1893) im Apollonheiligtum in Delphi aufgefunden. Die Statuen des Kleobis und Biton sind • Ein Jahr später kam in Delphikeine eine zweite, der im heutigen Sinne sondern Porträts ersten sehr ähnliche Sinnbilder menschlicher Stärke, Statuevielmehr (Biton) zum Vorschein. Tüchtigkeit und Ergebenheit. • Die beiden Skulpturen sind Vertreter der hocharchaischen Zeit. • Man bezeichnet diese als KUROS • Sie stehen frontal da • das eine Bein leicht vorgestellt • die Hände zu Fäusten geballt Noch deutlich: Einfluss des und an- die Geometrischen Stils:• (ca. 1050 ca. Hüfte gepresst. 700/675 v. Chr.) Vasenmalerei • Der Körper ist streng symmetrisch (hier: Dipylonvase mit 3eckigen Figuren) Im Körperaufbau fallen die massigen und blockhaften Gliedmaßen und das unausgewogene Verhältnis zwischen dem zu kurzen Oberkörper, den kurzen Armen dem zu großen Kopf und den Beinen auf. (achtet auf Knie, Beinstellung, Füße und die lineare Ausarbeitung der einzelnen Körperteile, des Gesichts und der Haare!) Weitere Vorgänger Ägypten Kreta Der sogenannte Kouros von Tenea Um 560/50 v. Chr. Original Benannt nach dem Fundort Tenea, einem Dorf in der Nähe Korinths. Die Jünglingsstatue stand ursprünglich über einem Grab, als Vermittler zwischen der Welt der Sterblichen und der Welt der Unsterblichen Archaische Statuen stellen weder Menschen noch Götter dar Im Gesicht fallen die präzis umrissenen und Nasesteht, auf, die Der Augen nackte Jüngling wie sind zum alle Lippen archaischen Kourosstatuen, «archaischen Lächeln» starr und unbewegt da; auchhochgezogen. wenn das eine Bein vorgesetzt ist, behält der Körper eine exakte Axialsymmetrie in einer strengen Frontalität. Auffallend stilisiert sind einzelne Partien des Körpers. Die Leistenwulste bilden einen spitzen Winkel, der Rippenkorb einen eigentümlichen Spitzbogen Ein strenges Rastersystem Die archaisch-griechischen Bildhauer benutzten ein einfaches Rastersystem, mit dem sie alle Höhen, Breiten und Tiefen der Statue festlegten. In diesem Rastersystem war auch das Verhältnis der Kopfhöhe zur Gesamthöhe des Körpers entscheidend. In der früh-griechischen Zeit sind Körpergrößen von 6; 6,5; 7 und 7,5 Anzahl Kopfhöhen belegt. Diese Kopfhöhen werden ihrerseits jeweils aus vier Quadrateinheiten gebildet. Der Gesamtraster umfasst in seiner maximalen Höhe folglich 24 (6x4 Einheiten), 26 (6,5x4), 28 (7x4) bzw. 30 (7,5x4) Einheiten Im Laufe der archaischen Zeit setzte sich immer mehr das Rastersystem mit dreißig durch. Dieses Verhältnis blieb dann über die ganze klassische Zeit hinaus bindend. Beim diesem Kouros sind wichtige Körperteile in ihrer Achsenlage exakt markiert sind; z.B.: Genau in der Körpermitte kommt der Gliedansatz zu liegen. Der archaischen Körperkanon lässt keine Bewegungen des Körpers oder Verschiebungen der Einzelpartien zu. Aus diesem Grund stehen die Kuroi, und auch die Koren, in relativ starrem Schema da. Der sogenannte Kritios-Knabe Kurz vor 480 v. Chr. (Athen) Original Auf dem Weg zur Klassik Das Thema der Skulptur, ein nackter stehender Knabe, steht noch vollkommen in der Tradition des sog. Kuros, doch die archaische Starrheit und die strenge Symmetrie sind bereits gelöst und entsprechen zum ersten Mal dem tatsächlichen Körperverhalten eines lebenden Menschen. Bemalte Kure Es wird hier deutlich zwischen einem Stand- und einem Spielbein unterschieden. Dieses Merkmal bleibt nicht nur auf die Beine beschränkt, es spiegelt sich auch im Hüftbereich wider. Der Kopf, ist leicht nach rechts gewendet nicht in „archaischen Frontalität“. Das Haar ist weiterhin mit dekorativen Mustern gegliedert. Deutlich wird ein zunehmendes Interesse für den menschlichen Körper erkennbar. Das naturgetreue Aussehen der Figur wurde durch ihre ursprüngliche Bemalung hervorgehoben; der Jüngling war, wie alle griechischen Statuen, einst komplett farbig gefasst. «Gott aus dem Meer»(Poseidon) Um 460 v. Chr. Original In der frühen Römerzeit bei einem Schiffsuntergang auf den Grund gesunken. Mit dem Wagenlenker aus Delphi und den beiden Kriegern aus Riace, die einzigen erhaltenen Bronzeoriginale aus dem 5. Jh. v. Chr. In seinen strengen und klaren Umrissen im Körper und vor allem im Gesicht ein Werk der frühen griechischen Klassik des sogenannten «Strengen Stils» Er steht in angespannter und aufgerichteter Haltung da. Die Komposition ist, unter Beibehaltung strenger Axialsymmetrie, frontal in die Breite ausgerichtet. Das meiste Gewicht des Körpers lastet auf dem nach vorne gestemmten linken Bein. Der rechte Arm holt nach hinten aus, während der linke Arm, weit zur Seite ausgestreckt ist. Ganz deutlich erkennt man die angespannten Adern und Muskeln. Der Kopf ist zu seiner Linken gewendet. Die Augen einst eingesetzt aus separat gearbeitetem Material, sind auf das unbestimmte Wurfziel gerichtet. Dass er ein Gott ist, geht aus dem überlebensgrossem Format hervor.(Zeus/Blitz oder Poseidon/Speer) Doryphoros des Polyklet» um 440 v. Chr. Nicht im Original erhalten!!! Die Statuen Polyklets, sind nach präzisen Proportionsvorgaben strukturiert. Ausgewogenheit der Komposition, klassischer Kontrapost, d. h. das Gewicht des ganzen Körpers ist auf das rechte (Stand)bein verlagert, während das linke (Spiel)Bein entlastet ist und dessen Fuss nach hinten versetzt ist. Der Gegensatz von Ruhe und Bewegung, Spannung und Entspannung sowie Hebung und Senkung erfasst sämtliche Teile des Körpers. Die Schräglage des Beckens wird durch die Entgegenneigung der Schultern ausgeglichen; der Rumpf bildet einen bogenförmigen Schwung, der besonders gut in der Wirbelsäule am Rücken ersichtlich wird. Polyklet ging es darum, den inneren Aufbau eines menschlichen Körpers und das zugrundeliegende Knochengerüst auch von Aussen her sichtbar zu machen und damit die Einzelteile auch in ihrer organischen Funktionalität verständlich zu machen. Die Breite der Schultern beträgt 1/5, die Taille 1/6, die Hüfte 1/5 der Körperlänge. Die Höhe des Kopfes macht 2/15, die des Gesichts 1/10, dessen Teilpartien jeder genau ein Drittel aus, also jeweils 1/30, usw. Jede Strecke des Körpers verhält sich somit in einem präzisen Verhältnis zur Gesamthöhe des Körpers. Hier wird klar, dass Polyklet seine Statuen nicht nach lebendigem Modell formte, sondern eine höchst künstliche Idealgestalt nach festgelegten Masssystem schuf. Der Schaber des Lysipp Aproxyomenus, um 320 v. Chr. Nicht im Original erhalten VORBEMERKUNG Die sportliche Tätigkeit spielte bei den Griechen eine zentrale Rolle. Die Ertüchtigung des eigenen Körpers durch Sport und Jagd zählte zu den Hauptbeschäftigungen eines Jünglings adliger Familien. Die freien Bürger der griechischen Stadtstaaten mussten einerseits in der Lage sein, ihre Gemeinschaft vor Feinden zu verteidigen, andererseits gehörte das gute Aussehen zu den Wesensmerkmalen einer moralischen Vollkommenheit. Der adlige Jüngling musste deswegen «kalos kai agathos» («schön und gut») sein, um seinen privilegierten Status zur Schau zu tragen. Aus diesem Grund sind die Athleten oft ein weit verbreitetes Thema in der griechischen Kunst. Der nackte männliche Körper erlaubte zudem den Künstlern ihre Fähigkeiten in der Nachahmung, ja Übertreffung der Natur unter Beweis zu stellen und so das Bild des idealen griechischen Mannes zu festigen Die Statue war bereits in der Antike berühmt und Lysipp einer der bekanntesten Bildhauer (Hofbildhauer Alexanders d.Gr) Griechenlands. Der nackte Mann reinigt sich mit seinem Schaber (griechisch apoxyomenos). Die nach vorne ausgestreckten Arme und der Blick in die Ferne, beziehen den Raum vor der Figur in einem früher nicht bekannten Ausmass ein. Das zur liess Seitedieweit ausgreifende gibt dem Agrippa Originalstatue nach Spielbein Rom überführen, um die Stand eine Leichtigkeit demwar von Thermen aufschwebende dem Marsfeld zu schmücken.und Tiberius diesem Meisterwerk begeistert, dass er ihn in den Körperaufbau einederart Dynamik. kaiserlichen Palast Das römische Volkdes verlangte aber Im Vergleich zumbrachte. schlanken Körperbau Athleten vehement wodurch deutlich wird, dass dieses wirkt der seine Kopf Rückgabe, auffällig klein. Standbild für die Römer viel mehr war als nur ein Kunstwerk. Aphrodite von Knidos Praxiteles um 340 v. Chr. Ihr Ruhm beruhte zweifellos vor allem auf der Tatsache, dass sie die erste Statue war, die einen weiblichen Körper in völliger Nacktheit zeigte. Die Göttin nimmt ein Bad , die Nacktheit wird dadurch in natürlicher Weise begründet. Man zum unbemerkten Beobachter, damals eine neue Erfahrung. Viele Standbilder des 4. Jhs. v. Chr. zeigen nun Götter bei alltäglichen Handlungen – ganz im Gegensatz zur Kunst des 5. Jhs., in der die Götter wie unnahbar und durch nichts abgelenkt erscheinen. Praxiteles soll angeblich seine Geliebte, die berühmte Kurtisane namens Phryne, porträtiert haben. Das Heiligtum Knidos wurde zu einer «touristischen Attraktion». Das Werk in der Mitte eines Rundbaus, konnte man dank einer rückwärtigen Tür auch von hinten bewundern. Aphrodite steht im klassischen Kontrapost mit nach rechts gewendetem Kopf da. Typisch für Praxiteles ist die schwungvolle Kontur es Körpers in der Vorderansicht. Während der rechte Arm liegt vor dem Bauch und bedeckt die Scham, die linke hält das Gewand, die sie auf den Krug neben ihr herabgleiten lässt. Sie hat relativ breite Hüfte und im Vergleich zum Körper einen schmalen Brustkorb und einen kleinen Busen. Dies ist auf das geschlechtsspezifisch modifizierte Proportionierungssystem zurückzuführen: Die Breite der Hüften und der Schultern sind erneut ein Fünftel und die Taille ein Sechstel der Körpergrösse . Bestimmte Strecken werden nun von der ponderierten Grösse der Spielbeinseite ableitet: So beträgt die Hüfte der Knidia einen Fünftel der normalen Skala, während sich die Breitenmasse der Taille und der Schultern von der ponderierten Skala ableiten. Allein aufgrund dieses Systems wird klar, dass auch Praxiteles hier keineswegs ein lebendes Modell nachmodelliert hat. Nike von Samothrake 190 v. Chr., Insel Samothrake, Original Die im Anflug auf einen Schiffsbug dargestellte Siegesgöttin, soll an eine gewonne Seeschlacht erinnern. Der Bug war einst in einem Wasserbecken plaziert, und gab eine künstlich-natürliche Kulisse ab. Mit dem weit ausgreifendem rechten Bein stemmt sie sich gegen das Bootsdeck und sucht mit dem zurückgesetzten linken Fuß das Gleichgewicht. Diese Instabilität wird durch die versetzt aufeinander aufbauenden Körperachsen sowie durch die ausgebreiteten mächtigen Schwingen verstärkt. Der dünne nasse Chiton klebt am Körper, eine Spange hat sich gelöst und er ist bis auf den Ansatz der Brust hinabgeglitten. Das große Manteltuch ist um die rechte Hüfte geschlungen und bildet im Gegensatz zur Transparenz des Chitons Stoffmassen, die sich sperrig um den Unterkörper bauschen. Der verlorene rechte Arm wird eine Siegerbinde gehalten haben. Die dynamisch gegeneinander gesetzten Körperachsen sowie die «barocke» Gewandgestaltung sind Charakteristika, die bezeichnend für die Plastik des Hochhellenismus sind.