Zivilrechtliche Sanktionen der Verletzung geistigen Eigentums Ein Überblick unter Berücksichtigung der europäischen Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (2004/48/EG) Ulrike Mahlmann, Rechtsanwältin.

Download Report

Transcript Zivilrechtliche Sanktionen der Verletzung geistigen Eigentums Ein Überblick unter Berücksichtigung der europäischen Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (2004/48/EG) Ulrike Mahlmann, Rechtsanwältin.

Zivilrechtliche Sanktionen der Verletzung geistigen Eigentums

Ein Überblick unter Berücksichtigung der europäischen Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (2004/48/EG)

Ulrike Mahlmann, Rechtsanwältin

Intellectual Property = „geistige Eigentumsrechte“?

• War im Deutschen lange nur umgangssprachlicher Begriff • Gleichsetzung mit Eigentum wurde für unangebracht gehalten, da Schutzgegenstand zu unbestimmt • Wiederkehr des Begriffs nun über das amerikanische und europäische Recht • Wortklauberei? Ja und nein...

Mögliche zivilrechtliche Ansprüche des Rechtsinhabers

• Unterlassung und Beseitigung der Störung • Schadensersatz (bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit) – Entgangener Gewinn – Angemessene Lizenzgebühr – Herausgabe des Verletzergewinns • Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung

Ansprüche gegen Dritte

• U. U. haftet ein Dritter für von ihm möglich gemachte Verletzungen selbst als Verletzer • Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche bestehen gegen einen Dritten bei „groben, unschwer zu erkennenden Verstößen“ (BGH, 11.03.2004 – I ZR 304/01).

• Content-Industrie versucht derzeit allgemeine Auskunftsansprüche gegen Provider einführen zu lassen

Rechtsquellen

• Zivilprozessordnung • Spezialgesetze (Patentgesetz, Urheberrechtsgesetz, Markengesetz etc.) • Bürgerliches Gesetzbuch • Richterrecht

Tatsachenermittlung im Zivilprozess

Zivilprozessordnung: • Bei relativ detailliertem Vortrag des Klägers • besteht eine Erklärungspflicht des Beklagten (§ 138 Abs. 3 BGB) • kann das Gericht die Vorlage von Unterlagen und sonstiger Beweismittel anordnen ( §§ 142, 144 ZPO) Auskunftsansprüche aus Spezialgesetzen und dem BGB • gegen Verletzer • u. U. gegen Dritte, die Verletzung ermöglicht haben • häufig Interessenabwägung durch das Gericht

Inhalt der Auskunftsansprüche

• Umfang: – Umfang der eigenen Verletzungshandlung sowie über Identität eventueller weiterer gewerblich handelnder Verletzer • Form: – Auskunfterteilung, keine Herausgabe von Geschäftsunterlagen – Herausgabe sensibler Daten nur an einen zur Verschwiegenheit auch gegenüber dem Verletzten verpflichteten Dritten, z. B. Wirtschaftsprüfer • Zeitpunkt: – Wehrt sich der auf Auskunfterteilung in Anspruch Genommene, muss in der Regel erst der Auskunftsanspruch eingeklagt werden – Ausnahmsweise Durchsetzung von Auskunftsansprüchen im einstweiligen Verfügungsverfahren

Die Richtlinie „zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums“ (RL 2004/48/EG)

• Nicht unmittelbar anwendbar • Deutsches Recht ist bis 29. April 2006 anzupassen • Nationale Regelungen, die für den Rechtsinhaber günstiger sind, gelten weiter

Anwendungsbereich

• Zivilrecht • Verletzungen geistiger Eigentumsrechte (nicht näher definiert) • Gewerbliche und nicht gewerbliche Verletzungshandlungen – Gewerbliche Verletzungshandlungen sind solche, die „zwecks Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils vorgenommen werden; dies schließt in der Regel Handlungen aus, die in gutem Glauben von Endverbrauchern vorgenommen werden – Einschneidendere Maßnahmen bei gewerblichen Handlungen – Mitgliedstaaten haben die Option, die schärferen Maßnahmen auch auf nicht gewerbliche Handlungen zu erstrecken

Regelungen im Überblick

• Unterlassungsanspruch vorgeschrieben, evtl. Ausweitung der Haftung Dritter • Berechnung von Schadensersatzansprüchen: lediglich sehr grobe Vorgaben, wahrscheinlich keine Änderung des dt. Rechts erforderlich • Detaillierte Regelungen über die Tatsachenermittlung • Sonstiges (Erarbeitung von Verhaltenskodizes der Branche, Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen, Informationsaustausch)

Regelungen über die Tatsachenermittlung

Beweise (Art. 6)

• Gerichte können auf Antrag einer Partei die Vorlage von Beweismitteln durch die andere Partei anordnen • Bei gewerblichen Verstößen können die Gerichte die Vorlage von Bank-, Finanz und Handelsunterlagen anordnen

Beweissicherungsmaßnahmen (Art. 7)

• Gegen den angeblichen Verletzer • Schnelle und wirksame Maßnahmen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, z. B. Beschlagnahme rechtsverletzender Ware, zu Herstellung/Vertrieb verwendetes Material sowie sich darauf beziehende Unterlagen • Rechtsinhaber muss „alle“ (?) vernünftigerweise verfügbaren Beweismittel vorgelegt haben • Auch ohne Anhörung der betroffenen Partei, „insbesondere“, wenn – nicht wieder gut zu machender Schaden droht – oder wenn nachweislich Gefahr der Beweisvernichtung besteht

Auskunftsansprüche (Art. 8)

• Auskunft über: Inhalt: Vertriebswege und Preise rechtsverletzender Waren oder Dienstleistungen • Verpflichtet: wer in gewerblichem Ausmaß und nachweislich – rechtsverletzende Ware im Besitz hatte – rechtsverletzende Dienstleistungen in gewerblichem Ausmaß in Anspruch nahm – Dienstleistungen erbrachte, die für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzt wurden oder werden – oder wer von einem nach a)-c) Auskunftspflichtigen bezichtigt wird, an Rechtsverletzungen beteiligt gewesen zu sein • Interessenabwägung durch die Rechtsprechung erforderlich (Gesuch muss verhältnismäßig sein)

Einstweilige Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen (Art. 9)

• Unterlassungsanordnungen gegen: – Verletzer – Mittelsperson, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden (für Urheberrechtsverletzungen gilt jedoch weiterhin ausschließlich Art. 8 RL 2001/29) • Beschlagnahme oder Herausgabe möglicherweise rechtsverletzender Waren • Bei Rechtsverletzungen in gewerblichem Ausmaß: vorsorgliche Beschlagnahme des Vermögens des angeblichen Verletzers und Herausgabe von Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen oder Zugang dazu • In geeigneten Fällen ohne Anhörung der betroffenen Partei

www.ulixmann.de