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Natzweiler
KZ-Außenlager in Süddeutschland
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Zahl der Außenlager
Im Dezember 1943 gab es lediglich sieben Natzweiler-Außenlager. Im Lauf des Jahres 1944
vervielfachte sich ihre Zahl, und ihre Standorte wurden zunehmend vor allem nach
Württemberg und Baden, aber auch nach Hessen verlagert. Bereits im März 1944 waren
im Bereich des KZ Natzweiler mehr Häftlinge in den Außenlagern (18 907) als im
Stammlager (5000). Bis Ende 1944 stieg die Anzahl der in den Außenlagern Inhaftierten
auf 22 587.
Karte Außenlager
Funktion
Nach ihrer Funktion lassen sich die neuen Außenlager in drei Gruppen unterteilen:
Sie dienten entweder der Verlagerung von bereits existierenden Produktionsanlagen
unter Tage, der Einrichtung neuer Produktionen – wie die Lager des ‚Unternehmens
Wüste’ zur Gewinnung von Rohöl aus Ölschiefer –, oder waren Baulager – wie die
O.T.-Baustellen auf den Flugplätzen Hailfingen und Echterdingen.
KZ-Außenlager Hailfingen
Vernichtung durch Arbeit?
Ökonomisierung und Dezentralisierung der Konzentrations-lager führten nicht zu einer
grundsätzlichen Verbesserung der Situation der Häftlinge, obwohl die Wachtruppen und die
beteiligten Firmen in den einzelnen Außenlagern einen großen Entscheidungsspielraum
hatten: Ihre Verhaltensweisen gegenüber den Häftlingen reichten von äußerster Brutalität
bis zu völliger Gleichgültigkeit. „Vernichtung durch Arbeit“ war zwar kein gezieltes Programm, dennoch war die Todesrate unter den Häftlingen im Jahr 1944 höher als je zuvor:
Im Natzweiler Stammlager starben 3000 Häftlinge, in den angeschlossenen Außenlagern 17
000.
Massengrab in Hailfingen
Bad Friedrichshall-Kochendorf
Das KZ-Außenlager Kochendorf bestand von September 1944 bis Ende März 1945.
Über 400 Menschen, die Opfer des nachfolgenden Evakuierungsmarsches nach
Dachau mit eingeschlossen, wurden ermordet oder starben auf Grund der
katastrophalen Lebens- und Arbeits-bedingungen. Zeitweise waren 1700 Häftlinge
im Lager, viele von ihnen waren Juden.
Die Häftlinge arbeiteten in den Heinkel-Flugzeug-werken im Salzbergwerk in
Kochendorf oder an der Eisenbahnlinie, im Straßenbau, in der Landwirtschaft und
bei Aufräumungsarbeiten nach Luftangriffen.
Appell in Kochendorf
Miklos Klein-Stiftung
Calw
Im November 1944 wurde in Calw ein Außenkommando des KZ Natzweiler
eingerichtet, in dem jüdische Frauen arbeiten mussten. Sie kamen am 13. 1. 1945
aus dem Außenkommando Rochitz (Sachsen) des KZ Flossenbürg und wurden am
2. 4. 1945 auf einen "Evakuierungsmarsch“ gebracht und im Allgäu von
amerikanischen Truppen befreit.
Die "Luftfahrtgeräte GmbH" (Lufag) ließ auf diesem Fabrikgelände ab 1943
Einzelteile für Jagdflugzeuge herstellen.
Bahntunnel bei Ostelsheim, in dem die Lufag Material lagerte
Lufag Calw
Echterdingen
Auf dem „Fliegerhorst“ Echterdingen wurde ab November 1944 ein Außenlager
eingerichtet. Von Stutthof kamen 600 jüdische Häftlinge wohl in einem
gemeinsamen Transport mit den 600 Häftlingen, die nach Hailfingen gefahren
wurden. Wie in Hailfingen wurden sie in einem Hangar untergebracht. Sie
arbeiteten in Steinbrüchen der Umgebung und mussten Schäden auf dem Flugplatz
ausbessern.
Hangar in Echterdingen
Haslach im Kinzigtal
Von September 1944 bis April 1945 befanden sich auf dem Gebiet der Stadt drei
nationalsozialistische Lager. Das erste Lager, das Lager „Sportplatz“, wurde am
16. 9. 1944 in einer Wehrmachtsbaracke als Außenlager von Natzweiler eingerichtet. Im
Dezember 1944 folgte das Lager „Vulkan“ und danach das Lager „Kinzigdamm“, beides
Außenlager von Schirmeck.
Die Lager waren eingerichtet worden, um Produktions-stätten mehrerer Rüstungsbetriebe
(Daimler-Benz, Mannesmann, Messerschmitt u.a.) in die bombensicheren Bergwerkstollen
der Hartsteinwerke Vulkan zu verlagern. Dazu kam es nicht mehr.
“
Lager „Sportplatz
Gedenkstätte „Vulkan“
Leonberg
Vom April 1944 bis April 1945 gab es in der oberen Seestraße in Leonberg ein von der
SS geführtes Außenlager des KZ Natzweiler. Es war mit Stacheldraht und Wachtürmen
gesichert. In den Baracken wurden Häftlinge aus 24 europäischen Ländern, vor allem
aus Polen, der UdSSR, Frankreich, Ungarn, dem Balkan und Deutschland gefangen
gehalten.
Die Häftlinge arbeiteten fast ausschließlich für das "Presswerk Leonberg", einen
Teilbetrieb der Messerschmitt AG in Augsburg. Produziert wurden Tragflügel des
Strahljägers Me 262.
Tragflügel der Me 262
Mannheim-Sandhofen
Ab Oktober 1944 befand sich in Mannheim-Sandhofen eine Außenstelle des KZ
Natzweiler. Es diente zur Unterbringung von KZ-Häftlingen, die für Daimler-Benz
Mannheim als Zwangsarbeiter beschäftigt wurden. Über 1000 polnische Männer und
Jugendliche, die während des Warschauer Aufstands im Sommer 1944 aus ihrer
Heimatstadt verschleppt worden waren, wurden hier zur Zwangsarbeit untergebracht.
Das zerstörte Schulgebäude in Mannheim-Sandhofen ca. März 1945
Mosbach-Neckarelz
Für die ausgelagerte Produktion von Flugzeugmotoren im badischen Obrigheim wurde die
KZ-Außenstelle Neckarelz errichtet, in der gleichzeitig bis zu 7500 Häftlinge aus
verschiedenen Lagern arbeiteten. Das Lager befand sich von März 1944 bis März 1945 in
mehreren Gipsstein-stollen, die Häftlinge waren in einer Schule und neu errichteten
Baracken untergebracht. Insgesamt lebten etwa 10 000 Gefangene in einem der zum
Neckarelzer Lager gehörigen sogenannten Neckarlagern, wenn auch nicht alle zur selben
Zeit, da die Häftlinge nach Bedarf zwischen den Kommandos verschoben und nicht mehr
Arbeitsfähige selektiert wurden.
Barrau: Das Massengrab
Schwäbisch Hall-Hessental
Am 14. Oktober 1944 trafen in Hessental 600 KZ-Häftlinge ein, das damit ein
Außenlager von Natzweiler wurde. Sie bezogen die Baracken eines ehemaligen
Lagers des Reichsarbeitsdienstes, das wahrscheinlich seit dem Sommer von einem
Häftlingsvorauskommando für ihre Aufnahme vor-bereitet worden war. Im
November 1944 kamen 200 weitere Häftlinge dazu. Auf dem Fliegerhorst
Hessental beseitigten sie Bombenschäden und leisteten Instandsetzungsarbeiten.
Außerdem gab es Arbeitskommandos bei Gleisarbeiten, im Wald, in Steinbrüchen,
bei Gewerbebetrieben, Landwirten und bei der Stadt Schwäbisch Hall.
Gedenkstätte Hessental
Vaihingen/Enz
Das Außenlager „Wiesengrund“ wurde im Frühsommer 1944 errichtet; am 9.8.1944
trafen 2189 Häftlinge aus Auschwitz ein. Die Produktion von MesserschmittJagdflugzeugen sollte in unterirdische Bunkerwerke verlagert werden.
Vaihingen/Enz
Kranken- und Erholungslager
Im Oktober 1944 wurden die Arbeiten eingestellt und Vaihingen wurde ein
„Kranken- und Erholungslager“ für die in Südwestdeutschland gelegenen
Außenlager von Natzweiler, aus denen in den nächsten Monaten rund 2400
Häftlinge dorthin gebracht wurden.
Wüste-Lager: Bisingen
Die ersten 1000 Häftlinge wurden am 24. August 1944 von Auschwitz nach
Bisingen transportiert. Schon nach einer Woche wurden sie nach Dautmergen
gebracht. Anfang Oktober kam der nächste Transport mit 1500 nichtjüdischen
Häftlingen aus dem KZ Stutthof. Bis Kriegsende wurden insgesamt 4163 Männer
nach Bisingen deportiert. Sie mussten dort auf einer kleinen Hochfläche das
Ölschieferwerk sowie das dazugehörende KZ-Lager aufbauen und sollten aus dem
Ölschiefer Treibstoff gewinnen.
Weitere Wüste-Lager
Bildnachweis
Harald Roth: 2
StA Leonberg aus Joachim Berger/Birgit Wörner (Hrsg. ), KZ und Zwangsarbeit
in Leonberg, Beiträge zur Stadtgeschichte Leonberg Bd. 8, 2001, S. 28,
Kartograph Reinhard Urbanke, Kernen: 3
USAF Historical Research-Center: 4
Gemeindearchiv Gäufelden: 5
Kochendorf Miklos Klein-Stiftung: 6
Hans-Joachim Knupfer: 7
StA Calw: 7
StA Filderstadt: 8
Gedenkstätteninitiative Vulkan, Haslach: 9
Luftfahrt-Archiv Hafner: 10
StA Mannheim, Bildsammlung: 11
National Archives Washington: 12
Initiative KZ-Gedenkstätte Hessental: 13
KZ-Gedenkstätte Vaihingen/Enz: 14
Heike Striebek: 15
Immo Opfermann: 16 und 17
Text: Volker Mall/Harald Roth