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Mythos
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– Der Stellenwert von PISA in der Öffentlichkeit
Referentinnen: C. Wesse, S. Schwing und F. Teuteberg
Definition „Mythos“
• aus griechischer und römischer
Antike bekannt
• griech. „Wort“, „Rede“, „Erzählung“
• Erzählungen von Göttern, Halbgöttern
und Helden, die Konflikte austragen
Mythos
Instrument
Zur Interpretation von
Erscheinungen, die
wissenschaftlich nicht
begreifbar waren
Zur Orientierung für die
Menschen sowie zur
Steuerung ihres Handelns
„Die Bühne des Mythos
ist die wirkliche Welt
– kein Märchenland
im Nirgendwo“
(Kemper)
Die Mythenbildung hat sich fortgesetzt.
Zwei Beobachtungen:
Bekannte Mythen werden wie selbstverständlich
verwendet
•Neue Mythen entstehen
Zum Mythos gehört seine Rezeption
Mythen sind „Varianten eines narrativen Kerns, in
denen Momente der Bewahrung und der
Transformation sich auf vielschichtige Weise
miteinander verflechten.“
Strukturelemente der
Mythenbildung
•Verdichtung der Erzählung
•Verselbstständigung des Kerns
•Nutzung als Erklärungsinstrument, das
in der Rezeption nicht mehr
aufgebrochen wird
•Ursprung wird nicht hinterfragt
– ein beobachtbares Beispiel
der Mythenbildung?!
Ende des Jahres 2001:
Erste PISA-Ergebnisse gelangen in die Öffentlichkeit
„PISA-Fieber“ in Deutschland
Es kommt zu Reaktionen, zu Interpretationen
und Deutungen eines entstehenden narrativen Kerns
Was war eigentlich genau geschehen?
Internationaler Test in drei Bereichen
Bildung zuvor weniger präsent in den Medien
Nationales Bewusstsein einer hohen Bildungsqualität
Deutschland („Land der Dichter und Denker“)
Ergebnis des Tests:
Deutschland liegt weit unterhalb des Durchschnitts
in
Die Nation ist...
... durch ihre Ergebnisse irritiert
... im Reden über ihr Bildungswesen schüttert
... zugleich von Zahlen und Statistiken fasziniert
„Durch PISA war eine ganze Nation in bislang nie
dagewesenen Aufruhr geraten.“
(...)
Verschiedenste Stellungnahmen ließen nicht lange
auf sich warten
Der Spiegel – Titelblatt vom 10.12.2001
•Bewertungen und Interpretationen in der Öffentlichkeit
•Die Ergebnisse...
erweisen sich in den öffentlichen Reaktionen als
Interpretationen der Bildungsaufgabe
Zementieren das geltende Schul- und Bildungssystem
je nach Abschneiden
oder stellen es in Frage
PISA-Studie als Interpretationsinstrument
mit Folgen für das Handeln:
ein Mythos
Diskurs und Bericht:
PISA und die Öffentlichkeit
• PISA- Programme for International Student Assessment =
internationaler Leistungstest
• Länder der OECD: Stand der Bildung von jungen Menschen
• Bedeutungslos: ist dabei WAS sie in der Schule gelernt haben!
• „Was können sie damit anfangen?“
• → Bewertung der Schulsysteme
• Berichterstattung über die Ergebnisse
= Punktwert
• „Bekanntwerden der Ergebnisse“: löste eine Flut
von Publikationen aus
• diskurskonstituierende Faktoren: Thema;
Sprache und Diskursträger
• In Dt. ist der PISA- Diskurs → „Bildungsdiskurs“
• Sprache des Diskurses: geprägt durch
„Metaphorik“
• Diskursträger: Beteiligung v. allen Schichten der
Bevölkerung
Diskurs 2000 –
verschiedene Deutungsmuster
1.) Muster v. sportlichen Wettkämpfen
„Sport und Nation“
• Rangordnungen (BSP.: Finnland
584(Lesen)
Deutschland 484 (Lesen)
490 (Mathematik)
487 (Naturwissens.)
• „Zahlen“ in der Öffentlichkeit/Expertendarstellung
• Problem: Einbehaltung der Informationen
•Vorteile für die Darstellung mit Zahlen:
•leicht zu verstehen
•rasch zu überblicken
•bekannt
•„Verselbstständigung“
• BSP.: Korea/Japan
England (Ranglisten, ein Instrument für Schulen,
um die „besten“ unter ihnen herauszufinden)
•„benchmarking, Skalen u. ranking“ =
Instrumente, um die Botschaft zu vermitteln,
dass es Gewinner und Sieger gibt
2.) Muster: Die nationale Bedeutung einer
internationalen Studie
• „Pisa“ wird zum Anlass, den nationalen
Bildungsdiskurs zu führen
(BSP.: Tschechien: Gramotnost → d.h. die Fähigkeit
zu lesen und zu schreiben = wird zum nationalen
Wert)
• Ursachen u. Schuldzuweisungen werden im eigenen
Schulsystem gesucht
• „Test“ selbst, wird nicht in Frage gestellt
•anderes Muster: England
-PISA- Anlass und Instrument, den nationalen Diskurs
über Bildung zu führen
-Vorfeld: eigene kontroverse Facetten
-Neuauflage dessen, was ohnehin seit einiger Zeit die
Öffentlichkeit und die Politik bewegt
3.) Muster: Metaphorisierung und Instrumentalisierung
• Defizitorientierung u. nationale Emotionen prägen v. allem
die dt. Reaktionen auf Pisa
PISA - „größte Schulvergleichsstudie aller Zeiten“
„vom genuin schlechten Abschneiden der dt.
Schüler/innen“
„Bildungsmisere“
• Dominanz v. Zusammensetzungen
mit PISA, Bildung:
PISA – Schock
PISA – Dilemma
PISA – fit
PISA – Aufregung
Bildungsnotstand
Bildungskatastrophe
Bildungspolitischer Stillstand
„Das Kurzwort PISA, meist in der
Schreibung Pisa zu finden, bezog sich im
Medienkurs nicht ausschließlich auf die
Studie, sondern wurde zum Synonym für
unmotivierte Jugendliche und
Leistungsunlust, wenn es in Fügungen wie
Generation Pisa verwendet und auch
verstanden wird:“
→ Instrumentalisierung, durch jeweilige
Diskursträger
• Pisa wird zum Anlass/ Referenzobjekt –
aber NICHT Gegenstand verschiedener
Auseinandersetzung
• Übertragung auf Politik, Wirtschaft und
öffentlichen Einrichtungen
„ Die PISA - Studie hat den deutschen
Schülern im internationalen Vergleich ein
schlechtes Gesamtergebnis ausgestellt. Das
Land der Dichter und Denker von einst liegt
auf einem der letzten Plätze im europäischen
Bildungswettbewerb. Die Zukunftsfähigkeit
von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ist
gefährdet.“
→ preferend mental models (van Dijk):
• „Es stellt sich ein Bild ein, eine Vorstellung
vom Gegenstand des Diskurses, die durch
diese ihre Darstellung geprägt ist und andere
Vorstellungen nicht aufkommen lässt, da
andere Bilder nicht vermittelt werden.“
Bezeichnungen/ Metaphorik bei den
Berichten zu PISA 2003
Bezeichnungen für die PISA-Studie
• internationaler Bildungsvergleich
• Schulleistungstest
• Schulstudie
• zweite weltweite Studie
Metaphorik aus dem Bereich Sport
• schlechtes Abschneiden
• um drei Plätze verbessert
• Spitzengruppe/ Sieger
• Deutschland spielt in der 2. Liga
• Konkurrenten
• Aufsteiger
Metaphorik aus dem Bereich Schule
• schlechtes Zeugnis
• PISA II: nichts dazugelernt/
wieder durchgefallen
• Erneut schlechte Noten für das deutsche
Schulsystem
• Problemkind Schule
• Die Hauptschule bleibt sitzen, denn eines der
Fächer, in dem diese Republik einen Spitzenplatz
belegt, heißt „soziale Ungerechtigkeit“!
Metaphern der Katastrophen, Kämpfe,
Schande
• Katastrophe
• Bildungskrise
• PISA-Debakel
• arm gleich chancenlos
• Hysterie
• Hurra, wir verblöden!
Anspielungen auf die deutsche
Kulturtradition
• Denkernation auf den hinteren Rängen
Beschwörungen des Schiefen Turms der
Stadt Pisa
• Was läuft schief? Bildung auf der schiefen Bahn!
• der schiefe Blick auf PISA
Grundlagen der Mythenbildung
• erneut lediglich Betrachtung der Mittelwerte auf der
„Ranking-Liste“
• unterschiedliche Zahlenangaben und variierende
Interpretation und Präsentation der Ergebnisse
Berichte über die mittleren Platzierungen der dt. SuS
und dem überdurchschnittlichen Abschneiden im
Bereich des Problemlösens
„Deutschland liegt bei der PISA- Vergleichsstudie
2003 in Mathematik, beim Lesen sowie in den
Naturwissenschaften im internationalen
Durchschnitt. Bei der fächerübergreifenden
Fähigkeit „Problemlösen“ haben die deutschen
Schüler indes Werte erreicht, die den OECDDurchschnitt weit überragen. Bessere Ergebnisse
als Deutschland erzielten dabei nur sechs OECDStaaten.“ (FAZ 06.12.2004)
„Aber selbst dieser Teilerfolg in einer
anspruchsvollen Disziplin (>intelligente Anwendung
von Wissen<) wirft ein bezeichnendes Licht auf die
deutsche Lernsituation. Die PISA-Forscher
kommen zu dem Schluss, dass die Schulen
hierzulande offenbar nicht in der Lage sind, die
hohen kognitiven Fähigkeiten der Schüler >in
fachbezogenes Wissen umzusetzen<.“ (taz
07.12.2004)
Abhängigkeit der Wirkung der
Ergebnisse von dem Einbeziehen
anderer Länder
„Insgesamt haben sich die deutschen Ergebnisse
stabilisiert, während etwa Österreich in
Naturwissenschaften von Platz 8 auf Platz 20
abgerutscht ist.“ (FAZ 06.12.2004)
„[...] da eine Reihe anderer Länder zurückfiel, sind
die Deutschen besser [...].“ (Handelsblatt
06.12.2004)
Folgen/ Mythen zu PISA 2003
Es besteht ein Zusammenhang zwischen den PISAErgebnissen und ...
• dem 3-gliedrigen Schulsystem
• dem angeblich veralteten LehrerInnen, die zudem noch
zu wenig pädagogisch ausgebildet seien
• dass man noch zu lange auf Reformen gewartet habe, die
Lektionen aus dem 1.PISA-Zyklus nicht gelernt habe und
damit das neue Desaster heraufbeschworen habe
Resultierende Forderungen aus den
Mythen
• Umstrukturierung des deutschen Bildungssystems
• Verbesserung von Lehrerbildung und –fortbildung
Bezeichnungen/ Metaphorik bei den
Berichten zu PISA 2006
• Auf in den Pisa-Zirkus!
• Aufreger
• [...]war das in Deutschland der BSE-Fall für die
Bildung. BSE hieß diesmal Bildungs-SkandalErreger[...]
• Das Ringen um PISA
• Ruf nach einem „Ende des Testeritis“
• Es lebe die PISA-Hysterie!
• Daten statt Taten
• Deutschland führt den Durchschnitt an.
• Die Furcht vor der Statistik!
Folgen/ Mythen zu PISA 2006
Es besteht insbesondere ein Zusammenhang
zwischen dem Abschneiden der Schüler an
deutschen Schulen und ...
•der schlechteren Förderung der SuS mit
Migrationshintergrund
•die Schulen trotz der schlechten Ergebnisse
nichts ändern wollen oder können
Resultierende Forderungen aus den
Mythen
• bessere Förderung der SuS mit
Migrationshintergrund
• bessere Ausbildung der angehenden Lehrkräfte an
den Universitäten -> Untersuchung der
Lehrmethoden an der Universität
• Bessere Weiterbildung und Überprüfung der bereits
im Lehramt tätigen LehrerInnen
Folgen/ Entstehung von Mythen um PISA
und PISA E
• Es ist gut für Deutschland, dass die Pisa-Studie die
Bildungspolitik zum Aufreger gemacht hat. Aber
auch ein wenig verrückt.
( Zeit Online 16.11.2008)
• Empirie hindert niemanden daran, sich auf den
Weg zu einer besseren Pädagogik zu machen.
Aber sie hilft den Akteuren sehr zu erkennen, wo
sie sich eigentlich befinden.
(Zeit Online 14.11.2008)
• Ähnlich tiefgreifende Veränderungen würden viele
Bildungsexperten auch der lange vernachlässigten
Lehre an Deutschlands Universitäten wünschen,
und wiederum könnte ein internationaler
Leistungsvergleich der OECD den Anstoß geben:
das so genannte Studenten-Pisa.
(Zeit Nr.13; 19.03.2008)
• Manchmal stiften Untersuchungen wie die PisaStudie mehr Verwirrung, als dass sie Klarheit
schaffen. Schuld daran sind auch die
Wissenschaftler, die sie verfassen.[...] Weshalb läuft
sie nun Gefahr abzustürzen? Und inwiefern ist das
selbstverschuldet? Selbstverschuldet insbesondere
deshalb, weil in der Ergebnispräsentation in
verwirrender Weise Definitionen und die Auswahl der
Indikatoren gewechselt werden, weil Zweifel an der
Repräsentativität der Ergebnisse aufkommen
können und auch die Interpretationen der Daten
nicht immer über jeden Zweifel erhaben sind. Die
Pisa-Studien – aber nicht nur sie – zeigen dies.
(Zeit, Klemm, 15.05.2008)
Die deutsche Pisa-Studie ist nicht verwirrend, wie
Klaus Klemm behauptet, sondern klar und präzise.
Unklarheit stiften andere.
(Zeit, Prenzel/ Baumert/ Klieme 29.05.2008)
Am Dienstag wird die dritte Pisa-Studie
veröffentlicht. Die ersten Gerüchte über mögliche
Schlusslichter und Spitzenreiter sickern bereits
durch - zum Unmut der Politiker. Die raten zu mehr
Gelassenheit.
(Sueddeutsche 16.11.2008)
Forderungen/ Anmerkungen der Kritiker
der PISA-Mythen
• Deutschlands Schulen werden besser, auch wenn das
nicht jedem zu schmecken scheint!
• [...] der Ruf nach einem »Ende des Testeritis«. Das
hieße, ein Erkenntnismittel aufzugeben. Also wird es
Zeit, sich daran zu erinnern, dass Tests und ihre
Interpretation der Erkenntnis dienen sollen und nicht
dem Bluff.
• Nicht mehr das Ziel setzen, unter der hoch gelegten
Latte durchzukriechen. Sondern besser sie erst mal
tiefer legen und ein realistisches Trainingsprogramm
aufbauen.
Fazit
Quellenangaben
Karg, Ina: Mythos PISA. Vermeintliche Vergleichbarkeit und die
Wirklichkeit eines Vergleichs. Göttingen: V&R Unipress 2005.
Wössmann, Ludger: Letzte Chance für gute Schulen. Die 12
großen Irrtümer und was wir wirklich ändern müssen. Gütersloh:
ZS Verlag Zabert Sandmann GmbH 2007
Myers Lexikon:
http://lexikon.meyers.de/wissen/Mythos+%28Sachartikel%29
(4.12.2008)
Die Zeit: http://www.zeit.de (2.12.2008)
Süddeutsche Zeitung: http://www.sueddeutsche.de (1.12.2008)
Bildernachweis
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