Priorisierung in Deutschland Kritik und Antikritik

Download Report

Transcript Priorisierung in Deutschland Kritik und Antikritik

Priorisierung medizinischer Leistungen:
Ein Weg zu einer bedarfsrechten und
gleichmäßigen Versorgung bei begrenzten
Ressourcen ?
Heiner Raspe
Seniorprofessur für Bevölkerungsmedizin
Konvent der Krankenhausseelsorge in der EKvW
Haus Villigst - 25. Januar 2012
Zur finanziellen Situation der GKV *)
Kostenexplosion ?
Knappheit ?
*) GKV = Gesetzliche Krankenversicherung
Werden in der Verteilung des Zuwachses
keine Prioritäten gesetzt?
Ausgabenträger
1995
2000
2005
2006
2009
2006/09
Öffentliche Haushalte
19,9
13,6
13,6
13,4
13,7
+ 2,2 %
Gesetzliche
Krankenversicherung
112,5
123,9
135,9
139,8
160,9
+ 15,1 %
Soziale
Pflegeversicherung
5,3
16,7
17,9
18,1
20,3
+ 12,2 %
Gesetzliche
Rentenversicherung
4,4
3,5
3,6
3,6
4,0
+ 10,0 %
Gesetzliche
Unfallversicherung
3,4
3,7
4,0
4,1
4,5
+ 12,5 %
Private
Krankenversicherung
14,3
17,6
22,0
22,5
26,0
+ 15,6 %
Arbeitgeber
7,8
8,7
10,1
10,4
11,6
+ 11,5 %
Private
Haushalte/private
Organisationen o.E.
19,0
24,7
32,2
33,3
37,5
+ 12,6 %
gesamt
186,5
212,4
239,3
245,0
278,3
+ 13,6 %
11,6 % BIP
Sinn und Zweck der GKV
ist es, mit diesem Geld ...
 eine bedarfsgerechte, gleichmäßige, wirtschaftliche,
dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen
Erkenntnisse entsprechende und humane
Versorgung ihrer Mitglieder sicher zu stellen.
 einen Solidarausgleich zu bewirken: Gesund/krank,
Mann/Frau, begütert/ärmer, jung/alt, Single/Familie,
kinderlos/kinderreich (“Umverteilung”).
 den Einzelnen vor katastrophalen Behandlungkosten
zu schützen.
Zur finanziellen Situation der GKV
2009
Land
% GDP
USA
17,3
CH
12,0
F
11,8
D
11,6
D 2009
3400 € / Kopf
70 % aus Sozialversicherungen
Fazit für Deutschland
 Von einer „Kostenexplosion“ kann keine Rede sein.
 Die finanziellen Mittel der GKV sind jedoch begrenzt.
 Die Mittel sind aber nicht knapp,
 und Not sieht anders aus.
Wir sollten uns nicht nur fragen: Woher soll das viele
Geld kommen? Sondern auch: Wofür wollen wir es
ausgeben? Was sind unsere Prioritäten? Und:
Wer soll darüber beraten und entscheiden?
Statt dessen geht bei uns ein Gespenst um ….
Rationierung
„Ration“
W. Pfeiffer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen.
München (DTV) 1995
Ration f. ‘zugeteilte Menge, Portion’, Entlehnung (18. Jh.)
von gleichbed. frz. ration; vgl. afrz. racion
‘Rechnungsführung und Kasse einer Gruppe von
Soldaten’, mfrz. ‘kirchliche Pfründe’, das auf lat. ratio (s.
rational), mlat. ‘Pfründe, zugemessener Anteil an nötiger
Verpflegung (für Soldaten)’ beruht.
Rationierung und ihre zwei Gesichter
Rationierung: Das systematische Vorenthalten
medizinisch indizierter, d.h. wenigstens
überwiegend nützlicher (und prinzipiell
verfügbarer) medizinischer Leistungen aus
Knappheitsgründen, in der Regel mit dem Ziel
einer gerechten Zuteilung knapper Ressourcen
unter Anerkennung unterschiedlicher Bedarfe
Aber … sind wir hier schon der zunehmenden
Ökonomisierung auf den Leim gegangen ?
„Ökonomisierung“ ist die Wahrnehmung, Diskussion und
Behandlung von (früher) nicht-ökonomischen
Sachverhalten als ökonomische, in ökonomischen Termini,
Modellen, Logiken bzw. als ökonomische Größen.
Stadium 1
Stadium 2
Stadium 3
Begriffswechsel: Arzt – Leistungsanbieter, Patient Kunde, erster/zweiter Gesundheitsmarkt, …
Gedankliche Kurzschlüsse
Alles wird „Gesundheitswirtschaft“ incl. IGeL, div.
Case Managements, Belegungsberatung,
Fallsteigerungsvereinbarung, Indikationsschwindel, ….
Ökonomisierung Stadium 2
Rationierung
Priorisierung
Eine andere Orientierung
Lancet 2002;359:520-22
„Professionalism“ (Definition)
„Medical professionalism signifies a set of values,
behaviours, and relationships that underpins the trust
the public has in doctors.“
Royal College of Physicians 2005, 45, 44
Fokus der Charta
„Professionalism is the basis of medicine‘s contract with
society. It demands placing the interests of patients
above those of the physician, setting and maintaining
standards of competence and integrity, and providing
expert advice to society on matters of health…
Essential to this contract is public trust in physicians,
which depends on the integrity of both individual
physicians and the whole profession…
… reafferming the fundamental and universal
principles and values of medical professionalism…
becomes all the more important.“
Drei Grundprinzipien und 10 Selbstverpflichtungen
 Grundprinzipien
„fundamental principles“
• Vorrang des
Patientenwohls
• Patientenautonomie
• Soziale Gerechtigkeit
 Selbstverpflichtungen
„responsibilities“, „commitments“
Professionelle Kompetenz
Aufrichtigkeit
Vertraulichkeit
Angemessene Beziehungen
Qualitätsentwicklung
Gleicher Zugang
Gerechte Verteilung
Wissenschaftlichkeit
Interessenskonflikte
Selbstregulierung d. Profession
Die erste Stellungnahme erschien 2000
und blieb ohne jede Reaktion.
Priorisierung (ZEKO 2007)
„Die ZEKO versteht unter Priorisierung die ausdrückliche Feststellung
einer Vorrangigkeit bestimmter Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden vor anderen. Ihr Gegenteil wird mit
Posteriorisierung bezeichnet.
Grundsätzlich führt Priorisierung zu einer mehrstufigen Rangreihe.
An deren oberen Ende steht, was nach Datenlage und fachlichem
wie öffentlichem Konsens als unverzichtbar bzw. wichtig erscheint,
am Ende das, was wirkungslos ist bzw. mehr schadet als nützt.
Nicht nur Methoden, sondern auch Krankheitsfälle, Kranken- und
Krankheitsgruppen, Versorgungsziele und vor allem Indikationen
(d.h. Verknüpfungen bestimmter gesundheitlicher Problemlagen mit
zu ihrer Lösung geeigneten Leistungen) können priorisiert werden.“
Priorisieren
Priorisieren zielt auf systematische Vergleiche zwischen
einer bekannten Zahl von verwandten “Objekten”, um
jedem von ihnen einen Rang zuzuschreiben – auf der Basis
definierter Werte und Kriterien.
Eins ihrer Ziele ist es, Allokationsentscheidungen von
Politikern, Administratoren und Klinikern zu informieren.
Priorisieren ist zuerst eine intellektuelle Aufgabe “am
grünen Tisch”; sie zielt nicht auf unmittelbare praktische
Konsequenzen.
Aber wenn rationiert werden müsste, dann nicht ohne
vorherige Priorisierung.
These
Priorisierung beinhaltet ein (u.a. von
Rationierung) klar abgrenzbares Reflexionsund Handlungsprogramm.
Vor befürchteter Knappheit (D 2012) und
vor drohendem Reichtum (N 1985)
Zur Vorgeschichte von Priorisierung
In Europa begann es in Norwegen
Norwegens Sozialministerin richtete im Mai 1985 ein
wissenschaftliches Komitee ein, dessen Führung dem
Osloer Theologen Prof. Inge Lønning übertragen wurde.
Im Juni 1987 wurden vom Komitee
Guidelines for prioritizations in the Norwegian health service
vorgelegt. Sie wurden im Parlament zustimmend
diskutiert.
Ein zweites von Inge Lønning geleitetes Komitee arbeitete
von 1996 – 1997 (Prioritizations revisited): In der
Zwischenzeit war nichts Wesentliches geschehen.
Angesichts des Nordsee-Öls …
„In the opinion of the [Lønning I] committee, the major
challenge facing Norwegian health policy will be to find
acceptance for the fact that some, in themselves,
desirable forms of care and treatment will have to be
pushed to the back of the queue.“
„The committee is of the opinion that the guidelines for
prioritizations in the health service should be formulated
in such a way that they may be applied independently of
whether the health sector‘s total financial resources
increase, are reduced or remain stable.“
(NOU 1987: 23: Summary)
Schweden als
Beispiel
Gesetzlicher Rahmen
ab 1.7.1997:
„Die Menschen mit
dem größten Bedarf
an Gesundheitsleistungen
haben Vorrang in der
Versorgung“
1995 !
Ethische Kriterien der Priorisierung
„in ranking order“
„Humanist view of man“ „in the welfare society“
„The Commission [of the Swedish Parliament 1995]
proposes three principles on which priorities should be
based:
The principle of human dignity: all people are equal in
dignity regardless of personal characteristics and functions
in society.
The principle of need and solidarity: resources should be
commited to the person or activity most in need of them.
The principle of cost-efficiency: … a reasonable relation
between cost and effect … should be aimed for“
Noch einmal Norwegen 1987…
„In its discussion of objectives, principles and guidelines
for the future process of prioritization within the
Norwegian health service, the committee has based
its work on generally-accepted values in Norwegian
society… [ → nationale Moralität]
…(the) social responsibility for socially-deprived and
underpriviledged individuals in the health sector
should manifest itself as a prioritized obligation in
respect of the weakest individuals in society.“
Ein etwas unterschiedlicher Katalog
ethischer Werte und Prinzipien
 Equal human worth
 Solidarity
 Security and safety
 Freedom and self-determination
The Danish Council of Ethics 1996
In Deutschland begann die öffentliche
Diskussion nicht mit den ZEKOStellungnahmen, sondern mit der
Rede Prof. Hoppes 2009.
Deutsche Gesundheitspolitiker
 „Dass es eine Liste von Krankheiten gibt, die man behandelt
und andere nicht, stimmt nicht mit meinem Verständnis von
Humanität und dem Artikel 1 des Grundgesetzes überein.“ (U.
Schmidt, Gesundheitsministerin SPD, 07.09)
 … Drittens kann ich eine solche Rangfolge auch mit meinen
ethischen Vorstellungen als Arzt nicht in Einklang bringen.
Deshalb wundere ich mich, dass diese Diskussion von Ärzten
angestoßen wird. Eine Rangfolge zu bilden heißt doch,
Wertigkeiten einzuführen. Ich möchte aber Menschen und
Krankheiten nicht bewerten. Deshalb bin ich auch nicht bereit,
diese Diskussion zu führen.“
 „Priorisierung lässt sich ethisch nicht vertreten“ (J. Graalmann,
Vorstand AOK BV, 10/11)
Priorisierung ist also ein essentiell
politischer Prozess.
Ein geeigneter Gegenstand von Priorisierung:
Indikationen (Bedarfe)
In Indikationen verbinden Ärzte und andere Kliniker die
Analyse und Bewertung der klinischen Situation eines
Patienten
mit der Wahl einer Untersuchungs/Behandlungsmethode
in Hinblick auf ein legitimes und erreichbares
Behandlungsziel.
„Die Anzeige ist also das durch den Verstand aufgefundene Vermittelungsglied zwischen der Krankheit und dem ihrer Heilung entsprechenden Verfahren des Arztes.
Die Symptome der Krankheit sind das Anzeigende, die Heilmittel das Angezeigte,
die Anzeige selbst steht zwischen beiden in der Mitte....“ (Gmelin 1820)
Indikation
Möglichkeiten, Ethik, Recht, Präferenzen
Krankheit
Ziel(e)
„Verstand“
Wunsch
Routine
Profit
Evidenz aus
empirischer
Forschung
Heilmittel
Eine positive Indikation setzt ein empirisch belegtes
zielgerechtes Nutzenpotential voraus
Im Zentrum: „absolute Indikationen“
Absolut „notwendig“ sind Leistungen, wenn sie
•
•
•
•
•
sich auf schwere Krankheiten beziehen,
wirksam sind und ausreichend nützlich (netto),
unverzüglich eingesetzt werden müssen
keine Alternative haben und
im System verfügbar sind
Notwendigkeit ist abstufbar („mehr oder weniger
notwendig“); das Notwendige ist der Kern des Nützlichen
und hat höchste Priorität.
MetaKriterium
Vertikale
Priorisierung von CTPs
durch nationale Leitlinien
z.B. für Herzkranke
1.2004
2.2008
3.2011
und über Rangplätze
Skala 1 - 10
„must do“ 1 - 3
„should do“ 4 - 6
„can do“ 7 - 10
2011
Socialstyrelsen: Update 2011
3. Kategorie:
Icke göra / tu es nicht
Beispiele (KHK 2008 – 7 / 144 Positionen)
Position
Krankheitszustand/Maßnahme (Indikation)
Priorität *
Zigarettenkonsum bei Patient ohne KHK – kurze
Aufklärung über Einstellen des Rauchens
1
A131
Akute KHK oder Z. n. Revaskularisierung oder CABG
– körperliches Training innerhalb der Herz-Reha
2
A46
Ischämische Herzerkrankung - ASS
3
A133
Stabile Angina Pectoris – körperliches Training anstatt
Revaskularisierung
A135
Akute KHK oder Z.n. PCI oder CABG –
Verhaltensänderung in Form von Stressbewältigung
A142
A144
Bekannte KHK – Antioxidantien
Bekannte KHK nach Menopause - HRT
A1
F&E
8
Nicht tun
Keine Daten zur Epidemiologie = Budgetbelastung; keine professionelle Zuordnung
Zum normativen Status
Hiernach liegt es bei den Entscheidungsträgern, was „Priorität“
bedeutet: auf jeden Fall tun, zeitlich vorziehen, mehr Geld, Zeit
oder Personal investieren, höhere Qualitätsanforderungen,
Selbstbeteiligung …..
Priorisierung und klinische Freiheit
Priorisierung informiert klinische und SystemEntscheidungen, sie ersetzt diese nicht.
Im Rahmen begrenzter und unelastischer
(finanzieller, personeller, zeitlicher …) Budgets
erhalten Priorisierungsleitlinien das „therapeutische
Privileg“ der Kliniker in höherem Maße als Richtlinien
und klinische Praxisleitlinien.
Besonderheiten des
schwedischen Modells
 Lange Vorbereitungszeit, expliziter politischer Prozess
 Parlamentskommission, deliberatives Verfahren
 Ethische Plattform, „viewpoint of the individual not of the national
economy“
 Vertikale Priorisierung von Indikationen innerhalb eines Bereiches
 Starker klinisch-professioneller Einfluss, geringe Rolle der
Gesundheitsökonomie, keine juristische Mitwirkung
 Implementation durch Leitlinien (Empfehlungen, keine Richtlinien)
 Fortschrittsoffenheit, Flexibilität (Auf/Abwertungen), Aktualisierungen
 Viele Aktivitäten der Vermittlung, breite Partizipationsmöglichkeiten
 Erhalt des „therapeutischen Privilegs“ der Kliniker unter fixen Budgets
 Beobachtung des Versorgungsgeschehens (Register)
 Steuerung durch öffentliche Beobachtung, Benchmarking, soziale
Verstärkung (nicht Geld, nicht Recht)
 Bisher Orientierungshilfe, (fast) kein Instrument harter Rationierung
Chancen von Priorisierung
 Vergegenwärtigt und bekräftigt die eigene (nationale,
professionelle u.a.) Moralität
 Grenzt das eigene Territorium ab, schützt vor
Überbeanspruchung und Vereinnahmung
 Gibt der klinischen Perspektive das Primat, steht gegen
schlichte Ökonomisierung
 Stärkt das Vertrauen der Bevölkerung in die Medizin
 Fördert Evidenzbasierung, gibt Forschungsimpulse
 Unterstützt bedarfsgerechte und gleichmäßige Versorgung
 Ermöglicht begründete und transparente Rationierung
(gegen Rasenmähermethode oder unkontrolliertes bzw.
opportunistisches Verweigern)
 Hilft bei der Einordnung neuer Methoden
Priorisierung beinhaltet ein klar abgrenzbares
Reflexions- und Handlungsprogramm.
Die Diskussion wir in Deutschland bisher aktiv unterdrückt.
Dennoch scheint sie mir unvermeidlich.
Das größte Problem liegt darin, dass jeder „Rationierung“ hört
(hören will?), wenn von „Priorisierung“ gesprochen wird.
Das wird Ihnen hoffentlich nicht mehr passieren.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit und Geduld !
Das Thema Priorisierung interessiert unsere
Mitbürger nicht und ist für sie zu kompliziert.
„Das Thema [Priorisierung] insgesamt ist für die Bürger
zu abstrakt. Darüber kann man nur anhand konkreter
Beispiele sprechen.“
(C. Reimann 2009)
Prof. Hoppe (Präsident der BÄK) 2010
„Dabei sollte Priorisierung als ethische Methode verstanden
werden, um begrenzte Mittel, Kapazitäten und
Zeitressourcen so effektiv, redlich, sachlich und gerecht wie
möglich einzusetzen. Ein aus Ärzten, Ethikern, Juristen,
Gesundheitsökonomen, Theologen, Sozialwissenschaftlern
und Patientenvertretern zu besetzender Gesundheitsrat
sollte mit dieser Aufgabe betraut werden, um
Empfehlungen an die politischen Entscheidungsträger zu
geben.“
20 zufällig ausgewählte
Bürger
1 Moderator
9 Experten
2 Organisatoren
Ziele der Bürgerkonferenz
Die Fortsetzung der nationalen Diskussion unterstützen
Die Ausgabenseite, nicht die Einnahmeseite reflektieren
Ein Modell von Bürgerbeteiligung exemplarisch vorführen
und erfolgreich sein
Werte und Kriterien fokussieren
Für Bürger einen Platz in einem „Gesundheitsrat“ oder
einem ähnlichem Gremium reklamieren
Bürgerbefragung
„Was ist mir wichtig in der
medizinischen Versorgung?“
•
•
•
•
Repräsentative Umfrage in der Lübecker Bevölkerung zu Kriterien
der Priorisierung im Gesundheitswesen im November / Dezember
2009
Auswertbare Antworten erhielten wir von 1360 von 2990
Angeschriebenen im Alter von 18 oder mehr Jahren
(Rücklaufquote 45,5 %).
Unter den Nicht-Antwortenden waren überzufällig häufig jüngere
Frauen und Männer.
Aus den Antwortenden rekrutieren sich die Teilnehmer der
Priorisierungskriterien (n = 1360)
Es sollen bevorzugt werden
….
Eindeutig
Ja %
Eher Ja
%
Gesamt
%
Unter den 3
wichtigsten
Behandlungen mit großem Nutzen
55
28
84
43
Behandlungen mit eindeutigem
wissenschaftlichen Nachweis
48
31
78
48
Patienten mit schweren
Erkrankungen
45
29
74
83
Kinder
32
25
57
32
Patienten mit großer familiärer
Verantwortung
21
26
47
28
Patienten mit gesundem
Lebensstil
24
22
46
23
Behandlungen mit günstigem KNV
18
19
37
23
Patienten mit großer gesellschaftlicher Verantwortung
3
7
10
4
Survey Bürgerkonferenz
Vergleich: Survey
mit Bürgerkonferenz
Überwiegend abgelehnte Kriterien
Alter
gesellschaftliche Verantwortung
“kalendarisches Alter”
gesellschaftliche Bedeutung/Nutzen
Kosten-Nutzen-Verhältnis
Nicht eindeutig bewertete Kriterien
Eigenverantwortung und Selbstverschulden
Lebensstil
(Verantwortung fördern, aber freie Entfaltung ermöglichen, auch ungesunde)
familiäre Verantwortung
familiäre Fürsorge
Berufsfähigkeit (ggf. zu berücksichtigen als Aspekt der Lebensqualität)
Bevorzugung von Kindern
Überwiegend akzeptierte Kriterien
Patienten-Nutzen Lebenserhaltung u. Lebensqualität (Schmerzen, Mobilität u. Teilhabe)
Behandlungsrisiken u. Nebenwirkungen
Schwere der Erkrankung derzeitiger Krankheitszustand
Bedarfsgerechte Verteilung
Prognose des Krankheitsverlaufs
Nachweis der Wirksamkeit Nachweis der Wirksamkeit (Evidenz)
Kosteneffektivität
Patientenwille (alle Leistungen können abgelehnt, nicht gefordert werden)
kulturelle Normen (Glaubensgebote u. Traditionen berücksichtigen)
Menschen, die sich nicht selbst vertreten können: besondere
Unterstützung u. Schutz vor Benachteiligung
palliative und pflegerische Versorgung fördern
Medizinischer Fortschritt (auch für zukünftige Generationen ermöglichen)
Generationengerechtigkeit
Wartezeit
Warum griffen Politik u.a. das Thema bisher nicht auf ?
 Generell: Vermeidung einer schlechten Nachricht
 Kompliziert, schwer zu vermitteln, verunsichernd
 Gefährlich, da es Forderungen nach weiteren Mitteln anregt
(GKV sei „unterfinanziert“)
 Die GKV leiste doch (nach SGB V) alles Notwendige
 Gefährlich, da es die Diskussion um Grund- vs.
Zusatzversicherung erleichtert und den IGeL-Markt fördere
 Unbequem, da es je eigene Spielräume einengt
 Gefährlich, da es andere Diskussionen (um Qualität,
Überversorgung, Effizienz, Transparenz, Arzneimittelpreise
…) verdränge
 Unnötig, wenn richtige Reformen
 Unethisch, weil explizit wertend
Merkmal
Gemeinsamkeiten
Klinische PraxisLL
PriorisierungsLL
Systematisch, multiprofessionell und partizipativ
entwickelt, Evidenz-basiert, Empfehlungscharakter,
unterschiedliche Empfehlungsstärken
Fokus
Patientenprobleme
Indikationen
Auflösung
fein
grob
Ziel
E-b klinische Medizin
Wertegeleitete und E-b
Ressourcenallokation
Bindungswirkung im
Einzelfall
hoch
gering
Klinische Voraussetzung
Symptome, Befunde,
(Diagnose)
Geklärte „medical
condition“
Evaluationspotential
Einzelfälle
Einrichtungen
Interessent
Kliniker, Patienten
Organisationsverantortlic
he
Leitliniengruppe Kardiologie 2004
67 Experten
Kardiologen, Thoraxchirurgen, Kinderchirurgen,
Physiologen, Internisten, klinische Pharmakologen,
Infektiologen, Geriater, Hausärzte, Krankenschwestern,
Physiotherapeuten, Gesundheitsökonomen, Ethiker
Dazu Vertreter von Socialstyrelsen
= intraprofessionelle Selbstvergewissernung und -bindung
Offenbar keine Politiker, keine Bürger, keine Patienten/Kranken
(bei „Stroke Care“ auch Patientenvertreter) involviert
10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Figur 2h. PC I som reperfusionsbehandling av målgruppen STEMI/LBBB bland
hjärtinfarktspatienter <80 år, per sjukhus med minst 10 patienter i målgruppen 2006.
0%
64%
2004
Kalix
Sollefteå
Östersund
Hudiksvall
Kiruna
Sundsvall
Lycksele
Örnsköldsvik
Visby
Bollnäs
Mora
Lidköping
Skövde
Nyköping
Skellefteå
Katrineholm
Norrtälje
Uddevalla
Ludvika
Avesta
Karlshamn
Torsby
Eksjö
Hässleholm
Arvika
Skene
Enköping
Eskilstuna
Värnamo
Kristianstad
Norrköping
Ystad
Falun
Ängelholm
Gävle
Trelleborg
Varberg
Alingsås
Köping
Trollhättan
Karolinska Huddinge
Karlskoga
Örebro
Östra
Västerås
Danderyd
Kungälv
Södertälje
Helsingborg
Malmö
Jönköping
Oskarshamn
Kalmar
Karlskrona
Västervik
Södersjukhuset
Halmstad
Karlstad
Mölndal
S:t Göran HIA
Lindesberg
Växjö
Ljungby
S:t Göran BSE
Motala
Karolinska Solna
Umeå
Uppsala
Lund
Sahlgrenska HIA
Borås
Linköping
PCI-Behandlung bei STEMI
oder LSB, < 80 Jahre
2006