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Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.1 Rechtstatsachen
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Es gibt derzeit rund 65.000 Tarifverträge für
rund 300 Branchen, die unterschiedliche regionale (>Flächentarifverträge) oder betrieblich
/unternehmerische (Haustarifverträge) Geltungsbereiche haben.
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Nach ihren Regelungsinhalten kann man insbesondere Manteltarifverträge und Vergütungstarifverträge unterscheiden. Es gibt aber auch
Tarifverträge zu sonstigen Regelungsbereichen
eines Arbeitsverhältnisses (zB Altersteilzeit,
Sonderzuwendungen, Urlaub, Betriebliche
Altersversorgung).
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Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.1 Rechtstatsachen
„Im Interesse einer sinnvollen Ordnung des Arbeitslebens hat der Staat seine Zuständigkeit zur Rechtssetzung weit zurückgenommen und die Bestimmung
über die regelungsbedürftigen Einzelheiten des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich den Koalitionen überlassen.“
BVerfGE 34, 307, 316 f.; BAG 10. Juni 1980 – 1 AZR
168/79 – EzA GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 36 mit Anm.
Rüthers, unter I. 1. a der Gründe
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Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.1 Rechtstatsachen
„Den frei gebildeten Koalitionen ist durch Art. 9 Abs. 3
GG die Aufgabe zugewiesen und … garantiert, insbesondere Löhne und sonstige materielle Arbeitsbedingungen in eigener Verantwortung und im Wesentlichen
ohne staatliche Einflussnahme durch Gesamtvereinbarungen zu regeln.“
BVerfGE 44, 322, 340 f. [dort noch …= „in einem
Kernbereich“]; BAG 10. Juni 1980 – 1 AZR 168/79 –
EzA GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 36 mit Anm. Rüthers,
unter I. 1. a der Gründe
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Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.1 Rechtstatsachen
Noch einmal: Das Tarifvertragssystem soll die strukturelle Ungleichgewichtslage im individuellen Arbeitsvertragsverhältnis ausgleichen und für eine Angemessenheitsvermutung [in BAG 10. Juni 1980, aaO unter I.
1. c) noch: „Richtigkeitsgewähr!] sorgen, wie sie frei
ausgehandelten Individualverträgen typischerweise
eigen ist [Folie 13].
Und dann:
„Tarifverhandlung ohne Streikrecht ist nicht mehr als
kollektives Betteln!“ [BAG, aaO, unter I. 2. b der Grün-
de unter Berufung auf Blanpain]
Warum denn dieses??
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Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.2.
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Funktionen des Tarifvertrags
Verteilungsfunktion
Schutzfunktion
Kartellfunktion
Friedensfunktion
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Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.3 Das Gestaltungsmittel Tarifvertrag für Arbeitsund Tarifvertragsparteien
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Tarifverträge wirken auf die Arbeitsverhältnisse verhaltenssteuernd und regelbildend ein. Sie begründen für
die ihnen unterworfenen Arbeitsvertragsparteien Rechte und Pflichten (= „Inhaltsnormen“) oder gestalten
die unterworfenen Betriebe oder Betriebsverfassungen
näher (= „Betriebs- oder betriebsverfassungsrechtliche Normen“).
> normativer Teil des Tarifvertrags.

Tarifverträge sind aber auch schuldrechtliche Verträge,
in denen die (Tarif-)Vertragsparteien festlegen, was
zwischen ihnen gelten soll, was den betreffenden Tarifvertrag angeht (Kündigungsrechte, Schlichtungsverfahren o.ä.).
> schuldrechtlicher Teil des Tarifvertrags
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Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.4 Tarifvertragliche Regelungen
des schuldrechtlichen
des normativen Teils
Friedenspfl. TV-Kündigung Durchführung
Individualnorm
Betriebsnorm
Betriebsverf. Norm
Inhalts-, Abschluss-, Beendigungsnorm
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2. Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.5 Zur Geltung von Tarifverträgen
Damit ein Tarifvertrag die in § 4 Abs. 1 TVG
gesetzlich vorgesehene normative Wirkung hat,
muss er von tariffähigen Parteien (§ 2 Abs. 1
TVG; zum Gewerkschaftsbegriff: Folie 11) im
Rahmen ihrer Tarifzuständigkeit (Satzung!) mit
einem für Tarifverträge eröffneten Inhalt (§ 1
Abs. 1 TVG) schriftlich (§ 1 Abs. 2 TVG) nach
den Regeln des allgemeinen Vertragsrechts abgeschlossen worden sein.
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2. Grundzüge des Tarifvertragsrechts
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Zur Geltung von Tarifverträgen
Damit ein Tarifvertrag im einzelnen Arbeitsverhältnis
gilt, muss er
dort gelten wollen
(persönlicher, betrieblich fachlicher, räumlicher und zeitlicher
Geltungsbereich; vgl. § 1, § 18 MTV Chemie)
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die von der Tarifgebundenheit beider Arbeitsvertragsparteien (§ 3 Abs. 1 – 3 TVG, § 5 TVG; lesen!) abhängige Gestaltungsmacht haben, und
sich ggfls. gegenüber einem anderen Tarifvertrag
durchsetzen, der in den ersten beiden Punkten die Geltungsbedingungen ebenfalls erfüllt (> Tarifkonkurrenz).
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2. Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.5 Zur Geltung von Tarifverträgen
Die Geltungsintensität eines nach § 4 Abs. 1
TVG normativ geltenden Tarifvertrags ergibt
sich insbesondere aus § 4 Abs. 3 bis 5 TVG:
Solange er vollwirksam gilt, gibt sein Inhalt die
Mindestbedingungen für das Arbeitsverhältnis
vor, die durch Individualvertrag nur verbessert
werden dürfen.
> Problem des Günstigkeitsvergleichs!
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2. Grundzüge des Tarifvertragsrechts
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Zur Geltung von Tarifverträgen
Ein ganz anderer von der normativen Geltung grundlegend unterschiedlicher Geltungsgrund besteht, wenn
ein Tarifvertrag im Arbeitsvertrag mit dem Willen in
Bezug genommen wird, dass er im Arbeitsverhältnis
gelten soll. Hier ist nur der übereinstimmende Wille der
Individualvertragsparteien der Geltungsgrund mit der
Konsequenz, dass die Bestimmungen des Tarifvertrags
allein aufgrund einer Verweisung nicht zwingend
gelten, sondern durch Abänderungsvertrag jederzeit
verschlechterbar sind.
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2. Grundzüge des Tarifvertragsrechts
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Zur Geltung von Tarifverträgen
Ein Fällchen: A ist in der IG BCE, Arbeitgeber B im Chemiearbeitgeberverband. Im Formulararbeitsvertrag ist auf die Tarifverträge
für die Chemische Industrie in ihrer jeweiligen Fassung verwiesen,
die in Rheinland-Pfalz gelten.
Weil es der B nach eigener Einschätzung wirtschaftlich schlechter
geht, vereinbart sie mit A, dass dieser für ein Jahr bei gleichem
Lohn eine Stunde mehr in der Woche als im Tarifvertrag vorgesehen arbeitet und dafür in diesem Jahr nicht betriebsbedingt gekündigt wird.
Nach einem Jahr stellt A fest, dass die Dividenden, die B ausschüttet, höher sind als im Jahr zuvor. Wütend will er die eine Arbeitsstunde zusätzlich bezahlt haben. Zu Recht?
vgl. BAG, 20. April 1999 – 1 ABR 72/98 – NZA 1999, 887 (lesen!)
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2. Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.6 Das Schlagwort Tarifeinheit
Das Schlagwort „Tarifeinheit“ ist in der
aktuellen arbeitsrechtlichen Diskussion in
aller Munde. Es meint eoine überkommene
Rechtsprechung, die die Grundsätze zur
Lösung der Tarifkonkurrenz auch in Fällen
der Tarifpluralität anwendet.
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2. Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.6
Das Schlagwort Tarifeinheit
Man meint damit einen Regelungszustand, der in jüngerer Zeit auch
aufgrund der neu aufgekommenen Berufsgruppengewerkschaften
immer häufiger anzutreffen ist: Ein Arbeitgeber ist gegenüber seinen Arbeitnehmern (bei Beteiligung von Berufsgruppengewerkschaften: solche einer bestimmten Art, zB Lokführern) an zwei Tarifverträge gebunden (zB mit Transnet und mit GDL), während unter
den betreffenden Arbeitnehmern die einen Mitglieder der einen
Gewerkschaft und die anderen Mitglieder der anderen sind. In den
einzelne Arbeitsverhältnissen gilt deshalb immer nur ein Tarifvertrag/-werk, der Arbeitgeber soll aber ihnen gegenüber als Gruppe
zwei Tarifverträge anwenden, was unbezweifelbar nicht unerhebliche praktische Probleme auslöst.
Deshalb die überkommene Rechtsprechung: Ein Betrieb, ein Tarifvertrag/-werk für dieselbe Gruppe von Arbeitnehmern; Entscheidung
nach Konkurrenzregeln!
Überw. Literatur: Aufrechterhaltung der Pluralität!
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2. Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.6 Das Schlagwort Tarifeinheit
Arbeitgeber
(§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG)
Lokführer A
GDL
Lokführer B
Transnet
Lokführer C
keine Gew.
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2. Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.7 Tarifautonomie und Mindestlohn
Der Markt ist kein geeigneter Akteur bei der
Suche nach dem „gerechten Lohn“ im Arbeitsverhältnis. Der Arbeitsvertrag ist auch rechtlich
kein geeignetes Instrument, weil er insoweit
grundsätzlich keiner Inhaltskontrolle unterliegt.
An Stelle dieser Akteure und Instrumente sind
Tarifvertragspartei und Tarifverträge für die
Aufgabenerfüllung vorgesehen.
~ „Legitimation durch Verfahren.“
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2. Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.7 Tarifautonomie und Mindestlohn
Die Chance auf „gerechten Lohn“ im
Arbeitsverhältnis hängt damit grundsätzlich auch von der Bereitschaft der Akteure
des Arbeitslebens ab, sich auf das Tarifvertragssystem durch Begründung von
Mitgliedschaften einzulassen (§ 3 Abs. 1, §
4 Abs. 1 TVG!).
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2. Grundzüge des Tarifvertragsrechts
2.7 Tarifautonomie und Mindestlohn
Systemimmanent ergibt sich ein Problem
durch das Aufkommen und die Aktivitäten
von Organisationen, die zumindest nicht
immer erkennbar Interessen der Arbeitnehmer im einem System vertreten, das
auf den Ausgleich gegensätzlicher Interessen ausgerichtet ist:
Ist Tarifvertrag gleich Tarifvertrag?
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2. Grundzüge des Tarifvertragsrechts
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Tarifautonomie und Mindestlohn
Nachdem der Gesetzgeber in der Vergangenheit aus sehr verschiedenen Motiven bereits tätig geworden ist, um die Wirkung der Tarifverträge über die – beiderseitigen – Mitgliedschaften hinaus zu erstrecken (AEntG, Tariftreuegesetze, § 5 TVG), hat er von der damals
als solcher akzeptierten Ungeeignetheit des § 138 BGB ausgehend
nicht den von Gewerkschaftsseite geforderten allgemein gleichen
gesetzlichen Mindestlohn eingeführt, sondern Mindestlohngesetze
geschaffen bzw. wesentlich weiterentwickelt, mit deren Hilfe tarifvertrags- (AEntG, > § 5 TVG), zumindest tarifvertragsparteiorientiert
(Mindestarbeitsbedingungsgesetz) das Problem völlig unangemessen
niedriger Arbeitsvergütungen bewältigt werden soll. Ob die unbestreitbaren Risiken dieses Modells – und noch mehr eines festen
gesetzlichen Mindestlohns – für die Tarifautonomie oder gar einen
„freien Arbeitsmarkt“ hier eine Gesetzesänderung nahelegen, muss
man diskutieren.
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