Landesforstbetrieb Sachsen-Anhalt Exkursionsführer Forstbetrieb Süd

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Transcript Landesforstbetrieb Sachsen-Anhalt Exkursionsführer Forstbetrieb Süd

Exkursionsführer
DFV
Z 01
am 01. Juni 2013
nutzen
schützen
pflegen
Förster
sein
FB Süd - Exkursionsführer
1.
Struktur, Organisation
Der FB Süd ist einer von 5 FB`en im Landesforstbetrieb Sachsen-Anhalt (LHO-Betrieb nach § 26,
Abs.1). Bei einer Ausdehnung von ca. 85 x 90 km (ca. 5.300 km2) werden ca. 22.000 ha Landeswald (HBF 20.700 ha) bewirtschaftet. Der Wald verteilt sich insgesamt über 5 Landkreise und 224
Gemarkungen.
Im Zuge der Forststrukturreform zum 01.01.2006 wurden die Aufgaben der ursprünglichen
Einheitsforstverwaltung separiert und auf mehrere Organisationseinheit verteilt. Der LFB ist
entsprechend der Betriebssatzatzung zuständig für:
„. . . nachhaltig nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen mit Gewinnerzielungsabsichten unter
Wahrung der besonderen Gemeinwohlverpflichtungen.“
2.
Personal
Beamte/Angestellte:
1 hD (FBL), 13 gD (BL, PL, Lieg., 10 RL), 4 mD (3 Büro, 1 RJ);
insgesamt 0,8 Bedienstete je 1.000 ha; Ø-Alter 53 Jahre;
Waldarbeiter:
3 FWM, 21 FW; = ca. 1,1 WA/1000 ha; Ø-Alter 51 Jahre;
Der Personalbestand reicht i. d. R. dazu die Kernaufgaben des Wirtschaftsbetriebes zu erfüllen,
soweit alle o. g. Bediensteten verfügbar sind. Wichtige Handlungsfelder (z. B. Öffentlichkeitsarbeit,
Naturschutz, Fortbildung) eines zeitgemäß aufgestellten (zumal öffentlichen) Forstbetriebes
können nur eingeschränkt wahrgenommen werden.
3. Wirtschaftliche Kennzahlen ( Ist-Werte 2012; alles Nettobeträge)
Bilanzwert:
ca. 62 Mio €
Erlöse:
ca. 7,5 Mio € (dav. 94 % Holz; ca. 125 Tfm Verkauf an 93 gewerbliche Kunden)
Kosten:
ca. 6,4 Mio € (50 % Dienstleister, 30 % Personal inkl. Rückstellungen,
20 % Material + sonst)
Nutzung:
ca. 130.000 Efm/Jahr = 6,5 Efm/ha; seit 2006 hohe (Zwangs-) Übernutzung im
NDH; Nachholbedarf in LBH-Durchforstungen; ca. 50 % Harvestereinschlag, ca.
20 % motormanuelle HE durch DL; ca. 30 % motormanuelle HE eigene WA
Verjüngung: ca. 50 - 80 ha/Jahr Pflanzung (insbes. Schadflächen; Einbringung Misch-BA)
Pflege:
ca. 140 ha/Jahr Pflege o. Holznutzung, hoher Aufwand Kulturpflege (tlw. 3x / Jahr)
Sonstiges:
hoher Aufwand für Wegebau (Erschließungsdichte, Böden, technikbedingte
Schäden, Tourismus); starke Wald-Frequentierung aus urbanen Ballungszentren;
Vielzahl von Bürgerinitiativen und naturinteressierten Vereine;
hohe gewerbliche / private Nachfrage nach Brennholz, u. a. deshalb werden derzeit
ca. 60 ha KUP bewirtschaftet; wachsende Nachfrage für EuA-Flächen/Maßnahmen
4. Natürliche Grundlagen
Die hiesigen Wuchsgebiete „Harz“ (Östlicher Unterharz, Ostharzabdachung), „Sa.-Anh. Lößebene“
und „Nördliche Randplatte des Thüringer Beckens“ sind durch sehr gute Nährstoffbilanz
gekennzeichnet, ein hoher Anteil lößüberlagerter Böden lässt R- und K-Standorte überwiegen.
Höhenlagen von 70 bis 500 m über NN, eine durchschnittliche Jahres-Temperatur von 6,5 bis 9 °C,
ein durchschnittlicher Jahres-Niederschlag von 450 bis 650 mm (Utt bis Uf) und insbesondere die
ausgleichende Wasserspeicherkapazität der Böden ermöglichen bzw. erfordern eine
anspruchsvolle Laubholzwirtschaft.
BA-Struktur:
36 % Ei, 28 % Bu, 7 % HLB, 6 % WLB;
Altersstruktur:
im LBH relativ ausgeglichen bis in VII. Akl., wenig älteres Holz,
im NDH, hoher Anteil II./III. Akl.; hohe Abgänge ab Akl. IV+, kaum Akl. I
Vorrat
ca. 230 Efm/ha
Zuwachs:
15 % Fi, 8 % Lä/Ki
ca. 7,5 Efm/ha/a
5. Grundsätze der Waldbewirtschaftung
Der FB Süd ist (im Gegensatz zu den durchschnittlichen Verhältnissen im LFB) durch eine hohe
waldbauliche Vielfalt gekennzeichnet. Mehrschichtige Bestände mit mindestens 3 Baumarten sind
die Regel (außer Rev. 08, 09), tlw. kommen im Oberstand 10 Wirtschaftsbaumarten und mehr auf
der Teilfläche vor. Ziel der hiesigen Wirtschaftsführung ist es, in jedem Waldgebiet mittelfristig
über eine Mischung von mind. 5 Wirtschaftsbaumarten zu verfügen, die sowohl im Ober– als auch
im Unterstand ohne Einschränkungen bewirtschaftbar sind und somit eine angemessene
Risikovorsorge bilden.
Zukünftig wird es schwierig sein, den hier aus wirtschaftlichen Gründen gewünschten Anteil von
25 % NDH zu halten, gewisse Hoffnungen liegen auf Lärche, Douglasie und Küstentanne, ggf.
auch die Weißtanne (autochtones Vorkommen im Zeitzer Forst?). Aber auch die derzeitige
Hauptbaumart Eiche wird Flächenanteile verlieren, insbesondere durch die „aggressive“
Verjüngung der Buche sowie durch jagdliche und naturschutzrechtliche Probleme.
Die pflegenden Durchforstungen und auch die Ernte reifer Bäume erfolgen ausschließlich
einzelstamm-/gruppenweise, nach dem Prinzip der Hochdurchforstung bzw. der Zielstärkennutzung. Auf Kahlschläge, flächenhafte Räumungen, Arrondierungen wird grundsätzlich
verzichtet. Lediglich bei der „Endnutzung“ von Eiche bzw. bei der Aufforstung mit Eiche ergeben
sich bei relativ kurzen Handlungsspielräumen eher flächenhafte Strukturen. Starke Eingriffe sind
auch nötig in verbreitete Laubholzbestände mit unbefriedigenden Holzqualitäten, häufig nur mit
geringer Beteiligung der gewünschten Hauptbaumarten.
Die hohen Holznachfrage bzw. Preise, vor allem aus dem Energieholzsektor resultierend,
begünstigen derzeit frühzeitige und ausreichend starke Pflegeeingriffe, insbesondere auch im
Laubholz. Beim Nadelholz haben sich in den letzten Jahren auf großen Flächenanteilen
auflösende Bestandesstrukturen in Folge von Zwangsnutzungen offenbart. Insbesondere in
älteren Fichtenbeständen wird deshalb eher vorsichtig agiert, um die dann notwendige (häufig
künstliche) Waldumbaufläche nicht noch weiter zu forcieren. Schadseitig bedingte Freiflächen
werden vorzugsweise zur Erhaltung des Eichenanteiles genutzt.
6. Wald – Naturschutz
Der gesamte Landeswald ist nach dem PEFC-Standard zertifiziert, ca. 6.000 ha zusätzlich nach FSC.
Das LWaldG, das NatschG LSA und die im Landeswald verbindliche LL WALD verpflichten den
öffentlichen Wald zu einem hohen Standard bei einer ökologisch und sozial verträglichen
Forstwirtschaft.
Diese ist hier z. B. durch ein hohes Maß an Artenvielfalt gekennzeichnet:
Luchs, Wildkatze, Haselmaus, alle heimischen Fledermaus- und Spechtarten, Wanderfalke, Uhu,
Seeadler, Schwarzstorch, Glattnatter und Knoblauchkröte, Hirschkäfer, Eremit, Heldbock und
Scheckenfalter kommen nicht nur vor, sie reproduzieren sich hier auch, ebenso wie Büchsenkraut,
Frauenschuh und viele andere Orchideenarten. Die Leistungen von Waldbesitzer und Förster, die solch
artenreiche Wälder in allen Belangen nachhaltig bewirtschaften, wird derzeit unzureichend gewürdigt
bzw. gerade diese vorbildlich bewirtschafteten Wälder stehen im Fokus anderer Interessengruppen.
Auf Grund der hohen ökologischen Wertigkeit, der regionalen Waldarmut und der hohen urbanen
Bevölkerungsdichte ergeben sich im FB Süd sehr intensive Ansprüche an den (insbes. Landes-) Wald.
Flächendeckend ist zumindest der LSG bzw. Naturparkstatus gegeben. Insgesamt 41 NSG und 28
FFH/SPA-Gebiete nehmen, tlw. überlappend mehr als 50 % der Landeswaldfläche ein. Ca. 1.500 ha
sind bereits als Totalschutzflächen ausgewiesen (Kernzone BioRes, NWZ, NSG, Altholzinseln,
Horstschutzzonen),
weitere
Flächenstilllegungen
(Bu-Wald-Initiative,
Biodiversitätsstrategie,
Wildnisgebiete) werden konträr diskutiert, sind aber mittelfristig wohl nicht zu verhindern.
Die Bewirtschaftung der Natura 2000 Gebiete im LW erfolgt derzeit auf
Grundlage eines MLU-Erlasses, auf der Datengrundlage des LAU
(Arten-, LRT-Kartierung) und der jeweils aktuellen Forsteinrichtung.
Strittig sind insbes. unterschiedliche Ansichten zur Walderschliessung,
nicht standortsheimische BA, Deckungsgrad Altholz und zeitliche
Einschränkungen. Förmliche Managementpläne (Vergabe an private
Büros) werden sukzessive erstellt, bislang vorhandene sind allerdings
für die forstliche Praxis selten verwendbar.
Ziel der Naturschutzverwaltung ist es, sämtliche Natura 2000-Gebiete
als NSG mit rechtsverbindlicher Verordnung nach NatschG LSA
auszuweisen.
7. Wald – Wild – Jagd
Ca. 18.000 ha werden in Eigenregie (21 EJBZ, ca. 150 ständige JES) bejagt, ca. 1.500 ha sind verpachtet (Ø 26,- €/ha netto), die restlichen ca. 2.500 ha sind 132 Jagdgenossenschaften angegliedert.
Der bürokratische Aufwand für die Jagd ist unangemessen hoch.
Im Jagdjahr 12/13 wurden in Eigenregie ca. 1.850 Rehe (Ø = 10 St./100 ha; 4 bis 30 je 100 ha in EJB),
200 Stück Rotwild (0,5 bis 2,5 je 100 ha) und 1.300 Wildschweine geschossen, Dam- und Muffelwild
(insges. ca. 50 Stück/Jahr) kommt nur sporadisch vor.
Hohe Bedeutung für die Abschussplanerfüllung haben die herbst- / winterlichen Stöberjagden (Reh ca.
65 %, Hochwild ca. 75 % vom Gesamtabschuss).
Die Naturverjüngung/Pflanzung von Buche/Hainbuche/Linde und Fichte/Kiefer/Lärche ist i. d. R.
unproblematisch, tlw. gelingt dies auch bei Ahorn/Esche. In den letzten Jahren wird zunehmend ohne
Zaun (inkl. Ei, Dgl, ELB) gepflanzt. Die Ergebnisse sind dabei häufig noch ernüchternd. Die ehemals
flächendeckende Schälschäden an Fichte und insbes. Buche in den Rotwildgebieten sind deutlich
abnehmend. Alle drei Jahre erfolgt eine Aufnahme der jeweils 4 bis 6-jährigen Pflanzungen und die
Auswertung eines Weisegattersystems. Die letzte Aufnahme im Jahr 2012 ergab -trotz zwischenzeitlich
hoher Abschussquoten- keine wesentliche Entspannung bei der Wildschadenssituation.
Die Erreichung eines gesetzeskonformen Wildbestandes ist eine der letzten, aber eine wesentliche
Rationalisierungsquelle des LFB. Insbesondere zur Erhaltung bzw. Ausbau des wichtigen Eichenanteils und der gewünschten Mischstrukturen (z. B. Vorsorge Klimawandel) ist der Wild-bestand nach
wie vor noch deutlich zu hoch.
Exkursionsgebiet
Ziegelrodaer Forst
grün –
rot –
blau -
Landeswald (ca. 6.000 ha)
Privatwald
Körperschaftswald
In dieser Region -südöstlich des Harzes
– liegt der Anteil der Baumart Eiche
(noch) über 50 %. Deutlich erkennbar ist
die stark ausgeprägte Wald-FeldGemengelage bzw. auch die
Waldeigentumsverteilung.
Dieses hohe Maß an Grenzlinien wirkt
insbesondere bei der Lösung jagdlicher
Problemstellungen hinder-lich, ist aber
auch z. B. beim Eintrag von
Fremdstoffen (Landwirtschaft) zu
beachten.
Eichenwirtschaft im Ziegelrodaer Forst
Traditionell ist das Gebiet südlich/östlich des Harzes Insidern als eine der besten Eichenregionen in
Deutschland bekannt. In den dortigen Landeswaldrevieren nimmt die Eiche über 50 % des Baumartenanteiles ein. Wie in vielen anderen bekannten deutschen Eichengebieten korreliert dieses mit
dem gewerblich erfolgreichem Anbau von Wein (hier Saale-Unstrut).
Nicht nur weil kaum noch Vorräte im wirklichen Starkholz (Bestände > 150 Jahre bzw. über 70 cm
BHD, sh. Stkl.-Verteilung Holzverkauf) vorhanden sind, bringt die Eiche sowohl in der Nutzung als
auch im Erlöspotenzial deutlich weniger als ihr Flächenanteil erwarten lässt. In der Sortimentsverteilung ist einfach der Anteil an Säge- oder sogar Wertholz zu gering, der Anteil an Industrie- bzw.
Energieholz zu hoch (ca. 70 % der Ei-Verkaufsmenge; bei Buche ca. 60 %) überproportional hoch.
Baumarten
Eiche
Buche
sonst. LBH
NDH
Flächenanteil %
36
28
13
23
Nutzungsanteil %
22
34
9
35
Erlösanteil %
23
31
6
40
FB Süd gesamt: Anteile der BA-Gruppen bei Holzernte 2006 -2012, inkl. Schadholz (insges. ca. 20 %). Die
niedrigen Erlösanteile beim LBH, insbes. bei Ei werden durch einen Langfristvertrag negativ verstärkt, bei
derzeitigen Marktpreisen würde sich die Verteilung LBH-NDH um ca. 3 % zum LBH verschieben.
Aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht, zumal bei dem überdurchschnittlich hohen Verjüngungs-,
Pflege- und Holzernteaufwand, wäre deshalb die Eiche hier ein forstwirtschaftliches „Auslaufmodell“.
Neben den ökologischen soll aber auch aus Gründen der Risikovorsorge (Klimawandel, sehr stabile
standortsheimische Mischbaumart mit relativ hoher Trockenresistenz) die Anteilfläche mindestens
erhalten werden. Neuere wissenschaftliche Studien belegen zudem, dass durch geschickte Durchforstungsstrategien (gezielter Lichtungszuwachs) und durch die veränderten Umweltbedingungen
(CO2, längere Vegetationszeit, Fremdstoffeintrag) deutlich höhere Zuwächse (d. h. stärkere = wertvollere Dimensionen in kürzerer Zeit = besseres Betriebsergebnis) möglich sind.
Insbesondere bedingt durch die forstliche Behandlung der Bestände (zu hohe Grundflächen- / Vorratshaltung, Niederdurchforstung, fehlende Kronenpflege), zeitweise in Verbindung mit forstsanitären
Einflüssen (Eichensterben, Fraßgesellschaften), fehlendes Saat- und Pflanzgut, ausbleibenden
Masten und durch extreme Wildschäden hat in den letzten Jahrzehnten die Buche große Flächenanteile übernommen. Obwohl außerhalb ihres Optimums (mitteldeutsches Trockengebiet !!!) zeigt die
Buche derzeit eine ausgesprochen hohe Vitalität, Wuchskraft und Verjüngungsfreude. Auch die
typischen Eichenbegleiter wie Hainbuche und Linde verlieren dadurch an Fläche. Die Buche ist aus
heutiger Sicht als relativ „problemloser Massenlieferant“ (hohe toatro – Ausbeute) durchaus auch
ökonomisch interessant für den wirtschaftenden Forstbetrieb. Die (Nadel-)Holznot wird die derzeit
unbefriedigende Nachfrage- bzw. Preissituation bei der Buche (z. B. CBP Leuna) positiv verändern.
Klimabedingt bewegen wir uns im FB Süd mit der Buche aber auf sehr dünnem Eis. Alle
Prognosemodelle zeigen zukünftig sowohl bei den Temperaturen als auch beim Niederschlag (insbes.
in der Vegetationszeit) für diese Region die Eiche perspektivisch besser geeignet als die Buche.
Unerklärlich hoch ist die Präferenz seitens des Naturschutzes. Alle Bestände mit mehr als 30 %
Buchenanteil (z. B. kunstverjüngte Bu-Unterbau unter Eiche) werden in FFH-Gebieten hie als Buchen
nicht mehr als Eichen-LRT ausgewiesen. Damit (Verschlechterungsverbot) geht einher, dass die
forstlich notwendige Steuerung des Konkurrenzverhaltens zwischen Eiche und Buche nicht mehr im
notwendigen Umfang (Hiebssatz Buche) stattfinden kann.