Dokumentation von Dr. Ilhami Atabay

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Transcript Dokumentation von Dr. Ilhami Atabay

Wie lässt sich die Identität der
dritten/vierten Generation von
Migrantenjugendlichen
beschreiben?
IDENTITÄTEN HEUTE
Dr. Ilhami Atabay
Dipl.-Psychologe, Pädagoge M.A.,
Psychologischer Psychotherapeut,
Verhaltenstherapeut und Supervisor
Theorie: Erik H. Erikson
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I Säuglingsalter: Urvertrauen vs. Misstrauen / Unipolarität vs. vorzeitige
Selbstdifferenzierung
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II Kleinkindalter: Autonomie vs. Scham und Zweifel / Bipolarität vs. Autismus
III Spielalter: Initiative vs. Schuldgefühl / Spielidentifikation vs. (ödipale) FantasieIdentitäten
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IV Schulalter: Werksinn vs. Minderwertigkeitsgefühl / Arbeitsidentifikation vs. Identitätssperre
V Adoleszenz: Zeitperspektive, Sexualität, Selbstgewissheit, Experimentieren usw.
VI Frühes Erwachsenen-alter: Generativität vs. Selbst-Absorption
VII Erwachsenenalter: Generativität vs. Selbst-Absorption
VIII Reifes Erwachsenenalter : Integrität vs. Lebensekel
Identität nach Marica
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Übernommene Identität
Diffuser Identität
Moratorium
Erarbeitete Identität
Identität nach Marica
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Übernommene Identität: Diese Form von
Identitätszustand beschreibt, dass die Person
eine klare, innere Verpflichtung, in politscher
oder beruflicher Hinsicht eingeht. Diese
Orientierungen sind in der Regel mit den
Vorstellungen der Eltern verknüpft. In diesem
Zustand würde die Person keine echte Krise
durchleben.
Identität nach Marica
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Diffuser Identität: Hier erlebt der Mensch keinerlei
innere Verpflichtung. Er ist entscheidungsunfähig,
desorientiert und zeigt keinerlei Interessen. In diesem
Zustand kann es zu Krisen kommen.
fünf Typen der Identitätsdiffusion nach Marica: SelbstFragmentierung, gestörte Diffusion, sorglose Diffusion,
kulturell-adaptive Diffusion und Entwicklungsdiffusion.
Identität nach Marica
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Moratorium: Menschen in diesem Zustand befinden
sich in einer Suchphase. In dieser Suchphase haben sie
die Möglichkeit, aus verschiedenen Alternativen eine
Auswahl zu treffen. Dies kann zu einer inneren
Verpflichtung führen. Das Moratorium ist mit einer
Krise verbunden, da es dem Menschen bewusst wird,
dass er sich irgendwann entscheiden muss.
Identität nach Marica
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Erarbeitete Identität: Die Krise ist bereits durchlebt,
überwunden und hat den Identitätszustand erreicht. Der
elterliche Einfluss oder der Einfluss durch andere
Bezugspersonen werden in dieser Phase kritisch
geprüft. Diese Auseinandersetzungen haben in der
Regel dazu geführt, dass Menschen zu eigenen
Standpunkten gelangt sind, denen sie sich verpflichtet
fühlen.
Identität nach Marica
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Marcia betrachtet die Identität unter drei Aspekten: strukturell,
phänomenologisch und verhaltensbestimmt.
Unter dem strukturellen Aspekt beschreibt er den Aufbau der
Identität nach Eriksons Acht-Stufen-Modell.
unter dem phänomenologischen Aspekt bezieht er sich auf die Art
und Weise, wie die Person zu ihrer Identität gekommen ist.
und unter dem verhaltensbestimmten Aspekt untersucht er die
beobachtbaren Komponenten des Prozesses der Identitätsbildung
und wie sich Identität letztlich im Verhalten zeigt.
Identität nach Marica
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Drei zentrale Dimensionen des Identitätsstatus nach Marica:
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Krise: Das Ausmaß an Unsicherheit, Beunruhigung und Rebellion
in einem Bereich.
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Verpflichtung: Der Umfang von Engagement und Bindung in
einem Bereich.
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Exploration: Ausmaß an Erkundung eines Lebensbereichs mit
dem Ziel, einer besseren Orientierung und Entscheidungsfindung entscheidende Strategie zur Bewältigung von Identitätsproblemen.
Identität nach Marica
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Marcia unterscheidet auch mehrere mögliche Verläufe
im Ringen um die Identität:
Progressive Verläufe: erreicht über das Moratorium die
erarbeitete Identität.
Regressive Verläufe: enden bei einer diffusen Identität.
Stagnierende
Verläufe:
verweilen
bei
der
übernommenen oder diffusen Identität.
Vier Formen von Identitätstypen
1-Der religiös-traditionelle und nationalistisch
orientierte Identitätstyp
2- Die Ausgeschlossenen, Exkludierten und
Verlierer
3-Der Patchwork-Identitätstyp
4-Der „assimilierte Typus“
1-Der religiös-traditionelle und nationalistisch
orientierte Identitätstyp
1.
2.
3.
4.
5.
Ethisierung der Religiosität
Ideologisierung der Religiosität
Utopisierung der Religiosität
Kulturalisierung der Religiosität
Zirkulierung der Religiosität
Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus
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DER ISLAM: bezieht sich auf historische
Aspekte
DER ISLAMISMUS: ist das Ergebnis der
Interpretationen durch menschliches Handeln
auf zeitgenössischen Manifestationen. Er ist
der radikale Pool des Islams und es kann von
einer Bedeutungsverschiebung gesprochen
werden.
ISLAMISMUS
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Der
Islamismus
weist
die
gegebenen
Definitionen des Islams zurück, weil er sie zu
unterwürfig hält. Er ruft zu kollektivem Handeln
und zur Selbstbehauptung angesichts moderner
Machtverhältnisse auf.
Die weibliche Identität – das Kopftuch und die
Verkörperung der Identität
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Das Kopftuch als Stigma als Symbol für die Unterwürfigkeit und
der Unterdrückung der Frau.
Stigma = Schande im Sinne mit körperlichen Merkmal
Befreiung von Stigma Durch: Aufwertung des Kopftuches,
Als Symbol der Würde und des herausgehobenen sozialprestiges
urbaner muslimischer Frau.
Etwas Inneres wird nach außen gekehrt. Die impliziten
Gewohnheiten werden in Explizite verwandelt.
Der Körper wird zum Sinnes- und Gefühlsregister - macht den
Habitus öffentlich und sichtbar.
2- Die Ausgeschlossenen, Exkludierten und
Verlierer
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Identität als eine soziale Konstruktion?
Hegemoniale Männlichkeit, Unterordnung,
Komplizenschaft und Marginalisierung
Gewalt und Männlichkeit
Die Bedeutung der Erwerbsarbeit für die Identität
Peergroups und deren Rolle bei der
Identitätsentwicklung
Bourdieu
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Das ökonomische Kapital
Das kulturelle Kapital:
A)Objektiviertes Kulturkapital: Unter objektiviertem Kulturkapital
versteht Bourdieu z.B. Besitz von Schriften, Gemälden,
Denkmälern, Instrumenten usw.
B)Institutionalisiertes Kulturkapital: Der Bildungsstand bzw. der
Besitz von schulischen und akademischen Titeln einer Person.
Bourdieu
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C) Inkroporiertes Kulturkapital: Die Eigenschaften des kulturellen
Kapitals setzen nach Bourdieu die Körpergebundenheit und die
Verinnerlichung voraus. „Die Akkumulation von Kultur in
korporiertem Zustand – also in der Form, die man auf französisch
>>culture<<, auf deutsch >>Bildung<<, auf englisch >>cultivation<<
nennt – setzt einen Verinnerlichungsprozess voraus, der in dem
Maße, wie er Unterrichts- und Lernzeit erfordert, Zeit kostet. Die
Zeit muss vom Investor persönlich investiert werden…Das
Delegationsprinzip ist hier ausgeschlossen.“
Bourdieu
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Das soziale Kapital:
Die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen
Ressourcen einer Person. Dazu gehören die
Zugehörigkeit zu einer Gruppe und der Besitz
eines Netzes.
3-Der Patchwork-Identitätstyp
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Das Subjekt macht zwangsläufig in seiner Identitätsarbeit innere
wie äußere Erfahrungen, die jeweils sehr unterschiedlich sind.
Diese Erfahrungen werden auch mit dem Begriff „Teilidentitäten“
erfasst.
Ein Mensch hat verschiedene Rollen und somit Teilidentitäten.
Diese Teilidentitäten und die dazu gehörende Rollen, sowie innere
und
äußere
Erfahrungen,
deren
Anpassungs-,
und
Verknüpfungsleistungen machen den Inhalt der PatchworkIdentität aus.
Heiner Keupp u. a.: das Patchwork der Identität
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Identität hat ein Arbeitscharakter und ist eine lebenslange
Entwicklung.
Das Subjekt muss sich aktiv um sein Selbst und Weltverhältnis
kümmern.
Das Subjekt entwirft und konstruiert sich seine Selbstverortung.
Dabei braucht es die Zustimmung der anderen Subjekte.
Das Subjekt muss seine gemachte Erfahrungen interpretieren, die
ihm als Basis der alltäglichen Identitätsarbeit dient.
Die Patchwork-Identität
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Identität als rationale Verknüpfungsarbeit:
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Keupp u. a. schildern den Prozess der Identitätsarbeit mit den
Begrifflichkeiten wie retro- und prospektive Identitätsarbeit.
Retroprospektiv: Wer bin ich aktuell? Und woher komme ich?
Selbstthematisierung unter bestimmten Identitätsperspektiven zu
bündeln. Dies ist stark kulturell und narrativ geprägt.
Prospektiv: Wer will ich sein? Wohin will ich mich entwickeln?
Identitätsentwürfe, imaginäre Träume/ Vorstellungen. Daraus
entstehen Identitätsprojekte.
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Die Patchwork-Identität
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Identität als Konfliktaushandlung:
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Der Mensch will in seinem Leben nicht nur ein Spannungsfrei
Gleichgewicht haben, sondern aus Differenzen und Spannungen
resultierende Krisen meistern. Denn es bleiben fast immer
Differenzen zwischen der Selbst-, und Fremdbewertung.
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Spannungen zwischen dem Errichten und dem was ich noch
erreichen möchte.
Die Patchwork-Identität
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Identität als Ressourcenarbeit:
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Identität ist auch ein Aushandlungsprozess mit der
gesellschaftlichen Umwelt. Hier kommt den Ressourcen eines
Individuums ein hohes Maß an Bedeutung.
Es geht nicht nur um das Vorhandensein der objektiven
Ressourcen, sondern auch um die Wahrnehmung oder
Nichtwahrnehmung bzw. Erschließung oder Nichterschließung der
vorhandenen Ressourcen.
Ressourcentransfer von Kapitalien in identitätsrelevante
Ressourcen und Übersetzungsarbeit für die wichtigen Ressourcen
in seiner Identitätsentwicklung.
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Die Patchwork-Identität
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Identität als Narrationsarbeit: Unter Narration wird die erzählende
Organisation verstanden, die die gesamten Erfahrungen des
Individuums in einem Gesamtzusammenhang bringen. Hier wird
insbesondere hervorgehoben, dass die Menschen ihr ganzes Leben
und ihre Beziehung zur Welt als Narrationen gestalten. Bei
Narration gehe es nicht nur um das Erzählen und Schreiben von
Lebensläufen, „sondern um einen grundlegenden Modus der
sozialen Konstruktion von Wirklichkeit.
So werden die vergangenen Ereignisse zum einen Sichtbar
gemacht und dienen zum anderen dazu die Erwartungen
zukünftiger Ereignisse zu begründen.
Die Patchwork-Identität
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Stabilitätsnarration: Hier bleibt die reflexive
Erzählposition des Individuums unverändert.
Progressive Selbstnarration
Regressive Selbstnarration
4-Die „assimilierte Identitätsform oder der
assimilierte Typus
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vollständige Assimilation
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kulturelle Assimilation
strukturelle Assimilation
soziale Assimilation
identifikative Assimilation
segmentierte Assimilation
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vollständige Assimilation
Unter vollständiger Assimilation wird das
Verschwinden von Unterschieden zwischen
zwei Gruppen (z. B. zwischen einer
Zuwanderergruppe
und
der
Aufnahmegesellschaft)
auf
Aggregatebene
verstanden.
kulturelle Assimilation
Kulturelle
Assimilation
bezeichnet
eine
Angleichung von Fähigkeiten und Fertigkeiten,
insbesondere im Bereich der Sprache. Sie
bildet eine wichtige Grundvoraussetzung für die
strukturelle Assimilation.
strukturelle Assimilation
strukturelle Assimilation, die sich auf das
Erreichen
bestimmter
Positionen
im
Bildungswesen oder auf dem Arbeitsmarkt
bezieht.
soziale Assimilation
Soziale
Assimilation
zeigt
sich
in
zwischenmenschlichen Beziehungen, wie etwa
Freundschaften und Partnerschaften zwischen
Zuwanderern
und
Mitgliedern
der
Aufnahmegesellschaft. Als wichtiger Indikator
gelten insbesondere Partnerschaften zwischen
Personen mit und ohne Migrationshintergrund.
Identifikative Assimilation
Identifikative Assimilation beschreibt ein
emotionales
Zugehörigkeitsgefühl
zur
Aufnahmegesellschaft und setzt in der Regel
eine gewisse Angleichung in Bezug auf die
anderen Dimensionen voraus.
Schlüsselqualifikationen, die für das Gelingen von
Identitäten wichtig wären
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Gelingende Identität bedarf materieller Ressourcen.
Gelingende Identität bedarf sozialer Integration.
Verknüpfungen und Kombinationen verschiedenster
Teil-Realitäten. Dazu sind Fähigkeiten zum Aushandeln
und ein geschärfter Möglichkeitssinn Voraussetzung.
Schlüsselqualifikationen, die für das Gelingen von
Identitäten wichtig wären
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Eine wichtige psychische Voraussetzung für eine
produktive, bejahende Annahme dieser Vieldeutigkeit
und
Offenheit
ist
Ambiguitätstoleranz.
Ambiguitätstoleranz umschreibt die Fähigkeit eines
Subjekts, auf Menschen und Situationen einzugehen,
diese weiter zu erkunden, anstatt sich auf Diffusität
und Vagheit entmutigen zu lassen oder nach einem
»Alles-oder-nichts«-Prinzip zu werten und zu
entscheiden“
Schlüsselqualifikationen, die für das Gelingen von
Identitäten wichtig wären
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„1. Identitätskompetenz – aufgeklärter Umgang mit
bedrohter und gebrochener Identität.
2. Technologische und ökologische Kompetenz –
Umgang mit den psychosozialen Nebeneffekten der
spätmodernen Produktion.
3. Gerechtigkeitskompetenz – Sensibilität für
Enteignungserfahrungen.
4. Historische Kompetenz – Erinnerungs- und
Utopiefähigkeit.
5. Zivilgesellschaftliche Kompetenz
Identität
„Wenn ich mich sicher fühlen kann, werde ich
eine komplexere Identität erwerben… Ich
werde mich selbst mit mehr als einer Gruppe
identifizieren; ich werde Amerikaner, Jude,
Ostküstenbewohner,
Intellektueller
und
Professor sein.
Identität
Man stellt sich eine ähnliche Vervielfältigung
der Identitäten überall auf der Welt vor, und die
Erde beginnt, wie ein weniger gefährlicher Ort
auszusehen. Wenn sich die Identitäten
vervielfältigen, teilen sich die Leidenschaften“
(Michael Walzer zitiert nach Keupp u.a. 1999, S.
294).
Absorption
ist die Fähigkeit zum völligen Invollviertsein in
eine reale und imaginative Aktivität. Sie
beschreibt einen Zustand der „totalen
Aufmerksamkeit“, in dem der gesamte
Organismus auf das Erkunden und Wahrnehmen
des „Objekts der Aufmerksamkeit“ ausgerichtet
ist.
1- Der religiös-traditionelle und nationalistisch orientierte
Identitätstyp
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Die weibliche Identität – das Kopftuch und die
Verkörperung der Identität
Die alevitische Identität von Jugendlichen
Der Umgang mit der/den islamischen Identität/en in
Deutschland
Was müssen Muslime und Islamisten leisten?
Die Förderung der Persönlichkeit
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Stress- und Frustrationstoleranz: Belastungen und
Herausforderungen aushalten. Stressmanagement und
Selbstberuhigung
Motiviertheit und Zielorientierung
Impulshemmung
Bindung und Empathie
Realitätssinn und Risikowahrnehmung