Worte des Lebens - P. Pius Kirchgessner

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Transcript Worte des Lebens - P. Pius Kirchgessner

«Herr, zu wem sollen wir gehen?
Du hast Worte des ewigen Lebens.»
(Joh 6,68).
Zu den vielen Menschen, die ihm folgten, sprach Jesus über das
Reich Gottes. Er tat es mit einfachen Worten, in Gleichnissen, die
an Erfahrungen des täglichen Lebens anknüpften. Und doch hatte
sein Reden eine ganz besondere Wirkung: Die Menschen waren
sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der
Vollmacht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten.
Selbst die
Gerichtsdiener, die
von den Hohepriestern
und den Pharisäern
beauftragt worden
waren, Jesus
festzunehmen,
antworteten auf
deren Frage, warum
sie diesen Befehl
nicht ausgeführt
hätten: Noch nie hat
ein Mensch so
gesprochen.
Das
Johannesevangelium
gibt auch einige
Gespräche Jesu
voller Licht mit
Einzelpersonen wider,
wie mit Nikodemus
oder der
Samariterin.
Mit seinen Aposteln ging Jesus noch mehr in die Tiefe. Zu ihnen
sprach er offen vom Vater und über die Dinge des Himmels und
verwendete dabei keine Gleichnisse mehr. Die Apostel waren von
Jesus gepackt und zogen sich auch dann nicht zurück, wenn sie
seine Worte nicht ganz verstanden oder wenn diese allzu
anspruchsvoll erschienen.
Was er sagt, ist unerträglich, meinten hingegen einige der
Jünger, als sie hörten, dass Jesus ihnen sein Fleisch zu
essen und sein Blut zu trinken geben würde.
Als diese sich von ihm
abwandten und ihm
nicht mehr folgten,
fragte Jesus die zwölf
Apostel: Wollt auch ihr
weggehen? Petrus, der
vom ersten Tag an von
den Worten Jesu
fasziniert war und sich
für immer an ihn
gebunden hatte,
antwortete im Namen
aller:
«Herr, zu wem sollen wir gehen?
Du hast Worte des ewigen Lebens.»
(Joh 6,68).
Petrus hatte erkannt,
dass die Worte seines
Meisters sich von
denen der anderen
unterschieden. Deren
Worte waren irdisch
und damit
vergänglich.
Die Worte Jesu hingegen kommen vom Himmel und sind deshalb
Geist und Leben. Sie sind Licht und Kraft von oben. Jesu
Worte haben ein Gewicht und einen Tiefgang, den andere
Worte nicht haben, auch wenn sie von Philosophen, Politikern
oder Poeten kommen. Es sind Worte ewigen Lebens, weil sie
die Fülle jenes Lebens enthalten und weitergeben, das kein
Ende kennt: das Leben Gottes selbst.
Jesus ist auferstanden und lebt. Seine Worte - auch wenn er sie
in der Vergangenheit gesprochen hat - sind nicht einfach eine
Erinnerung. Es sind vielmehr Worte, die er heute an uns alle und
an jeden Menschen richtet, an die Menschen aller Zeiten und
jeder Kultur: Es sind umfassende, ewig gültige Worte.
Man könnte sagen, das Wort war die große Kunst Jesu. Das
Wort Gottes spricht in menschlichen Worten zu uns: Welch ein
Inhalt, welch eine Eindringlichkeit, welch ein Tonfall, welch
eine Stimme!
Eines Tages - so
erzählt Basilius der
Große - fast als
würde ich aus einem
langen Schlaf
erwachen,
betrachtete ich das
wunderbare Licht der
Wahrheit des
Evangeliums und
erkannte die
Nichtigkeit der
Weisheit der Fürsten
dieser Welt.
Und Therese von Lisieux
schreibt in einem Brief:
Manchmal, wenn ich gewisse
geistliche Abhandlungen lese,
... ermüdet mein armer,
kleiner Geist gar schnell. Ich
schließe dann das gelehrte
Buch, das mir
Kopfschmerzen macht und
das Herz austrocknet, und
greife zur Heiligen Schrift.
Dann erscheint mir alles voll
Licht. Ein einziges Wort
erschließt meiner Seele
unendliche Horizonte, und
die Vollkommenheit erscheint
mir leicht.
Ja, die göttlichen Worte sättigen den Geist, der für das
Unendliche geschaffen ist; sie erleuchten von innen her nicht
nur den Verstand, sondern das ganze Sein, denn sie sind Licht,
Liebe und Leben. Sie geben jenen Frieden, den Jesus seinen
Frieden nennt, und zwar auch in den Augenblicken der
Verwirrung und der Angst.
Sie geben vollkommene Freude, selbst im Schmerz, der die
Seele manchmal überschattet. Sie geben Kraft, vor allem,
wenn wir innerlich erschüttert sind oder den Mut verlieren.
Sie befreien, weil sie den Weg der Wahrheit öffnen.
«Herr, zu wem sollen wir gehen?
Du hast Worte des ewigen Lebens.»
(Joh 6,68).
Das Wort für diesen Monat
erinnert uns daran, dass
Jesus der einzige Lehrer ist,
dem wir folgen wollen, auch
dann, wenn seine Worte hart
und fordernd erscheinen: Das
kann bedeuten, in der
Arbeitswelt ehrlich zu
bleiben, zu verzeihen, sich in
den Dienst der anderen zu
stellen, statt eigennützig an
sich selbst zu denken. Das
kann heißen, im Familienleben
treu zu bleiben oder einem
sterbenden Menschen
beizustehen, ohne der
Versuchung zu erliegen, sein
Leben verkürzen zu wollen.
Viele Lehrmeister schlagen uns einfache Lösungen vor oder
empfehlen uns Kompromisse. Wir wollen daran festhalten, dass nur
einer unser Meister ist. Auf ihn, der allein die Wahrheit ist und
Worte ewigen Lebens hat, wollen wir hören und ihm folgen. Dann
können auch wir uns diese Worte von Petrus zu eigen machen.
In diesen Wochen der Fastenzeit bereiten wir uns auf das
Fest der Auferstehung Jesu vor. Begeben wir uns in die
Schule unseres Lehrers und werden wir seine Jünger.
Auch in uns sollte eine
leidenschaftliche Liebe für das
Wort Gottes aufbrechen. Nehmen
wir es aufmerksam auf, wenn es
uns in den Kirchen verkündet
wird, lesen wir es, studieren wir
es, betrachten wir es.
Vor allem aber sind wir
gerufen, es zu leben.
Die Schrift selbst sagt:
Hört das Wort nicht
nur an, sondern handelt
danach; sonst betrügt
ihr euch selbst.
Deshalb richten wir
Monat für Monat
unsere Aufmerksamkeit
jeweils auf ein Wort,
lassen uns von ihm ganz
durchdringen und
umgestalten, sodass wir
sozusagen von ihm
gelebt werden.
Wenn wir ein Wort
Jesu leben,
verwirklichen wir das
ganze Evangelium, denn
in jedem seiner Worte
gibt er sich ganz.
Durch jedes seiner
Worte kommt er selbst
zu uns, um in uns zu
leben. Es ist wie ein
Tropfen göttlicher
Weisheit in uns. Der
Auferstandene wird
nach und nach in uns
Raum gewinnen und
unser Denken, Wollen
und Handeln in jedem
Moment des Lebens
bestimmen.
«Herr,
zu wem sollen wir gehen?
Du hast Worte
des ewigen Lebens.»
(Joh 6,68).
Das Wort des Lebens”, eine monatliche Veröffentlichung der Fokolar-Bewegung.
Text von Chiara Lubich vom März 2003
Grafik Anna Lollo in Zusammenarbeit mit Don Placido D’Omina (Sizilien, Italien)
Nähere Informationen: www.focolare.org
Diese PPT wird in verschiedenen Sprachen veröffentlicht in
www.santuariosancalogero.org