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„Einführung in die Geschichte Indiens“
7.11.2013
Isabella Lechner
Seminar: Buddhismus & Hinduismus
Ludwig-Maximilians-Universität München
Taj Mahal
ताज्महल्
Die Union Indien:
•
•
•
•
Demokratisch parlamentarischer Bundesstaat
28 Staaten (mit eigenen Parlamenten)
7 Unionsverwaltete Territorien
Staatspräsident und Premierminister (Pranab Mukherjee &
Manmohan Singh)
2
Bevölkerung:
• Seit dem Jahr 2000 über 1 Mrd. Einwohner
→ heute: 1,2 Mrd. Einwohner
• Hohe Geburtenrate: 15 Mio. Menschen/ Jahr
• Sozio-ökonomische Probleme
• Arbeitslosigkeit
• Geschätzt die Hälfte lebt unter dem Existenzminimum
• Hohe Analphabetenquote (2001:44%)
• Großer Agrarsektor
• Kastenwesen
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Sprachen:
• Vier große Sprachfamilien:
 Indo-germanische Sprachen 82% (Hindi, Bengali, Panjabi,
Marathi, Gujarati, Oriya, Assamesisch)
 Dravidische Sprachen 18% (Tamil, Telugu, Kannaresisch,
Malayalam)
• 18 offiziell anerkannte Regionalsprachen
• Englisch als Sprache der Verwaltung und des höheren
Bildungswesens; überregional
• Sanskrit nur in Priester- und Universitätskreisen, dennoch
überregional
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Religionen:
Bahai,
Parsen,
Adivasi 0,6%
Hindus 80,5%
Muslime
13,4%
Jainas 0,4%
Buddhisten
0,8%
Christen
2,3%
Sikhs 1,9%
5
Indien Heute:
6
7
Was ist Geschichte?
8
Leitfragen als Leitfaden:
1.
Wo hat der Hinduismus seinen Ursprung?
2.
Wann entsteht das Kastenwesen?
3.
Wodurch entsteht der Buddhismus?
4.
Woher stammt der persische/islamische Einfluss?
5.
Wie stehen die historischen Veränderungen mit dem Hinduismus in
Verbindung?
6.
Warum gibt es heute so viele verschiedene Ausprägungen des
Hinduismus?
7.
Wo liegen Parallelen zur europäischen Geschichte?.....
9
Übersicht:
6 Religionsgeschichtliche Epochen des Hinduismus:
 Vorvedische Religionen
 Vedische Religionen (Früh-, Mittel-, Spätvedische Phase)
 Asketischer Reformismus
 Klassischer Hinduismus (Vorklassisch, Blütezeit, Spätzeit)
 Sekten Hinduismus; islamisch-hinduistischer Synkretismus
 Moderner Hinduismus (Neohinduismus, Missionarischer
Hinduismus)
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I Die Vorvedische Religion:
bis 1750 v. Chr.
• neolithische und chalkolithische Siedlungen
• Kulturen der Mundas und Dravidas
(Urbevölkerung)
• Entstehung von Stadtkulturen (Harappa,
Mohenjo-Daro) im Indusgebiet
Funde:
 Steinwaffen, Tonware
 Spuren von Jagd, Ackerbau und Viehhaltung
 Leichenverbrennung und vermutlich Anbetung
von Muttergottheiten und Bäumen
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Die Industalkulturen:
̴ 2500-1500 v. Chr.
• Komplexe Stadtanlagen mit bis zu 40.000
Einwohnern
• Bewässerungssysteme, Ziegelbau, Straßenbau
• Ständische Gesellschaftsordnung mit
theokratischen Führungseliten
• Handelsbeziehungen mit dem Mittleren Osten und
Gujarat
• Priesterkolleg in Mohenjo-Daro!
• Animismus, Dämonenkult, Fruchtbarkeitskulte,
Verehrung der Naturgewalten
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II Die vedische Zeit:
̴ 1750-500 v. Chr.
• Einzug indo-iranischer Vieh-/Halbnomaden aus
Zentralasien und dem Vorderen Orient in den Panjab
→ „árya“= die Wirtlichen; gastlich, die
Gastfreien
• Pferde- und Rinderzucht
• Streit- und Lastwagen
• Kupfer- und Eisenwaffen
→ vermutlich den Voreinwohnern in Nord- und
Mittelindien überlegen
→ Ausbreitung im Gangesgebiet und
Sesshaftwerdung
→ Langsame Akkulturationsprozesse
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a) Die frühvedische Zeit:
̴ 1750-1200 v. Chr.
• Zentrum der Kulturen: Industal, Panjab, Mathura,
Mahavrisa,..(Nordindien)
• Wissen darüber in Rigveda I- IX
→ Hymnen über Kämpfe mit den Ureinwohnern
(Kriegsgöttin Indra)
• Pantheon: Verwandtschaft mit der Götterwelt der alten Iraner und
auch Griechen; gestalthafte Naturerscheinungen→ wenig
„personale“ Götter
• Götter werden durch Gebete/ Opfer zur Hilfe gerufen
• Priesterschulen (Hymnen, Gesangsweisen)
• Zyklische Feste; Opferdienste; Verbrennung der Leichen und
Grabhügel
• Zauber im religiösen Leben
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b) Mittelvedische Zeit:
̴ 1200-850 v. Chr.
• In Rigveda X, Mantras, Yaryurveda und Brahmana-Texten erfasst
• Zunehmend sesshafte Sippen
• Herrschaftsformen mit Oberhaupt (Priester oder Häuptling) und
erste Staatenbildung
• Kampf der Sippen und Stämme um Vorherrschaft (MahabharataEpos)
• Berufsständische Gliederung der Gesellschaft:
→
Priester (Brahmanen)
Krieger
Hirten/Ackerbauern
Handwerker
Ureinwohner/Hörige
gemeines Volk/vis
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Ritualisiertes Opferwesen:
•
•
•
•
Magische Weltanschauung
Vedischer Polytheismus und neue Götter
Glaube an einen oder mehrere Schöpfergötter
Macht der Priester über die Götter (Gesetze stehen über Opfer und
Weltordnung)
• Wissensmonopol der Priester
→ Personifizierung des bráhman durch Priester; nehmen eine geschützte
Stellung in den Stammestümern ein
• Erhebung von Opfergebühren
• Das Amt wird erblich; Genealogien
→ Kritik kommt auf!
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c) Spätvedische Zeit:
̴ 850-500 v. Chr.
• Indo-Arier erreichen die untere Gangesebene: Videha (heute:
Bihar) → Karte
• In den älteren Upanishaden: Brahman-Atman-Lehre; Glaube an
Wiederverkörperung; „Leben als Leid“ und Erlösungsgedanke
→ auch im frühen Buddhismus
• Aufbau zentralisierter Königtümer (Janapada)
→ Rajan: König
• Kleinere tributäre Herrscher
• Militär- und Verwaltungsapparat
• Interregionaler Handel; Münzen
• Varna-System als gesellschaftliche Ordnung (Grafik)
• Langsame Ausdifferenzierung zweier Heilswege:
→ Weg des Opfers (Vedastudium für die Brahmanen)
→ Weg der Entsagung (asketische Kreise)
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III Asketischer Reformismus:
̴ 500-200v. Chr.
•
•
•
→
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•
•
•
•
•
•
•
Dörfliche Niederlassungen im Gangesgürtel
Fortschritte im Ackerbau führen zu agrarischen Überschüssen
Entstehung der ersten 16 Großreiche
mahajanapada (Zentren: Pataliputra, Kausambi, Ayodhya, Vaisali,
Campa,…)
Aufkommen der Schriftlichkeit
Hegemonie von Magadha (560-325)
Maurya-Reich (321-181) →Nord- und Zentralindien
Territoriale Abgrenzungen der Reiche durch Verpflichtungen und
Verwandtschaftsbeziehungen
Interregionale Handelswege; Geldwirtschaft
Verwaltungsapparat
Grundherrschaft mit Leibeigenen
Individualistisch-religiöse Rationalisierung
Priester haben weiterhin das Monopol des Opfers als Heilsweg!
Buddhismus und Jainismus entstehen und verbreiten sich durch die
ökonomischen Wandlungen
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Buddhismus und Jainismus:
• Entstand in den Städten
• Tiefgreifender Wechsel in der Weltsicht
→ Leben als Leid und Weltflucht
Woher dieser Wechsel rührt ist nicht ganz klar; evntl.
„apad“= Notsituation, Ausnahmesituation
• Größere asketische Personalverbände
• Überregionale Ordensstrukturen
• Anhängerschaft bei Händlern und Kaufleuten
• Mönche müssen betteln, predigen und sich regelmäßig zu einem
lockeren Ordensverband formieren→ kein Waldeinsiedler Leben
(Vorbild Siddharta Gautama!)
• Versorgung und Toleranz durch die Gesellschaft
• „dörfliche“ Brahmanen vs. „städtische“ Brahmanen
• Asketen verlassen die Städte und ziehen in die Wildnis
• Buddhismus bleibt bis zum 1. Jh. n. Chr. die politisch favorisierte
Religion
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Spuren des Buddhismus:
Stupa von Barhut
Seidenstraße
Torbögen von Sanchi
Höhlen von Ajanta
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Ashoka Inschriften
In den Höhlen von
Ajanta: Buddhas
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•
•
Kaiser Ashoka:
̴ 269/268 v. Chr.- 232 v. Chr.
Dritter Herrscher der Maurya–Dynastie (Begründet durch Chandragupta
Maurya ̴ 321 v. Chr.)
Enkel Chandraguptas; Sohn Bindusaras
Besiegt seine sechs Brüder im Kampf um die Thronfolge
Beinamen: Devanampiya (Gottgeliebter), Piyadassi (freundlich Schauender)
Vereinte Indien zum ersten Mal in seiner Geschichte von Nord bis Süd (außer
Tamilenland) → Großreich!
Verfasste Edikte: Felsinschriften/ Säuleninschriften (Sandsteinmonolithe)
Errichtete Hospitäler (Löwenkapitell von Sarnath)
Konvertierte zum Buddhismus und strebt diesen als Staatsreligion an
→ „Damaskus-Ereignis“: Eroberung Kalingas
Gewissensbisse nach der blutigen Schlacht treiben ihn zum Studium des
moralischen Gesetztes. Der Mönch Upagupta von Mathura bekehrt ihn
zur Lehre Buddhas. Nach zweieinhalb Jahren ist er treuer Anhänger.
→ Fortan keine Kriege mehr, propagiert Gewaltlosigkeit, besucht buddhist.
Stätten, toleriert andere Religionen
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Löwenkapitell
Sandsteinmonolith
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3. Buddhistisches Konzil:
253 v. Chr.
• Unter dem Patronat Ashokas
• Dauer: 9 Monate
• Bereinigung der Streitpunkte der Theologie
→ Theravada- Buddhismus wird „überarbeitet“
→ scholastische Werke werden angefügt
→ Universelle buddhistische Mission (Vorderer Orient, Ägypten,
Griechenland)
• Ashoka unterstützt den Theravada Buddhismus
• Sein Sohn Mahinda missioniert in Ceylon; bekehrt König Tissa
• Mission in Burma und Siam → Thailand heute: Theravada
Buddhismus
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Bildung synkretistischer Kulturen:
• Von Umbrüchen geprägte Zeiten
• Brahmanismus und Volkshinduismus lebten weiter
• Einflüsse der Griechen, Skythen und Kushanas
(zentralasiatische Nomaden), der Parther (iranische
Nomaden) und Hunnen
• Alexander der Große kommt 327-325 v. Chr. ins Industal
• Nordindische Königtümer müssen griechische und
skythische Oberherrn anerkennen
→ Leben nach iranischer Sitte, buddhistischer Religion
und griechischer Kunst
• Eklektizismus als Gegenreaktionen auf Fremdherrschaften
• Hindu-religiöse Fähigkeit zur Anpassung und Aufnahme
fremdreligiöser Einflüsse
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IV Der klassische Hinduismus:
̴ 200-1100 n. Chr.
• Zeitalter des Umbruchs (archimedischer Wendepunkt)
• Viele vedische Elemente gehen verloren
• Einfluss Indiens auf andere Kulturen
→ Indisierung/ Hinduisierung durch intensive Handelsbeziehungen
(Römisches Reich, Zentralasien, Südostasien)
• Gottkönigtümer/ Vasallentum
• Epochaler Einschnitt zwischen vedischer und Hindu-Religionen
• Aufstieg der Wissenschaft, des Handwerks, der Künste
• Allgemeine Literalisierung
• Scholastik
• Rechtswesen
• Prächtige Bauten (Staatstempel)
• Wallfahrten
• Zerfall der Großreiche → Regionalisierung manifestiert sich!
• Beginn des Prozesses religiöser Assimilation
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a) Vorklassischer Hinduismus:
200-300 n- Chr.
• Ab Zusammenbruch des Maurya Reiches bis zum Beginn der Gupta
Dynastie
• Republikanische Herrschaftsformen koexistent zu Königtümern
• Feudalistische Herrschaftsordnungen: „cuius regio eius religio“;
„Götter sind wie Könige, wie Könige Götter sind“
• Diffusion Buddhismus, Jainismus
• Restauration des vedisch-brahmanischen Hinduismus
• Aufstieg neuer Gottheiten (Deutung der Erscheinungsformen auf
Vishnu und Shiva hin)
• Sanskrit wird zur „lingua franca“
• Brahmanen werden Berater an den Höfen
• Höfische Mode: Dichter, Gelehrte sollen Versen Sanskrit verfassen
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b) Blütezeit:
320-650 v. Chr.
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•
Handel mit Fern-und Luxusgütern/Ausgebautes Verkehrsnetz
Städte mit Stadtmauern
Königliche Monopole (Minen, Salz, Wald)
Sakralisierung der Herrschaft (Machtzentrierung)
Territoriale Wehr- und Steuerhoheit
Lehenswesen/ Fronarbeit
Marktaufsicht/ Normierungen/ Kapitalbildung
Rationalisierung des Rechtswesens
Allg. Literalisierung (Schulen, scholastische Zentren)
Kultische Zentren (Staatstempel, Hochgottheiten, Sanktuarium)→
Wallfahrten
• Der Gottesdienst die „ Puja“ entsteht
• Landschenkungen der Könige an Brahmanen→ werden wohlhabende
Besitzer!
• Abwertung der Frauen/ Kinderverheiratung/ Witwenverbrennung/
Verbot der Wiederverheiratung
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Durga-Tempel in Aihole
Vishnu-Tempel in
Deogarh
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c) Spätklassischer Hinduismus:
650-1100n. Chr.
• Zusammenbruch des Harsa-Reiches
(Harsa: 606-647 n. Chr.)
• Größere Königtümer sind Schutzmacht kleinerer
• Treueeid und Abgaben der vasallischen Herrscher
• Steuerfreie Schenkungen der Könige an Klöster, Tempel, Brahmanen
(brahmadeya)
• Großkönig wird deifiziert/ Schutzgottheiten
• Volk zeigt Loyalität gegenüber dem Feudalherrn
• Religiöse Legitimation der Herrscher als Bewahrer der Ordnung;
Notwendigkeit der Treue
• Wallfahrtszentren: Bhubaneswar, Mahabalipuram, Ellura, Tanjore,
Konarak, Vijayanagar, Madurai….
→ Aber auch: Regionalisierung, religiöse Rivalität
Aufwertung lokaler (deshi) Kulte und Sprachen!
• Antibrahmanische Stiftungsreligionen: Shivaismus, Vishnuismus, Bhakti,
Tantrismus (→ typisch hinduistische Richtungen)
• Verdrängung des Buddhismus aus seinem Ursprungsland
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Wallfahrtszentren:
Vijayanagar
Mahabalipuram
Bhubaneswar
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V Sekten- Hinduismus:
1100-1850 n. Chr.
• Einfluss Islam und Christentum (monotheistische
Fremdreligionen!) → werden kaum von den hinduistischen
Religionen vereinnahmt
• Politische und ökonomische Überlegenheit der
Fremdherrscher
• Keine Toleranz des Kastenwesens
• Formation religiöser Gefolgschaften (oft unter islamischen
Einfluss)
→ islamisch-hinduistischer bzw. christlichhinduistischer Synkretismus
• Herausbildung von Sekten und der Historisierung
→ Abgrenzung von islamischer Herrschaft!
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