Transcript 27 WEG

Der WEG-Verwalter als
Hilfssheriff der
Ordnungsbehörden
Dr. Lothar Briesemeister
Vors. Richter am KG a. D.
Einleitung
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Ausgangspunkt Brandschutz
Vergleichbare Fälle
Zivil- und öffentliches Recht
Verwalter persönlich?
Verband
Einzelne Wohnungseigentümer
Überwälzung
Praktische Fälle
• Verstoß gegen Bauordnung
(Brandschutzbestimmungen)
• Schadhaftes Gemeinschaftseigentum
• Modernisierung
• Trinkwasserverordnung
• Rauchwarnmelder
• Wohnungszählung
• Winterdienst
• Verkehrssicherungspflicht
Spektakulärer Fall
• Verstoß gegen Bauordnung
(Brandschutzbestimmungen)
• Baugenehmigung: nur Stellplätze
• Große Tiefgarage (65 oder mehr Boxen)
• Verschließbare Garagentore
• Tore mit 5 cm-Löchern
• Benzinkanister
Verteidigung
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Verwalter:
Mitteilung an Einzeleigentümer
Garagenboxen von Anfang an
Kaufpreis je € 5.500,Verlust von Sondereigentum
Ordnungsverfügung
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Garagentore dauerhaft geöffnet halten
Benzinkanister entfernen
€ 500,- für jedes verschlossene Tor
€ 500,- für Boxen mit Benzinkanistern
Alternativen: Demöntage Garagentore bzw.
Tore mit Maschen mind. 9 x 9 cm groß
Argumente des VG
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Begründung nach WEG
Evtl. nach Polizeirecht
Rücknahme der Zwangsgeldandrohung
Streitpunkt: Persönliche Verantwortung des
Verwalters
Metalltore
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Sondereigentum?
Gemeinschaftseigentum?
Verlust des eigenen Stellplatzes?
Wahlmöglichkeiten
Instandsetzung
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Pflicht der Sondereigentümer?
Pflicht aller Wohnungseigentümer?
Verwalterpflicht?
Getrennte Verantwortung:
Verwalter organisiert
Wohnungseigentümer beschließen
Einleitung zu § 27 Abs. 3
Exkurs BGH
• Sanierung für € 4.000,- beschlossen
• Verwalter erweitert Auftrag
• Notgeschäftsführung: aber nur provisorische
Maßnahmen
Exkurs OLG Hamm
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Feuchtigkeit im Keller
Verwalter lässt Schaden beheben
Gemeinschaft verlangt Schadensersatz!
OLG spricht zu
Exkurs LG München I
• Verwaltervertrag: bis € 5.000,- ohne
• Bis € 10.000,- mit Zustimmung des Beirats
• Verwalter beauftragt Ingenieurbüro für knapp
€ 5.000,• LG spricht zu : Keine Eilmaßnahme
Verwaltermacht
• Regelmäßig keine Befugnis zur
Auftragsvergabe
• Auch nicht für die Gemeinschaft ohne
Eigentümerbeschluss
Effizienz
• Vereinfachung für die Ordnungsbehörde
• Aber Zustellungsvertretung für die
Wohnungseigentümer
• Unterschiedliche Reaktionen
• Abwendung von Nachteilen?
Benzinkanister
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Bewegliche Sachen
Weder GE noch SE
Keine Instandhaltung
Verpflichtung der Sondereigentümer
Keine Verwalteraufgabe
Anspruch auf Einwirken?
Zustellung an Verwalter!
OVG hebt auf
Rechtsstellung Verwalter
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Nach BGH v. 28.1.2011 – V ZR 145/10:
Nicht anstelle der WEG
Sondern für den Verband
Organisation der Willensbildung
Winterdienst
• Teil der Instandhaltung
• Anliegereigenschaft
• Übertragung auf Dritte (spezialität der
Verkehrssicherungspflicht)
• Organisation reicht
• Vorbereitung durch Verwalter
• Rest: Überwachung
Wartungsverträge
• Laufende Instandhaltung
• Besser für Verwalter: Rückkoppelung über
Eigentümerbeschluss
• Verwalter kein Strafverteidiger
• VG-Rechtsprechung
Stellung des WEG-Verwalters
• Was hat der Verwalter – persönlich – mit den
Behörden zu tun?
• Er ist Organ der rechtsfähigen Gemeinschaft
• Er steht in einem Rechtsverhältnis auch zu den
einzelnen Wohnungseigentümern
• Verantwortung nach außen?
Gesetzeslage
• § 27 WEG
• Abs. 1: Innenverhältnis zu den
Wohnungseigentümern
• Abs. 2: Außenverhältnis zu den einzelnen
Wohnungseigentümer
• Abs. 3: Außenverhältnis zum Verband
Instandsetzung
• Aufgabe der Wohnungseigentümer (§ 21 Abs.
5 Nr. 2)
• Beschlusskompetenz nach Abs. 3
• bzw. Individualanspruch nach Abs. 4
§ 27 WEG (Auszug)
•(1) Der Verwalter ist gegenüber den Wohnungseigentümern und
gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und
verpflichtet,
•2. die für die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des
gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen;
•3. in dringenden Fällen sonstige zur Erhaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums erforderliche Maßnahmen zu treffen;
•(2) Der Verwalter ist berechtigt, im Namen aller Wohnungseigentümer und
mit Wirkung für und gegen sie
•2. Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung
eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind,
•(3) Der Verwalter ist berechtigt, im Namen der Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie
•2. Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung
eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind,
•3. die laufenden Maßnahmen der erforderlichen ordnungsmäßigen
Instandhaltung und Instandsetzung gemäß Absatz 1 Nr. 2 zu treffen;
•4. die Maßnahmen gemäß Absatz 1 Nr. 3 bis 5 und 8 zu treffen;
Verwalterpflicht
• § 27 Abs. 1
• Nr. 2: die für die ordnungsmäßige
Instandsetzung des gemeinschaftlichen
Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu
treffen
• Nr. 3: in dringenden Fällen sonstige zur
Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums
erforderliche Maßnahmen zu treffen
Verwalterpflicht
• § 27 Abs. 3
• Nr. 3: die laufenden Maßnahmen der
erforderlichen ordnungsmäßigen
Instandsetzung gemäß Abs. 1 Nr. 2 zu treffen
• Nr. 4: die Maßnahmen gemäß Abs. 1 Nr. 3
(Eilmaßnahmen) zu treffen
Alternative Polizeirecht
• Im Gegensatz zur Ableitung aus dem WEG
Polizeirecht
• Störerhaftung
• Polizeigesetze der Länder
• Generalklausel
Voraussetzungen für einen Eingriff gegen den Verwalter
1. Es muss eine “Gefahr für die öffentliche Sicherheit
oder Ordnung” vorliegen, s. § 8 MEPolG. Dies ist im
Folgenden ein baulicher Mangel in der
Wohnungseigentumsanlage und wird hier nicht näher
problematisiert.
• 2. Der Verwalter muss richtiger Adressat der
Ordnungsverfügung sein. Diese Voraussetzung ist
problematisch und umstritten. Erforderlich ist aber stets
ein Mangel im Gemeinschaftseigentum; für das
Sondereigentum ist der Verwalter nach allgM nicht
verantwortlich.
Mögliche Adressaten einer Ordnungsverfügung
• I.
Der sog. Handlungsstörer, der durch sein
Verhalten die
Gefahr herbeigeführt hat, § 4 MEPolG
• II.
Der sog. Zustandsstörer, § 5 MEPolG, das sind
• 1. der Eigentümer des Grundstücks oder
• 2. der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das
Grundstück;
• 3. der andere Berechtigte (nicht in allen Ländern).
• 3. Nur ausnahmsweise kann ein Nichtsstörer Adressat
einer Ordnungsverfügung sein, wenn nämlich weder ein
Vorgehen gegen den Störer noch eine Ersatzvornahme
durch die Behörde selbst möglich ist, s. § 6 MEPolG.
Aktive Verursachung der Gefahr durch Verwalter
•Der Verwalter, der durch seine eigenmächtige Entscheidung den
baulichen Mangel verursacht, kann Handlungsstörer sein.
•Fall: Laut Gemeinschaftsordnung kann der Verwalter
Instandsetzungsarbeiten bis 1.000 € ohne Einschaltung der
Eigentümerversammlung durchführen. Der Verwalter macht
hiervon Gebrauch und ersetzt die defekte Tür zur Garage.
Hierdurch wird ein bauordnungswidriger Zustand geschaffen. Die
Behörde gibt dem Verwalter durch Ordnungsverfügung auf, die
Tür auszutauschen.
•Das Vorgehen der Behörde ist rechtmäßig, der Verwalter ist
Handlungsstörer (ggf. aber flankierende Duldungsverfügung ggü.
Eigentümern nötig). Anders ist es, wenn er nur „Werkzeug“ der
Eigentümer ist, indem er deren Entscheidung umsetzt (wohl
allgM).
Keine aktive Verursachung der Gefahr durch Verwalter
•Fall: Auf dem Dach der Wohnungseigentumsanlage hat
sich die Regenrinne gelockert, die bei einem drohenden
Abgang Passanten verletzen könnte. Die Behörde gibt dem
Verwalter durch Ordnungsverfügung auf, die Regenrinne
zu beseitigen. Ist der Verwaltungsakt rechtmäßig?
•Hier wird eine Haftung des Verwalters sowohl als
Zustandsstörer als auch als Handlungsstörer diskutiert.
•Zustandsstörer: Ist der Verwalter „anderer Berechtigter“
oder „Inhaber der tatsächlichen Gewalt“?
•Handlungsstörer: Ist der Verwalter Handlungsstörer
durch Unterlassen?
Keine aktive Verursachung der Gefahr durch Verwalter
•Streitig: Ist Verwalter Handlungsstörer durch Unterlassen?
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•1. Rspr: § 27 WEG begründet die (Polizei)pflicht des Verwalters,
Mängel am Gemeinschaftseigentum zu beseitigen (OVG Mannheim,
OVG Münster); dies wird teilweise auf Eilmaßnahmen/laufende
Maßnahmen beschränkt.
•2. Dem ist nicht zu folgen (i.E. ebenso h. L. zum WEG):
•a) § 27 WEG betrifft nur das Innenverhältnis des Verwalters zum
Verband/den Eigentümern.
•b) Die für den hoheitlichen Eingriff genannte Rechtsgrundlage
(Kombination von § 27 WEG und Polizeigesetz) genügt nicht dem
Bestimmtheitsgebot des BVerfG.
•c) Daher können auch Verwaltervertrag/Gemeinschafts-ordnung
keine Polizeipflicht begründen.
Handlungsempfehlungen
•Wer als Verwalter eine Ordnungsverfügung der Behörde
erhält, hat folgende Möglichkeiten:
•1. Widerspruch einlegen (Frist 1 Monat). Der Widerspruch
suspendiert die Ordnungsverfügung, falls die Behörde nicht
die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet hat. Dann bedarf
es zusätzlich eines Suspendierungsantrags des Verwalters
beim Verwaltungsgericht.
•2. Die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs (und eines
etwaigen gerichtlichen Verfahrens) sind bei
Eilmaßnahmen/laufenden Maßnahmen wegen der
obergerichtlichen Rspr. wohl gering. - Deshalb: Beseitigung
des Baumangels veranlassen (Vorbereitung und
Einberufung einer Versammlung, bei Notmaßnahmen ggf.
sofortige Mängelbeseitigung durch Verwalter).
Ausblick: Verband/Eigentümer als Handlungsstörer
•Verband: Wird in Umsetzung eines Beschlusses oder in
sonstiger Weise durch den Verwalter im Zusammenhang
mit seinen Tätigkeiten für die Gemeinschaft eine Gefahr
verursacht, so ist der Verband Handlungsstörer (ggf. neben
dem Verwalter). Denn diesem wird Verhalten des
Verwalters polizeirechtlich zugerechnet.
•Eigentümer: Diese sind regelmäßig nicht
Handlungsstörer, weil bei Maßnahmen am
Gemeinschaftseigentum der Verwalter nur als Vertreter des
Verbandes tätig wird. Hingegen sind die einzelnen
Eigentümer für Gefahren als Handlungsstörer
verantwortlich, die sie selbst an Gemeinschafts- oder
Sondereigentum verursachen.
Ausblick: Verband/Eigentümer als Zustandsstörer
•Eigentümer: Zustandsstörer sind zunächst die einzelnen
Eigentümer, da diesen das Gemeinschaftseigentum gehört.
Bei einer vom Sondereigentum ausgehenden Gefahr ist
Zustandsstörer hingegen allein der jeweilige
Sondereigentümer.
•Verband: In der Literatur umstritten. Verband ist nach §
10 Abs. 6 S. 1 WEG grds. „polizeirechtsfähig“. Das
Wohnungseigentumsrecht ist darauf angelegt, dass
Instandhaltungsmaßnahmen vom Verband organisiert
werden; dem ist auch bei der polizeirechtlichen
Störerermittlung Rechnung zu tragen. Der Verband ist
daher – vermittelt durch den Verwalter - als Inhaber der
tatsächlichen Gewalt in Bezug auf das
Gemeinschaftseigentum Zustandsstörer.
Abgleich?
• Verwaltungsgericht kontra
• Zivilgerichte
• Bußgeldgerichte
Höhere Gremien?
• GVG § 132
• GG Art. 95
GVG § 135
• (1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für
Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die
Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.
• (2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines
anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für
Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder
von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn
ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen
Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein
Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für
Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem
Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten
Großen Senaten abweichen will.
GG Art. 95
• (1) Für die Gebiete der ordentlichen, der Verwaltungs-,
der Finanz-, der Arbeits- und der Sozialgerichtsbarkeit
errichtet der Bund als oberste Gerichtshöfe den
Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht, den
Bundesfinanzhof, das Bundesarbeitsgericht und das
Bundessozialgericht.
• (2)
• (3) Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung
ist ein Gemeinsamer Senat der in Abs. 1 genannten
Gerichte zu bilden. Das Nähere regelt ein
Bundesgesetz.
§ 27 WEG (Auszug)
•(1) Der Verwalter ist gegenüber den Wohnungseigentümern und
gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und
verpflichtet,
•2. die für die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des
gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen;
•3. in dringenden Fällen sonstige zur Erhaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums erforderliche Maßnahmen zu treffen;
•(2) Der Verwalter ist berechtigt, im Namen aller Wohnungseigentümer und
mit Wirkung für und gegen sie
•2. Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung
eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind,
•(3) Der Verwalter ist berechtigt, im Namen der Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie
•2. Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung
eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind,
•3. die laufenden Maßnahmen der erforderlichen ordnungsmäßigen
Instandhaltung und Instandsetzung gemäß Absatz 1 Nr. 2 zu treffen;
•4. die Maßnahmen gemäß Absatz 1 Nr. 3 bis 5 und 8 zu treffen;
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Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.