(PatRG) - Kanzlei für Medizinrecht

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Entwurf zum Patientenrechtegesetz (PatRG)
Gespräch mit dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung im
AOK-Bundesverband
Berlin, 05.08.2010
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Inhalt
Artikel 1: Recht auf gute und sichere Behandlung und Pflege
Artikel 2: Dignität und Persönlichkeitsrechte der Patienten
1. Diskriminierungsverbot
2. Datenschutz
3. Rechte von Minderjährigen
4. Rechte älterer Menschen
5. Rechte von Behinderten und Beeinträchtigten
Artikel 3: Gewährleistung der Patientenautonomie
Artikel 4: Dokumentation
Artikel 5: Einsichtsrechte des Patienten
Artikel 6: Organisation, Risikomanagement, Qualitätsmanagement und
Beschwerdemanagement
Artikel 7: Fehlerregister
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Artikel 1:
Recht auf gute und sichere Behandlung und Pflege
Jeder Patient hat ein Recht auf eine gute und sichere
Behandlung und Pflege. Der jeweilige medizinische
und pflegerische sowie organisatorische Standard
ist im Behandlungsprozess zu gewährleisten.
Ziel:
gute und sichere Behandlung und Pflege
Vollzug:
Gewährleistung des medizinischen,
pflegerischen und organisatorischen
Standards
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Artikel 2:
Dignität und Persönlichkeitsrechte der Patienten
Jeder Patient hat ein Recht auf die Wahrung seiner
Würde und Privatheit.
Nr. 1: Diskriminierungsverbot
Kein Patient darf wegen seines Alters, seines
Geschlechts, seiner ethnischen Herkunft, seiner Religion
oder Weltanschauung, einer Behinderung, seiner
sexuellen Identität oder der Art und Ursache seiner
Erkrankung benachteiligt oder diskriminiert werden.
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Artikel 2
Nr. 2: Datenschutz
Die Daten des Patienten müssen vor dem Zugriff Dritter
geschützt werden. Dieser Schutz erstreckt sich auch auf
die Anwesenheit von Dritten. Die Persönlichkeitssphäre
des Patienten ist zu schützen.
Ziel:
Datenschutz und Schutz der Persönlichkeitssphäre auch bei
Anwesenheit Dritter, etwa bei der ärztlichen Visite oder der
Anmeldung in der Arztpraxis.
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Artikel 2
Nr. 3: Rechte von Minderjährigen
Bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen sind
deren besonderen Belange zu berücksichtigen und
sicherzustellen. Nach dem Reifegrad des minderjährigen
Patienten ist seine Patientenautonomie zu
berücksichtigen und zu schützen. Dabei wird vermutet,
dass Kinder und Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr
eigenverantwortlich eine Behandlung ablehnen können.
Ziel:
Rechte der Minderjährigen sollen geschützt werden.
Vermutungsregelung verschafft Minderjährigen ein „Vetorecht“.
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Artikel 2
Nr. 4: Rechte älterer Menschen
Bei der ärztlichen und pflegerischen Behandlung von
alten Menschen sind deren besonderen Belange zu
berücksichtigen. Alten Menschen ist besonders auch
dann mit Würde, Respekt und Achtung vor der Person
zu begegnen, wenn sie hilflos sind oder unter Betreuung
stehen.
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Artikel 2
Nr. 5: Rechte von Behinderten und Beeinträchtigten
Patienten mit körperlichen, geistigen oder seelischen
Beeinträchtigungen ist mit Würde, Respekt und
Achtung vor der Person zu begegnen, wobei auf die
individuelle Behinderung einzugehen ist.
Ziel:
Rechte von Behinderten und Beeinträchtigten müssen gestärkt
werden. Diese Personengruppe darf z.B. bei der ärztlichen
Aufklärung nicht übergangen werden.
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Artikel 3: Gewährleistung der Patientenautonomie
Jeder Patient hat das Recht sich behandeln oder
nicht behandeln zu lassen. Der Patient ist über seine
Diagnose und die geplante Behandlung vollständig
und rechtzeitig zu informieren. Insbesondere muss
der Patient vollständig über die Erfolgsaussichten,
die Art, den Umfang und die Risiken der geplanten
Behandlung sowie deren indizierte und zur
Verfügung stehende standardmäßigen Alternativen
auch im Vergleich zur Nicht-Behandlung informiert
werden. Der Patient kann auf diese Information
verzichten, wenn ihm zuvor ein Eindruck von der
beabsichtigten Behandlung verschafft wurde.
Zentrales Leitmotiv der Patientenrechte: Patientenautonomie
statt Paternalismus
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 Zu Artikel 3: Patientenautonomie (1)
Patientenautonomie ist bisher gesetzlich nicht geregelt.
Zu den Aufklärungspflichten des Arztes existiert eine
differenzierte Rechtsprechung.
Dennoch Rechtsunsicherheit für Arzt und Patient:
Worüber muss der Arzt aufklären? Wie weit geht seine
Aufklärungspflicht? Hierzu existieren keine verbindlichen
Standards.
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 Zu Artikel 3: Patientenautonomie (2)
Wer trägt die Beweislast?
Arzt muss Aufklärungsgespräch und Inhalt des
Aufklärungsgespräches beweisen.
Arzt kann sich bei Aufklärungsfehler durch den Einwand der
hypothetischen Einwilligung entlasten.
Durch gesetzliche Verpflichtung zur Aufklärung wird der Einwand
der hypothetischen Einwilligung nur noch selten greifen können.
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 Zu Artikel 3: Patientenautonomie (3)
Neu: Aufklärungspflicht über standardmäßige Alternativen
Bisher nach der Rspr.: Aufklärungspflicht nur über sog. „echte
Behandlungsalternativen“ (Darunter sind Behandlungen mit identischen
Erfolgschancen aber geringeren Risiken zu verstehen.)
Durch die Neuregelung ist grundsätzlich über standardmäßige
Alternativen aufzuklären. Dies ist angesichts eines
klinikübergreifenden Risiko- und Qualitätsmanagements
zeitgemäß.
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 Zu Artikel 3: Patientenautonomie (4)
Ziel der gesetzlichen Regelung:
- Rechtsicherheit für Arzt und Patient
- Verbesserung der Aufklärungsqualität im Klinikalltag
- gesetzlich geregelte Aufklärungspflicht zieht
möglicherweise verbindliche Aufklärungsstandards
nach sich
- Aufklärungspflicht über standardmäßige Alternativen
verbessert die Qualität der medizinischen Versorgung
- Einwand der hypothetischen Aufklärung wird
überflüssig
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Artikel 4: Dokumentation
Jeder Patient hat ein Recht auf eine umfassende,
wahre und fälschungssichere Dokumentation seiner
Behandlung. Jeder Patient hat das Recht auf die
Beseitigung von Fehlern in seiner
Behandlungsdokumentation.
Ziel:
Rechtslage nach der Rechtsprechung zu normieren, um
Rechtssicherheit zu schaffen.
Neu:
Recht auf Beseitigung von Fehlern in der ärztlichen
Dokumentation.
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Artikel 5: Einsichtsrechte
Jeder Patient hat ein Recht auf Einsicht in seine
individuelle Behandlungsdokumentation sowie auf
die zeitnahe Herausgabe von Kopien der
vollständigen Dokumentation auf seine Kosten.
Artikel 5 gibt die aktuelle Rechtslage nach der Rechtsprechung
wieder. Fordert der Patient die Behandlungsunterlagen jedoch
selbst an, d.h. ohne Rechtsanwalt, werden ihm die Unterlagen
oftmals nicht oder nur unvollständig übersandt.
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Artikel 6:
Organisation, Risikomanagement,
Qualitätsmanagement und Beschwerdemanagement
(1) Jeder Patient hat ein Recht auf eine gute Organisation seiner
Behandlung durch den Organisationsträger. Dieses Recht umfasst die
behandlungsangemessene sachliche, fachliche, finanzielle und
personelle Ausstattung, die für die Durchführung einer Behandlung
erforderlich ist. Der Organisationsträger hat die Information des
Patienten, die Dokumentation seiner Behandlung und die
Einsichtsmöglichkeit in die Behandlungsunterlagen des Patienten
sicherzustellen.
(2) Ein dem jeweiligen Stand der Wissenschaft entsprechendes
Qualitäts-, Risiko- und Beschwerdemanagement muss in jeder
Behandlungsinstitution gewährleistet sein. Das Risikomanagement
dient im Rahmen der Qualitätssicherung der Verminderung und
Vermeidung von unerwünschten Ereignissen in medizinischen
Behandlungsprozesssen.
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Artikel 7: Fehlerregister
Bundesweite Fehlerregister für Behandlungsfehler,
Medizinprodukte und Arzneimittel sind jeweils bei
einer Bundesbehörde einzurichten. Jeder Patient hat
das Recht diese Fehlerregister einzusehen. Dem
steht es gleich, wenn die bestehenden Fehlerregister
innerhalb zweier Jahre aufeinander abgestimmt und
veröffentlicht werden.
Behandlungsfehlerregister müssen auf freiwilligen Angaben
beruhen.
Implantatregister/Medizinprodukteregister und Register über
Arzneimittelschädigungen sollten verpflichtend eingeführt
werden.
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Artikel 8: Haftung für Behandlungsfehler
Jeder Patient hat einen Anspruch auf Schmerzensgeld und
Schadensersatz, wenn der Behandlungsvertrag durch einen
ärztlichen Behandlungsfehler verletzt wird und der Patient
dadurch einen Schaden erleidet. Diese Ansprüche richten
sich gegen den behandelnden Arzt bzw. gegen den
jeweiligen Klinikträger. Die Beweislast für den
Behandlungsfehler und den Schaden trägt der Patient. Der
Ursachenzusammenhang zwischen Behandlungsfehler und
Schaden wird widerlegbar vermutet.
Alternative für Artikel 8: Amtsermittlungsgrundsatz
Im Arzthaftungsprozess sind der medizinische Standard, die
ewaige Abweichung von diesem Standard sowie die
Kausalität zwischen Behandlungsfehler und Schaden von
Amts wegen zu ermitteln.
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 Zu Artikel 8: Haftung für Behandlungsfehler
Standardfrage 1:
Umkehr der Beweislast auch bei einfachen
Behandlungsfehlern? Ja oder nein?
Beispielfälle:
LG Stuttgart, 5 U 220/09 – Urteil vom 02.06.2010
LG Berlin, 6 O 114/07 – Urteil vom 15.06.2010
In beiden Fällen: identischer medizinischer Sachverhalt.
Sachverständige müssen zu identischer Frage Stellung nehmen.
Prof. A. (OLG Stuttgart): „grober Behandlungsfehler“
Prof. B. (LG Bremen): „einfacher Behandlungsfehler“
Ergebnis:
OLG Stuttgart: Patient erhält Schmerzensgeld von 35.000,00 €
LG Berlin: Klageabweisung
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 Zu Artikel 8: Haftung für Behandlungsfehler
Bisherige Rechtsprechung:
Umkehr der Beweislast nur bei groben Behandlungsfehlern
Standardfrage 2:
Wann liegt ein grober oder nur ein einfacher
Behandlungsfehler vor?
Antwort:
Hängt davon ab, ob der Sachverständige mit dem rechten oder
linken Bein zuerst aufgestanden ist.
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 Zu Artikel 8: Haftung für Behandlungsfehler
Wie kann dieser unbefriedigende Zustand beendet werden?
Lösungsvorschläge:
1. partielle Beweislasterleichterung für Patienten
Umkehr der Beweislast für den Ursachenzusammenhang in
Form einer widerlegbaren Vermutung: Hat der Patient bereits
einen Behandlungsfehler und seinen Schaden dargelegt und
bewiesen, dann wird vermutet, dass der Schaden durch den
Behandlungsfehler verursacht wurde. Arzt kann dann diese
Vermutung widerlegen.
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 Zu Artikel 8: Haftung für Behandlungsfehler
2. Amtsermittlung
Das erkennende Gericht muss den ärztlichen Standard
definieren und die etwaige Abweichung von diesem Standard
und auch den Ursachenzusammenhang zwischen
Standardverletzung und Gesundheitsschaden des Patienten
feststellen oder ausschließen.
Vorteil dieser Regelung:
Gerichte wären gezwungen, Standards für medizinische
Sachverständigengutachten und medizinische Standards
festzulegen.
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Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Jörg F. Heynemann
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www.medizinrecht-heynemann.de
[email protected]
+49 30 88 71 50 88
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