Kirchliches Eherecht

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Transcript Kirchliches Eherecht

EHERECHT
TERMINOLOGIE
 Matrimonium ratum – matrimonium ratum et consumatum: Eine gültige Ehe unter
Getauften wird als „matrimonium ratum (tantum)“ bezeichnet, solange sie noch nicht vollzogen
worden ist. Eine solche Ehe ist durch päpstl. Auflösungsbescheid (dispensatio super matrimonio
rato et non consumato) auflösbar.
 Matrimonium in forma canonica – matrimonium clandestinum – matrimonium
conscientiae: Die formlosen Ehen (klandestinen Ehen) haben mit der Einführung der
Tridentinischen Formpflicht Ihre Bedeutung verloren. Man kann heute nur mehr die
Noteheschließungsform bzw. die mit kirchlicher Formdispens geschlossenen Ehen als Relikte der formlosen
Ehen ansehen. Bei den in ordentlicher kanonischer Form geschlossenen Ehen kann man
zwischen matrimonia publica und matrimonia secreta (=matrimonia conscientiae) unterscheiden.
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TERMINOLOGIE
 Matrimonium legitimum – matrimonium semichristianum – matrimonium inter non
baptizatos: Unter einem matrimonium legitimum versteht man die gültige Ehe zwischen
Ungetauften (matrimonium inter non baptizatos) ebenso wie die gültige Ehe zwischen einem
Getauften und einem Nichtchristen (matrimonium semichristianum). Eine Eheaudflösung ist
unter Umständen durch das Privilegium Paulinum oder das Privilegium Petrinum möglich.
 Matrimonium nullum: Unterscheide von einer gültigen Ehe die ungültige (=nichtige) Ehe und
von letzterer wieder die Nichtehe (=matrimonium nullum). Letztere liegt vor, wenn trotz bestehender
Formpflicht keine kirchliche Eheschließungsform zur Anwendung gekommen ist. Es bedarf
keines Ehenichtigkeitsprozesses, um die kirchl. Nichtexistenz dieser Ehe zu beweisen.
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TERMINOLOGIE
 Matrimonium validum – matrimonium invalidum – matrimonium putativum –
matrimonium attentatum: Eine Ehe kommt gültig (=matrimonium validum) zustande, wenn a)
ehefähige Partner b) in einer der für sie geltenden Gültigkeitserfordernisse entsprechenden Weise
c) einen von wesentlichen Mängeln freien Ehewillen bekunden . (= keine Fähigkeitsmängel, keine
Formmängel, keine Willensmängel). Bei Vorliegen eines Mangels ist die Ehe ungültig
(matrimonium invalidum oder matrimonium irritum). Die Ungültigkeit muss in einem Ehenichtigkeitsprozess bewiesen werden. Bei der ungültigen (nichtigen) Ehe unterscheidet man zwischen
einer Attentatsehe (= matrimonium attentatum, beide Partner sind bösgläubig) und einer Putativehe
(matrimonium putativum, zumindest einer der Partner glaubt an die Gültigkeit der Ehe).
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TERMINOLOGIE
 Matrimonium civile: Dies ist eine Ehe, die vor einem staatlichen Organ
(Standesbeamten) geschlossen wird. Rechtsfolgen für den kirchlichen Bereich: a) gelten
keine kirchlichen Formvorschriften, dann handelt es sich um eine gültige Ehe; b) ist auch
nur einer der Eheschließenden an die kirchl. Formvorschriften gebunden, handelt es sich
um eine Nichtehe (=matrimonium nullum). Unterscheide bei der zivilen Ehe zwischen einer
Zwangszivilehe (BRD, Österreich) und einer Wahlzivilehe (USA, in Ö zwischen 1934 und
1938). In Österreich gab es früher auch die Notzivilehe, und zwar die absolute Notzivilehe
(seit 1868) und die relative Notzivilehe (seit 1870).
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GRUNDNORMEN
 Die wichtigsten Bestimmungen des Eherechts finden sich in den cc. 1055-1062. Zu
diesen Grundnormen gehören die Sakramentalität der Ehe (c. 1055), die Wesenseigenschaften
der Ehe (c. 1056), das Konsensprinzip sowie eine Definition des Ehewillens (c. 1057), das
Grundrecht auf Eingehung einer Ehe (c. 1058), die Rechtsgrundlagen des Eherechs für Katholiken
(c. 1059), der favor iuris matrimonii (c. 1060) und das Eheversprechen=Verlöbnis (c. 1062).
 Ehe als Vertrag und Sakrament: Der alte Streit, ob die Ehe ein Konsensual- oder
Realvertrag sei, wurde zugunsten der Konsensualvertragstheorie entschieden. Jeder Ehevertrag
zwischen Getauften ist zudem ein Sakrament.
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GRUNDNORMEN
 Ehezweck und wesentliche Eigenschaften der Ehe: Die Ehe ist eine Gemeinschaft des
ganzen Lebens zwischen Mann und Frau und ist ihrer Anlage nach sowohl auf das Wohl der
Gatten als auch der Nachkommenschaft hingeordnet. Diese so definierte Ehe hat einige
wesentliche Eigenschaften, nämlich a) die Einheit (keine Polygamie; weder Polygynie noch Polyandrie)
und b) die Unauflöslichkeit (diese bezieht sich nur auf die gültig geschlossenen Ehen zwischen
Getauften, die auch vollzogen worden sind).
 Recht auf Eheschließung: Ehe ist ein Grundrecht jedes Menschen, das allerdings
Einschränkungen durch göttliches oder menschliches Recht erfahren kann (=Ehehindernisse).
Zudem ist dieses Grundrecht disponibel, d.h. es kann auf dieses Grundrecht verzichtet werden.
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GRUNDNORMEN
 Rechtsgrundlagen des Eherechts für Katholiken: Für wen gilt das kirchliche
Eherecht? Das kirchl. Eherecht gilt für alle Ehen von Katholiken, genauer für alle Ehen,
bei denen zumindest einer der Partner katholisch ist. Das göttliche Eherecht (zB.
Unauflöslichkeit der Ehe) gilt nach dem Selbstverständnis der Kath. Kirche für alle
Menschen. Nichtkatholische Ehen unterliegen nicht der Kompetenz der Kath. Kirche.
 Der favor iuris matrimonii: Darunter versteht man den Grundsatz, dass eine formal
ordnungsgemäß geschlossene Ehe solange für gültig zu halten ist, bis das Gegenteil
erwiesen ist. Ein Beweis erfolgt in einem Ehenichtigkeitsprozess durch das
übereinstimmende Urteil zweier kirchlicher Instanzen.
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GRUNDNORMEN
 Das Verlöbnis wird nicht im CIC geregelt sondern der Zuständigkeit der jeweiligen
Bischofskonferenzen überlassen. Gesamtkirchlich wird nur ausgeschlossen (§2 c. 1062),
dass eine Ehe aufgrund eines Eheversprechens rechtlich erzwungen werden kann. Auf
Schadensersatz kann allerdings geklagt werden. Damit entspricht die Rechtslage im
kirchlichen Recht nahezu wörtlich dem österreichischen staatlichen Recht (§§ 45 und 46
sowie 1247 ABGB).
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EHEHINDERNISSE
 Ehehindernisse: Der neue CIC kennt nur noch solche Ehehindernisse, die eine
Ungültigkeit der Ehe bewirken, wenn ihnen zum Trotz die Trauung dennoch vorgenommen wird (= trennende Eheindernisse). Aufschiebende Ehehindernisse kennt das neue Recht
nicht mehr.
 Trauungsverbote richten sich nicht an die Eheleute sondern an die kirchlichen
Amtsträger, die der Eheschließung assistieren. Es handelt sich also um Verbote für diese,
bestimmte Heiratswillige zu trauen. Eine entgegen einem solchen Verbot vorgenommene
Trauung ist unerlaubt aber gültig. Von einem Trauungsverbot kann der Ortsordinarius
befreien, bei einem Notfall kann dies der Trauungsgeistliche selbst tun.
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EHEHINDERNISSE
 Die Ehehindernisse im Allgemeinen: Man unterscheidet öffentliche und geheime
Ehehindernisse. Öffentlich sind Hindernisse, die bewiesen werden können (durch Urkunden, Zeugen
usw.). Geheim sind Hindernisse, die nicht bewiesen werden können (zB. geheimer Gattenmord). Von
öffentlichen Hindernissen muss im Rechtsbereich dispensiert werden, von geheimen kann im
Gewissensbereich (im Beichtsakrament) dispensiert werden.
 Aufstellung, Aufhebung und Interpretation von Ehehindernissen sind allein der obersten Autorität der
Kirche, dem Papst und dem allgemeinen Konzil, vorbehalten.
 Eheverbot durch Verwaltungsgebot: Der Ortsoberhirte kann allen Personen, die sich in seinem
Territorium aufhalten, in einem besonderen Fall aus einem schwerwiegenden Grund die
Eingehung einer Ehe auf eine bestimmte Zeit verbieten.
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EHEHINDERNISSE
 Dispens von Ehehindernissen: Zur Erteilung einer Dispens von Ehehindernissen
ist grundsätzlich der Bischof befugt. Er kann dispensieren von: 1. Alter (mit
Einschränkung der geistigen Reife); 2. Religionsverschiedenheit; 3. Weihe (nur im
Ausnahmefall der Todesgefahr von der Diakonatsweihe); 4. Gelübde (nur wenn die
Institute nicht vom Apostolischen Stuhl errichtet worden sind); 5. Entführung (mit
Einschränkung des freien Willens); 6. Verbrechen des Gattenmordes (nur bei Todesgefahr
oder nicht aufschiebbarer Hochzeit); 7. Verwandtschaft (mit Einschränkung in gerader
Linie und bis zum 2. Grad der Seitenlinie); 8. Schwägerschaft; 9. Öffentliche Ehrbarkeit;
10. Gesetzliche Verwandtschaft (= Adoption).
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EHEHINDERNISSE
 Die Dispens von folgenden drei Hindernissen hat sich der Apostolische Stuhl
vorbehalten (=Reservatfälle): 1. Hindernis der Weihe (In Todesgefahr ist allerdings dieser
Vorbehalt für die Diakonatsweihe aufgehoben); 2. Hindernis des Gelübdes (sofern es sich
um Gelübde handelt in Instituten, die vom Apost. Stuhl errichtet oder durch förml.
Dekret approbiert worden sind); 3. Hindernis des Verbrechens des Gattenordes
(Vorbehalt entfällt in Todesgefahr oder bei nicht aufschiebbarer Hochzeit).
 Nie dispensabel sind die Ehehindernisse der Impotenz und des bestehenden Ehebandes
 Die Ehehindernisse (und Trauverbote) im Besonderen: (siehe eigene Beilage)
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DER EHEWILLE
 Das kanonische Recht folgt dem Grundsatz „consensus facit nuptias“. Der Inhalt des
Ehevertrages ist durch die Ehelehre der Kirche und deren Konkretisierung im kanonischen
Recht vorgegeben. Eine Ehe kann nur mit den vorgegebenen Wesensmerkmalen geschlossen
werden, macht ein Kontrahent Vorbehalte, kommt keine gültige Ehe zustande.
 Psychische Eheunfähigkeit (c. 1095) ist der häufigste Nichtigkeitsgrund. Diese kann sein
eine Ehevertragsunfähigkeit (c. 1095, n. 1) beruhend auf einen habituell/krankheitsbedingten
Mangel oder einem aktuellen Mangel (Drogen, Alkohol ), ein Mangel an Erkenntnisfähigkeit oder
ein Mangel an innerer Freiheit (c. 1095 n. 2) oder eine Unfähigkeit zur Eheführung aus psychischen
Gründen (c. 1095 n. 3).
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DER EHEWILLE
 Sonstige Willensmängel: a) Fehlen des notwendigen Mindestwissens über das Wesen der Ehe
(c. 1096); b) der Irrtum (c. 1097 u. c. 1099; unterscheide Personenirrtum,
Eigenschaftsirrtum und Irrtum betreffend den Ehevertrag oder die Wesenseigenschaften
der Ehe); c) die Simulation (= wenn die nach außen abgegebene Ehewillenserklärung dem
tatsächlichen inneren Willen nicht entspricht; c. 1101; Rechtsvermutung des
Übereinstimmens von innerem Willen und äußerer Erklärung; Unterscheide
Partialsimulation von Totalsimulation); d) Furcht und Zwang (c. 1103); e) Bedingung (c. 1102;
Ehe ist ein bedingungsfeindliches Rechtsgeschäft; Auflagen sind zulässig, haben jedoch
keinen Einfluss auf die Gültigkeit der Ehe).
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DIE EHESCHLIEßUNGSFORM
 Geschichte: Ursprünglich war keine bestimmte Form der Konsensleistung
vorgeschrieben (=klandestine Ehe). Erst durch das Konzil von Trient wird eine
bestimmte Eheschließungsform vorgeschrieben (=Dekret Tametsi 1563; danach
tridentinische und nichttridentinische Gebiete): Eheschließung vor dem parochus prorius
und vor zwei Zeugen. Mit dem Dekret „Ne temere“ vom 1907 kommt es zu einer Änderung
der Formvorschriften (diese dann vom CIC 1917/18 und vom CIC 1983 übernommen):
Eheschließung erfolgt nunmehr vor dem parochus loci und vor zwei Zeugen. Ein
wesentlicher Unterschied zwischen parochus proprius u. parochus loci besteht darin, dass
letzterer den Konsens aktiv erfragen muss.
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DIE EHESCHLIEßUNGSFORM
 Die ordentliche kanonische Eheschließungsform: a) Persönliche Anwesenheit der
Eheschließenden (persönlich oder durch Stellvertreter; c. 1104, § 1); b) Kundgabe des Ehewillens (durch
Worte oder Zeichen; c. 1104 § 2); c) Eheabschluss vor einem Assistenzberechtigten (Ortsoberhirte,
Ortspfarrer oder vor einem delegierten Priester, Diakon oder im Ausnahmefall Laien; c. 1108 §
1); d) Aktive Eheassistenz (der Assistenzberechtigte hat aktiv den Konsens zu erfragen, eine bloß
passive Zeugenschaft genügt nicht; c. 1108 § 2); e) Anwesenheit von zwei Zeugen (c. 1108 § 1).
 Die Noteheschließung: Bei Todesgefahr für einen der Brautleute oder wenn innerhalb
eines Monats ein Trauassitent nicht oder nicht ohne schweren Nachteil herbeigeholt oder
aufgesucht werden kann, kann die Ehe ausnahmsweise auch nur vor zwei Zeugen geschlossen
werden (c. 1116).
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DIE EHESCHLIEßUNGSFORM
 Eheschließungsform bei Mischehen: a) Eheschließung eines katholischen mit einem orthodoxen
Partner: Kanonische Eheschließungsform ist nur zur Erlaubtheit, nicht zur Gültigkeit
vorgeschrieben (hierfür genügt die Anwesenheit eines minister sacer der Ortodoxen Kirche); b)
Eheschließung zwischen einem katholischen und einem sonstigen getauften Partner, bei welcher der
katholischen Eheschließungsform Schwierigkeiten entgegenstehen: hier kann der Ortsoberhirte
von der kanonischen Form Dispens erteilen; in diesem Fall genügt eine sonstige öffentliche
Form der Eheschließung; c) Verbot der Doppeltrauung und der Simultantrauung; d) Erlaubtheit der
ökumenischen Trauung (Amtsträger beider Kirchen sind bei Eheschließung zugegen, der Konsens
wird vom kath. Trauassistenten erfragt).
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DIE EHESCHLIEßUNGSFORM
 Wer ist an die kanonische Eheschließungsform gebunden? a) Wer in der kath.
Kirche getauft oder b) in sie aufgenommen wurde und c) sich nicht durch einen formellen
Akt wiederum getrennt hat.
 Notwendigkeit einer Erlaubnis für Mischehen: Das Eingehen einer Mischehe ist
grundsätzlich verboten. Der Ortsoberhirte kann hierfür jedoch eine Erlaubnis erteilen,
wenn a) ein gerechter und vernünftiger Grund vorliegt und b) der katholische Teil sich
bereit erklärt, die Gefahr des eigenen Glaubensabfalles abzuwenden und sich für eine
katholische Taufe und Erziehung seiner Kinder nach Kräften einzusetzen (= Kautelen-
leistung). Der andere Partner muss von diesem Versprechen wissen.
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DIE EHESCHLIEßUNGSFORM
 Ausführungsbestimmungen der Österreichischen Bischofskonferenz zur
Kautelenleistung (25.01.1984): Die Erklärung und das Versprechen des kath. Partners
hat schriftlich zu erfolgen: „Ich will in meiner Ehe am katholischen Glauben festhalten. Ich erkenne
an, dass mein Glaube von mir verlangt, mich für die Taufe und Erziehung unserer Kinder in der
katholischen Kirche einzusetzen. Ich werde mich bemühen, dem zu entsprechen, unter Rücksichtnahme
auf das Gewissen meines Partners.“ Die Ortsordinarien bevollmächtigten auch ihre Seelsorger,
die allgemeine Trauungsvollmacht besitzen, den katholischen Partner die Erlaubnis zur
Eheschließung (trotz Eheverbotes) zu geben und zur Vorsicht auch vom Ehehindernis
der Religionsverschiedenheit zu dispensieren.
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DIE GÜLTIGMACHUNG NICHTIGER EHEN
 Eine Ehe kann wegen eines Fähigkeitsmangels, eines Willensoder eines Formmangels ungültig sein. Eine eventuelle nachträgliche
Gültigmachung muss im Trauungs- und Taufbuch vermerkt werden.
 Convalidatio simplex: Heilung der Ehe erfolgt dadurch, dass a)
das Ehehindernis entweder ipso iure wegfällt, oder dass vom
Ehehindernis dispensiert wird. Anschließend muss b) der Konsens
erneuert werden, sei es in kanonischer oder privater oder geheimer
Form.
 Eine convalidatio simplex ist bei allen Arten von Nichtigkeitsgründen möglich, wenn vom Ehehindernis dispensiert werden kann.
Die Heilung der Ehe erfolgt ex nunc.
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DIE GÜLTIGMACHUNG NICHTIGER EHEN
 Sanatio in radice: Darunter versteht man die Heilung der Ehe
auf der Basis eines fortbestehenden Ehewillens (daher nicht möglich
bei Willensmängeln).
 Für eine sanatio in radice ist erforderlich a) der Wegfall des
Hindernisses ipso iure oder durch Erteilung einer Dispens und b) eine
Dispens von der Konsenserneuerung.
 Die Ehe wird somit bei einer sanatio in radice ex tunc (also von
Anfang an) gültig.
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SONSTIGE MÖGLICHKEITEN FÜR DIE BEHANDLUNG
NICHTIGER EHEN
 Neben der Heilung (Gültigmachung) einer nichtigen Ehe gibt es noch
die a) Möglichkeit wie Bruder und Schwester zusammen zu leben, oder b)
die Möglichkeit einer dissimulatio durch die Kirche oder c) die
Möglichkeit einer Trennung der Gatten als ultima ratio.
 Möglichkeit wie Bruder und Schwester miteinander zu leben: ist
nur möglich bei bereits vorgerücktem Alter der Scheinehegatten, wenn 1.)
der Gültigmachung der Ehe ein indispensables Ehehindernis
entgegensteht oder ein Hindernis, von dem die Kirche nicht zu
dispensieren pflegt, und 2.) die Scheinehegatten glaubhaft geschlechtliche
Enthaltsamkeit versprechen und 3.) durch die Gewährung dieser
Ausnahme kein Ärgernis entsteht.
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SONSTIGE MÖGLICHKEITEN FÜR DIE
BEHANDLUNG NICHTIGER EHEN
 Dissimulatio: hier wird die Ungültigkeit der Ehe seitens der
Kirche ignoriert und die Scheinehegatten werden im Genuss der Ehe
und aller kirchlichen Rechte belassen. Voraussetzung für diese
Möglichkeit ist a) die Unbehebarkeit des Hindernisses, b) der gute
Glaube beider Scheinehegatten an die Gültigkeit ihrer Ehe und c) die
ernsthafte Befürchtung, dass durch die Aufklärung der Partner und
die Nichtigerklärung ihrer Ehe den Scheinehegatten selbst und/oder
ihren Kindern schwerster Schaden zugefügt, vielleicht auch dritte
Personen schwer diffamiert würden oder Ärgernis erregendes
Aufsehen entstehen könnte.
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SONSTIGE MÖGLICHKEITEN FÜR DIE
BEHANDLUNG NICHTIGER EHEN
 Trennung der Gatten: hierbei unterscheidet man einerseits die
rechtliche Trennung der Ehe von der tatsächlichen Trennung.
 Die tatsächliche Trennung (=Trennung von Tisch und Bett): In einem
solchen Fall bleibt das Eheband bestehen und es ist keine neue
Eheschließung möglich. Dabei handelt es sich um Recht des
schuldlosen Ehepartners, wenn a) ein Ehebruch erfolgt ist, oder b)
einer der beiden Ehepartner dem anderen oder den Kindern für Seele
oder Leib gefährlich wird oder sonst das gemeinsame Leben schwer
erträglich macht. Der schuldlose Teil kann sich bei Gefahr im Verzug
eigenständig, oder sonst aufgrund eines Dekrets des Ortsoberhirten
vom Partner trennen.
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SONSTIGE MÖGLICHKEITEN FÜR DIE
BEHANDLUNG NICHTIGER EHEN
 Die rechtliche Trennung kennt vier Fälle: 1. Die Lösung einer unter
Nichtchristen geschlossenen Ehe nach Bekehrung und Taufe eines
Partners = Privilegium Paulinum (cc. 1143-1147). 2. Die Trennung
einer oder mehrerer Ehen einer Person, die vor der erhaltenen Taufe
gleichzeitig in mehreren nichtchristlichen Ehen gelebt hat =
Sonderfall des Privilegium Paulinum (c. 1148). 3. Die Lösung einer
Ehe, die zwischen einem getauften und einem ungetauften Partner
geschlossen wurde = Privilegium Petrinum. 4. Die Lösung einer
nichtvollzogenen Ehe unter Christen = Inkonsumationsprozess (c.
1142).
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SONSTIGE MÖGLICHKEITEN FÜR DIE
BEHANDLUNG NICHTIGER EHEN
 Eheauflösung ex Privilegio Paulino: Voraussetzung: a) eine unter zwei
Ungetauften geschlossene Ehe; b) der Empfang der Taufe durch
einen Partner während des Bestandes der Ehe; c) die Verweigerung
der friedlichen Fortsetzung dieser Ehe durch den ungetauft
gebliebenen Partner. In diesem Fall hat eine Interpellatio durch den
Bischof oder einem von ihm Beauftragten zu erfolgen. Verläuft die
Interpellatio negativ, so erhält der getaufte Ehepartner kirchlich die
Erlaubnis eine neue Ehe eingehen, wobei erst die Eingehung einer
neuen Ehe die ursprüngliche Ehe auflöst.
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SONSTIGE MÖGLICHKEITEN FÜR DIE
BEHANDLUNG NICHTIGER EHEN
 Sonderformen des Privilegium Paulinum: Das Privilegium Paulinum hat
im 16. Jahrhundert im Zuge der Missionstätigkeit der Kirche gewisse
Ausweitungen und Präzisierungen erfahren.
 So wurde 1. der Fall geregelt, dass eine in einer Mehrehe
(Polygamie oder Polyandrie) lebende Person in der Katholischen
Kirche getauft wurde und nunmehr dem Prinzip der Monogamie sich
unterordnen musste.
 Aber es mussten 2. auch anderen Verhältnissen Rechnung getragen
werden, wie denen der Verschleppung, Verfolgung und Gefangenschaft.
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SONSTIGE MÖGLICHKEITEN FÜR DIE
BEHANDLUNG NICHTIGER EHEN
 Eheauflösung ex Privilegio Petrinum: nicht im Codex geregelt, beruht
auf Gewohnheitsrecht, das sich seit 1924 entwickelt hat , und einer
Instruktion der Glaubenskongregation aus dem Jahr 1973.
 Tatbestand: Verheiratet sind ein Ungetaufter und ein Getaufter.
Nach einer Interpellation und einem Informativprozess kann diese
Ehe durch den Papst aufgelöst werden. Der Informativprozess endet
nicht durch ein Urteil sondern durch eine Dispens vom bestehenden
Eheband durch den Papst. Durch diesen päpstlichen Gnadenakt wird
die ursprüngliche Ehe aufgelöst. Der Getaufte kann wiederum
heiraten, muss es aber nicht.
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SONSTIGE MÖGLICHKEITEN FÜR DIE
BEHANDLUNG NICHTIGER EHEN
 Auflösung der nichtvollzogenen Ehe: Auch eine gültig geschlossene Ehe
zwischen Getauften ist, solange der eheliche Beischlaf noch nicht
stattgefunden hat, auflösbar. Eine solche Ehe kann nur a) vom Papst,
b) aus einem gerechten Grund (etwa wegen Zerrüttung) aufgelöst
werden, wenn c) beide oder ein Teil darum bitten (auch wenn der
andere Teil damit nicht einverstanden ist).
 Diese Form der Eheauflösung wird als dispensatio super
matrimonio rato et non consummato bezeichnet, auch wenn es sich
rechtstechnisch um keine echte Dispens sondern um einen
päpstlichen Auflösungsbescheid handelt.
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