Pflege in klientenzentrierten Prozessen in der Psychiatrie

Download Report

Transcript Pflege in klientenzentrierten Prozessen in der Psychiatrie

Pflege in klientenzentrierten
Prozessen in der Psychiatrie
Ehemaligentagung Bildungszentrum für Gesundheit Thurgau
Freitag, 24. September 2010
Harald Müller, Direktor Pflege und Pflegepädagogik
Psychiatrische Versorgung
Player der psychiatrischen Versorgung
• Hausärzte
• Psychiaterinnen und Psychiater in eigener Praxis
• Psychotherapeuten
• Heime u.a. Wohnformen
• Sozialdienste
• Spitexdienste
• Ambulante psychiatrische Pflege
• Ambulatorien und Tageskliniken
• Psychiatrische Kliniken (Subsidiaritätsprinzip)
• Spitäler mit psychiatrischer Versorgung
Das Zusammenspiel der Akteure
• Managed Care Modelle als integrierte Versorgung von
ambulanten und stationären Angeboten
- komplexe Situationen
- viele und unterschiedliche Behandlungen/ Betreuungen
- Abstimmung und Koordination der Angebote
- Ergebnisorientiert (Patientenorientiert?)
• Vernetzung und Koordination der unterschiedlichen Angebote im
Gesundheits- und Sozialsystem
• Die Integrierte Versorgung wird von der Gesundheitsdirektoren
Konferenz (GDK) favorisiert und soll fester Bestandteil innerhalb
des Gesundheitswesens sein. Ziel: Vernetzung der ärztlichen
Leistungserbringer für eine bessere und günstigere Versorgung.
(GDK, 2009)
Wer sind die Leistungserbringer in integrierten
Versorgungsmodellen?
• Vorwiegend „medizinische“ Modelle
• Hausärzte haben zentrale Rolle als „Gatekeeper“
• Nachwuchsproblematik in der Hausarztmedizin
• Reduktion auf medizinische Belange
• Versorgung auf Monoprofessionalität ausgerichtet
• Dominanz der Medizin behindert den strukturellen
Einbezug anderer Leistungserbringer in die
Versorgungsnetzwerke (Pflege, Sozialarbeit, u.a.)
Modellprogramme
Ausgangslage:
• Versorgung stark auf stationäre Leistungserbringung
ausgerichtet
• Grössere Wirksamkeit über ambulante Beratung,
Therapie und Betreuung
• Konsequente Ausrichtung auf erfolgversprechendste
Angebote und
• Kombinationen von Angeboten für Patientinnen und
Patienten
• Ambulant vor teilstationär vor stationär
Psychiatrische Angebote und deren Kombinationen
ambulant
teilstationär
stationär
Gemeindenah und personenzentriert
• Erkrankte können in ihrem angestammten Umfeld
verbleiben
• Massgeschneiderte Angebote für die Patientinnen und
Patienten
• Besonderheiten der Psychiatrie
- die psychiatrische Diagnose gibt kaum Auskunft über
die soziale Konsequenzen psychischer Erkrankungen
- diese Konsequenzen haben Einfluss auf das
Krankheits- und Rehabilitationsgeschehen
• Auswirkungen der Therapie weniger gut
prognostizierbar
(Leitfaden zur Psychiatrieplanung; GDK, 2008)
Modellprogramme integrierter psychiatrischer
Versorgung
GiA Luzern Stadt
Gemeindeintegrierte Akutpsychiatrie (GiA)
Luzern Stadt
• 180‘000 Einwohner
• Psych. Versorgung integriert im Spital
• Ausbau bestehender Strukturen mit Hilfe eines
psychiatrischer Gemeindeteams
• 11 Vollstellen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
1 OA, 1 AA, 8 PP, 1 Soz.arbeitende
50% santésuisse + Kanton LU
Investitionskosten trägt Kanton LU
Tarif: Fr. 254.-/die = Tagestaxe Psych. Klinik Luzern im 2005
Versorgung 24 Std.
Integrierte Behandlung durch gleiches Behandlungsteam
ambulant, teilstationär und stationär
Zuteilung zum Modellprogramm zufällig
Laufzeit max. 3 Jahre ab 2007
Supported Employment (SE)
Der Weg zurück in den ersten Arbeitsmarkt
Bisher:
„First train, then place“
Rehabilitation vor Arbeit
Neu:
„First place, then train“
Arbeit als Rehabilitation
• Job-Coach unterstützt den psychisch kranken
Menschen bei der Stellensuche und während der
Anstellung im ersten Arbeitsmarkt
• Ansprechpartner für den Arbeitgeber
• Integration in ersten Arbeitsmarkt = Selbstwertgefühl,
Lebensqualität (Gesundheit)
Die Studie
• Experimentalgruppe (n=25)
- Unterstützung durch einen Job-Coach (Supported E.)
• Kontrollgruppe (n=25)
- Arbeitsrehabilitation durch TK und geschützte
Arbeitsplätze (bisheriger Ansatz)
• Auswirkung von Supported Employment auf:
- Lebensqualität
- gesundheitl. Situation
- soziale Inklusion
- Behandlungskosten
Ergebnisse
- 11 von 25 Teilnehmerinnen der Studie in der Experimentalgruppe
fanden eine Anstellung im ersten Arbeitsmarkt
- In der Kontrollgruppe konnte keine Person im ersten Arbeitsmarkt
eine Stelle erhalten
https://www.uzh.ch/puk-west/de/aktuell/resultate.pdf
Lebensqualität
Statistisch signifikant höhere Lebenszufriedenheit mit einer
Stelle in der freien Wirtschaft.
T3 = 18 Monate Studienabschluss
https://www.uzh.ch/puk-west/de/aktuell/resultate.pdf
Hospitalisation / Depressivität und Angst
https://www.uzh.ch/puk-west/de/aktuell/resultate.pdf
Zusammenfassung SE
• Inklusion in ersten Arbeitsmarkt mit Job-Coach
• Individuelle Unterstützung
• Qualifizierung im Betrieb
• Fokus auf schnelle Vermittlung in den ersten
Arbeitsmarkt
• Integraler Bestandteil der psychiatrischen Versorgung
• Bezahlte, reguläre Arbeit für alle Menschen mit einer
psychischen Beeinträchtigung
• Verbesserung der LQ
• Verbesserung des Gesundheitszustandes
• Senkung der Versicherungskosten
Übersicht vergleichbarer Modelle
• „Supported Employment und Job-Coach
- ZH, GE, BE
• Gemeindeintegrierte Akutpsychiatrie und mobile
Equipen
- GE, BE, LU, SO, VD, ZH
Weitere Modelle in der Schweiz
02/08
Kt.
Bezeichnung
Kurzbeschrieb
Weitere Informationen
GE
Fortbildungsprogramm für
Allgemeinpraktiker und
Internisten
Die Fortbildung der Grundversorger geschieht
mittels Supervision, Kolloquien sowie
universitären Fortbildungsprogrammen.
http://www.unige.ch/formcont
Leitfaden Psychiatrieplanung, S. 64
GE
Programm JADE
Das Ziel des Programms JADE ist die frühzeitige
Erkennung und spezifische Behandlung von
jungen Erwachsenen mit psychischen
Störungen.
Programme JADE (nur auf
französisch)
SG
Alterspsychiatrie vor Ort
Die St. Gallischen Psychiatrie-Dienste Region Süd
bieten eine psychiatrische Betreuung und
Beratung in den Alters- und Pflegeheimen an.
Alterspsychiatrie vor Ort
SO
Angehörigenarbeit
Aufbau einer strukturierten, interdisziplinär
verankerten Angehörigenarbeit
Psychiatrische Dienste Solothurn
SO
Zuweiserzufriedenheitsbefragung
Zuweiserzufriedenheitsbefragung und Benchmark
in den Bereichen Patientenzufriedenheit,
Zwangsmassnahmen
Psychiatrische Dienste Solothurn
VD
Verbesserung der Liaison und
Koordination
Dies beinhaltet u.a. die Ausbildung von
Erstversorgern, die Verbesserung der
Liaisonpsychiatrie sowie den Aufbau von
mobilen Equipen.
Politique de santé mentale dans le
canton de Vaud. Plan d’action
2007-2012. (nur auf französisch)
VD
Verbesserter Umgang mit
Gewaltsituationen
Dies beinhaltet u.a. den Aufbau einer
spezialisierten Einsatztruppe.
Politique de santé mentale dans le
canton de Vaud. Plan d’action
2007-2012. (nur auf französisch)
VD
Verbesserung der Kinder- und
Jugendpsychiatrischen
Versorgung
Dies beinhaltet u.a. den Ausbau stationärer
Strukturen sowie den Auf- und Ausbau von
Kapazitäten für Personen in suizidalen Krisen.
Politique de santé mentale dans le
canton de Vaud. Plan d’action
2007-2012. (nur auf französisch)
ZH
Case Management in der
Integrierten Psychiatrie
Winterthur
Case Manager begleiten die Patienten über eine
lange Zeit und tragen dadurch zu einer
verbesserten Versorgung bei.
Leitfaden Psychiatrieplanung, S. 62
http://www.gdk-cds.ch/366.0.html
Modell integrierte Behandlung Gerontopsychiatrie
Sanatorium Kilchberg
•
•
•
•
•
•
•
•
Stationäre Behandlung 12 Betten
Integrierte tagesklinische Behandlung von 7 Pat.
Fliessende Übergänge von stationär-teilstationär zu ambulant
Individuelle Abstimmung mit den Patienten
Kurze Kriseninterventionen stationär
Continuing Care
Aufsuchende Pflege (teilweise)
Konsilliarpflegerische Tätigkeiten (Instruktion, Psychoedukation,
Coachtätigkeit)
User Involvement S.K.
•
•
•
•
•
•
•
•
Einbezug von Betroffenen in die Behandlung
Regelm. Teilnahme an Patientengesprächsgruppen
Brückenschlag zwischen Patienten und Behandlern
Hohe Akzeptanz innerhalb der Patientengruppe und von den
Professionals im Projekt
„Wissen wir was die Patienten brauchen?“
Recovery Ansatz: Hoffnung und Zuversicht vermitteln
Erfahrungen und erfolgreiche Strategien Betroffener
Integration im 2011 auf einer akutpsychiatrischen Station
Herausforderungen für die Pflege in der
psychiatrischen Versorgung I
• Verlagerung von stationärer Pflege nach teilstationär und
ambulant
• Vermehrte Kenntnisse in ambulant- und aufsuchender
Pflegetätigkeit
• „Teamplayer“ vs „Einzelkämpfer“
• Multiprofessionalität in der Versorgung
• Schnittstellen in der Leistungserbringung
• Übernahme von Verantwortung pflegerischen Handeln
• Beratungsfähigkeiten:
- Umgang mit Krankheit
- Psychische Gesundheit
- Gesundheitsprävention
- Arbeit mit Angehörigen
- u.a.m.
Herausforderungen für die Pflege in der
psychiatrischen Versorgung II
Die sich verändernden Anforderungen an Pflegefachpersonen
müssen von Aus- und Weiterbildungsorganisationen proaktiv
aufgenommen und umgesetzt werden
•
•
•
•
Psychiatrische Themenbereiche in der Grundausbildung
Psychiatriepflegende im Spital- und Heimbereich
Skill- und Grademix Modelle
Integration von Bachelor- und Masterabsolventinnen in die Praxis
Enge Netzwerkverbindungen zwischen Leistungserbringer und
Weiterbildungsorganisationen
• Spezialisierung in der Weiterbildung vorantreiben:
- CAS, DAS, MAS
- exekutive Masterstudiengänge psychische Gesundheit
- ANP Programme für psychiatrische Pflege in unterschiedlichen
Settings
- Interprofessionelle Weiterbildungsprogramme
Herausforderungen für die Pflege in der
psychiatrischen Versorgung III
Management und Leadership:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Optimale Rahmenbedingungen zur Leistungserbringung schaffen
Organisationale Voraussetzungen etablieren
Einflussnahme auf politischer Entscheidungsträger
Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit
Ökonomische Sicherheit (Finanzierung von Leistung)
Promotion von Pflegewissenschaft und Forschung
Akademisierung der Pflege
Aktiver Einsatz zur Nachwuchsförderung
Attraktivität des Pflegeberufs
Karrieremodelle in der Pflege
Ohne Pflege geht es nicht!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Harald Müller