Österreichische Literatur nach Gibt es eine österreichische Literatur nach 1945? • Alle Klassiker sind tot (Horváth, Musil, Roth, Werfel, Zweig) oder.
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Österreichische Literatur nach 1945
Gibt es eine österreichische Literatur nach 1945?
• Alle Klassiker sind tot (Horváth, Musil, Roth, Werfel, Zweig) oder blieben im Ausland (Broch, Canetti) • In Österreich gibt es bis 1955 (Staatsvertrag) so gut wie keinen Büchermarkt, die jungen AutorInnen gehen über Deutschland ins Ausland (Aichinger, Bachmann, Celan) • Ein österreichisches Phänomen: Die Wiener Gruppe – zunächst unbekannt • Erst seit den 60ern: T. Bernhard und mit ihm die Antiheimatliteratur (Jelinek, Menasse, Ransmayr, Winkler...)
Wittgensteins „Erbe(n)“
•
Werke:
Logisch philosophische Abhandlung (1921; 1922 englische Übersetzung als
Tractatus logico-philosophicus
);
Philosophische Untersuchungen
(1953); • Philosophie als Sprachkritik, mathem. genaue Sprache • Rezeption W.s: Musil, Wiener Gruppe, Bachmann, Bernhard
Ingeborg Bachmann
• Klagenfurt 25.6. 1926 - Rom 17.10. 1973; • gehörte zur Gruppe 47 (Preisträgerein 1953) • lebte ab 1965 ständig in Rom • Frühwerk: bildhafte Lyrik (»Die gestundete Zeit«, 1953; »Anrufung des großen Bären«, 1956), Hörspiele (»Der gute Gott von Manhattan«, 1958), Libretti und Radioessays (über Wittgenstein, Musil) • Georg-Büchner-Preis 1964.
Todesarten:
„In dieser Gesellschaft stirbt man nicht, in dieser Gesellschaft wird man umgebracht.“ Seit den 60ern nur noch Prosa: Existenzbedrohung durch die reale Welt, Liebe als Gegenbild des Todes?, Sprachthematik. Erzählbände
Das dreißigste Jahr
(1963),
Simultan
(1972); vom Romanzyklus
Todesarten
nur
Malina
vollendet (1971; Schreiben nach Auschwitz, lit. Psychoanalyse); Arbeit an den Romanen
Das Buch Franza
,
Requiem für Fanny Goldmann
abgebrochen: vereinfachende Täter/Opfer-Polarität
Ilse Aichinger
• Wien 1.11. 1921; verh. mit G.
Eich, lebt in Wien; • erster bedeutender Nachkriegsroman:
Die größere Hoffnung
, 1948 • vermittelt in Erzählungen (
Der Gefesselte
, 1953), Hörspielen (
Knöpfe
, 1963), Prosatexten (
Die Spiegelgeschichte
, 1954, Preis der Gruppe 47;
Wo ich wohne
, 1958) und Gedichten (
Verschänkter Rat
, 1978) mit knapper, präziser Sprache existenzielle Zustände u. Gefühle
Wiener Gruppe: Autoren
Seit 1954: F.Achleitner (1930), H.C. Artmann (1921-2000), K.Bayer (1930-1962), G.Rühm (1931) und O.Wiener (1935) als Opposition gegen die Erstarrung des literarischen Lebens; Lit. als Provokation; die Autoren knüpften an Dadaismus und Surrealismus an, v.a. in Kabaretttexten sowie Laut- und Dialektgedichten: Dialekt als neues Sprachmedium – witzige Form, provokativer Inhalt Ernst Jandl, H.C.Artmann
Wiener Gruppe: Werke
• Dialektgedichte:
Med ana schwoazzn dintn
(1958, HCA),
hosn, rosn, baa
(1959: HCA, Rühm, Achleitner) • Parodien, Genreexperimente:
Kasperl auf dem elektrischen Stuhl
(1958: Rühm, Bayer; Künstlerroman);
die verbesserung von mitteleuropa
, (1969: Wiener; Parodie der Wissenschaft);
Dracula Dracula
(1973: HCA; Trivialliteratur);
quadratroman
(1973: Achleitner; Lit. als Konstrukt) Friedrich Achleitner
Ernst Jandl
• • Wien (1925-2000); • Nahe der Wiener Gruppe • 1984: Georg-Büchner-Preis, 1993: Kleist-Preis • Schrieb mit akustischen u.
visuellen Möglichkeiten experimentierende Gedichte mit viel Sprachwitz:
Laut und Luise
, 1966;
stanzen
, 1992;
Letzte Gedichte
, hg. 2001 und Hörspiele.
Das Öffnen und Schließen des Mundes. Frankfurter Poetik Vorlesungen
, 1985
Friederike Mayröcker
Wien (1924); zunächst in Anlehnung an die automatischen Niederschriften des Surrealismus experimentelle Texte:
Fantom Fan
(1971), dann Annäherung zwischen traditioneller und experimenteller Schreibweise:
Die Abschiede
, 1980;
Reise durch die Nacht,
1984 (aus Traummaterial, Schreibarbeit und Erinnerungen); 1990er: Bewältigung existenzieller Themen durch den Schreibprozess:
Notizen auf einem Kamel
, 1996; Prosa:
Magische Blätter
, 2001
Thomas Bernhard: Leben
• Heerlen (bei Maastricht) 1931 Gmunden 1989 • Kleiner Österreichischer Staatspreis (1968; Skandale), Georg-Büchner Preis (1970) • sein Werk zeigt den Menschen unter dem Gesetz von Krankheit und Tod; existenzielles Frühwerk, satirisches Spätwerk: scharfe Kritik an der österreichischen Gesellschaft als Naziland =
Antiheimatliteratur
• autobiographische Impulse: eigene schwere Lungenkrankheit (seit 18:
Der Atem
), Großvater Johannes Feumbichler als Vorbild für den ,
Geistesmensch
en‘ = lit. Typus zwischen Genialität und Wahnsinn
Thomas Bernhard: Werk
• Autobiografie:
Die Ursache,
1975;
Der Keller
, 1976;
Der Atem
, 1978;
Die Kälte
, 1981;
Ein Kind
• fiktionale Romane: , 1982: Großvater, Krankheit, feindl.Umfeld
Frost
, 1963, destruktiver Maler Strauch;
Das Kalkwerk
, 1970: tödliche Idee;
Beton
, 1982: Rettung durch das fremde Unglück;
Holzfällen
, 1984: Skandal mit Lampbersberg;
Auslöschung
, 1986: lit. Testament Muraus/Bernhards;
Alte Meister
, 1985: Abrechnung mit der Kunst • tragikomische, provokante Dramen:
Die Macht der Gewohnheit
, 1974: Folterung durch Kunst;
Vor dem Ruhestand
, 1979: lat. Faschismus;
Ritter, Dene, Voss
, 1984: Wittgenstein als Genius und Tyran;
Heldenplatz
, 1988: latenter Antisemitismus.
*Griffen (Steiermark) 1942; - löste 1966 die Gruppe 47 auf - zunächst Dramatik und Prosa, die Sprach- und Denkschablonen kritisierte: Dramen
Publikumsbeschimpfung
, 1966;
Kaspar
(1968: Sprache als Unterdrückungsmittel), Erzähl.
Die Angst des Tormanns beim Elfmeter,
(1970: Bewusstseinsspaltung);
Wunschloses Unglück
, (1972: gegen den Tod der Mutter als ,Kaffeelektüre‘) - als Verteidiger serbischer Positionen in den Balkankonflikten (
Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien
, 1996) gab er 1999 als Protest gegen die NATO Bombardements den Georg-Büchner Preis (1973) zurück
Peter Handke:
born to be wild
Peter Handke: poetisch
Bald wandte sich der Stifter Bewunderer einer lyrischen, hochstilisierten Schreibweise zu und versuchte durch die Sprache Effekte anderer Kunstarten zu vermitteln: Prosawerke:
Die Hornissen
(1966: akustisch);
Die Lehre der Sainte Victoire
(1980: Bilder);
Die Wiederholung
(1986: Suche nach der Heimat u. eigener Geschichte; seit Ende der 80er Jahre hat die Prosa deutliche autobiografische Züge: u.a. die Romane
Mein Jahr in der Niemandsbucht
, 1994;
Der Bildverlust oder Durch die Sierra de Gredos
, 2002;
Don Juan
, 2004
Elfriede Jelinek: Poetik
*Mürzzuschlag 1946; im Zentrum ihrer von provokativer, (sexual)tabubrechender Schärfe lebenden Werke stehen die experimentell auf den Punkt gebrachten und satirisch bloßgelegten Sprach- und Sprechschablonen von Figuren, die von den Gewohnheiten eines patriarchalischen Herrschaftssystems gezeichnet sind; Sprache als Machtmittel 1998: Georg-Büchner-Preis; 2004:
Nobelpreis für Literatur
Elfriede Jelinek: Werk
Romane
: Die Klavierspielerin
(1983: Macht, Sex und Gewalt);
Oh Wildnis, oh Schutz vor ihr
(1986: Sex, Gewalt, Natur);
Lust
(1989: Ehe als Missbrauch);
Die Kinder der Toten
(1995: Österreich als Hölle, Aufdeckung der Nazivergangenheit) Dramen:
Burgtheater
(1985: prominente Schauspieler als Nazi Mitläufer);
Raststätte oder sie machens alle
(1994: Konsum, Sex und Gewalt);
Das Werk
(2005: Kaprun als Massengrab).
Robert Menasse
*Wien 1954; philosophische Essays und Romane, die sich, ästhetische Möglichkeiten von Postmoderne nutzend, mit Geschichte und Gegenwart Österreichs auseinander setzen:
Das Land ohne Eigenschaften. Essay zur österreichischen Identität
(1992: Ästhetik der Sozialpartnerschaft);
Schubumkehr
(1995: Wenderoman);
Die Vertreibung aus der Hölle
(2001: kunstvolle Verflechtung der jüdischen Geschichte und Gegenwart)
Josef Winkler
*Kamering (Kärnten); arbeitete religiöse u. familiäre Zwänge seiner Jugend auf: Romantrilogie
Das wilde Kärnten
:
Menschenkind
, 1979;
Der Ackermann aus Kärnten
, 1980;
Muttersprache
, 1982; weitet den Kampf gegen den Katholizismus auf Italien aus:
Friedhof der bitteren Orangen
, 1990; vermittelt Todesbilder aus Indien:
Domra. Am Ufer des Ganges
(1996); wird allmählich (selbst)ironisch:
Wenn es so weit ist
(1998) oder klassisch:
Natura morta
(2001)
Genet aus Kärnten
Christoph Ransmayr
*Wels 1954; verarbeitet Überlieferungen, Fiktion und Dokumentarisches zu Endzeitfantasien, am erfolgreichsten in der Ovid Adaption
Die letzte Welt
(1988), parahistorisch im Roman
Morbus Kitahara
(1995); gilt als postmoderner Autor:
Die Schrecken des Eises und der Finsternis
(1984): erträumte Vergangenheit wird in den Archiven verifiziert.