Hauptvorlesung Psychiatrie und Psychotherapie Sexualstörungen

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Hauptvorlesung
Psychiatrie und Psychotherapie
Sexualstörungen
PD Dr. C. Luckhaus
Sexuelle
Funktionsstörungen
ICD10: F52
Störungen der
Sexualpräferenz
ICD10: F65
Paraphilien
DSM IV
Störungen der
Geschlechtsidentität
ICD10: F64
Therapeut
Psychiater
Gutachter
Sexualstörungen - im Spiegel gesellschaftlicher Norm(setzung)en
historisch
heute
sexuelle
Erlebnisfähigkeit
bei bürgerlichen Frauen
pathologisch
gesund, Störungen
werden medizinisch
behandelt
Masturbation
pathologisch, sündhaft
normal
sexuelle
Promiskuität
als „Kuppelei und
Ehebruch“ strafbar bis
1969
akzeptiert, Ehescheidung
ohne Schuldfrage
Homosexualität
strafbewehrt bis 1969
legal, akzeptiert,
gleichberechtigt
(Homo-Ehe)
Transsexualität
pathologisch,
strafbewehrt
Transsexuellen-Gesetz
(1980)
Sodomie
als „widernatürliche
Unzucht“ bis 1969
strafbewehrt
„sonstige Störungen der
Sexualpräferenz“
ICD10 -F65.8
Sexualstörungen – Psychodynamische Erklärungsmodelle
Funktionen sexueller Gesundheit
Narzisstischer
Aspekt
BeziehungsAspekt
Reproduktiver
Aspekt
Sexualstörung als neurotische Kompromissbildung:
• Symptom dient der unbewussten Selbstregulation, Symptom als Symbol
Sexualstörung als Plombe:
• Symptom füllt ich-strukturelles Defizit bei schwerem Entwicklungsdefekt
Sexualstörung als isolierte, passagere Symptombildung:
• Symptom ist eine Reaktion auf lebensgeschichtliche Belastung
Lernmechanismen beeinflussen vor allem Symptom-Ausgestaltung und -Persistenz
Sexualstörungen – Neurobiologische Faktoren (1)
Testosteron
• erhöhte periphere Spiegel assoziiert mit:
 dominanten sozialen Verhaltensstilen
 Sexualstraftätern mit Antisozialität
 Rückfällen in Sexualdelinquenz
• verminderte periphere Spiegel assoziiert mit:
 reduziertem sexuellen Interesse und Aktivität
Serotonin
• erniedrigte Liquorspiegel für HIAA assoziiert mit:
 impulsiven Gewaltdelikten, auch Sexualdelikten ?
• erhöhte postsynptische Serotonin (2A, 2C)-Rezeptoren assoziiert mit:
Pädophilie
Sexualstörungen – Neurobiologische Faktoren (2)
(aus Müller, 2010)
Sexualstörungen – Differentialdiagnostik
MedikamentenNebenwirkung
(NA-, D2-, ACh-, NO-blockierende,
5-HT2,3-stimulierende sowie
Prolaktin-stimulierende
Substanzen)
Substanzmissbrauch
Psychiatrische
Ursachen
Somatische
(Mit-) Ursachen
Sexuelle
Funktionsstörung
Forensische Relevanz von Störungen der
Sexualpäferenz (Paraphilien)
• Störungstyp ist strafbewehrt
– sobald er sich in Handlungen manifestiert: Pädophilie, Inzest, Exhibitionismus
– wenn Gewalt oder andere Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
hinzutreten: Vergewaltigungsdelikte, Sadismus
• Risikofaktoren für Sexualdelinquenz
–
–
–
–
Prädominanz von Aggressivität, Impulsivität, Psychopathie
Ich-Syntonie der Sexualstörung
Progredienz, „süchtiger Verfall in die Sinnlichkeit“
relevante Komorbiditäten (Suchtmittel, Persönlichkeitsstörung)
• Geschlechtsunterschiede:
Frauen treten sehr selten mit Paraphilien oder als Sexualstraftäter
in Erscheinung ( ca. 1:20 – 1:30)
– größere kulturelle Flexibilität für Äußerungen weiblicher Sexualität?
– geringere Verbindung von Sexualität und Aggressivität?
Sexualstörungen - Behandlungsansätze
• Psychotherapie: VT, Paartherapie, tiefenpsychologische Verfahren
• Medikamententherapie:
Hypogonadismus, Transsexualität
Hormonsubstitutionen
Erektile Dysfunktion
PDE5-Inhibitoren (Sildenafil)
Hypersexualität, Paraphilien
Cyproteronacetat (Androcur®)
alternativ: LHRH-Agonisten, z.B.
Triptorelin (Salvacyl®)
Ejaculatio Praecox, Impulsivität,
Zwanghaftigkeit, Pädophilie
niedrigdosierter SSRI
Süchtige Komponente, Impulsivität
Naltrexon
• Operation: Geschlechtsumwandlung bei stabilem Transsexualismus
Literatur
Müller J (Hrsg.). Neurobiologie forensisch-relevanter Störungen.
Kohlhammer-Verlag, 2010
Müller MJ, Benkert O, Sommer F. Medikamente zur Behandlung
sexueller Funktionsstörungen. In Holsboer, Gründer, Benkert
(Hrsg.) Handbuch der Psychopharmakotherapie, Springer-Verlag,
2008
Pfäfflin F. Sexualstörungen. In: Möller, Laux, Kapfhammer (Hrsg.)
Psychiatrie und Psychotherapie, Springer-Verlag, 2000
Venzlaff, Foerster. Psychiatrische Begutachtung. Urban & Fischer,
3. Auflage, 2000