Nahrungsmittelspekulation und Recht auf Nahrung

Download Report

Transcript Nahrungsmittelspekulation und Recht auf Nahrung

Nahrungsmittelspekulation: Was machen meine Bank und meine
Versicherung?
Nahrungsmittelspekulation und das Recht auf Nahrung
5. November 2013
Nahrungsmittelspekulation und das Recht auf Nahrung
Folie 1
Was ist das Recht auf Nahrung? (1)
ein weltweit anerkanntes Menschenrecht:
 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948), Art. 25:
«Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie
Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschliesslich Nahrung, …»
 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1966), Art. 11:
«Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden auf einen angemessenen
Lebensstandard für sich und seine Familie an, einschliesslich ausreichender
Ernährung, ... Die Vertragsstaaten unternehmen geeignete Schritte, um die
Verwirklichung dieses Rechts zu gewährleisten, …»
 jeder Mensch hat Anspruch auf Schutz und Gewährleistung dieses Rechts:
 jeder Mensch ist ein «Rechtsträger» (rights holder)
 die Staaten bzw. Behörden sind «Verpflichtungsträger» (duty bearers)
 zur Überwachung und Durchsetzung: «Rechenschaftsorgane» (accountability
agencies) 
5. November 2013
Nahrungsmittelspekulation und das Recht auf Nahrung
Folie 2
Was ist das Recht auf Nahrung? (2)
 Allgemeiner Kommentar Nr. 12 des UN-Ausschusses zu den wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Rechten: «Das Recht auf angemessene Nahrung ist
dann verwirklicht, wenn jeder Mann, jede Frau und jedes Kind … jederzeit
physisch und wirtschaftlich Zugang zu angemessener Nahrung oder
Mitteln zu ihrer Beschaffung hat.»
 Jean Ziegler, erster UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung:
Das Recht auf Nahrung ist «das Recht, einen regelmässigen, dauernden und
uneingeschränkten Zugang - entweder direkt oder mittels Kauf - zu quantitativ
und qualitativ angemessener Nahrung zu haben, die den kulturellen
Traditionen der eigenen Bevölkerung entspricht und ein physisch und geistig,
individuell und kollektiv erfüllendes und würdiges Leben ohne Angst
gewährleistet». 
5. November 2013
Nahrungsmittelspekulation und das Recht auf Nahrung
Folie 3
Wie verstösst Nahrungsmittelspekulation gegen das Recht auf
Nahrung?
Spekulation mit Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln
 trägt zu Preissteigerungen und hohen Preisen von Grundnahrungsmitteln bei
 führt zu häufigeren und stärkeren Preisschwankungen
 lässt über Preissteigerungen die Zwischenhändler und Grossbauern profitieren,
nicht aber die Kleinbauern
 am Existenzminimum lebende Menschen können nicht mehr genügend
Nahrungsmittel kaufen
 bereits unterernährte Menschen können sich noch weniger Nahrungsmittel leisten
 unvorhersehbare Preisentwicklungen bremsen Investitionen in der kleinbäuerlichen
Landwirtschaft zulasten der langfristigen Ernährungssicherheit
 Unterernährung führt zu Krankheiten, lebenslänglichen Entwicklungsschäden bei
Kindern und Jugendlichen und zu frühzeitigem Tod
 kein «erfüllendes und würdiges Leben ohne Angst» mehr möglich 
5. November 2013
Nahrungsmittelspekulation und das Recht auf Nahrung
Folie 4
Was hat der Staat für menschenrechtliche Pflichten? (1)
 Achtungspflicht: Menschenrechtsverträglichkeit des staatlichen Handelns
 Schutzpflicht: Schutz vor Menschenrechtsverstössen durch Dritte
 Gewährleistungspflicht: aktive Erfüllung von Menschenrechten
 auf kommunaler, kantonaler und nationaler Ebene
 auch gegenüber RechtsträgerInnen im Ausland:
Maastrichter Prinzipien zu den extraterritorialen Staatenpflichten:
«20. Alle Staaten haben die Verpflichtung, von Verhalten Abstand zu
nehmen, das den Genuss und die Ausübung von wirtschaftlichen, sozialen
und kulturellen Rechten durch Personen ausserhalb ihres Territoriums
unmöglich macht oder beeinträchtigt. […]
24. Alle Staaten müssen die notwendigen Massnahmen ergreifen um
sicherzustellen, dass nicht-staatliche Akteure, […] wie […] transnationale
Konzerne und andere Firmen, den Genuss von wirtschaftlichen, sozialen
und kulturellen Rechten nicht unmöglich machen oder beeinträchtigen.
[…]» 
5. November 2013
Nahrungsmittelspekulation und das Recht auf Nahrung
Folie 5
Was hat der Staat für menschenrechtliche Pflichten? (2)
Dies bedeutet bezüglich Nahrungsmittelspekulation:
 Achtungspflicht: keine Beteiligung des Staates an Nahrungsmittelspekulation über Geldanlagen (von Gemeinwesen, staatl. Pensionskassen,
staatl. Betriebe, …) und über die Kantonalbanken
 Schutzpflicht: Schutz der Bevölkerung im Globalen Süden vor
spekulationsbedingten Preissteigerungen mittels Regulierungen/Verboten
In der Pflicht sind:
 Exekutiven auf Gemeinde-, Kantons- und Bundesebene (Gemeinderäte,
Stadt- und Kantonsregierungen, Bundesrat, Ämter)
 Legislativen auf Gemeinde-, Kantons- und Bundesebene (Stadt- und
Kantonsparlamente, Bundesparlament) 
5. November 2013
Nahrungsmittelspekulation und das Recht auf Nahrung
Folie 6
Was hat die Wirtschaft für menschenrechtliche Pflichten? (1)
im klassischen Verständnis sind nur Staaten Verpflichtungsträger und
rechtlich bindenden Pflichten unterworfen
Wandel: in der Völkerrechts-Lehre vermehrt Zuordnung von Rechten und
Pflichten auch an Individuen und Unternehmen (rechtlich nicht bindend)
Menschenrechtserklärung, Präambel: «damit jeder einzelne und alle Organe
der Gesellschaft […] sich bemühen, […] die Achtung vor diesen Rechten und
Freiheiten zu fördern und […] ihre […] Anerkennung und Einhaltung […] zu
gewährleisten»
Wirtschafts- und Sozialpakt, Präambel: «… dass der einzelne gegenüber
seinen Mitmenschen und der Gemeinschaft […] Pflichten hat und gehalten ist,
für die Förderung und Achtung der in diesem Pakt anerkannten Rechte
einzutreten …»
Allgemeiner Kommentar 12 zum Pakt: «[…] obliegt allen Mitgliedern der
Gesellschaft - Einzelpersonen, Familien, […] sowie dem privaten
Unternehmenssektor - eine Verantwortung dafür, das Recht auf
angemessene Ernährung zu verwirklichen» 
5. November 2013
Nahrungsmittelspekulation und das Recht auf Nahrung
Folie 7
Was hat die Wirtschaft für menschenrechtliche Pflichten? (2)
UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte (Ruggie):
«II. Die Unternehmensverantwortung für die Achtung der Menschenrechte
…
11. Unternehmen sollen Menschenrechte achten. Dies bedeutet, dass sie
es vermeiden sollen, Menschenrechte anderer zu verletzen, und dass sie
sich mit den nachteiligen Auswirkungen auf die Menschenrechte befassen, in
die sie involviert sind.»
Fazit:
Die Unternehmen haben (noch) keine rechtlich verbindliche Verpflichtung,
aber eine vielfach statuierte Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte. 
5. November 2013
Nahrungsmittelspekulation und das Recht auf Nahrung
Folie 8
Was hat die Wirtschaft für menschenrechtliche Pflichten? (3)
Dies bedeutet bezüglich Nahrungsmittelspekulation:
 Banken und Fondsanbieter müssen Agrargüter aus ihren spekulativen
Anlageformen entfernen und dürfen keine Anlageformen/Finanzinstrumente
mehr anbieten, die sich auf Agrargüter beziehen.
 Versicherungen inkl. Pensionskassen müssen ihre Kapitalien aus Anlagen
abziehen, die auf Agrarrohstoffe spekulieren, und dürfen nicht mehr in solche
investieren. 
5. November 2013
Nahrungsmittelspekulation und das Recht auf Nahrung
Folie 9
Was haben die Individuen für menschenrechtliche
Pflichten?
ähnlich Unternehmen: keine rechtlich verbindliche Verpflichtung, aber eine
explizite Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte
Dies bedeutet bezüglich Nahrungsmittelspekulation: Wir sind aufgefordert,
 bei unseren Banken nachzufragen, ob sie mit unserem Geld auf
Agrarrohstoffe spekulieren
 bei unseren Versicherungen (inkl. Pensionskassen und Vorsorgestiftungen)
nachzufragen, ob sie unsere Prämiengelder in Agrarrohstoff-Märkten
anlegen
 die Banken und Versicherungen aufzufordern, aus diesen Geschäften
auszusteigen
 allenfalls die Bank und die Versicherung zu wechseln. 
5. November 2013
Nahrungsmittelspekulation und das Recht auf Nahrung
Folie 10
Akteure und Prozesse aus menschenrechtlicher Sicht
Verpflichtungsträger:
Rechenschaftsorgane: z.B.
Menschenrechtsrat, CESCR,
Sonderberichterstatter
Schutz
Norden
machung
WiedergutGewährleistung
Achtung
Verletzung
Staaten
 Regierung, Behörden (Exekutive)
 Parlamente (Legislative)
Beobachtung
Gerichte, MenschenrechtsGerichtshöfe
Information, Druck
Rechtsträger:
Individuen
parlamentarische
Kommissionen, CSOs
Verstoss
Achtung
Gemeinschaften
Dritte:
Individuen
Unternehmen
Süden
5. November 2013
Nahrungsmittelspekulation und das Recht auf Nahrung
Folie 11
Nahrungsmittelspekulation aus menschenrechtlicher Sicht
Verpflichtungsträger:
Rechtsträger:
Individuen
Gemeinschaften
5. November 2013
Information,
Druck, Initiative
Schutz:
Regulierung,
Verbot der
Spekulation
keine Geldanlagen in
Spekulation
Achtung:
Schweiz als Staat
 Bundesrat
 Parlament
Verstoss durch
Spekulation
Aufgabe der
Spekulation
Rechenschaftsorgane: z.B.
zivilgesellsch. Organisationen,
z.B. BFA, FO, FIAN, Juso, …
Sonderberichterstatter RaN,
FAO, UNCTAD, …
Information,
Druck, Anregung
Dritte in der Schweiz:
Banken, Versicherungen, …
Geld
Druck
KundInnen der Finanzinstitute
Nahrungsmittelspekulation und das Recht auf Nahrung
Folie 12