Depression im Alter: Involutionsdepression? - Seminare

Download Report

Transcript Depression im Alter: Involutionsdepression? - Seminare

Depression im Alter
Dr. R. Stettler
Sonnenhalde
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
4125 Riehen / Basel
Depression im Alter:
Involutionsdepression?
• seltener positive FA
• schlechtere Prognose
• häufiger wahnhafte Formen
• jedoch:
» Literatur inkonsistent
» Gemeinsamkeiten depressiver Störungen mit
frühem und spätem Beginn grösser
» im ICD-10 und seit DSM-III keine
Involutionsdepression mehr
Depression im Alter:
Diagnostische Probleme
• Symptome werden fälschlicherweise als
natürliche Folge des Alterungsprozesses
gedeutet
• ausgeprägte Fluktuation der Symptome
• Auftreten von Depressionen bei
altersassoziierten Hirnerkrankungen (Demenz,
M. Parkinson)
• Polypharmazie (depressiogener Einfluss
bestimmter Pharmaka)
Depression im Alter:
depressiogene Medikamente
• Antikonvulsiva
• Antihypertonika
(Reserpin, Clonidin,
Diuretika)
• Antiparkinsonika
(Amantadin, L-Dopa,
Bromocriptin)
• Tuberkulostatika
• Barbiturate
• Benzodiazepine
• Beta-Blocker
(Propranolol)
• Cholinesterasehemmer
• Cimetidin, Ranitidin
• Orale Kontrazeptiva
• Corticosteroide
Depression im Alter:
Psychopathologie
• dominieren von:
–
–
–
–
–
–
somatische Symptome
hypochondrische Befürchtungen
Angst
klagsam-dysphorischer Affekt
kognitive Störungen
paranoide und nihilistische Symptomatik
Depression im Alter:
Risikofaktoren
• wiederholte Depressionen in der
Vorgeschichte
• depressive Persönlichekeitsstruktur
• soziale Isolierung und Einsamkeit
• körperliche Erkrankungen
• Konflikte mit Angehörigen
• mangelnder sozialer Rückhalt
Depression im Alter:
Folgen einer unerkannten Depression
• Verlust der Lebensqualität
• soziale Isolation
• erhöhte Mortalität (Suizide)
• erhöhte Vulnerabilität gegenüber
somatischen Erkrankungen
• Aufnahme ins Pflegeheim
• finanzielle Lasten
Depression im Alter:
Häufigste Auslöser
• Verlust der Selbständigkeit infolge körperlicher
Erkrankungen
• Mangelnder sozialer Rückhalt, Vereinsamung,
soziale Isolation, Verlust von Angehörigen und
Freunden
• Eintritt in den Ruhestand
• Soziale Entwurzelung
• Finanzielle Sorgen
• Negative Lebensbilanz, Auseinandersetzung mit
dem Tod
Depression im Alter:
Prognose
• bei wiederholtem Auftreten im Alter :
Chronifizierungstendenz
• bei Erstmanifestation im Alter: Prognose
vergleichbar mit jüngeren Patienten
Depression im Alter:
Wirken Antidepressiva?
• TZA, SSRI und Moclobemid:
– in zahlreichen RCT Wirksamkeit
nachgewiesen
• Venlafaxin, Nefazodon und Mirtazapin:
– wachsende Hinweise auf gute Wirksamkeit
Cave: Untersuchung von hochselektierten Patientengruppen
(teiweise Einschlussrate <5%)
Depression im Alter:
Erhöhtes Nebenwirkungsrisiko der AD
• Erhöhte Wirkspiegel bei reduzierter Clearance (Alter,
Komorbidität, Interaktionen)
• Erhöhte Wirkspiegel durch Fehleinnahme (kognitive
Störungen, Polypharmazie)
• Pharmakodynamische Faktoren
• erhöhte Sensitivität (z. Bsp. Rezeptorsens.)
• geringe Homöostase-Kapazität
• Interaktionen
• Organische Vorschädigungen (zerebral, kardial)
• Erhöhte Folgerisiken von Nebenwirkungen
• Stürze / Schenkelhalsfraktur
• Sedierung / Delir / Inaktivität
Depression im Alter:
Nortriptylin / Desipramin
• sekundäre Amine
» NA-Rückaufnahme-Hemmung > 5-HT-Rückaufnahmehemmung
• Vorteile
» geringe periphere und zentrale anticholinerge NW
» geringere orthostatische Dysregulation
» geringere Kardiotoxizität
» grössere Überdosierungssicherheit
• Dosierung
» 50 - 200mg /d
Depression im Alter:
SSRI
• Vorteile
» bessere Verträglichkeit
» Kognition kaum beeinträchtigt
» keine Kardiotoxizität
• Nebenwirkungen / Probleme
»
»
»
»
»
Nausea
innere Unruhe /Akathisie
Schlafstörungen
Kopfschmerzen
SIADH mit Hyponatriämie
Depression im Alter:
Venlafaxin
• Cave:
– diastolische BD-Erhöhungen unter
höheren Dosen (>200mg/Tag) bei 313% der Patienten
Depression im Alter:
AD und Cytochrom P450 - Inhibition
•
•
•
•
•
•
•
•
Fluoxetin:
Fluvoxamin:
Paroxetin:
Citalopram:
Sertralin:
Venlafaxin:
Mirtazapin:
Nefazodon:
CYP2D6; CYP2C9
CYP1A2
CYP2D6
keine
keine
keine
keine
CYP3A4
Depression im Alter:
AD bei kardialen Störungen
• Gefahren der TZA
» proarrhythmisch (chinidinähnlich, ventrikuläre
Arrhythmien nach kardialer Ischämie), deshalb in
den ersten 2 Monaten nach Myocardinfarkt nicht
einsetzen
» häufiger orthostatische Hypotensionen bei
kardialer Vorerkrankung
Depression im Alter:
AD bei Parkinson-Syndrom
• TZA
» BD-Abfall (Potenzierung der alpha-Blockade mit LDopa)
» keine Effekte auf Motorik
» jedoch: Trimipramin + Clomipramin sind
D2blockierend
• Moclobemid
» Cave: gleichzeitige Gabe von MAO-B-Hemmer
Seligilin (tyraminarme Diät erforderlich)
• SSRI
» können Parkinson-Symptomatik verschlechtern
Depression im Alter:
AD bei Demenz
• TZA
» anticholinerge Wirkung führt zu kognitiver
Verschlechterung
» Gefahr des Delirs
• SSRI, Moclobemid
» Mittel der ersten Wahl
Depression im Alter:
AD bei Status nach CVI
• TZA
» Gefahr des Delirs
» Erniederigung der Krampfschwelle
• SSRI
» in RCT Wirksamkeit für Citalopram bei guter
Verträglichkeit nachgewiesen
• Methylphenidat
» rasches Ansprechen beschrieben
Depression im Alter:
AD bei Diabetes mellitus
• TZA
»
»
»
»
Hypoglykämie als Akuteffekt beschrieben
Hyperglykämie bei längerfristigen Behandlungen
Gewichtszunahme
Kohlehydrat-Craving
• SSRI
» keine Gewichtszunahme
» Verbesserung der Glucosetoleranz
• Tranylcypromin
» ausgeprägte Hypoglykämien beschrieben
» Tyraminfreie Diät notwendig
Depression im Alter:
Anticholinerg wirksame Medikamente
•
•
•
•
•
•
•
TZA
Niederpotente NL (Promethazin, Levomepromazin)
Clozapin
Antiparkinson-Mittel (Biperiden)
Diphenhydramin
Antiarrhythmika (Chinidin, Disopyramid)
weitere Internistika:
Ranitidin,
Codein, Warfarin, Theophyllin, Nifedipin, Digoxin,
Prednisolon, Dipyramidol
Depression im Alter:
Medikamentenauswahl
•
•
•
•
•
•
•
•
Nebenwirkungsprofil
Pharmakokinetik
Aspekte der Interaktion
Anwendbarkeit bei Begleiterkrankungen
Überdosierungssicherheit
Lange Anwendungserfahrung
Gutes Ansprechen bei früheren Episoden
Preis
Depression im Alter:
Auswahl der AD
TZA
SSRI
SNRI
(Venlafaxin)
NaSSA
(Mirtazapin)
Nefazodon
MAO-AHemmer
(Moclobemid)
Überdosierungssicherheit
-
+
+?
+?
?
+
Günstiges Nebenwirkungsprofil
-
+
+
+
+
+
Sedierung
+
-
-
+
+
-
Lange Anwendungserfahrung
+
+/-
-
-
-
+/-
nach Hegerl U. + Möller HJ, 2000
Depression im Alter:
AD bei Begleiterkrankungen
TZA
SSRI
MAO-A-Hemmer
(Moclobemid)
Kardiale
Erkrankungen
-
+
+
Parkinson-Syndrom
+
-
+
Demenz
-
+
-
Zustand nach Insult
-
+
-
Diabetes mellitus
-
+
?
nach Hegerl U. + Möller HJ, 2000
Depression im Alter:
Weitere Empfehlungen
• niederige Initialdosis, langsames
Aufdosieren
• ähnliche Wirkspiegel wie bei Jüngeren
anstreben (oft mit niederigeren Dosen zu
erreichen; evtl. Spiegelbestimmung)
• längere Wirklatenz
• nach 4-5 Wochen bei unbefriedigender
Wirkung wechseln des AD
Download
Weitere Präsentationen zu den
Themenbereichen Psychiatrie, Seelsorge,
Lebensberatung finden Sie auf der
Homepage
www.seminare-ps.net