Vorlesung_7_Vorromantik in Deutschland

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Vorlesung 7

       Kritik der Urteilskraft (1790) Bedingungen der empirischen Urteile nach den Schlussrichtungen Klassifikation: vom Besonderen zum Allgemeinen Spezifikation: vom Allgemeinen zum Besonderen Empfindung, die mit Lust oder Unlust verbunden ist Geschmacksurteil subjektiv Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.

    keine Regeln zur Hervorbringung des Schönen nur Inspiration Genie ist das Talent (Naturgabe), welches der Kunst die Regel gibt.

Unter allen [schönen Künsten] behauptet die Dichtkunst (die gänzlich dem Genie ihren Ursprung verdankt, und am wenigsten durch Vorschrift, oder durch Beispiele geleitet sein will) den obersten Rang.

       

Principij di una scienza nuova d’intorno alla comune natura delle

nazioni (1725; 3. Fassung 1744)

Zweifel am binären Wahrheitsmodell von Descartes Erkenntnisformen der Historie Versöhnung der analytisch-logischen Studienart mit der humanistisch-philologischen Auffinden der Spuren des menschlichen Geistes Der Mensch kann nur das wahrhaft erkennen, was er selbst geschaffen hat.

Geistesgeschichte als Schöpfung des Menschen Gegenstand der Scienza nuova sapienza poetica

   in triadischer Struktur [...] l’antichità degli egizi in ciò grandemente ci gioverà, che ne serbarono due grandi rottami non meno meravigliosi delle loro piramidi, che una è narrata da Erodoto: ch’essi tutto il tempo del mondo ch’era corso loro dinanzi riducevano a tre età: la prima degli dèi, la seconda degli eroi e la terza degli uomini. L’altra è che, con corrispondente numero ed ordine per tutto tal tempo si erano parlate tre lingue: la prima geroglifica ovvero per caratteri sagri, la seconda simbolica o per caratteri eroici, la terza pistolare o per caratteri convenuti da’ popoli [...] 3-Phasen-Zyklus von Barbarei, Humanismus und Korruption

     kultureller Fortschritt = zyklische Wiederholung Charles Fourier: Le Nouveau Monde industriel et sociétaire, 1829 Auguste Comte: Cours de philosophie positiviste, 1830-42 

stade théologique et militaire

stade métaphysique et légiste

stade positif et industriel

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Ästhetik  symbolische Urgeschichte  klassische Antike mit idealem Menschenbild  romantisches Christentum mit Unterscheidung zwischen Form und Inhalt Marxismus bzw. Konjunktur- und Produktzyklen der Volkswirtschaft

         Goethe: Italienische Reise deutsche Übersetzung 1822 Herder und Schiller Hauptaufgaben von Poesie: Erfindung von Mythen Erschütterung der Gemüter Erziehung zur Tugend Victor Hugo: Préface de Cromwell, 1827 Alessandro Manzoni: Lettre à M.C***, 1823

        Johann Gottfried Herder: Ursachen des gesunknen Geschmacks

bei den verschiednen Völkern, da er geblühet, 1775

August Wilhelm Schlegel und Friedrich Schlegel Die beste Theorie der Kunst ist ihre Geschichte.

Herder: Abhandlung über den Ursprung der Sprache, 1772 ursprüngliches Sprechen in der Muttersprache Friedrich Schlegel: Gespräch über die Poesie, 1800 Es ist aller Kunst wesentlich eigen, sich an das Gebildete anzuschließen, und darum steigt die Geschichte von Geschlecht zu Geschlecht, von Stufe zu Stufe immer höher ins Altertum zurück, bis zur ersten ursprünglichen Quelle.

Das Ganze ruht auf dem festen Boden der alten Dichtung, eins und unteilbar durch das festliche Leben freier Menschen und durch die heilige Kraft der alten Götter.

      Nationalliteraturen = Entfaltung von organisch individuellen Ganzheiten Schlüsselvokabular aus dem Bereich des Pflanzlichen, des Wassers und des Religiösen Ströme der Poesie, Blüten der Dichtung, heilige Mysterien Es ist nicht nötig, dass irgend jemand sich bestrebe, etwa durch vernünftige Reden und Lehren die Poesie zu erhalten und fortzupflanzen [...] Wilhelm Heinrich Wackenroder: Herzensergießungen eines

kunstliebenden Klosterbruders, 1796

Ausdruck eines schöpferischen Subjekts

     Beteiligung der Menschen an der Entstehung der untersuchten Dinge [...] die Schönheit des Gedichts zu verstehen sind wir fähig, weil auch ein Teil des Dichters, ein Funke seines schaffenden Geistes in uns lebt und tief unter der Asche der selbstgemachten Unvernunft mit heimlicher Gewalt zu glühen niemals aufhört.

Friedrich Schelling: Philosophie der Kunst, 1802 Diesen [Rückweg] betrat, Religion und Poesie verbindend, der große Dante, der heilige Stifter und Vater der modernen Poesie.

Petrarca gab der Kanzone und dem Sonett Vollendung und Schönheit. Seine Gesänge sind der Geist seines Lebens [...]

   

[...] wie Boccaccios Verstand eine unversiegbare Quelle merkwürdiger meistens wahrer und sehr gründlich ausgearbeiteter Geschichten [...] Aus solchen Quellen entsprungen, konnte bei der vorgezogenen Nation der Italiäner der Strom der Poesie nicht wieder versiegen.

Guarinis Pastor fido (1590): [...] dem größten ja einzigen Kunstwerk der Italiäner nach jenen Großen [...] Er hätte an dem Beispiel der großen Nation wenigstens zeigen können, wie man eine sein kann, ohne alle Poesie.

      Literatur = Inbegriff des geistigen Lebens eines Volkes zwei Perspektiven: 1. Monument: Produkt eines Genies 2. Dokument der Geistesgeschichte einer Nation Georg Gottfried Gervinus: Geschichte der poetischen National-

Literatur der Deutschen (1835-42)

homogenes Konstrukt → Identität des Volkes

 Friedrich Hölderlin (1770-1843)  Heinrich von Kleist (1777-1811)  Jean Paul (1763-1825) – eig. Johann Paul Friedrich Richter

West-östlicher Divan (1814-19, erweitert 1827)

Noten und Abhandlungen zu besserem

Verständnis des West-östlichen Divan (1819)

Versammlung deutscher Gedichte mit stetem Bezug auf den „Divan“ des persischen Sängers Mahomed Schemseddin Hafis

Hafis (Schiraz, um 1320 – um 1390) Joseph von Hammer Purgstall (1774 1856)

Hafis

himmlische Liebe – irdische Liebe (homoerotisch, panerotisch) Diesseits – Jenseits Religion – Eros mystische Ekstase – Orgasmus und Weinrausch

bei Goethe erweitert um

Westen – Osten Bibel – Koran Antike und Mittelalter – Gegenwart Heteroerotik (dominierend; Suleika) – Homoerotik (Schenke)

Phänomen Wenn zu der Regenwand Phoebus sich gattet, Gleich steht ein Bogenrand Farbig beschattet.

Im Nebel gleichen Kreis Seh ich gezogen, Zwar ist der Bogen weiß, Doch Himmelsbogen.

So sollst du, muntrer Greis, Dich nicht betrüben, Sind gleich die Haare weiß, Doch wirst du lieben.

Integration von Elementen der Farbenlehre in die Divan-Mystik

Gingo Biloba Dieses Baums Blatt, das von Osten Meinem Garten anvertraut, Gibt geheimen Sinn zu kosten, Wie’s den Wissenden erbaut.

Ist es ein lebendig Wesen, Das sich in sich selbst getrennt?

Sind es zwei, die sich erlesen, Dass man sie als eines kennt?

Solche Frage zu erwidern, Fand ich wohl den rechten Sinn; Fühlst du nicht an meinen Liedern, Dass ich eins und doppelt bin?

Integration von Elementen der Goetheschen Lehre von der Metamorphose der Pflanzen in die Divan-Mystik

Dichten mit Goethe, nach Goethe Ein Seitenblick auf August von Platen Ich bin wie Leib dem Geist, wie Geist dem Leibe dir!

Ich bin wie Weib dem Mann, wie Mann dem Weibe dir!

Wen darfst du lieben sonst, da von der Lippe weg Mit ew’gen Küssen ich den Tod vertreibe dir?

Ich bin dir Rosenduft, dir Nachtigallgesang, Ich bin der Sonne Pfeil, des Mondes Scheibe dir; Was willst du noch? was blickt die Sehnsucht noch umher?

Wirf alles, alles hin: du weißt, ich bleibe dir!

[Ghaselen, 1821]

 Johann Paul Friedrich Richter, der sich später „Jean Paul“ nannte, kam als Sohn eines Lehrers und Organisten in Wunsiedel zur Welt. 1765 wurde sein Vater Pastor in Joditz , 1776 erhielt er eine bessere Stelle in Schwarzenbach an der Saale Erhard Friedrich Vogel . Die Atmosphäre des protestantischen Landpfarrhauses prägte Jean Pauls Kindheit. Weniger durch seinen konservativen Vater als durch einen verehrten Lehrer und den Pfarrer des Nachbarortes Rehau wurde er mit dem Gedankengut der er in Exzerpt Gymnasium in Aufklärung vertraut gemacht. Abseits der politisch literarischen Zentren seiner Zeit bildete sich Jean Paul autodidaktisch und besaß schon als 15-Jähriger ein umfangreiches Bücherwissen, das heften zusammentrug. 1779 wechselte Jean Paul an das Hof , wo er seinen engen Jugendfreund Johann Bernhard Hermann kennenlernte, das Vorbild vieler seiner Romanfiguren, etwa des „Leibgeber“ im später starb sein Vater, wodurch die Familie in schwere materielle Nöte stürzte. Das Hofer Gymnasium, das Jean Paul besuchte, gibt es immer noch und wurde nach ihm benannt. Es gilt heute als eines der ältesten Gymnasien überhaupt in Bayern.

Siebenkäs

. Wenige Monate

 Im Mai 1781 immatrikulierte Jean Paul sich an der Universität Leipzig allem , betrieb sein Studium der Theologie jedoch nur sehr lustlos. Stattdessen begann er nun, sich als Schriftsteller zu verstehen: Er schrieb nach ersten literarischen Experimenten vor Satiren im Stile Jonathan Swifts und Christian Ludwig Liscows , die in gesammelter Form 1783 als

Grönländische Prozesse

gedruckt wurden. Nach dieser ersten Publikation blieben jedoch weitere Erfolge aus. 1784 musste Jean Paul vor seinen Gläubigern fliehen und kehrte als „gescheiterte Existenz“ nach Hof in das Haus seiner Mutter zurück. Wie er sich dort fühlte, ist in seinem späteren Roman Siebenkäs nachzulesen. Neben der drückenden Armut dieser Jahre belasteten Jean Paul auch der Tod eines Freundes im Jahr 1786 und der Selbstmord seines Bruders Heinrich 1789. Erst als Jean Paul ab 1787 ein Auskommen als Privatlehrer fand, linderte sich seine Notlage allmählich.

 Die Reihe seiner schriftstellerischen Erfolge begann 1793 mit dem Roman Die unsichtbare Loge. Jean Paul hatte dem Schriftsteller Karl Philipp Moritz das Manuskript geschickt, und Moritz zeigte sich begeistert: „Ach nein, das ist noch über Goethe, das ist was ganz Neues!“, soll er gesagt haben, und durch seine Vermittlung fand das Buch rasch einen Verlag in Berlin. In Die unsichtbare Loge verwendete Jean Paul, der seine Arbeiten zuvor unter dem Pseudonym J. P. F. Hasus geschrieben hatte, aus Bewunderung für Jean-Jacques Rousseau erstmals den Namen Jean Paul. Doch Die unsichtbare Loge blieb ein Fragment, denn Jean Paul widmete sich mit dem

Hundposttage Hesperus oder 45

einem neuen Roman, der 1795 erschien. Das Buch, das zum größten literarischen Erfolg seit Goethes

Die Leiden des jungen Werthers

wurde, machte Jean Paul schlagartig berühmt. Johann Gottfried von Herder , Christoph Martin Wieland Ludwig Gleim äußerten sich enthusiastisch über den Hesperus – Johann Wolfgang von Goethe und Roman allerdings kein Gefallen.

und Johann Wilhelm Friedrich Schiller fanden an dem

  Auf Einladung seiner Verehrerin Charlotte von Kalb besuchte Jean Paul 1796 Weimar . Im literarischen Zentrum seiner Zeit wurde er respektvoll aufgenommen, doch blieb das Verhältnis zu Klassikern wie Goethe und Schiller eher kühl und distanziert. Zwei Jahre später zog Jean Paul nach Weimar; inzwischen hatte er eine stattliche Anzahl literarischer Werke vorzuweisen:

Siebenkäs

(1796/97),

Das Leben des Quintus Fixlein

(1796), Der Jubelsenior (1797), Das Kampaner Tal (1797). Besonders in Weimar häuften sich die erotischen Verwicklungen, die Jean Paul Zeit seines Lebens begleiteten: Er verlobte sich mit Karoline von Feuchtersleben, was wegen des Standesunterschiedes einige Schwierigkeiten mit sich brachte - und als diese endlich ausgeräumt waren, entlobte Jean Paul sich wieder. Auch gegenüber Charlotte von Kalb musste er immer wieder neue Strategien der Ehe-Vermeidung austüfteln. Doch auch der ehescheue Jean Paul konnte sich schließlich seinem Schicksal nicht entziehen: Im Frühjahr 1800 lernte er auf einer Reise nach Berlin Karoline Mayer kennen, die er ein Jahr später heiratete.

Die Berlin-Reise stellte den Höhepunkt seines literarischen Ruhmes dar: Die preußische Königin Luise , die ihn am „Kleinen Musenhof“ ihrer Schwester Charlotte in Hildburghausen Werke. Dies brachte Jean Paul dazu, im Oktober 1800 ganz nach Berlin zu ziehen, wo er sich unter anderem mit den Brüdern Johann Ludwig Tieck , Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher anfreundete.

kennen gelernt hatte, zeigte sich ihm als begeisterte Leserin seiner August Wilhelm und Friedrich Schlegel und sowie mit Johann Gottlieb Fichte

    Doch vom Gipfel des Erfolges ging es allmählich bergab: Jean Pauls nächste Romane

Titan

(1800–1803) und

Flegeljahre

(1804/1805) erzeugten nicht mehr den früheren Enthusiasmus bei den Lesern, obwohl sie heute als seine wichtigsten Werke gelten.

1804 siedelte er mit seiner Frau und seinen zwei Kindern nach kurze Zeit in Meiningen und Coburg Bayreuth um, nachdem er gewohnt hatte. In Bayreuth führte er fortan ein zurückgezogenes Leben, unterbrochen nur von einigen Reisen, z. B. nach Bamberg , wo er E. T. A. Hoffmann besuchte, oder nach Heidelberg , wo ihm 1817 nach einem ausgiebigen Punschgelage auf Vorschlag Hegels der Ehrendoktortitel verliehen wurde. Seine politischen Stellungnahmen (etwa in Cottas Morgenblatt) fanden besonders bei patriotisch gesinnten Studenten lebhaften Widerhall. Er wurde zu einer Leitfigur der deutschen Burschenschaften. Bei Besuchen in Heidelberg (1817) und Stuttgart (1819) wurde er gar zum „Lieblingsdichter der Deutschen“ erhoben.

Jean Pauls literarische Werke aus diesen Jahren, wie Levana oder Erziehlehre (1807) oder Dr. Katzenbergers Badereise (1809), erhielten bei weitem nicht mehr die Beachtung, die der Hesperus erlangt hatte. 1813 begann Jean Paul mit seinem letzten großen Roman,

Der Komet

, doch der Tod seines Sohnes Max 1821 war ein Schicksalsschlag, den der Autor nicht verwinden konnte - Der Komet wurde aufgegeben und blieb Fragment. Die letzten Lebensjahre waren von Krankheiten gezeichnet: 1823 erkrankte Jean Paul am Grauen Star und erblindete allmählich. 1825 kam verstarb.

Brustwassersucht hinzu, an der er am 14. November Er ist auf dem Friedhof in Bayreuth beerdigt

  Jean Paul nimmt in der deutschen Literatur eine Sonderstellung ein und hat das Lesepublikum schon immer gespalten. Bei den einen erntete er höchste Verehrung, bei anderen Kopfschütteln und Desinteresse. Er trieb die zerfließende Formlosigkeit des Romans der Romantiker auf die Spitze; August Wilhelm Schlegel Leser teilnehmen lasse (insofern eine Übersteigerung dessen, was Sterne nannte seine Romane „Selbstgespräche“, an denen er den Laurence im enthalten.

Tristram Shandy

Vielzahl witziger und skurriler Einfälle; seine Werke sind geprägt von wilder Metaphorik begonnen hatte). Jean Paul spielte ständig mit einer sowie abschweifenden, teilweise labyrinthischen Handlungen. In ihnen mischte Jean Paul Reflexionen mit poetologischen Kommentaren; neben geistreicher Ironie stehen unvermittelt bittere Satire und milder Humor, neben nüchternem Realismus finden sich verklärende, oft ironisch gebrochene Idyllen, auch Gesellschaftskritik und politische Stellungnahmen sind Besonders weibliche Leser schätzten seine Romane - dies lag vor allem an der Empathie, mit der Jean Paul die Frauenfiguren in seinen Werken gestalten konnte: Nie zuvor waren in der deutschen Literatur weibliche Charaktere mit einer solchen psychologischen Tiefe dargestellt worden. Allerdings finden sich auch nirgends sonst derart vergnüglich misogyne Sticheleien wie bei Jean Paul.

  Ähnlich vielgestaltig und verwirrend wie viele seiner Romane muss auch Jean Pauls Charakter gewesen sein: Er war wohl sehr gesellig und geistreich, gleichzeitig extrem sentimental, von fast kindlichem Gemüt und schnell zu Tränen gerührt. Seine Werke lassen immer wieder erkennen, wie sehr er sich nicht nur für Literatur, sondern auch für Astronomie und andere Wissenschaften interessierte.

Bei einem so kapriziösen Autor ist es kaum verwunderlich, dass sein Verhältnis zu den Weimarer Klassikern Goethe und Schiller immer zwiespältig war (so sagte Schiller, Jean Paul sei ihm „fremd wie einer, der aus dem Mond gefallen ist“). Herder und Wieland allerdings haben ihn geschätzt und unterstützt. Obwohl er immer auf Distanz zu den die Kunst verabsolutieren wollenden Klassikern blieb und obwohl in seinem theoretischen Ansatz – etwa in seiner Vorschule der Ästhetik – deutliche Einflüsse der Romantik festzustellen sind, ist er nicht zu den Romantikern zu rechnen. Er hielt auch hier kritischen Abstand; denn bei allem Subjektivismus verabsolutierte er das Ich des Autors nicht: Er besaß, was zwischen klassischem Ernst und romantischer Ironie selten geworden war: Humor (mit dessen Wesen er sich auch als Erster eingehend auseinandersetzte).

  Sowohl die Aufklärung als auch die Metaphysik waren für ihn gescheitert, gleichwohl hatten sie ihren Platz in seinem Weltbild. So gelangte er zu einer Weltanschauung ohne Illusionen verbunden mit humorvoller Resignation. Dazu passt, dass Jean Paul einer der ersten Fürsprecher der Philosophie Arthur Schopenhauers war. Er versuchte nicht zu indoktrinieren, sondern das Glück des Menschen darzustellen, auch und gerade in einer sich zunehmend entfremdenden Umwelt - in Rokoko Schlössern und kargen Dörfern Oberfrankens.

Es ist erwähnenswert, dass er in seinen Schriften das literarische Motiv des "Doppel(t)gängers" nicht nur als erster beim Namen nennt und somit prägt, sondern es auch in unzähligen Variationen ausgestaltet (vgl. u.a. Siebenkäs und Leibgeber bzw. Schoppe, Liane und Idoine, Roquairol und Albano, um bloß einige zu nennen). So definiert er in seinem Siebenkäs:

„Doppeltgänger (So heißen Leute, die sich selber sehen).“

Johann Christian Friedrich Hölderlin (Lauffen am Neckar 1770 – Tübingen 1843) Schüler in der schwäbischen Klosterschule Maulbronn 1788 mit Hegel und Schelling in Tübingen, Freundschaftskult 1794 in Jena Bekanntschaft mit Schiller („von Ihnen dependier ich unüberwindlich“), Fichte, Novalis; Jugendlyrik mehrere Hauslehrerstellen, 1796 bis 1798 Hauslehrer bei Familie Gontard in Frankfurt, Liebe zu Susette (im Roman „Hyperion “ 1797 und 1799: „Diotima“; neue Oden-Dichtung)

Friedrich Hölderlin 1798 zum (liberalen) Landgrafen von Homburg, mit dem demokratisch gesinnten Studienfreund und Homburger Regierungsrat Isaac von Sinclair, erste große Oden in alkäischen („An die Parzen“) oder asklepiadeischen Strophen („Socrates und Alkibiades“, „Heidelberg“)

Friedrich Hölderlin 1800 in Stuttgart, die großen Elegien: „Stuttgart“, „Der Gang aufs Land“, „Brot und Wein“, 1801 Hauslehrer in der Schweiz, Abbruch, zuhause in Nürtingen, vergebliche Suche nach Universitätsstelle in Jena; 1802 Hauslehrer beim Hamburgischen Konsul in Bordeaux – von Schwaben aus zu Fuß, im Winter, unglücklich und gemütskrank schon nach 4 Monaten wieder zurück.

Friedrich Hölderlin Tod „Diotimas“ in Frankfurt, dauernde Distanz Goethes, Entfremdung von Schiller, depressive Zustände und Gemütsverwirrung, Arbeit an den großen Hymnen („Patmos“, „Die Erinnerung“), bald nur noch in Fragmenten („Homburger Folioheft“ 1802-1806); nach letzter radkaler Politisierung 1801/02: 1804 zum Schein Bibliothekarsstelle in Homburg; 1806 gewaltsame Einlieferung in die Klinik; seit 1807 beim Schreiner Zimmer im Hölderlin-Turm am Neckarufer.

Vergessenheit, Besuch weniger Freunde und Bewunderer, darunter Mörike. Mythenbildung um seine Figur; Fouqué an Brentano: „Ein wahnsinniger Dichter erscheint mir ganz besonders furchtbar, und rührend, und geheiligt.“ Im Turm entstehen die „Scardanelli“-Gedichte. Hölderlin heißt Scardanelli und fühlt sich im 18. Jahrhundert. Tod im Turm sechsunddreißig Jahre später, im Juni 1843, 73 Jahre alt .

Entzweiung: An Diotima (1797) Schönes Leben! du lebst, wie die zarten Blüten im Winter, In der gealterten Welt blühst du verschlossen, allein.

Liebend strebst du hinaus, dich zu sonnen am Lichte des Frühlings, Zu erwarmen an ihr suchst du die Jugend der Welt.

Deine Sonne, die schönere Zeit, ist untergegangen Und in frostiger Nacht zanken Orkane sich nun.

Versöhnung (I): Heidelberg (1800) Lange lieb ich dich schon, möchte dich, mir zur Lust, Mutter nennen, und dir schenken ein kunstlos Lied, Du, der Vaterlandsstädte Ländlichschönste, so viel ich sah.

Wie der Vogel des Walds über die Gipfel fliegt, Schwingt sich über den Strom, wo er vorbei dir glänzt, Leicht und kräftig die Brücke, Die von Wagen und Menschen tönt.

Wie von Göttern gesandt, fesselt’ ein Zauber einst Auf die Brücke mich an, da ich vorüber ging, Und herein in die Berge Mir die reizende Ferne schien, Und der Jüngling, der Strom, fort in die Ebne zog, Traurigfroh, wie das Herz, wenn es, sich selbst zu schön, Liebend unterzugehen, In die Fluten der Zeit sich wirft.

Quellen hattest du ihm, hattest dem Flüchtigen Kühle Schatten geschenkt, und die Gestade sahn All’ ihm nach, und es bebte Aus den Wellen ihr lieblich Bild.

Aber schwer in das Tal hing die gigantische, Schicksalskundige Burg nieder bis auf den Grund Von den Wettern zerrissen; Doch die ewige Sonne goss Ihr verjüngendes Licht über das alternde Riesenbild, und umher grünte lebendiger Efeu; freundliche Wälder Rauschten über die Burg herab.

Sträuche blühten herab, bis wo im heitern Tal, An den Hügel gelehnt, oder dem Ufer hold, Deine fröhlichen Gassen Unter duftenden Gärten ruhn.

Heidelberg (u. a. „vaterländische“ Oden): • idyllisierende Darstellung der ‚altdeutschen’ Kleinstadt • als Stilisierung nach idealen Griechenland-Phantasien • und so als utopischer Vorschein einer versöhnten Welt • in der eigenen, vertrauten und (meint er) sich selbst entfremdeten Kultur • das „Vaterländische“ im emanzipativen und utopischen Geist verstanden: das Volk als potentielles Subjekt einer Revolution, die das Goldene Zeitalter wiederherstellt • Anti-Schiller, weil über Schiller hinaus: nicht lediglich „sentimentalische“ Erinnerung ans Verlorene im Dienste seiner einstigen Wiederherstellung, • sondern Wiederbringung im Gedicht und durch das Gedicht hier und jetzt: „Ich glaube an eine künftige Revolution der Gesinnungen

1777-1811

          *18.10.1777 in Frankfurt a. d. Oder Hoher Stellenwert des Militärs Eltern sterben früh  Stiefschwester 1792: Beitritt zum Militär 1802:Auswanderung in die Schweiz 1803: Wiedereintritt ins Militär schlechter gesundheitlicher Zustand Patriotische Dichtungen 1811: viele Misserfolge Selbstmord mit seiner Lebensgefährtin ebenfalls 1811

 Dramatik:    Die Hermannsschlacht Penthesilea Der zerbrochene Krug  Novellen:    Michael Kohlhaas Die Marquise von O.

Das Bettelweib von Locarno  „Die Familie Schroffstein“  „Robert Guiskard“

Heinrich von Kleist (1777 - 1811)

      Der Rosshändler Michael Kohlhaas möchte eine innerdeutsche Grenze passieren, jedoch werden ihm dabei zwei Pferde und sein Knecht von einem Junker abgenommen, da ein angeblich benötigter Passierschein fehlt.

Daraufhin möchte der immer gesetzestreue Kohlhaas das Papier nachliefern, wurde aber betrogen. Er versuchte seine Pferde auf legalem Wege wieder zu bekommen.

Als das misslingt und seine Frau stirbt, schwört er ewige Rache.

Er brennt die Burg des Junkers nieder und tötet mehrere Menschen und führt Krieg gegen den Wenzel von Tronka.

Kohlhaas wird dann zum Tode verurteilt und schluckt vor seiner Hinrichtung die Kapsel, in welcher sich ein Zettel mit einem Namen befinden soll, welcher den Kurfürsten ins Verderben stürzen sollte.

 Zwei Teile  Streben nach Recht  Rache

 Prosa  Verschachtelter Satzbau  Sehr langwierige Sätze  Sehr Sachlich (auch das Nachwort!)  historisch korrekt

 Kohlhaas seufzte bei dieser Nachricht [Junker von Tronka ins Kloster nach Erlabrunn geflohen] tief auf; er fragte, ob die Pferde gefressen hätten? Und da man ihm antwortete: ja: so ließ er den Haufen aufsitzen, und stand schon in drei Stunden vor Erlabrunn. Eben, unter dem Gemurmel eines Gewitters am Horizont, mit Fackeln, die er sich vor dem Ort angesteckt, zog er mit seiner Schar in den Klosterhof ein, und Waldmann, der Knecht, der ihm entgegen trat, meldete ihm, dass das Mandat richtig abgegeben sei, als er die Äebtissin und den Stiftsvogt, in einem verstörten Wortwechsel unter das Portal des Kloster treten sah und; und während jener, der Stiftsvogt, ein kleiner, alter, schneeweißer Mann, grimmige Blicke auf Kohlhaas schießend, sich den Harnisch anlegen ließ, und den Knechten die ihn umringten, mit dreister Stimme zurief, die Sturmglocke zu ziehen: trat jene, die Stiftsfrau, das silberne Bildnis des Gekreuzigten in der Hand, bleich, wie Linnenzeug, von der Rampe herab und warf sich mit allen ihren Jungfrauen, vor Kohlhaasens Pferd nieder.

 Michael Kohlhaas

 Begonnen 1804/05  Vollendet 1810  Beruht auf wahren Begebenheiten  Wahrer Name: „Hans Kohlhaase“

 „Nun, Kohlhaas, heut ist der Tag, an dem dir dein Recht geschieht.“  Positiv – Wunsch erfüllt  Negativ – wird hingerichtet, nachdem er sein Recht erkämpft hatte („Krieg“)

 Kohlhaas-Verhalten:  Sein Rechtsgefühl macht ihn zum Räuber und Mörder.  Selbstjustiz in Ordnung?

 Kapsel    Kurfürst krank vor Neugier Relativiert das Leid von Kohlhaas Eine Art Genugtuung

 http://www.vwv.de/newsletter/deutsch/pdf/0703_klei st1.pdf

 http://infopool.martin burger.de/schule/deu/kleistmiko.html

 http://www.lgd.de/projekt/kleist/judith.htm

           deutsche Romantik: ein Abschnitt der sog. Goethezeit (1770-1832)

Ursprung des Begriffs „Romantik”

a) ‘roman’ < Roman Mittelalter: Texte in der ‘lingua romana’«lateinische Gelehrtenliteratur weitergeführt durch F. Schlegel: Roman = romantisches Buch b) Genrebezeichnungen 17. Jh., England: ‘romantic’ – malerische Landschaft, schwärmerischer Charakter oder Ereignisse 17-18. Jh. frz. ‘romantique’ – abenteuerliche Geschichte oder malerische Landschaft F. Schlegel: Erweiterung des Begriffs und Verbindung der zwei Linien im Gespräch über

die Poesie Brief über den Roman: Roman = romantisches Buch Epochen d. Dichtkunst: romantisch = die ganze Literatur nach der Antike (Dante,

Petrarca, Boccaccio, Shakespeare, Cervantes = romantisch) Mme de Staël (1808): ‘poésie romantique’«‘poésie classique’ = nördliche Literatur «antike Literatur (vgl. auch „la Querelle des Anciens et des Modernes” als Vorbereitung)

             

Schwierigkeiten der Definition:

Romantik als a) zeitl. abgrenzbare Richtung b) „ewige” Romantik (Geistesgeschichte)

kulturelle Vorläufer

a) Sentimentalismus / Empfindsamkeit Rousseau: Nouvelle Héloise; Confessions Richardson: Pamela; Sterne: Sentimental Journey Goethe: Die Leiden des jungen Werther b) bürg. Nationalitätsgefühl - Interesse für Volkslieder und Volkskultur Herder: Stimmen d. Völker in Liedern (vgl. Heidelberger Romantik!) c) Sturm u. Drang: Geniekult (Ausnahmemensch); Gefühlskult Romantiker: Anerkennung der Sturm u. Drang-Periode von Goethe

          absolutistischer Staat: äußere Verhältnisse = stabil innere Verhältnisse: destabilisierende Kräfte – gesellschaftliche Wandlungen Unterminierung der ständischen Ordnung – der Einzelne erlebt sich als Individuum wachsende Mobilität, Zuwachs an Bildung, Autonomie Herausbildung der „freien Intelligenz” die französische Revolution: zuerst Begeisterung (Freiheitsidee) , dann: kritisches Verhältnis Revolution des Bewußtseins – Priorität vor der politischen Revolution vgl. F. Schlegel: Athenäums-Fragment 216 („die größten Tendenzen des Zeitalters”), bzw.: „Bei einem Menschen, der eine gewisse Höhe und Universalität der Bildung erreicht hat, ist sein Innres eine fortgehende Kette der ungeheuersten Revoluzionen” (Philosophische Lehrjahre)

         mehrere Phasen und z.T. abweichende Charakteristiken 1) frühere Romantik: 1798 – 1815/20 dt. Romantik / engl. Romantik Wordsworth, Coleridge, Blake („The Lakers”) 2) Hochromantik: 1. Phase: 1815/20 – 1830 (Shelley, Keats, Byron) 2. Phase: 1830 – 1848 französische Romantik (Victor Hugo, Chateaubriand, Alfred de Vigny, Lamartine, Alfred de Musset, George Sand, Gérard de Nerval, Mme de Staël) 3) Spätromantik: nach 1848 (der späte Victor Hugo)

 A/ Zweiteilung:  1) ältere oder Frühromantik  mehr kritisch-wissenschaftlich, theoretisch ausgerichtet  Entwicklung ästhetischer Konzeptionen  geschlossene Gemeinschaft in Jena, teilw. in Berlin  2) jüngere oder Hoch- und Spätromantik  eine größtenteils unverbundene Gruppe von Autoren;  weniger spekulativ, stärker literarisch

         B/ Dreiteilung: 1) Jenaer Romantik / Frühromantik August Wilhelm Schlegel, Friedrich Schlegel, Ludwig Tieck, Novalis (Friedrich von Hardenberg), Friedrich Wilhelm Schelling, Friedrich Schleiermacher, Dorothea Schlegel, Caroline Schlegel-Schelling, Clemens Brentano, August Klingemann 2) Heidelberger Romantik (1806-1815) Clemens Brentano, Achim von Arnim, Bettina Brentano, Josef Görres, Wilhelm Grimm, Jakob Grimm 3) Berliner Romantik Heinrich von Kleist (!), E.T.A. Hoffmann, Adalbert von Chamisso, Achim von Arnim, Clemens Brentano, Friedrich de la Motte Fouqué, Ausklänge der romantischen Literatur: schwäbischer Dichterkreis: Uhland, J. Kerner, Gustav Schwab, Wilhelm Hauff, Eduard Mörike, der junge Heine

            deutsche Romantik: Wende in der Literatur und Kultur, zugleich: Generationenwechsel und Generationengegensätze; weitreichende Wirkung: Anfänge der Moderne; moderne literarische Formen Romantik(er): spätere Benennung, verstehen sich nicht als Romantiker, sondern als „neue Schule” (Frühromantik) oder Gruppierung Fortsetzung von Problemen der Aufklärung (verwandt mit Sturm und Drang, Klassik: Ungenügen an der Aufklärung) , starke philosophische Fragestellungen vgl. die Wirkung von Kant, Fichte, Schelling, Schleiermacher 1) Verhältnis (Mensch, Welt/Natur) = R(Subjekt,Objekt); R(Bewußt, Unbewußt); R(Rationales, Irrationales); R(Mensch, Mensch) 2) Erkennbarkeit der Welt und des Ich Gegenpole: Subjekt«Objekt; Mensch«Welt/Natur; Kultur«Natur; Individuum«Gesellschaft; Endlichkeit«Unendlichkeit Klassik vs. Romantik: Akzente – anders gesetzt Romantik: Ziel ist nicht Überkompensation oder Eliminierung eines der Pole Ziel: Ausgleich und Synthese

 im Bereich der Literatur und Literaturtheorie: Paradigmenwechsel - Abkehr vom Prinzip der Nachahmung, der Repräsentation, der Mimesis (vgl.

Ernst Behler) --- völlig neue Konzeption des literarischen Werkes Wichtige Begriffe, Konzeptionen:  entwicklungsgeschichtliche Vorstellungen (Kunst, Literatur, Religion) –   triadisches Geschichtsmodell Kunst als allumfassendes intermediales Phänomen      Ironie Fragment Innen – Außen, magischer Idealismus, Romantisieren Gattungen – Roman, Märchen Bildung

 Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie. Ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle getrennte Gattungen der Poesie wieder zu vereinigen, und die Poesie mit der Philosophie und Rhetorik in Berührung zu setzen. Sie will, und soll auch Poesie und Prosa, Genialität und Kritik, Kunstpoesie und Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen, die Poesie lebendig und gesellig und das Leben und die Gesellschaft poetisch machen, den Witz poetisieren, und die Formen der Kunst mit gediegnem Bildungsstoff jeder Art anfüllen und sättigen, und durch die Schwingungen des Humors beseelen. Sie umfaßt alles, was nur poetisch ist, vom größten wieder mehre Systeme in sich enthaltenden Systeme der Kunst, bis zu dem Seufzer, dem Kuß, den das dichtende Kind aushaucht in kunstlosen Gesang. Sie kann sich so in das Dargestellte verlieren, daß man glauben möchte, poetische Individuen jeder Art zu charakterisieren, sei ihr Eins und Alles; und doch gibt es noch keine Form, die so dazu gemacht wäre, den Geist des Autors vollständig auszudrücken: so daß manche Künstler, die nur auch einen Roman schreiben wollten, von ungefähr sich selbst dargestellt haben. Nur sie kann gleich dem Epos ein Spiegel der ganzen umgebenden Welt, ein Bild des Zeitalters werden. Und doch kann auch sie am meisten zwischen dem Dargestellten und dem Darstellenden, frei von allem realen und idealen Interesse auf den Flügeln der poetischen Reflexion in der

Mitte schweben, diese Reflexion immer wieder potenzieren und wie in einer

endlosen Reihe von Spiegeln vervielfachen. Sie ist der höchsten und der allseitigsten

Bildung fähig; nicht bloß von innen heraus, sondern auch von außen hinein;

indem sie jedem, was ein Ganzes in ihren Produkten sein soll, alle Teile ähnlich organisiert, wodurch ihr die Aussicht auf eine grenzenlos wachsende Klassizität eröffnet wird. […] Andre Dichtarten sind fertig, und können nun vollständig zergliedert werden. Die romantische Dichtart ist noch im Werden; ja das ist ihr eigentliches Wesen, daß sie ewig nur werden, nie vollendet sein kann. […] Die romantische Dichtart ist die einzige, die mehr als Art, und gleichsam die Dichtkunst selbst ist: denn in einem gewissen Sinn ist oder soll alle Poesie romantisch sein. (AF 116)

  Die Philosophie ist die eigentliche Heimat der Ironie, welche man logische Schönheit definieren möchte: denn überall wo in mündlichen oder geschriebenen Gesprächen, und nicht nur ganz systematisch philosophiert wird, soll man Ironie leisten und fordern; und sogar die Stoiker hielten die Urbanität für eine Tugend. Freilich gibts auch eine rhetorische Ironie, welche sparsam gebraucht vortreffliche Wirkung tut, besonders im Polemischen; doch ist sie gegen die erhabne Urbanität der sokratischen Muse, was die Pracht der glänzendsten Kunstrede gegen eine alte Tragödie in hohem Styl. Die Poesie allein kann sich auch von dieser Seite bis zur Höhe der Philosophie erheben, und ist nicht auf ironische Stellen begründet, wie die Rhetorik. Es gibt alte und moderne Gedichte, die durchgängig im Ganzen und überall den göttlichen Hauch der Ironie atmen. Es lebt in ihnen eine wirklich transzendentale Buffonerie. Im Innern, die Stimmung, welche alles übersieht, und sich über alles Bedingte unendlich erhebt, auch über eigne Kunst, Tugend, Genialität: im Äußern, in der Ausführung die mimische Manier eines gewöhnlichen guten italienischen Buffo. (KF 42) Ironie ist die Form des Paradoxen. Paradox ist alles, was zugleich gut und groß ist. (KF 48)

  Ironie ist klares Bewusstsein der ewigen Agilität, des unendlich vollen Chaos. (Ideen 69) Die Sokratische Ironie ist die einzige durchaus unwillkürliche, und doch durchaus besonnene Verstellung. Es ist gleich unmöglich sie zu erkünsteln, und sie zu verraten. Wer sie nicht hat, dem bleibt sie auch nach dem offensten Geständnis ein Rätsel. Sie soll niemanden täuschen, als die, welche sie für Täuschung halten, und entweder ihre Freude haben an der herrlichen Schalkheit, alle Welt zum besten zu haben, oder böse werden, wenn sie ahnden, sie wären wohl auch mit gemeint. In ihr soll alles Scherz und alles Ernst sein, alles treuherzig offen, und alles tief verstellt. Sie entspringt aus der Vereinigung von Lebenskunstsinn und wissenschaftlichem Geist, aus dem Zusammentreffen vollendeter Naturphilosophie und vollendeter Kunstphilosophie. Sie enthält und erregt ein Gefühl von dem

unauflöslichen Widerstreit des Unbedingten und des Bedingten, der Unmöglichkeit und Notwendigkeit einer vollständigen

Mitteilung. Sie ist die freieste aller Lizenzen, denn durch sie setzt man sich über sich selbst weg; und doch auch die gesetzlichste, denn sie ist unbedingt notwendig. Es ist ein sehr gutes Zeichen, wenn die harmonisch Platten gar nicht wissen, wie sie diese stete Selbstparodie zu nehmen haben, immer wieder von neuem glauben und missglauben, bis sie schwindlicht werden, den Scherz grade für Ernst, und den Ernst für Scherz halten. […] (KF 108)

  Ein Fragment muss gleich einem kleinen Kunstwerke von der umgebenden Welt ganz abgesondert und in sich selbst vollendet sein wie ein Igel. (AF 206) Gebildet ist ein Werk, wenn es überall scharf begrenzt, innerhalb der Grenzen aber grenzenlos und unerschöpflich ist, wenn es sich selbst ganz treu, überall gleich, und doch über sich selbst erhaben ist. Das Höchste und Letzte ist, wie bei der Erziehung eines jungen Engländers, le grand tour. Es muss durch alle drei oder vier Weltteile der Menschheit gewandert sein, nicht um die Ecken seiner Individualität abzuschleifen, sondern um seinen Blick zu erweitern und seinem Geist mehr Freiheit und innre Vielseitigkeit und dadurch mehr Selbständigkeit und Selbstgenügsamkeit zu geben. (AF 297)

  Die Phantasie setzt die künftige Welt entweder in die Höhe, oder in die Tiefe, oder in der Metempsychose, zu uns. Wir träumen von Reisen durch das Weltall – ist denn das Weltall nicht in uns? Die Tiefen unsers Geistes kennen wir nicht – Geist hat entbehrt. (BlSt 17)

nach innen

geht der

geheimnisvolle Weg. In uns, oder nirgends ist die Ewigkeit mit ihren Welten - die Vergangenheit und Zukunft. Die Außenwelt ist die Schattenwelt – sie wirft ihren Schatten in das Lichtreich. Jetzt scheint uns freilich innerlich so dunkel, einsam, gestaltlos – aber wie ganz anders wird es uns dünken – wenn diese Verfinsterung vorbei, und der Schattenkörper hinweggerückt ist – wir werden mehr genießen als je, denn unser Selbstentäußerung ist die Quelle aller Erniedrigung, sowie im Gegenteil der Grund aller echten Erhebung. Der erste Schritt wird Blick nach innen – absondernde Beschauung unsres Selbst – wer hier stehn belibt gerät nur halb. Der zweite Schritt muss wirksamer Blick nach außen – selbsttätige, gehaltne Beobachtung der Außenwelt wein. Der Mensch wird nie, als Darsteller, etwas Vorzügliches leisten, der nichts wieder darstellen mag, als seine Erfahrungen, seine Lieblingsgegenstände, der es nicht über sich gewinnen kann, auch einen ganz fremden, ihm ganz uninteressanten Gegenstand, mit Fleiß zu studieren und mit Muße darzustellen. Der Darsteller muss alles darstellen können und wollen. Dadurch entsteht der große Stil der Darstellung, den man, mit Recht, an Goethe, so sehr bewundert. (BlSt 26)

   Künstler ist ein jeder, dem es Ziel und Mitte seines Daseins ist, seinen Sinn zu bilden. (Ideen 20) Ein Künstler ist, wer sein Zentrum in sich selbst hat. Wem es da fehlt, der muss einen bestimmten Führer und Mittler außer sich wählen, natürlich nicht auf immer sondern nur fürs erste. Denn ohne lebendiges Zentrum kann der Mensch nicht sein, und hat er es noch nicht in sich, so darf er es nur in einem Menschen suchen, und nur ein Mensch und dessen Zentrum kann das seinige reizen und wecken. (Ideen 45) Die höchste Aufgabe der Bildung ist – sich seines transzendentalen Selbst zu bemächtigen – das Ich ihres Ichs zugleich zu sein. Um so weniger befremdlich ist der Mangel an vollständigem Sinn und Verstand für andre. Ohne vollendetes Selbstverständnis wird man nie andre wahrhaft verstehn lernen. (BlSt 28)

        

Gattungen

Alle klassischen Dichtarten in ihrer strengen Reinheit sind jetzt lächerlich. (KF 60)

Roman

Friedrich Schlegel: Roman = romantisches Buch Mancher der vortrefflichsten Romane ist ein Kompendium, eine Enzyklopädie des ganzen geistigen Lebens eines genialischen Individuums; Werke die das sind, selbst in ganz andrer Form, wie NATHAN, bekommen dadurch einen Anstrich vom Roman. Auch enthält jeder Mensch, der gebildet ist, und sich bildet, in seinem Innern einen Roman. Dass er ihn aber äußre und schreibe, ist nicht nötig. (KF 78)

Märchen

Das echte Märchen muss zugleich prophetische Darstellung – idealische Darstellung – absolut notwendige Darstellung sein. Der echte Märchendichter ist ein Seher der Zukunft. (ABr 31) Das Märchen ist gleichsam der Kanon der Poesie – alles Poetische muss märchenhaft sein. Der Dichter betet den Zufall an. (ABr 126) Es liegt nur an der Schwäche unsrer Organe und der Selbstberührung, dass wir uns nicht in einer Feenwelt erblicken. Alle Märchen sind nur Träume von jener heimatlichen Welt, die überall und nirgends ist. Die höhern Mächte in uns, die einst als Genie unsern Willen vollbringen werden, sind jetzt Musen, die uns auf dieser mühseligen Laufbahn mit süßen Erinnerungen erquicken. (FSt 48)

      August Wilhelm Schlegel (1767-1845): Redaktion der Zeitschrift „Athenäum” (mit Friedrich Schlegel), Literatur- und kunstgeschichtliche Schriften Friedrich Schlegel (1772-1829): Über das Studium der griechischen Poesie, Gespräch über die Poesie (Epochen der Dichtkunst, Brief über den Roman, Rede über die Mythologie, Fragmente (Kritische[=Lyceums] Fragmente, Athenäums-Fragmente, Ideen), Lucinde Novalis [= Friedrich von Hardenberg] (1772-1801): Fragmente; Hymnen an die Nacht; Romane: Die Lehrlinge zu Sais; Heinrich von Ofterdingen; Märchen

Wilhelm Heinrich Wackenroder (1773-1798) Zusammenarbeit mit

Ludwig Tieck: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders, Phantasien über die Kunst Ludwig Tieck (1773-1853): William Lovell, Franz Sternbalds Wanderungen, Erzählungen (Der blonde Eckbert, Der Runenberg u.a.), Der gestiefelte Kater, spätere Werke Clemens Brentano (1778-1842): Godwi. Ein verwilderter Roman

 die meisten nord- oder ostdeutscher, protestantischer Herkunft  um 1770 geboren; aus mittleren Schichten  studierten in der Mehrzahl Jura, waren an Klassikern gebildet und orientiert  stark theoretisch ausgerichtet  interessierten sich ausgiebig für Philosophie, Naturwissenschaften und Literaturtheorie

 Zentrum – Jena  Zeitschrift Athenäum (1798 - 1800 in Berlin)

„Lucinde“ Wilhelm Heinrich Wackenroder (1773 – 1798) „Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders“ Novalis (1772 - 1801) „Die Christenheit in Eu ropa“, „Heinrich von Ofterdingen“, „Hymnen an die Nacht“ Ludwig Tieck (1773 – 1853) „Franz Sternbalds Wande rungen“, „Der blonde Eck bert“, „Der Runenberg“ August Wilhelm Schlegel (1767 – 1845) Führender Shakespeare Übersetzer

 August Wilhelm Schlegel (1767-1845)  Friedrich Schlegel (1772-1829)  Novalis (eig. Friedrich von Hardenberg) (1772-1801)  Ludwig Tieck (1773-1853)

        „Brief über den Roman”: Roman als romantisches Buch: sentimentaler Stoff in phantastischer Form „Über Goethes Meister”: Kritik des Goethe-Romans aus romantischer Perspektive – Würdigung mit ironischen Untertönen, Ablehnung der Bildungskonzeption von Goethe

„Lucinde” (1799) – Entstehung, zeitgenössische Rezeption

Fragment, nur der 1. Teil publiziert – ästhetisches Experiment („ein gebildetes künstliches Chaos”) Prolog + 13 Teile (Briefe, Allegorien, Dithyramben, Dialoge, Reflexionen – Mittelteil: „Lehrjahre der Männlichkeit” Entwicklung der zentralen Figur Julius: Künstler – Selbstfindung: Liebe und Kunst in Einheit gebracht zweifelhafte Abenteuer – Liebe zu Lucinde (ebenfalls Künstlerin)   

Dorothea Schlegel: „Florentin” (1801): fragmentarischer romantischer Bildungsroman

Gegenstück zu „Lucinde”  Trennung von Sinnlichem und Geistigem aufgehoben Bruch mit dem traditionellen Frauenbild (zwiespältig): „Vollendung des Männlichen und Weiblichen zur vollen ganzen Menschheit” weder Liebe noch Kunst – ohne fixierbare Identität

Friedrich Schlegel, Gespräch über die Poesie Athenäum, Bd. 3, 1800 Darin: „Rede über die Mythologie“.

„Mythologie und Poesie, beide sind eins und unzertrennlich.“ Für die mythologischen Kulturen Antike gilt: „alles greift ineinander“, so daß man sagen kann, „die alte [antike] Poesie sei ein einziges, unteilbares, vollendetes Gedicht.“ „Warum soll nicht wieder von neuem werden, was schon gewesen ist? Auf eine andere Weise, versteht sich.“

Drei Thesen zu Beginn: (1) „Es fehlt [...] unsrer Poesie an einem Mittelpunkt, wie es die Mythologie für die der Alten [der Antike] war, (2) und alles Wesentliche, worin die moderne Dichtkunst der antiken nachsteht, lässt sich in die Worte zusammenfassen: Wir haben keine Mythologie.

(3) (a) Aber [...] wir sind nahe daran, eine zu erhalten, (b) oder vielmehr, es wird Zeit, dass wir ernsthaft daran mitwirken sollen, eine hervorzubringen.“ Wie soll das geschehen?

„auf dem ganz entgegengesetzten Wege [...] wie die alte“: nicht „sich unmittelbar anschließend und anbildend an das Nächste, Lebendigste der sinnlichen Welt“, sondern: „Die

neue Mythologie

muß im Gegenteil aus der tiefsten Tiefe des Geistes herausgebildet werden; es muß das künstlichste aller Kunstwerke sein “.

Seine Entstehung soll das Ergebnis von „Versuchen“ sein: ‚Experimentalpoesie’.

Die Neue Mythologie in der frühromantischen Reflexion 1. Die Proklamation einer „Neuen Mythologie“ steht im Zentrum früh-romantischen Denkens – in Politik, Philosophie, Poetik.

• 2. Sie reagiert auf (mindestens) fünf Herausforderungen:

sozioökonomisch:

die arbeitsteilige und pluralistische Ausdifferenzie-rung der modernen Gesellschaften (Französische Revolution), •

sozialpsychologisch:

die Ambivalenz von Emanzipation und Über forderung des Subjekts (Goethes „Wilhelm Meister“), •

wissenschaftsgeschichtlich:

die Entzweiung von Natur- und Geistes-wissenschaften; darüber hinaus von Literatur und Wissenschaft, •

religionsgeschichtlich:

die Entzweiung von theologischer und philosophischer Metaphysik (Kant und die Folgen), •

literaturgeschichtlich:

die Entzweiung von Gefühl (Empfindsamkeit, Sturm und Drang) und Vernunft (Spätaufklärung).

3. Sie soll, im Geist idealistischer Philosophie, ein symbolisches

          „Franz Sternbalds Wanderungen. Eine altdeutsche Geschichte” (1798) Künstlerroman/ Bildungsroman – Fragment geblieben zur Zeit Albrecht Dürers von Nürnberg nach Florenz (Norden/Süden) Auflockerung des Erzählens durch Gespräche, Monologe, Briefe, lyrische Einlagen (Prinzip der Gattungsmischung) Intrigenhandlung – zahlreiche Figuren: Reise, Abenteuer, Liebe, Geheimnis Kunst / Leben, Künstlertum / Bürgerlichkeit, Unendlichkeit der Natur / Begrenztheit ihrer Darstellungsmöglichkeiten Kunstgespräche: Kunst als Lebensziel, Ziel der Persönlichkeitsentwicklung historische Vertreter der Malerei – Dürer / Raffael („altdeutsche Kunst”) große / widersprüchliche Wirkung (Romantiker vs. Goethe)

Ludwig Tieck: Märchen – Novelle – Märchennovelle

„Der blonde Eckbert” (1797)

 Rahmengeschichte: Wechsel der Erzählperspektiven Subjektivierung des Erzählten  Identität der Figuren: aufrechterhaltene Ambivalenzen  Naturerlebnis, Naturwahrnehmung – Psychologisierung; moralische Fragestellungen  märchenhafte Elemente

     Ludwig Tieck: „Der Runenberg” (1802) Topographie der Geschichte: verschiedene Sphären der Natur – unterschiedliche Konnotationen und Oppositionen Ebene vs. Gebirge; oben vs. unten; Gold vs. Geld; Bewusstes vs. Unbewusstes; Liebesmystik vs. Religion ambivalente Perspektiven und Interpretationsmöglichkeiten Probleme der Selbsterkenntnis, der Welterkenntnis – Unmöglichkeit des in allen Sphären beheimateten Individuums

„Heinrich von Ofterdingen” (1802)

 unvollendet/ posthum – Pläne zu einer „Enzyklodädie”  1. Teil: Die Erwartung – 2. Teil: Die Erfüllung (Anfang von Tieck herausgegeben + „Bericht über die Fortsetzung”)  Ofterdingen: mittelalterlicher Minnesänger im 13. Jh. (historisch nicht belegt) – mhd. Epos: „Sängerkrieg auf der Wartburg” (um 1260)  Handlung: in einer vagen mittelalterlichen Welt  Reise in den Süden – Reiseerlebnisse: Bildung zum Künstler

„Die Welt muß romantisiert werden.

[…] Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe

so romantisire ich es.

“ Novalis, 1793

Friedrich Frh. von Hardenberg, Novalis: „der Neuland Rodende“ geb. 1772 in Thüringen (Stammsitz Hardenberg bei Göttingen), pietistisches Elternhaus. 1790 immatrikuliert in Schillers Jena, Fortsetzung des Studiums in Leipzig, 1792 Freundschaft mit Fr. Schlegel, 1795 Verlobung mit der 13jährigen Sophie von Kühn, die 1797 stirbt. Studium der Montanwissenschaften in Freiberg, Besuche am Grabe Sophies, Offenbarungserlebnis (im Journal, dem pietistischen Tgb., am 13. Mai); 1798 zweite Verlobung (mit Julie von Charpentier), Freund-schaft mit Ludwig Tieck, seit 1799 feste Beamten-stellung in Weißenfels Die Christenheit oder Europa 1799; sechs Hymnen an die Nacht 1800; Geistliche Lieder; Heinrich von Ofterdingen, romantischer Roman, postum 1808 (darin das Bergmannslied).

Geistliche Lieder (1799/1800) Darin Hymne, konzeptionell ein Seitenstück zu Hölderlins Brot und Wein.

Voraussetzungen: 1. dass „alles [...] Mittler sein könnte, indem ich [als Dichter] es dazu erhebe.“ („Mittler Fragment“ aus Blüthenstaub) 2. „X-stus und Sophie“ (Journal).

3. „In der Freundschaft isst man in der Tat von seinem Freunde, oder lebt von ihm.“ (Fragmente)

Wenige wissen Das Geheimnis der Liebe, Fühlen Unersättlichkeit Und ewigen Durst.

Des Abendmahls Göttliche Bedeutung Ist den irdischen Sinnen Rätsel; Aber wer jemals Von heißen, geliebten Lippen Atem des Lebens sog, Wem heilige Glut In zitternde Wellen das Herz schmolz, Wem das Auge aufging, Dass er des Himmels Unergründliche Tiefe maß, Wird essen von seinem Leibe Und trinken von seinem Blute Ewiglich.

-> Novalis: Hymne (aus Geistliche Lieder)

Wer hat des irdischen Leibes Hohen Sinn erraten?

Wer kann sagen, Dass er das Blut versteht?

Einst ist alles Leib, Ein Leib, In himmlischem Blute Schwimmt das selige Paar. – O! dass das Weltmeer Schon errötete, Und in duftiges Fleisch Aufquölle der Fels!

Nie endet das süße Mahl, Nie sättigt die Liebe sich.

Nicht innig, nicht eigen genug Kann sie haben den Geliebten.

Von immer zärteren Lippen Verwandelt wird das Genossene Inniglicher und näher.

->

Heißere Wollust Durchbebt die Seele, Durstiger und hungriger Wird das Herz: Und so währet der Liebe Genuss Von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Hätten die Nüchternen Einmal gekostet, Alles verließen sie, Und setzten sich zu uns An den Tisch der Sehnsucht, Der nie leer wird.

Sie erkennten der Liebe Unendliche Fülle, Und priesen die Nahrung Von Leib und Blut.

Bewusste Analogie zu traditionellen (bevorzugt katholischen) Frömmigkeitsbildern, Parallelität von erotischen und religiösen Weiblichkeitsentwürfen in den Geistlichen Liedern.

Ich sehe dich in tausend Bildern, Maria, lieblich ausgedrückt, Doch keins von allen kann dich schildern, Wie meine Seele dich erblickt.

Ich weiß nur, dass der Welt Getümmel Seitdem mir wie ein Traum verweht, Und ein unnennbar süßer Himmel Mir ewig im Gemüte steht.

Nähe zu Hölderlin: • Religionsphilosophische und geschichts theoretische Spekulationen verschränkt und poetologisch zugespitzt: Wiederkehr des „Festes“ der griechischen Antike im Medium des Gedichts, Götter und Menschen ineins; • das Gedicht als quasi-sakramentales Vermittlungsgeschehen; • das Verhältnis von irdischer und himmlischer Liebe wird in mythischen Bildern umkreist.

Grundlegender Unterschied zu Hölderlin: • kein neuer Glaube und keine Synthese werden verkündet, sondern es wird, • anknüpfend an katholische Tradition, ein Prozess beim Leser in Gang gesetzt, der über den Text hinaus in einen neuen Glauben Homologie zu seiner philosophischen Reflexion.

Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren Sind Schlüssel aller Kreaturen, Wenn die, so singen oder küssen, Mehr als die Tiefgelehrten wissen, Wenn sich die Welt ins freie Leben, Und in die Welt wird zurück begeben, Wenn dann sich wieder Licht und Schatten Zu echter Klarheit werden gatten, Und man in Märchen und Gedichten Erkennt die ew’gen Weltgeschichten, Dann fliegt vor einem geheimen Wort Das ganze verkehrte Wesen fort. Aufwertung der Poesie zum „Zauberstab der Analogie“, Ausweitung der „Neuen Mythologie“ zum „magischen Idealismus“, Hinwendung von der spekulativen (Jenaer) Frühromantik zur historisierenden (Heidelberger) Hochromantik.

Geschichts philosophie:

Goldenes Zeitalter

als Zentralbegriff → Sündenfall, → poetische Versöhnung.

„Der ist der Herr der Erde, Wer ihre Tiefen misst Und jeglicher Beschwerde In ihrem Schoß vergißt.

[…] Er ist mit ihr verbündet Und inniglich vertraut Und wird von ihr entzündet, Als wär sie seine Braut.“ [Bergmannslied in Heinrich von Ofterdingen, I.5, 1808]

„Arm wird der Bergmann geboren, und arm gehet er wieder dahin. Er begnügt sich, zu wissen, wo die metallischen Mächte gefunden werden, und sie zu Tage zu fördern; aber ihr blendender Glanz vermag nichts über sein lautres Herz. […] Sie haben für ihn keinen Reiz mehr, wenn sie Waren geworden sind, und er sucht sie lieber unter tausend Gefahren und Mühseligkeiten in den Vesten der Erde, als daß er ihrem Rufe in die Welt folgen und auf der Oberfläche des Bodens durch täuschende, hinterlistige Künste nach ihnen trachten sollte.“ [Heinrich von Ofterdingen, I.5, 1808]

„Die Natur will nicht der ausschließliche Besitz eines einzigen sein. Als Eigentum verwandelt sie sich in böses Gift […]. So untergräbt sie heim-lich den Grund des Eigentümers und begräbt ihn bald in den einbrechen-den Abgrund [...]. Wie ruhig arbeitet dagegen der arme genügsame Bergmann in seinen tiefen Einöden, entfernt von dem unruhigen Tumult des Tages und einzig von Wißbegier und Liebe zur Eintracht beseelt.“ [Heinrich von Ofterdingen, I.5, 1808] Verräumlichung der Zeit: vorkapitalistische Vergangenheit einer mittelalterlich-monastischen Einsiedelei in der (Zeiten-) Tiefe – als poetisch vergegenwärtigte Utopie

              „Heinrich von Ofterdingen” als Bildungs- und Künstlerroman in Anlehnung an Goethe und in Abgrenzung von ihm: „Goethe ist jetzt der wahre Statthalter des poetischen Geistes auf Erden.” „Es ist im Grunde ein fatales und albernes Buch – so prätentiös und preziös – undichterisch im höchsten Grade, was den Geist betrifft [...]” Traum von der blauen Blume – Suche nach dem Mädchen – Reise – Erfahrungen, Begegnungen, Belehrungen Kaufleute: Arion-Sage; Märchen von Atlantis – Macht der Poesie; Weg nach innen Welt des Orients und der Kreuzzüge (Zulima) Bergmann: Naturgeschichte, „edle Kunst des Bergbaus” Einsiedler (Graf von Hohenzollern): Bereich der Geschichte geheimnisvolles Buch: „sein Ebenbild in verschiedenen Lagen” (mise en abyme, Vorausdeutung: „der Schluß des Buches schien zu fehlen”) Augsburg: Ziel der Reise – Poesie und Liebe gefunden Mathilde: das Mädchen in der blauen Blume Klingsohr: Einführung in die Dichtkunst (Offenbarung + strenge Kunst) Klingsohrs Märchen: allegorisches Erlösungsmärchen – Wiedergewinnung des verlorenen Zustandes der Harmonie, alles Trennende aufgehoben =Spiegelung des Romangeschehens 2. Teil: Weg durch verschiedene historische Zeiten und Räume zur Höhe der poetischen Existenz, zu einer „Höhe der innern Welt” Gegensätze, Trennungen aufgehoben – „Poetisierung der Welt”, „Herstellung der Märchenwelt” Novalis: experimenteller Charakter seiner Kunst – starke Wirkung auf die französischen Symbolisten und im 20. Jh.

               gattungstheoretische und gattungsgeschichtliche Einordnungen

Novalis

Märchen als „Kanon der Poesie” = das Poetische schlechthin Märchen und entwicklungsgeschichtliche Vorstellungen: ursprüngliches Chaos Auflösung/Unordnung geordnetes, „vernünftiges” Chaos „In der künftigen Welt ist alles, wie in der ehmaligen Welt – und doch alles ganz anders. Die künftige Welt ist das vernünftige Chaos ” die ehemalige Welt = „Naturstand der Natur – die Zeit vor der Welt” Märchen in den Romanen: „Hyazinth und Rosenblütchen” (in: „Die Lehrlinge zu Saïs”) Geschichte eines Liebespaars: Hyazinth verläßt Rosenblütchen (auf Einwirkung einer Weissagung und des Fremden/des Buches) = Auflösung einer ursprünglichen Harmonie – Wanderung, Tempel der Isis, Traum – Rosenblütchen als Isis/verschleierte Göttin = Herstellung der Harmonie mehrfach deutbar: Rosenblütchen = Isis vs. Fortsetzung als Traumleben Reise als Erkenntnisprozess Naturerkenntnis = Selbsterkenntnis Arion-Geschichte; Atlantis-Geschichte; Klingsohrs Märchen (in: „Heinrich von Ofterdingen”) Klingsohrs allegorisches Märchen: die Kinder Eros (Liebe) und Fabel (Poesie) befreien mit Hilfe von Ginnistan (Phantasie), dem Vater (Sinn), der Mutter (Herz), dem alten Helden und dessen Frau Sophia (Weisheit) das zu Eis erstarrte Reich Arcturs sie verhelfen, Arcturs Tochter Freya (Frieden) zur Herrschaft und so führen sie ein neues Zeitalter herbei

            

„Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter. Ein verwilderter Roman” (1801)

1. Teil: Briefroman undatierte Briefe verschiedener Figuren – schwer enträtselbare Verhältnisse, Ereignisse, Handlungen Bildungsgeschichte – statt Handeln: Reflexion („Das Mißverhältnis seines Temperaments zu seinem Leben, und zum Lande, in dem er lebt, zwingt ihn zu reflektieren”) 2. Teil: Godwis Geschichte – durch den fiktiven Erzähler Maria (beauftragt mit der Zusammenstellung der Briefe) fiktiver Erzähler besucht seine Figur, um die Zusammenhänge zu klären und das Buch beenden zu können gegen Ende: „Tod des Autors” (Erzählers) – Godwi selbst hilft, den Roman weiterzuführen „Godwi”: Anknüpfung an F. Schlegels Romankonzeption inhaltliche Beziehungen zu „Wilhelm Meisters Lehrjahre”, „Franz Sternbalds Wanderungen” „romantisches Buch”, „gemischt aus Erzählung, Gesang und andern Formen” zahlreiche Gedichte („Sprich aus der Ferne”; „Ein Fischer saß im Kahne”) Perspektivenwechsel, Einschübe, Reflexionen, witzige, illusionsdurchbrechende Momente („Dies ist der Teich, in den ich S. 266 im ersten Bande falle”) formales Experiment, Dokument für die frühromantische Ästhetik

 Geboren am 9. September 1778 in Ehrenbreitstein 

Mutter: Maximiliane Brentano (1756-1793)

Vater: Peter Anton Brentano

Schwester: Bettina von Arnim

Großmutter: die bedeutende Schriftstellerin

Marie Sophie von La Roche  Brentanos Kindheit verlief freudlos und unstetig  ab seinem 6ten. Lebensjahr wuchs er bei verschiedenen Verwandten und in Internaten auf

 von 1787 bis 1790 besuchte er das Koblenzer  Jesuitengymnasium  von 1791 bis 1793 besuchte er eine Philanthropische Schule in Mannheim  Er studierte ab 1797 zunächst Bergwissenschaften in Halle und Medizin in Jena  1801 schrieb sich Brentano in Göttingen für Philosophie ein

 Brentano zog 1804 nach seiner Heirat mit der Schriftstellerin Sophie Mereau nach Heidelberg  Seine Frau starb 1806 bei der Geburt des dritten Kindes   Wenige Monate später heiratete er Auguste Bußmann Zweite Ehe wurde 1812 geschieden

       Gemeinsam mit Achim von Arnim und Joseph von Görres wurde Brentano zum Protagonisten der jüngeren Romantik 1808 kam die Zeitung für Einsiedler heraus („Tröst

Einsamkeit“) => Höhepunkt der Heidelberger Romantik

1809 wurde Beiträger der Berliner Abendblätter

Heinrich von Kleists

1810 gründete die nationalkonservative Deutsche Tischgesellschaft 1814 wieder nach Berlin

         1817 beendete er sein Dichtertum 1818 verließ er Berlin und schrieb über Geschichte von Anna Katarina Emmerick (in Dülmen) Ab 1829 lebte er in Frankfurt 1833 zog er nach München dort schrieb er religiöse Erbauungsschriften 1833 lernte er die Schweizer Künstlerin Emilie Linder kennen Brentano starb am 28. Juli 1842 in Aschaffenburg Viele seiner Werke erschienen erst nach seinem Tod

 Brentano schrieb Gedichte, Prosawerke, Bühnenstücke,  Märchen, Parodien und Romane  Gedichte, Erzählungen und Märchen waren oft miteinander  verbunden  bekannt für seine sprachmusikalische Ausdruckskraft und  seinen verspielten Wortwitz  Später stellte er sein literarisches Talent in den Dienst der  Verbreitung des katholischen Glaubens

            „Des Knaben Wunderhorn“ „Alte Deutsche Lieder“ (1806 – 1808) „Sammlung von Liedern des Volkes” „Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl“ (1817) „Romanzen vom Rosenkranz“ „Das bittere Leiden unseres Herrn Jesu Christus“ (1833) „Leben der heiligen Jungfrau Maria“ (posthum 1852) „Die Barmherzigen Schwestern“ (1831) „Godwi“ (Roman) „Das steinerne Bild der Mutter“ „Mährchen von Clemens Brentano“ (posthum 1844) „Die Rheinmärchen“ (posthum 1846)

(1780 -1806)

Eine Schriftstellerin der Romantik

Leben, Lieben, Dichten und Sterben

Am 11. Februar 1780 wurde Karoline von Günderrode in Karlsruhe als Sprössling eines alten Adelsgeschlechts, als Tochter zweier dichterisch begabter Eltern geboren.

Sie war die älteste von insgesamt sechs Kindern und wurde auf die Vornamen Karoline Friederike Louise Maximiliane getauft.

Frage 1:

Im Alter von 17 Jahren wurde Karoline in das Cronstetten-Hyspergische Adelige Evangelische Damenstift in Frankfurt aufgenommen.

Warum musste sie dorthin und wieso war dies ein entscheidender Wendepunkt in ihrem Leben ?

Antwort:

Nach dem Tod ihres Vaters († 1806) zog die Familie nach Hanau. Der verwitweten Mutter war das höfische Leben wichtiger als die Erziehung der Kinder. Von dem väterlichen Vermögen wurden anfänglich noch für die Kinder Hauslehrer beschäftigt, doch die Mutter konnte damit nicht angemessen und sparsam umgehen und es kam zu wachsenden Zahlungsschwierigkeiten. Karolines Aufnahme in den Damenstift war aus finanziellen Gesichtspunkten eine finanzielle Entlastung für die Familie.

Karoline empfand diesen Stift als eine Art Gefängnis und fühlte sich zwischen den vielen älteren Frauen wie eine Abgeschobene. Außerdem wurde die Individuelle Freiheit dort durch vorgegebene Regeln eingeschränkt.

Frage 2:

Mit wem verband Karoline eine fruchtbare Freundschaft während der Zeit im Damenstift?

Antwort:

Innerhalb des Damenstiftes suchte sie die Nähe von Anna Philippine Charlotte von Fichard, mit der sie ausgedehnte Spaziergänge unternahm.

Außerhalb des Stiftes suchte sie die Nähe bei ihrer Freundin Lisette Mettingh und deren Halbschwester Susanne. Mit Lisette, eine außerordentliche intelligente Frau, tauschte sich Karoline intensiv über die Benachteiligungen der Frau in Familie, Beruf und wirtschaftlichen Angelegenheiten aus und suchten gemeinsam nach Auswegen, derartigen Beschränkungen zu entkommen.

Frage 3:

Welche Rolle spielte Bettina von Arnim (geb. Bretano) im Leben der Günderrode?

Antwort:

Zunächst stand Karoline ihr noch ablehnend gegenüber. Doch eine enge Freudschaft bahnte sich an und die freundschaftliche Annäherung kam über gemeinsame Studien. Karoline wurde Bettinas Privatlehrerin und Mentorin. Karoline und Bettina lasen gemeinsam und trieben Studien der Geschichte, Philosophie und Literatur zusammen.

Bettina Bretano stand mit ihr im starken und regen Briefwechsel und veröffentlichte sogar einen Briefroman mit dem Namen „Die Günderrode“.

Frage 4:

Welche Schriftsteller und welche Studienfächer inspirierten sie?

Antwort:

Goethe, Schiller und Novalis; Geographie, Metrik und Physiogynomik.

Frage 5:

Welche ihrer Werke wurden unter welchen männlichen Pseudonymen veröffentlicht?

Antwort:

"Gedichte und Phantasien“ und "Poetische Fragmente“ -> „Tian“ „Melete“ -> „Ion“

Ein Gedicht der Romantikerin

Neben den zu ihren Lebzeiten veröffentlichen Werken gilt das im Nachlass veröffentlichte Gedicht „Hochroth“ als eines der schönsten der Romantik.

Hochroth Du innig Roth, Bis an den Tod Soll meine Lieb Dir gleichen, Soll nimmer bleichen, Bis an den Tod, Du glühend Roth, Soll sie Dir gleichen.

Frage 6:

Welche Themen werden zentral in Günderrodes Werken behandelt?

Antwort:

Tod, Freundschaft, Liebe, Natur und Kunst

Frage 7:

Was beeinflusste Karolines Leben schon von frühster Jugend an?

Antwort:

Der Verlust von - ihrem Vater Hektor Wilhelm († 1786) - ihrer Schwester Louise († 1794) - ihrer Lieblingsschwester Charlotte († 1801) - ihrer jüngsten Schwester Amalie († 1802)

Frage 8:

Welche Auswirkung hatte der Tod ihrer Schwestern, besonders der ihrer engen vertrauten Schwester Charlotte, auf das Leben der Karoline?

Antwort:

Sie beschäftigte sich in ihren Gedichten vermehrt mit dem Tod.

Frage 9:

Welche Bedeutung hatte der Tod in ihren Werken?

Antwort:

Er war kein endgültiges Auslöschen, eher etwas positives und schönes.

Zitat: „Glücklich sind die, denen vergönnt ist zu sterben in der Blüte der Freude, die auferstehen dürfen vom Mahle des Lebens, ehe die Kerzen bleich werden und der Wein sparsamer perlt.“

Frage 10:

Wer war die erste Liebe von Karoline und was verband die beiden?

Antwort:

Der ein Jahr ältere Jura-Student Friedrich Carl von Savigny, der ebenfalls sehr früh ein großes Maß an Unglück erlebt hatte. Der Tod seiner gesamten Familie verband die beiden.

Frage 11:

Warum beendete er die Beziehung mit Karoline und was gab er als Grund an?

Antwort:

Er heiratete Gunda Brentano.

Grund: Karoline wäre zu zurückhaltend gewesen.

Frage 12: Antwort:

Was schenkte sie den beiden zu ihrer Hochzeit?

Ein Sonett „Der Kuß im Traume“ (siehe nächste Folie)

Der Kuß im Traume

Es hat ein Kuß mir Leben eingehaucht, Gestillet meines Busens tiefstes Schmachten, Komm, Dunkelheit! mich traulich zu umnachten, Daß neue Wonne meine Lippe saugt.

In Träume war solch Leben eingetaucht, Drum leb' ich, ewig Träume zu betrachten, Kann aller andern Freuden Glanz verachten Weil nur die Nacht so süßen Balsam haucht.

Der Tag ist karg an liebesüßen Wonnen, Es schmerzt mich seines Lichtes eitles Prangen Und mich verzehren seiner Sonne Gluthen.

Drum birg dich Aug' dem Glanze irrd'scher Sonnen!

Hüll' dich in Nacht, sie stillet dein Verlangen Und heilt den Schmerz, wie Lethes kühle Fluthen.

Frage 13:

Wie lautete der Name der großen Liebe von Karoline, welche mitunter Grund für den Selbstmord (Freimord) war?

Antwort:

Friedrich Creuzer

Frage 15:

Was stand in dem Brief, adressiert an eine Freundin, nachdem Creuzer sie verlassen hatte?

Antwort:

„Ich bin eigentlich lebensmüde, ich fühle daß meine Zeit aus ist, und daß ich nur fortlebe durch einen Irrtum der Natur; dies Gefühl ist zuweilen lebhafter in mir, zuweilen blässer. Das ist mein Lebenslauf.“ Wenige Tage nach der Niederschrift dieses Briefes korrigierte Karoline den Irrtum der Natur, indem sie sich das Leben nahm.

Frage 16:

Aus welchem Grund nahm sich Karoline das Leben?

Antwort:

Verschiedene Gründe gaben ihr den Anlass Selbstmord zu begehen: -Ihr Freiheitsbedürfnis stand im Konflikt mit der damaligen Rolle der Frau „Warum ward ich kein Mann! Ich habe keinen Sinn für weibliche Tugenden, für Weiberglückseligkeit. Nur das Wilde, Große, Glänzende gefällt mir.“ -Unglückliche Liebe; Creuzer hatte das Verhältnis zu Karoline gebrochen

Frage 17: Antwort:

Welche Grabinschrift wurde auf ihr Grab in einem Winkel der Kirchhofsmauer geschrieben?

Siehe nächste Folie

Antwort:

Ein abgeänderter Spruch aus Herders Zerstreuten Blättern „Abschied des Einsiedlers“ „Erde, du meine Mutter, und du mein Ernährer, der Lufthauch, Heiliges Feuer mir Freund, und du, o Bruder, der Bergstrom, Und mein Vater der Äther, ich sage euch allen mit Ehrfurcht Freundlichen Dank; mit euch hab' ich hienieden gelebt, Und ich gehe zur andern Welt, euch gerne verlassend, Lebt wohl denn, Bruder und Freund, Vater und Mutter, lebt wohl!“ Karoline Frederike Louise Maiximiliane von Günderrode *11. Februar 1780 t 26. Juli 1806 Eine Frau, auf der schier endlosen Suche nach dem Platz in einem Leben, das für sie noch nicht bereit war, trat ihren Weg an, um in der Ungewissheit der Dunkelheit, das zu finden, was ihr im Leben entsagt blieb.

Das Grab der Karoline von Günderrode

Zeitgenössischer Stich

Quellen:

Hille, Markus: Karoline von Günderrode. Hamburg: Rowohlt 1999.

Susman, Margarete: Frauen der Romantik. Frankfurt (a.M.) Insel 1996.

http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/literatur http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:KarolineVonG%C3%BCnderrodeGrabmal.JPG

http://gothengel.files.wordpress.com/2008/10/guenderode-25-q752.jpg