Das Kind und ich – eine Bindung, die stärkt
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Transcript Das Kind und ich – eine Bindung, die stärkt
Das Kind und ich – eine
Bindung, die stärkt
PÄDAGOGISCHE WERKTAGUNG
13. – 15. JULI 2010
SALZBURG
Mag. Doris Kessler
Ich darf Sie durch diesen Workshop
begleiten:
Mag. Doris Kessler
• Klinische- u. Gesundheitspsychologin
• Familien-, Kinder- und Jugendpsychologin
• Leiterin Bereich Psychologie & Psychotherapie Caritas für
Menschen mit Behinderungen + Familienberatungsstelle
MEANDER
• SAFE ®(Sichere Ausbildung für Eltern) Mentorin
• Referentin an der Body & Health Academy
• In freier Praxis (Praxisgemeinschaft Apfelgrün)
Mag. Doris Kessler
Ablauf
Bindung vom Säuglings- bis Kindergartenalter +
Auswirkungen
- Beispiele aus der Praxis
- Interventionen aus dem SAFE® Programm von Dr.
Brisch
- Videos
Mag. Doris Kessler
Dr. Brisch: Definition von Bindung
= emotionales Band, das sich
während der
Kindheit entwickelt, dessen Einfluss aber
nicht auf diese frühe Entwicklungsphase
beschränkt bleibt
Ohne Bindungsfähigkeit und Bindungen keine
Eigenständigkeit
Mag. Doris Kessler
Bindungsverhalten
Durch Angst und Trennung wird das
Bindungsbedürfnis aktiviert
körperliche Nähe zur Bindungsperson:
Bindungsbedürfnis wieder beruhigt
Die primäre Bindungsperson muss nicht die leibliche
Mutter/Vater sein
Emotionale Bindung des Kindes an die
Bindungsperson entsteht NICHT durch
genetische Verwandtschaft
Mag. Doris Kessler
Verschiedene Bindungspersonen
Hauptbindungsperson
–wird bei größtem Stress aufgesucht
–Kann am besten beruhigen
Nachgeordnete Bindungspersonen
–Können bei kleinerem Stress trösten
–als Ersatz für Hauptbindungsperson
Mag. Doris Kessler
Eltern-Kind-Bindung heute
Veränderte Lebenswelten der Kinder
Neue Formen der Familie mit Chancen und
Risiken
Veränderung der Strukturen und Personen in der
Familie (z.B. Scheidungen, Wiederverheiratung,
Alleinerziehende, verstärkter Eintritt der Mütter
in das Berufsleben..)
Mag. Doris Kessler
Feinfühligkeit als Voraussetzung
vgl. E. Kirkilionis, Bindung stärkt, Kösel 2008, S. 34/35:
Befinden frühzeitig wahrnehmen
Signale richtig (im Sinne des Kindes) deuten
Angemessen reagieren
Zeitlich richtig reagieren (z.B. prompt) –
Responsivitiät als ein Teil von Feinfühligkeit, im
Sinne der richten Antwort auf das Kind
Vor allem für traumatisierte Eltern schwierig –
Traumatherapie!
Mag. Doris Kessler
Feinfühligkeit
Die Pflegeperson mit der größten Feinfühligkeit in
der Interaktion wird die Hauptbindungsperson für
den Säugling
Verhalten in Interaktionen
Sprache
Rhythmus
Blickkontakt
Berührung
Mag. Doris Kessler
Videoelterntraining SAFE ® - Feinfühligkeit
Emotionen des Kindes verbalisieren = wichtig
Paraphrasieren
Dialogische Kommunikation (im Rhythmus)
Blickkontakt
Körperkontakt
Sprachverständnis ist dem aktiven Sprachgebrauch
weit voraus
Positives Verstärken mit ICH-Botschaft, Standbild
Mag. Doris Kessler
SAFE® Programm
10 ganztägige Seminartage für Mütter + Väter in der
Gruppe
Ab ca. 20. SSW: 4 mal bis zur Geburt, 6 mal nach der
Geburt
Inhalte z.B.: Phantasien + Ängste der Eltern,
pränatale Bindung, Rollenerwartungen,
Entspannungsverfahren, Kompetenzen (Eltern +
Baby), Geburtsverarbeitung, Video-FeedbackTraining, Stillen, Füttern, Schlafen,…
Weniger häufig postnatale Depression!
Mag. Doris Kessler
AUSWIRKUNGEN VON
BINDUNG
BESONDERHEITEN UND MÖGLICHKEITEN
Mag. Doris Kessler
Bindung - Erkundung
Das Bindungsbedürfnis steht im Wechsel mit dem
Erkundungsbedürfnis
Nur wenn das Bindungsbedürfnis beruhigt ist, kann
das Kind die Umwelt erkunden
Mag. Doris Kessler
Bindung - Autonomie
Sicher gebundene Kinder haben mehr
Neugierdeverhalten Lernen und entdecken die Welt
rascher, einfacher, unbeschwerter…
Binden und loslassen =Grundübungen im
Erziehungsalltag beginnen für Eltern schon
vorgeburtlich z.B. loslassen von Erwartungen, Wünschen
Mag. Doris Kessler
Mag. Doris Kessler
Bedürfnispyramide
nach Tschöpe-Scheffler
Mag. Doris Kessler
Chancen der Eltern-Kind-Bindung
Grundlage einer gelingenden emotionalen-
psychosozialen Entwicklung
Grundbedürfnis sich als geliebt und als liebesfähig zu
erleben Beziehungsfähigkeit
Bindung – Kompetenz – Autonomie als Bedürfnis
von Kindern und als Ziel in der Erziehung
Mag. Doris Kessler
Sichere Bindung als Fundament der Persönlichkeit
Sichere Bindung
–Psychischer Schutz bei Belastungen
–breites solides Fundament
Unsichere Bindung
–Psychisches Risiko bei Belastungen
–Schmales und weiches Fundament
- u.a. häufiger Schulphobie, Agoraphobie
Mag. Doris Kessler
Sichere Bindung – Auswirkungen auf das Leben
– Schutzfaktor bei Belastungen
– Mehr Bewältigungsmöglichkeiten
– Sich Hilfe holen
– Mehr gemeinschaftliches Verhalten
– Empathie für emotionale Situation von anderen
Menschen
– Mehr Beziehungen
– Mehr Kreativität
– Mehr Flexibilität und Ausdauer
– Mehr Gedächtnisleistungen und Lernen
Mag. Doris Kessler
Sicher gebundene Kinder
haben Vertrauen
lassen sich rasch beruhigen
haben eine sichere Basis um Neues zu entdecken
Exploration
erleben Trennungsschmerz von wichtigen Personen
suchen aktiv nach Trost und Beruhigung
Beginnen rasch wieder zu explorieren, wenn die
Trennungssituation vorbei ist
Mag. Doris Kessler
Unsicher gebundene Kinder
Unsicher-vermeidende Kinder:
erscheinen nicht beunruhigt bei Trennungen
vermeiden die Nähe von Bezugspersonen, wenn sie
wiederkommen und anwesend sind
widmen sich der Exploration, sind innerlich stark erregt
Unsicher-ambivalente Kinder:
sind offensichtlich belastet bei Trennungen
Erkundigungsverhalten ist eingeschränkt
lassen sich nicht beruhigen/ suchen Nähe und halten sie
dann nicht aus (auch Aggression möglich)
Mag. Doris Kessler
Desorganisiert
haben in belastenden Situationen z.B. Trennung von
Bezugspersonen längere Zeit keine Strategie
(orientierungslos)
versuchen Bezugspersonen zu kontrollieren
Rollenumkehr
Innerlicher Stress bizarre Körperreaktionen möglich z.B.
erstarren, Zuckungen, usw.
Wichtige Bezugspersonen werden nicht als Quelle der
Sicherheit, sondern des Erschreckens erlebt (z.B. bei
Gewalt in der Familie, usw.)
Mag. Doris Kessler
Keine sichere Bindung – was folgt?
Bei desorganisierter Bindung:
Kindheit/Jugend: kontrollierend-überfürsorgliches oder
aggressiv-strafendes Verhalten gegenüber Eltern, Risiko
von neuerlichen Übergriffen groß
Risiko einer pathologischen seelischen Entwicklung hoch
Bindungsstörungen
Fallbeispiel
Mag. Doris Kessler
Schwierige Startbedingungen
Frühgeburten: nach Zeit z.B. im Inkubator
schwieriger, aber gute Bindung kann aufgebaut
werden – Mütter müssen dazu die Frühgeburt gut
verarbeitet haben
Traumatisierte oder psychisch erkrankte
Eltern – häufiger Bindungsstörungen
Mag. Doris Kessler
BINDUNG in Gruppen und im
pädagogischen Kontext
BESONDERHEITEN & MÖGLICHKEITEN
Mag. Doris Kessler
Interaktion in Gruppen
Schon ab dem 2. Lebensmonat interagieren Babys
miteinander, wenn die Bindungsperson anwesend ist
Begegnung im Rhythmus
Beobachtung und Imitation
Hierarchie in der Gruppe nach Alter und sozialer
Kompetenz
Mag. Doris Kessler
Kinder – Gruppen
"Bindung ist das gefühlsgetragene Band, das eine
Person zu einer spezifischen Gruppe anknüpft
und das sie über Raum und Zeit miteinander
verbindet.“
Größere Basis
Mehr Sicherheit
Nicht so feinfühlig
Längere Eingewöhnung bis Bindungssicherheit
- Gruppen aufstellen zur Darstellung
Mag. Doris Kessler
Bindung – an Eltern + Pädagog/innen
Pädagog/in muss auch zum „sicheren Hafen“ für
das Kind werden, vor allem im Kleinkindalter
Besonders alleinerziehende Mütter/Väter
haben hier die Chance ihre „exklusive
Elternrolle“ aufzugeben und dem Kind neue
Bindungserfahrungen machen zu lassen
Kinder entwickeln Bindung hierarchisch
Mag. Doris Kessler
Pädagog/Innen-Kind-Bindung
Kinder kommen mit Bindungserfahrungen
aus der eigenen Familie
Kinder suchen neue „Vorbilder“ und
Identitätsfiguren Suche nach neuen
Werten
Kinder verbringen oft sehr viel Zeit in
außerfamiliären pädagogischen Kontexten
Kinder binden sich an konstante
Bezugspersonen oft sehr stark
Mag. Doris Kessler
Pädagog/Innen-Kind-Bindung
Mädchen gehen eher eine sichere Bindung zu ihren
weiblichen Bezugspersonen ein als Buben (Ahnert, et al,
Security of childrens relationships with nonparental care providers,
2006)
Auch sichere Pädagog/innen-Kind-Bindung ist ein
Schutzfaktor für die weitere Entwicklung des Kinder
Mag. Doris Kessler
Bindung - Bildung
Sichere Bindung ist die Voraussetzung für Bildung:
wenn Schüler Angst haben, sind ihre Leistungen
schlechter
Wichtig: entängstigen!
Mag. Doris Kessler
Förderung der Bindung im pädagog. Kontext
hilfreiche Eigenschaften für die sichere
Bindungsentwicklung von Kindern:
Feinfühligkeit
Emotionale Verfügbarkeit
Verarbeitung von eigenen Traumata vor Betreuung
von Kindern
Ressourcen
Mag. Doris Kessler
Förderung der Bindung
Stressverringerung: Hilfe negative Emotionen
wie Angst, Unsicherheit oder Traurigkeit zu
verringern und wieder in eine positive Balance zu
finden
Explorationsunterstützung: „sicherer Hafen“
Begleitung/Assistenz: Grenzen überwinden
helfen, in schwierigen Situationen zur Seite stehen,
Informationen geben, neue Handlungsmuster
anregen…
Mag. Doris Kessler
Betreuung von Kindern < 3 Jahren (Dr. Brisch)
Längere Trennungen erst nach Bindungssicherheit
an Hauptbindungspersonen (Ende 1./Anfang 2.Lj)
und nach stabiler Bildung von Objekt-u. Selbst-
Repräsentanzen (Kind erinnert inneres Bild von
Bindungsperson für Dauer der Trennung)
Selbsterfahrung in Einzel-und Gruppensetting,
Supervision
Mag. Doris Kessler
Literatur
Brisch, K. H. (1999) Bindungsstörungen. (9. Auflage, 2009), Stuttgart,
Klett-Cotta.
Brisch, K.H., Grossmann, K.E., Grossmann, K., Köhler, L. (Hrsg.) (2002).
Bindung und seelische Entwicklungswege. (2. Auflage, 2006) Stuttgart,
Klett-Cotta.
Brisch, K.H., Hellbrügge, Th. (2008). Wege zu sicheren Bindungen in
Familie und Gesellschaft. Prävention, Gegleitung, Beratung und
Psychotherapie. Stuttgart, Kett-Cotta.
Seiwert, l. (2009). Ihr Weg zu Innerer Zufriedenheit. Themenschwerpunkt:
Sorge Dich nicht: In: simplify Selbstmanagement (Juni). Orgenda Verlag
für persönliche Weiterentwicklung.
Mag. Doris Kessler
Ich wünsche Ihnen alles Gute…
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Mag. Doris Kessler