Kälberdurchfall: Was tun? - RGD Rindergesundheitsdienst

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32 B AUERN Z EITUNG
20. SEPTEMBER 2013
Kälberdurchfall: Was tun?
Aufzucht / Auf vielen Betrieben erkrankt mindestens jedes zweite Kalb während den ersten drei Lebenswochen.
LINDAU
■ Durchfallerkrankungen sind bei Aufzuchtkälbern ein
zentrales Problem. Auf vielen Betrieben erkrankt mindestens jedes zweite Kalb während den
ersten drei Lebenswochen. Bereits kurze Durchfallepisoden
sind zwar aufgrund des erhöhten
Betreuungs- und Behandlungsaufwands ökonomisch durchaus
relevant, werden aber häufig als
angeblich unabwendbar hingenommen. Schwere, u. U. mit
Festliegen des Patienten einhergehenden Erkrankungen, sind
ohne intensivmedizinische Massnahmen kaum zu beherrschen
und die wichtigste Ursache für
Tierverluste insbesondere in den
ersten drei Lebenswochen.
Infektionserreger
sind am Geschehen beteiligt
Bei der Mehrzahl der durchfallkranken Kälber sind Infektionserreger am Krankheitsgeschehen beteiligt; die grösste Bedeutung haben Einzeller (Cryptosporidium parvum) und RotaViren; seltener werden CoronaViren sowie Bakterien (pathogene E. coli) nachgewiesen. Mischinfektionen sind häufig und i. d.
R. durch einen schwereren klinischen Verlauf gekennzeichnet.
Eimerien (Kokzidien) verursachen erst bei älteren Kälbern im
Alter von mehr als vier Wochen
Probleme. Bei gehäuft auftretenden Erkrankungen und damit einem Bestandsproblemen ist ein
Erregernachweis aus dem Durchfallkot sinnvoll. Einerseits sollte
eine Salmonellose ausgeschlossen werden, andererseits können
auf der Basis der Ergebnisse der
Kotuntersuchung
spezifische
Vorbeugungsmassnahmen ergriffen werden. Zum Nachweis
der Durchfallerreger sind inzwischen auch Schnelltests («Dip
Sticks») verfügbar. Bei einer mas-
siven Durchfallerkrankung kann
der Organismus bis zu 20% des
Körpergewichts täglich über den
Darm verlieren. Ein derartig
starker Flüssigkeitsverlust ist jedoch in den ersten Tagen der
Durchfallepisode eher selten.
Vorherrschend sind zunächst
meist suppige Durchfälle, die anfangs zu keinen schweren Allgemeinstörungen führen. In diesem Stadium der Erkrankung ist
das Tränkemanagement von besonderer Bedeutung – die grosszügige Verabreichung von Antibiotika ist dagegen meist nicht
sinnvoll! In einer eigenen Feldstudie erwies sich die dreimalige
Verabreichung von jeweils zwei
Litern einer komplexen Diättränke am ersten Durchfalltag verbunden mit einem Milchentzug
über (maximal) 24 Stunden als effektiver verglichen mit klassischer Elektrolyttränke bzw. anderen Tränkeschemata. Komplexe
Diättränken enthalten neben
den Elektrolyten bzw. Puffersubstanzen zusätzliche Komponenten (Pektine, Faserstoffe, Oligosaccharide, Probiotika, Präbiotika, Glycin, Glutamin, Adsorbentien, Pflanzenextrakte), die die
Mikroflora des Darms positiv beeinflussen, die Toxinbelastung
verringern und die Regeneration
der Darmschleimhaut unterstützen sollen. Ein wesentlicher Vorteil komplexer Diättränken ergibt
sich aus dem höheren Energiegehalt verglichen mit dem herkömmlicher Elektrolyttränken.
Zudem war die Dauer der Durchfallepisoden bei den mit komplexer Diättränke versorgten Kälber
kürzer als bei Einsatz der klassischen Elektrolyttränken; 75% der
entsprechend versorgten Tiere
hatten die Durchfallepisode nach
drei Tagen überstanden. Komplexe Diättränken sind jedoch kein
Ersatz für Milch, d. h. bereits am
Alarmzeichen: Kälber mit hochgradigen Flüssigkeitsverlusten. (Bild zVg)
zweiten Durchfalltag sollten wieder kleine Mengen Milch vertränkt werden. Insbesondere gilt
es zu beachten, dass möglichst
frequent getränkt wird (d. h. mindestens viermal täglich).
Das Tier kann
zum Festliegen kommen
Gelingt es nicht, das durchfallkranke Kalb mit Hilfe von Diättränke zu stabilisieren, so kann
das Tier zum Festliegen kommen.
Dieses lebensgefährliche Stadium der Erkrankung kann durch
eine Blutvergiftung (Septikämie),
häufiger aber durch einen Flüssigkeitsmangel (Dehydratation)
bedingt sein. Das tiefe Einsinken
des Augapfels ist typisch für hohe
Flüssigkeitsverluste. Zudem entwickelt sich mit fortschreitender
Durchfalldauer eine zunehmende Übersäuerung des Bluts. Der
Saugreflex der Patienten wird zunehmend schlechter. In dieser Situation kann nur noch der Tierarzt das Kalb mit Hilfe von Infusionen stabilisieren. Die typischen Durchfallerreger kommen
praktisch auf allen Betrieben vor.
Insofern spielen bei einem gehäuften Auftreten von Erkrankungsfällen (Bestandsproblem
Kälberdurchfall) systematische
Fehler im Betriebsmanagement
eine wesentliche Rolle. Von besonderer Bedeutung sind dabei
folgende Faktoren:
● Bereits unmittelbar nach der
Geburt erfolgende Infektionen
in Abkalbeboxen, in denen bei
nur seltenem Entmisten ein hoher Infektionsdruck besteht;
entsprechend sollten Kälber
Kälbermast – wie weiter?
Anmeldung an der Kurs für die Kälbermast. Wo und wann:
12.11.2013: Plantahof, Landquart
GR, von Planta- Saal.
26.11.2013: Strickhof, Lindau ZH,
Kursraum 402.
3.12.2013: BBZN Hohenrain LU,
Raum West 15.
Jeweils von 9. bis 12 Uhr.
Programm: 9 Uhr, Physiologische
Grundlagen des Kalbes und Konsequenzen für die Praxis. 9.45 Uhr, Haltung von Kälbern – Probleme und
Potenziale. 10.30 Uhr, Fütterung (Intensität, Qualität MAT, Sperrmilch).
11.15 Uhr, Eisenversorgung: a neverending story. 11.30 Uhr, Rotfleischigkeit – endlich keine Abzüge mehr?
11.45 Uhr, Schlussrunde. Möglichkeit
zum Mittagessen nur bei Voranmeldung, siehe Kurskosten.
Kurskosten für Tierhalter: pro Person Fr. 30.–. Mittagessen Fr. 20.–.
Die Teilnehmeranzahl ist beschränkt!
Anmeldungen zur Teilnahme sowie
zum Mittagessen bis spätestens 14
Tage vor der Veranstaltung erforderlich!
Anmeldungen unter: [email protected]
oder Fax: +41 (0)52 347 17 50. pd
möglichst schnell nach dem Trockenlecken durch das Muttertier
in ein sauberes und üppig eingestreutes Kälberiglu oder eine
Kälberbucht gebracht werden.
● Aufnahme von zu wenig Biestmilch; bleiben die Kälber unbeaufsichtigt beim Muttertier, so
ist eine ausreichende Aufnahme
von Biestmilch (Kolostrum) und
damit Abwehrstoffen (Immunglobuline) bei bis zu 50% der Kälber nicht gewährleistet. Insbesondere auf Problembetrieben
sollen Kälbern deshalb kontrolliert Biestmilch aus einer Nuckelflasche bekommen. Ziel ist
es, dass die Tiere in den ersten
zwei Lebensstunden drei Liter
Erstgemelk aufnehmen. Kälbern, die nicht freiwillig trinken,
sollte das Erstgemelk ggf. mit einem Drencher eingegeben werden; eine gründliche Einweisung
durch den Hoftierarzt muss zuvor erfolgen.
● Das Biestmilch-Management
sollte mindestens einmal im Jahr
auf jedem Betrieb überprüft werden, und zwar am einfachsten,
indem bei 4 bis 6 gesunden Kälbern im Alter von mehr als 24
Stunden und weniger als zehn
Tagen die Gesamteiweisskonzentration im Serum bestimmt
wird. Mindestens 70% der Tiere
sollten Konzentrationen von
55 g/l oder mehr erreichen.
● Milchaustauscher mit pflanzlichen Eiweissträgern (z. B. aus
Soja, Weizen, Erbsen) können
vom Kalb in den ersten Lebenswochen nicht oder nur unzureichend aufgrund der ausschliesslich auf Milch ausgerichteten
Enzymausstattung verdaut werden; der Einsatz derartiger Tränke kann somit ein Durchfallgeschehen begünstigen.
● Viele Aufzuchtkälber werden
sehr knapp gefüttert (z. B. zweimal täglich jeweils zwei Liter
Tränke mit lediglich 100 g/l
Milchaustauscherpulver). Eine
derartig geringe Fütterungsintensität ist mit einer schlechten
Konstitution und damit Abwehrbereitschaft des Organismus verbunden. Stattdessen sollten Kälber in den ersten Lebenswochen
täglich mindestens sechs Liter
Vollmilch bzw. 1 kg Milchaustauschertränke (sechs Liter mit
160 g/l) bekommen.
● Durchfallerkrankungen werden massiv begünstigt durch ungenügende Hygiene bei der Aufstallung der Kälber, die gemeinsame Haltung von älteren Kälbern zusammen mit neugeborenen Tieren auf Tiefstreu, seltenes
Ausmisten und/oder die ständige Nachbelegung der Boxen ohne zwischenzeitliche Reinigung
mit Hochdruckreiniger und anschliessende Desinfektion. Ziel
ist stets ein Rein-Raus-Verfahren, wie es ohnehin typisch für
die Aufstallung in Kälberiglus ist.
Gezielte Massnahmen
mit Fütterung und Haltung
Es lässt sich schlussfolgern,
dass Durchfallerkrankungen bei
Aufzuchtkälbern in der Vergangenheit ebenso wie heute ein erhebliches Problem darstellen.
Gezielte Massnahmen bei Fütterung und Haltung ermöglichen
es jedoch, eine niedrige und damit akzeptable Inzidenz zu erreichen. Für akut erkrankte Kälber
stehen geeignete Diättränken zu
Verfügung, die Betreuung der
Tiere durch den Tierhalter ist
hier der zentrale Aspekt, um zu
vermeiden, dass die Tiere zum
Festliegen kommen. Schwerkranke, festliegende Patienten
lassen sich nur durch eine tierärztliche Infusionstherapie retten.
Martin Kaske,
Rindergesundheitsdienst, Agridea
Ausgeglichene Schlachttiere
Die Borstenhirse bekämpfen
Schweinehaltung / Dank des UFA-2000-Zuchtprogramms
auf dem richtigen Weg.
Unkraut / In vielen Gegenden der Schweiz nimmt die Hirse überhand.
Die Bewirtschaftung von Problemwiesen sollte weniger intensiv sein.
BAZENHEID ■ Die 30 Kern- und
Vermehrungszüchter des UFA2000-Zuchtprogramms trafen
sich in Bazenheid SG unter der
Leitung von Ralf Bley zur Jahrestagung. Dabei wurde die Ernst
Sutter AG mit einem der modernsten Zerlegebetriebe Europas besichtigt. Christian Siegrist,
Leiter Beschaffung, zeigte die
Bedürfnisse der Abnehmer auf.
Er unterteilte die Marktanforderungen in «äussere und weiche
Werte.» Das Erfüllen der äusseren Werte bezeichnete er als
Muss für alle Lieferanten. Dazu
gehört eine hohe Standardisierung der Schlachtkörper.
Für eine optimale Verarbeitung im hochautomatisierten
Betrieb müssen die Tiere in einem möglichst engen Band bezüglich Gewicht, MFA sowie
Fleisch- und Fettqualität angeliefert werden. Die Posten sollten
homogen und möglichst gross
sein. Diese Anforderung kann
nur mit einer systematischen
Zucht und der Konzentration auf
definierte Genetik erfüllt werden. Genau das, was die Züchter
im UFA 2000 umsetzen. Zu den
Andreas und Roland Hertach züchten ausgeglichene, hochfruchtbare
Primera-Jungsauen.
(Bild zVg)
«weichen Werten», die in der
Vermarktung Argumente liefern,
zählte er Schweizer Genetik und
Schweizer Standard, ADR, Tierwohl, Nachhaltigkeit und Sicherheit. Lebensmittelsicherheit
scheint sich zum neuen Medienthema zu entwickeln. Die geforderte Antibiotikareduktion bedingt mehr Kontrollen, Beratung, Monitoring und damit
neue aufwendige Anforderungen an die Züchter.
Henning Luther, Zuchtleiter
der Suisag, betonte, dass das
Fundament einer marktorientierten Zucht durch die konsequente Kern- und Vermehrungszucht gelegt wird. Allerdings haben Mäster, Schlachthof, Detailhandel und Konsument so unterschiedliche Ansprüche an die
Genetik, dass nicht alle Wünsche
auf einmal erfüllt werden können. Zudem ist eine gewisse
Streuung bei gleicher DNA (Vollgeschwister) normal und kann
nicht weggezüchtet werden. Die
Erblichkeit von MFA beträgt beispielsweise nur 36 Prozent. Paul
Steiner von der Anicom konnte
am Schluss aufzeigen, dass sich
die Jungsauenverkäufe der Kernund Vermehrungszüchter sehr
positiv entwickeln. Liefersicherheit, hohe Zuchtwerte, Gesundheitsstatus und Zuverlässigkeit
überzeugen die Kunden.
pd
NIDWALDEN ■ Vielerorts in der
Schweiz, aber vor allem in Nidwalden, haben die Landwirte mit
Borstenhirse zu kämpfen. In der
Landwirtschaft verursacht dieses Unkraut grossen Schaden.
«Die Verschleppung der reifen
Samen geschieht via Wind, Vögel
und Mensch», sagt Christoph
Beyeler, Feldbauberater vom
Landwirtschaftlichen Zentrum
Liebegg.
Die Hirsen dürfen
nicht absamen
Die Borstenhirse gedeiht am
besten in intensiven Futterbeständen. Die Bekämpfung geschieht mittels Schliessen der
Lücken durch Förderung der
Bestockung (Striegel, Walze)
und/oder Einsaat. «Die Bewirtschaftung von Problemwiesen
sollte weniger intensiv erfolgen
(reduzierter Gülle-Einatz). Die
Hirsen dürfen nicht Absamen
(genügend frühe Nutzung). Chemische Bekämpfung kann auf
die Dauer ein sehr gefährliches
Konzept sein: Förderung resistenter Typen!», so der Spezialist
Christoph Beyeler.
In der Schweiz kommen vier
Arten der Borstenhirse vor, von
denen vor allem zwei, nämlich
die Grüne Borstenhirse (Setária
víridis) und die Graugrüne Borstenhirse (Setária púmila) weit
Die Borstenhirse kann bekämpft werden durch häufige Übersaaten mit geeigneten Mischungen oder Anstreben von geschlossenem Wasen. (Bild zVg)
verbreitet sind. Beide Arten besiedeln sehr ähnliche Standorte:
warme bis sehr warme, in den
Voralpen meist süd- bis südwestexponierte Lagen auf nur leicht
sauren bis neutralen Böden.
Hat sich stark
verbreitet
Beide wachsen ausschliesslich auf nährstoffreichen Böden
und gelten als Nährstoffzeiger.
Stickstoff begünstigt sie deutlich. Beide Pflanzen bestocken
sich schnell und sind zur Vermehrung auf die Samenreife angewiesen. Allerdings bleibt der
Samen viele Jahre keimfähig
mit der Folge, dass der Samenvorrat im Boden meist hoch ist.
Die Borstenhirse hat sich seit
den 80er-Jahren in der Schweiz
enorm verbreitet. Dies ist ein
Hinweis auf eher wärmere Verhältnisse und vor allem auf die
starke Intensivierung der Landwirtschaft.
Peter Fankhauser