Kampf der Kulturen

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Transcript Kampf der Kulturen

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Thorsten Gromes
Vorlesung
Politische Ordnungen
25. Juni 2010
Internationale Beziehungen II:
Vorstellungen der neuen Weltordnung
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Hinweis zur Klausur am 2. Juli
Wessen Familienname
• mit A-P beginnt, schreibt im Audimax,
• mit Q-Z beginnt, schreibt im Hörsaal 3.
Beginn: 14.00 s.t.
Am 9. Juli findet keine Vorlesung statt!
Nachschreibe-Termin: nicht vor dem 30. Juli.
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Rückblick auf die letzte Sitzung
Anarchie als Ordnungsmerkmal der internationalen Politik
Sicherheitsdilemma als Folge der Anarchie
Kollektive Sicherheit
(Internationale Regime)
Informationen zur Klausur
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Anarchie des internationalen Systems
• Im internationalen System fehlt es an einer den Staaten
übergeordneten Autorität, die Verhaltensstandards
gegenüber den Staaten durchsetzen kann.
• Anarchie ist damit die vorrangige Ordnung des
internationalen Systems.
• Dieser Naturzustand bewirkt Misstrauen und Furcht.
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Selbsthilfe als Folge
der internationalen Anarchie
• Weil es keine übergeordnete Instanz gibt, muss sich ein
Staat auf seine eigenen Mittel verlassen.
• Da jeder Staat zu jeder Zeit Zwang einsetzen kann,
müssen sich alle Staaten permanent bereit halten,
diesem Zwang mit Gegenzwang zu begegnen, oder den
Preis der Schwäche zahlen.
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Das Sicherheitsdilemma
als Folge der Selbsthilfe
• Durch ihr Gefühl der Unsicherheit sehen sich die Staaten
gezwungen, nach mehr Macht zu streben, um sich
gegebenenfalls selbst zu helfen.
• Daraus entsteht das Sicherheitsdilemma:
Der Zugewinn an Sicherheit eines Staates bedeutet ein
Einbußen von Sicherheit des gegnerischen Staates.
Der Machtgewinn des einen Staates muss dem anderen als
bedrohlich erscheinen, sodass dieser nach mehr Macht
strebt.
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„Anarchy is what states make of it“
Alexander Wendt
Internationale Anarchie
führt zwangsläufig zu
Selbsthilfe & Machtpolitik
bewirkt
Sicherheitsdilemma
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Kollektive Sicherheit
nach Inis L. Claude
Kollektive Sicherheit ist die Übersetzung von:
„Einer für alle, alle für einen.“
Der (potenziellen) Aggression eines Staates soll durch
Zusammenstehen aller anderen Staaten begegnet
werden.
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Funktionsvoraussetzungen der
kollektiven Sicherheit
• Überzeugung, dass Frieden unteilbar ist.
• Kollektive Sicherheit muss unparteiisch funktionieren.
• Universelle Mitgliedschaft.
• Es gibt keine Supermacht, die nahezu die Hälfte der
Macht auf sich konzentriert.
• Es besteht eine Organisation, die über Sanktionen
gegen einen Aggressor entscheidet und diese umsetzt.
• In dieser gibt es kein Veto-Recht.
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Internationale Regime
Ein internationales Regime ist ein
• von internationalen Akteuren akzeptiertes
• System aus Prinzipien, Normen, Regeln und
Entscheidungsverfahren,
• um bestimmte Problemfelder zu steuern.
Internationale Regime besitzen, anders als internationale
Organisationen, keine Akteursqualität.
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Internationale Regime
• Prinzipien: Annahmen über Fakten, Kausalitäten,
Standards der Rechtschaffenheit.
• Normen: Allgemeine Verhaltensstandards.
• Regeln: Detaillierte Verhaltensvorschriften.
• Entscheidungsverfahren: treffen Beschlüsse und setzen
sie um.
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Themen heute
Das Ende der Geschichte
Der Kampf der Kulturen
Die Machtübergangstheorie und der Aufstieg Chinas
Evaluierung
Hinweise zum weiteren Studium
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„Das Ende der Geschichte“
von Francis Fukuyama (1992)
Die Rede vom „Ende der Geschichte“ meint nicht, dass
• die Welt untergeht oder
• die Zeit stehen bleibt und sich nichts mehr ereignet.
„Ende der Geschichte“ bezeichnet den Endpunkt der
ideologischen Evolution: Es kann keinen Fortschritt bei
Prinzipien oder Institutionen mehr geben.
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„Das Ende der Geschichte“
• Am Ende des 20. Jahrhunderts ist von den Modellen mit
universalem Anspruch nur die liberale Demokratie übrig
geblieben.
• Es herrscht ein breiter Konsens über die Legitimität der
liberalen Demokratie.
• Das Ideal der liberalen Demokratie weist keine inneren
Widersprüche auf und ist nicht verbesserungsbedürftig.
• Reale Probleme folgen aus unzureichender Freiheit und
Gleichheit.
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„Das Ende der Geschichte“
• Die Geschichte ist eine Geschichte der Kämpfe um
Anerkennung.
• Identität und Selbstwertgefühl eines Menschen ergeben
sich aus dem Wert, dem ihm andere Menschen
zuerkennen.
• Demokratie ist die Folge des Strebens nach
Anerkennung.
• Demokratie ermöglicht die universelle Anerkennung
unter Gleichen.
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„Das Ende der Geschichte“
• Das Streben nach Anerkennung wird angeheizt von der
Modernisierung.
• Nicht zuletzt Konflikte und Kriege treiben die
Modernisierung voran.
• Die Modernisierung allein führt allerdings nur bis an die
Schwelle zur Demokratie, nicht über diese.
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„Das Ende der Geschichte“
•
Die Modernisierung und das Verlangen nach
Anerkennung führen dazu, dass der größte Teil der
Menschheit in liberalen Demokratien leben wird.
•
In naher Zukunft zerfällt die Welt in zwei Teile:
1. post-historische Welt, in der sich Staaten als
Wirtschaftspartner begegnen,
2. historische Welt, in der nationale, religiöse und
ideologische Konflikte toben und die Gesetze der
Machtpolitik gelten.
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„Das Ende der Geschichte“
Berührungspunkte zwischen der post-historischen und der
historischen Welt:
•
Migration,
•
Erdöl,
•
Verbreitung von Massenvernichtungswaffen,
•
ökologische Frage.
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„Das Ende der Geschichte“
•
Die Universalgeschichte bewegt sich hin zur liberalen
Demokratie.
•
Brüche wie der Totalitarismus nehmen diesem Prozess
nichts von seiner Macht.
•
Nach Etablierung der Naturwissenschaften kann die
Geschichte nur noch zielgerichtet, aber nicht mehr
zyklisch verlaufen.
•
Daran würden auch ein Atomkrieg oder eine große
ökologische Katastrophe nichts ändern, sollte die
Menschheit diese überleben.
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Der Kampf der Kulturen
nach Samuel P. Huntington (1993)
• Nach Ende des Ost-West-Konflikts sind die wichtigsten
Ursachen gewaltsamer Konflikte vorrangig weder
ideologischer noch ökonomischer Art.
• Die Fronten verlaufen vielmehr zwischen den
Kulturkreisen.
• Der Kampf der Kulturen dominiert die neue Weltpolitik.
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Kampf der Kulturen
Kulturkreis:
• höchste Ebene der kulturellen Identität,
• definiert vor allem über Religion,
• aber auch über Sprache, Geschichte, Sitten und
Institutionen.
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Kampf der Kulturen
Hauptkulturkreise:
• westlich
• slawisch-orthodox
• islamisch
• lateinamerikanisch
• konfuzianisch
• buddhistisch
• hinduistisch
• japanisch
• sub-saharisch
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http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Clash_of_Civilizations_world_map.png
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Kampf der Kulturen
Die Konflikte zwischen den Kulturen nehmen in dem Maße
zu, wie die Identifikation mit der eigenen Kultur steigt.
Folgende Faktoren fördern diese Identifikation:
1. mehr Kontakte zwischen den Kulturen,
2. Modernisierung schwächt den Staat, aber stärkt die
Religion als Quelle der Identität,
3. Gegenreaktionen auf Versuche des Westens, die
eigenen Werte durchzusetzen,
4. ökonomische Regionalisierung.
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Kampf der Kulturen
Zwei Konfliktebenen:
1. Bruchlinienkonflikte
a) zwischen verschiedenen Kulturen innerhalb
desselben Staates (z.B. Jugoslawien),
b) zwischen benachbarten Staaten verschiedener
Kulturkreise (z.B. Indien/Pakistan).
An den meisten Bruchlinienkonflikten sind Muslime
beteiligt: „Islam has bloody borders.“
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Kampf der Kulturen
2. Globale Konflikte
•
Zwischen Staaten(blöcken) verschiedener Kulturen.
•
Zentrale Achse: „the West against the rest.“
•
Mit seiner militärischen und wirtschaftlichen Übermacht
bringt der Westen die anderen Kulturen gegen sich auf.
•
Den gleichen Effekt bewirken die Versuche des
Westens, die ihm eigentümlichen Werte von Demokratie
und Menschenrechte weltweit durchzusetzen.
•
Entstehen einer konfuzianisch-islamischen Allianz.
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Arbeit in Nachbarschaftsgruppen
Diskutieren Sie die Thesen
von Samuel P. Huntington!
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Der Kampf der Kulturen in der Kritik
• Kulturelle Unterschiede allein führen nicht zu Konflikten.
• Die Kulturkreise sind fragwürdig konstruiert.
• Die Kulturkreise sind intern nicht homogen, Kultur ist
nicht unveränderlich.
• Identität fixiert sich eher auf kleinere Einheiten unterhalb
der Staatsebene als auf staatsübergreifende Kulturen.
• Die meisten Konflikte und Kriege finden innerhalb
desselben Kulturkreises statt.
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Die Machtübergangstheorie
nach A.F.K. Organski et al.
• Hintergrund: Aufstieg Chinas
• Die internationale Ordnung ist nicht anarchisch, sondern
hierarchisch.
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Die Machtübergangstheorie
• Die dominante Macht, derzeit die USA, gibt die Muster
der internationalen Interaktionen vor, darunter die
Regeln zur Verteilung von Vorteilen und Lasten.
• Unter den Großmächten findet sich ein potenzieller
Herausforderer der dominanten Macht.
• Macht = Produktion pro Kopf x Bevölkerungsgröße x
relative politische Fähigkeit.
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Die Machtübergangstheorie
• Phasen der Vorherrschaft sind Perioden des Friedens.
• Nicht ein Machtungleichgewicht, sondern eine Parität der
Macht ist gefährlich.
• Die Bühne für große Kriege ist bereitet, wenn eine mit
der internationalen Ordnung unzufriedene Großmacht
die dominante Macht überholt.
• Atomwaffen ändern an dieser Dynamik nichts.
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Kritik der Machtübergangstheorie
von R.N. Lebow & B. Valentino
• Machtübergänge sind extrem selten.
• Die meisten Machtübergänge sind Folge, nicht Ursache
von großen Kriegen.
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Kritik der Machtübergangstheorie
von R.N. Lebow & B. Valentino
„Should war come
between the United States and China in the future
it will not be a result of a power transition.
The greater risk is that conflict will result from the
misperception that such a transition is imminent.”
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Rückblick: Inhalte laut PO
• Ordnung und Legitimation
• Ordnungen und Prozess
• Akteure / Gruppen und Ordnungen
• Macht und Machtbegrenzungen
• nationale und internationale Ordnungsformen
• Verfassungen und Institutionenarrangements
• Reform, Transformation, Revolution
• Ordnungspolitiken und Konflikte
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Rückblick: Inhalte der Vorlesung
• Zentrale Begriffe: Ordnung, Macht, Herrschaft u.a.
• Ordnen durch Methoden
• Ordnen durch allgemeine soziologische Theorien
• Demokratie, Demokratieformen, Demokratisierung
• Nicht-demokratische Herrschaftsformen
• Staat und Staatszerfall
• Krieg und Frieden
• Internationale Politik und Bilder der neuen Weltordnung
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Evaluierung
Bitte füllen Sie den Evaluierungsbogen aus.
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Evaluierung
1. Sammeln von Punkten in Nachbarschaftsgruppen,
2. Meinungsbilder zu den einzelnen Punkten.
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Begriffe beherrschen
Begriffe bilden die Grundlage für Typologien, Thesen und
Theorien. Daher:
 Begriffe lernen und reflektieren,
 Begriffe sauber verwenden.
 Der sicherer Umgang mit Begriffen erschließt den
Zugang zu spannenden Fragen der Politikwissenschaft.
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Fundiert urteilen
 mit Begriffen, Theorien und empirischen Daten sorgsam
umgehen,
 nie frei von definierten Begriffen, präzis formulierten
Theorien und vor allem empirischen Daten
argumentieren,
 alle wichtigen Perspektiven einnehmen und dann
Folgerung sorgfältig abwägen.
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Methoden und „Handwerk“ erlernen
Wenn Interesse, später in der Wissenschaft zu arbeiten:
 so viele Methodenkurse wie möglich belegen,
 methodologisches Problembewusstsein schärft Blick für
die Tauglichkeit von Begriffen und Theorien,
 Methodenausbildung lässt sich nach dem Studium nur
schwer nachholen. Es fällt leichter, weitere Begriffe,
Theorien und empirische Daten zu lernen.
 Stets an den handwerklichen Fähigkeiten (Lesen,
Schreiben, Reden) arbeiten!
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Lerntipps
Bulimie-Lernen führt zur zertifizierten Ahnungslosigkeit!
 nicht abstrakt, sondern problemorientiert lernen,
 an Seminaren aktiv teilnehmen,
 von Vorbildern (z.B. beeindruckenden Aufsätzen) lernen,
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Lerntipps
 vor Prüfungen Perspektive des Prüfers einnehmen,
 Wissen durch Selbst-Vorträge prüfen,
 über Arbeitsweisen austauschen,
 Präsentationen und Hausarbeiten kritisch kommentieren
lassen,
 exzerpieren, exzerpieren, exzerpieren.
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Rausschmeißer
„Ein naiver Optimist,
dessen Erwartungen enttäuscht wurden,
steht als Narr da,
während ein Pessimist, der widerlegt wurde,
trotzdem die Aura von Tiefgründigkeit und Seriosität
behält. Es ist sicherer, Pessimist zu sein.“
Francis Fukuyama