Reizdarm-Syndrom (RDS) und Nahrungsmittel

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Transcript Reizdarm-Syndrom (RDS) und Nahrungsmittel

Vortrag für die Pharmazeutische Gesellschaft Zürich
ETH Zürich, 29. Januar 2015
Reizdarm-Syndrom (RDS)
und
Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten
beim Erwachsenen
Dr. med. Carl M. Oneta
Facharzt FMH für Innere Medizin, Gastroenterologie,
spez. Hepatologie
Winterthur
www.oneta.ch
Einleitung (Relevanz des Themas)
-
RDS gehört zu den funktionellen Magen-Darm-Krankheiten
-
Hohe Prävalenz von 5 bis 15% in westl. Ländern
-
Kann zu erheblichem Leidensdruck mit verminderter Lebensqualität und Arbeitsausfällen führen, verursacht enorme Kosten
in Zig-Milliardenhöhe.
-
Sehr häufiges Auftreten der RD-Symptome nach der Nahrungsaufnahme! Häufigste Frage der Betroffenen: Habe ich eine
Nahrungsmittel-Unverträglichkeit oder –Allergie ?Sehr häufig:
-
Braucht viel Erfahrung und Zeit von Seiten des Arztes
für
verunsicherte
Anamnese und Aufklärung: Symptomanamnese alleine
ungenüund
gend, auch Erfassung der Psyche und Ernährungsanamnese
unzufriedene
Patienten
Sehr häufig ist zu wenig Zeit von Seiten des Arztes vorhanden,
Krankheitsbild aber auch vielfach zu wenig ernst genommen
-
Inhalt und Ziel der Fortbildung
• Gängige Diagnostik des Reizdarm-Syndroms
• Abklärung heutzutage
• Alarmsymptome
• Pathophysiologische Mechanismen
• Therapiemöglichkeiten
• Nahrungsmittelunverträglichkeiten
– Gluten-Intoleranz (insbesondere Zöliakie)
– Laktose-Intoleranz und Fruktose-Malabsorbtion
– Histamin-Intoleranz
Diagnose des RDS durch die Anamnese
(Longstreth GF et al. Gastroenterology 2006)
Rom-III-Kriterien
Rezidivierende Bauchschmerzen an mindestens 3 Tagen /Monat
plus Stuhlgangveränderung (> 2 der folgenden Symptome):
• Verbesserung mit/nach Defäkation
• Änderung der Stuhlfrequenz
• Änderung der Stuhlform
Kriterien werden in den letzten 3 Mo erfüllt mit Beginn der Symptome mindestens 6 Mo vor Diagnose
3 Phänotypen von RDS
(Longstreth GF et al. Gastroenterology 2006)
• RDS mit Obstipation
RDS-O
(IBS-C)
 harte/geformte Stühle > 25%; breiige/wässrige Stühle < 25%
• RDS mit Diarrhö
RDS-D
(IBS-D)
 breiige/wässrige Stühle > 25%; harte/geformte Stühle < 25%
• Mischbild
RDS-M
(IBS-M)
 harte/geformte Stühle > 25%; breiige/wässrige Stühle > 25%
Fall einer 30-jährigen Frau (1)
• Seit 5 Jahren (!) rezidivierend auftretende Bauchkrämpfe, die
von mehreren wässrigen Stühlen gefolgt sind, häufig im
Zusammenhang mit Stress-Situationen
• Danach Normalisierung des Stuhlganges, aber sehr häufige
Blähungen. Kein Gewichtsverlust oder sonstige Alarmzeichen
• Von Hausarzt über mehrere Jahre als typisches Reizdarm-Syndrom symptomatisch (Spasmo-Canulase, Iberogast) behandelt
• Patientin drängt Hausarzt zu Abklärungen:
– Stuhl auf Bakterien und Parasiten negativ
– Blutbild normal, aber leichter Eisenmangel (Ferritin bei 20
mg/ml)
Fall einer 30-jährigen Frau (2)
• Hausarzt fühlt sich in Diagnose eines RDS bestätigt. Gabe von
Eisen-Tbl. und antidepressive Behandlung, die aber schlecht
vertragen wird. Patientin glaubt, an NM-Unverträglichkeiten zu
leiden und möchte an Gastroenterologen überwiesen werden.
• Zuweisung in meine Sprechstunde zur weiteren Abkärung:
– Positive Zöliakie-spez. Antikörper im Blut
– Gastroskopie mit flacher Duodenalschleimhaut
• Diagnose: Zöliakie
• Behandlung mit glutenfreier Diät: rasche Beschwerdefreiheit
Fall eines 58-jährigen Mannes (1)
• Meldet sich beim Hausarzt wegen seit 8 Monaten bestehenden
wechselnden Stühlen, teils mit kurzen Bauchkrämpfen vor den
Stuhlentleerungen. Sobald der Stuhl evakuiert ist, geht es ihm
besser.
• Er fühlt sich ansonsten gesund, ist aber etwas „ausgebrannt“
und bangt um seinen Arbeitsplatz als Vertreter bei einem
Pharmaunternehmen. Steht unter Druck und muss nun auch
die Produkte eines Kollegen übernehmen, der nicht mehr
ersetzt worden ist.
• HA diagnostiziert ein Reizdarm-Syndrom und behandelt den
Patienten mit Iberogast und einem Antidepressivum
• Subjektiv deutliche Besserung des AZ und auch weniger
Bauchbeschwerden.
Fall eines 58-jährigen Mannes (2)
• HA schlägt dann aber doch eine Vorsorge-Koloskopie „zur
Sicherheit“ vor:
• Nachweis eines subtotal stenosierenden Karzinoms im Colon
sigmoideum
Diagnose des Reizdarm-Syndroms
nur aufgrund der Anamnese
nicht mehr haltbar!
Moderne RDS-Diagnostik (DGVS)
(Layer P et al. Z Gastroenterol 2011)
• Chronische, d.h. länger als 3 Monate anhaltende Beschwerden
(z.B. Bauchschmerzen, Blähungen), die von Patient und Arzt auf
den Darm bezogen werden und i.d.R. mit Stuhlgangsveränderungen einhergehen.
 Einbezug sämtlicher auf den Darm bezogenen Beschwerden
• Beschwerden sollen begründen, dass der Patient deswegen
Hilfe sucht u/o sich sorgt, und so stark sein, dass die Lebensqualität hierdurch relevant beeinträchtigt wird.
 Relevante Beeinträchtigung durch Beschwerden gefordert
• Voraussetzung ist, dass keine für andere Krankheitsbilder charakteristischen Veränderungen vorliegen, welche wahrscheinlich für diese Symptome verantwortlich sind
 Ausschluss anderer, die Symptome erklärenden Krankheiten
Abklärungsgang in der Praxis
„Darmbeschwerden“
Differentialdiagnose
Anamnese und klin. US:
-Chronisch-entz. DE (MC, CU)
-Kolonkarzinom
-Chron. Infekt (Para/Helm)
-NM-Unverträglichkeiten
-NM-Allergien
-mikroskopische Kolitis
-Bakt. Fehlbesiedlung des Dü
-Gallensäure-Malabsorption
Risikoabschätzung
-
(Alarmsymptome, Alter, assoz. KH,
Allgemeinzustand, Dauer)
-
Labor-/Stuhluntersuchungen
Spezialuntersuchungen
-
Reizdarm-Syndrom
Blutbild
Malabsorptionszeichen
Eisen
Vitamin B12/Folsäure
Entzündung
CRP im Blut
Calprotektin im Stuhl
Stuhlkulturen
Endoskopie
Cave: Alarmsymptome
• Gewichtsverlust
• Gastrointestinaler Blutverlust
• Neuauftreten der Symptome bei > 50-jährigen
• Eisenmangel mit/ohne Anämie
• Erhöhte Entzündungszeichen (CRP, Calprotectin)
Endoskopie, ev. Abdomensonographie, CT
Prognose und natürlicher Verlauf des RDS
(Spiller R et al. Gut 2007)
• Keine Assoziation des RDS mit
anderen gastrointestinalen oder
schwerwiegenden Erkrankungen
• Mortalität nicht erhöht
• abhängig von Länge der KG
• Abhängig von Lebensstress
• Häufige Assoziation mit somatoformen und psychischen
Störungen
• Erhöhtes Risiko für Abdominaloperationen (Hysterektomie und
Cholezystektomie
Pathophysiologie des RDS
Viszerale HyperSensitivität:
Übermässige WN von
Schmerzen
Ev. abnorme SchmerzModulation im ZNS?
Gastrointestinale
Motilitätsstörung:
Kontrolle durch ENS + ANS:
Chronische
Sympathicus: RDS-D
der
Parasympathicus: Entzündung
RDS-O
Darmmukosa:
„It‘s not all in the
Psychische
Nachweis von Mastzellen/
Lymphozyten in SH
brain!“
Postinfektiöses
Colon irritabile
Krankheit
der sog. „Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse“?
Erkrankungen:
Darmmikrobiom
Depression,
Angst-Panik
Dysbiose nach Infektionen o.
antibiotischer Behandlung,
Psychosomatische Ernährung: Effekte von Stuhltrpl.
Exp. mit keimfreien Mäusen
Störungen, Häufig Beschwerden
nach Essen
Stress
Visz. Hypersensitivität,
Gastrokolischer Reflex,
Reak. auf chem/mech. Reize
Osmose,
Bakt. Fermentation
RDS = Dysregulation in der
„Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse“
Stress
Psych. KH
ZNS
NES
Infekte
IS
Serotonin
ANS
Nahrungsmittel
Antibiotika
DarmMikrobiom
Darm und ENS
Serotonin
Therapie des RDS: Stufentherapie
(1)
Allgemeine Behandlungsprinzipien
 Aufklärung und Beruhigung (braucht Zeit und Engagement)
 Aufbau einer guten Arzt-/Patientenbeziehung: Kooperation
des Patienten unabdingbar
 Gemeinsames Konzept
 Lebensstiländerung, körperliche Aktivität
 Phytotherapeutika, Probiotika
(2)
Diätberatung
 Suche nach Ernährungsfehlern (prof. Ernährungsberatung)
 Suche nach individuellen Unverträglichkeiten (Tagebuch)
 FODMAP-arme Diät
(3)
Medikamentöse, symptomorientierte Behandlung
(4)
Antidepressiva (viszerale Analgetika)/ Psychotherapie
(5)
Schmerzmanagement
Begleitung !
Symptomatische Therapie
Schaub N & Schaub N, SMF 2012
Spasmolytika
Antidepresiva
(Linaclotide)
Ernährung
Psychohygiene
sportl. Aktivität
Bauchschmerzen
Unwohlsein
Blähungen
Veränderte
Stuhlgewohnheiten
Obstipation
- Laxantien
- Prucaloprid (Lubiproston)
- (Quellmittel)
Probiotika
Phytotherapie
(Rifaximin)
Diarrhö
- Loperamid
- Ballaststoffe
Ernährung und RDS
(sog. FODMAP-Konzept)
Fermentierbare
– Oligosaccharide
– Disaccharide
– Monosaccharide
and
Polyole
> Fruktane, Inulin, Raffinose, Stacchiose
> Laktose
> Fruktose
> Sorbit, Mannit, Isomalt, Xylit
Kurzkettige KH, die schlecht resorbiert werden  Fermentation
durch Bakterien und Influx von Wasser ins Darmlumen, aber auch
Veränderung des Mikrobioms, u.a. durch Ansäuerung 
Blähungen und Diarrhö
FODMAP-arme Diät reduziert Symptome
Halmos EP et al, Gastroenterology 2014
• Randomisierte, kontrollierte Studie mit
30 RDS-Patienten und 8 Kontrollen
• Diät über 3 Wochen, dann „wash-out“Phase, dann normale Ernährung (verblindet)
• Unter FODMAP-reduzierter Diät signifikant weniger Symptome und höhere
Stuhlkonsistenz (Kontrollen kein
Unterschied)
• Symptomkontrolle bei 60 – 80% der
RDS-Patienten
• Ziel: individuelle FODMAP-Toleranz
Probiotika bei RDS
Meier R, SZE 2011
• Sehr heterogene Studien mit Unterschieden in Zusammensetzungen, Menge und Behandlungsdauer der Probiotika
• Vereinzelte Studien mit Verbeserung des Allgemeinbefindens,
aber auch von Darmbeschwerden im Vgl. zu Placebo
• Effekt von probiotischem Stamm abhängig (Bifidobakterien
scheinen grössten Effekt zu haben)
• Keine generelle Empfehlung, können versucht werden, gut
verträglich ohne relevante NW
– Actimel =
– Activia =
Laktobacillen
Bifidusbakterien
 bei RDS-D
 bei RDS-O
Medikamentöse Therapie des RDS
Khanna R et al, J Clin Gastroenterol 2013; Ford AC et al, BMJ 2008; Ford AC et al, Am J
Gastroenterol 2014
• Metaanalysen von sehr heterogenen Studien mit meist kleinen
Patientenzahlen:
– Pfefferminzöl (bgl. alle RDS-Symptome):
• NNT = 3 - 4
– Ballaststoffe (v.a. bezüglich Obstipation):
• Kleie, Sterculia:
NNT = 11
(Colosan mite)
• Flohsamen:
NNT = 6
(Agiolax, Metamucil)
– Spasmolytika (bgl. Bauchschmerzen):
• NNT = 5
• NW: trockener Mund, Schwindel, verschwom. Sehen
– Antidepressiva (TCA und SSRI) (Schmerzen/Wohlbefinden):
• NNT = 4 (kein Unterschied zw. TCA und SSRI oder Psy‘th.)
• NW: sign. erhöht (TCA: Obstipation; SSRI: Diarrhö)
Linaclotid (RDS-O)
Chey WD et al, Am J Gastroenterol 2012
• Guanylatcyclase-C-RezeptorAgonist mit viszeral-analgetischen und sekretorischen
Wirkungen
Starke Bauchschmerzen
• Führt zu vermehrter Sekretion
von Chlorid- und Bikarbonationen in das Darmlumen
– Flüssigkeitsvolumen und
Transit erhöht
– Verminderung der viszeralen
Hypersensitivität durch
Verringerung der Schmerzfaseraktivität
 Wirksam bei RDS
Stuhlentleerungen
Neue Medikamente bei Obstipation
Prucaloprid Lubiproston
Linaclotid
Resolor®
Amitiza®
Constella®
Sel. 5-HT4-RezAgonist
Chlorid-KanalAktivator
GuanylcyclaseC-Rez-Agonist
Chronische
Obstipation
(nur Frauen)
Chronische
Obstipation
RDS mit
chronischer
Obstipation
Nebenwirkungen
Diarrhö,
Nausea
Nausea
Diarrhö
Dosierung (p.o.)
1-2mg 1 x tägl.
24mg 2 x tägl
290mg 1 x tägl.
Wirkmechanismus
Indikation (CH)
Zusammenfassung RDS
• Multifaktoriell bedingte funktionelle Erkrankung, wobei der sog.
„Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse“ eine wichtige Rolle zukommt
• Ernährung spielt eine wichtige ursächliche Rolle und kann
häufig Symptome verstärken (Ernährungsanamnese)
• Anamnese alleine ungenügend für Diagnose: Es braucht eine
be-grenzte weitere Diagnostik aufgrund einer
Risikoabschätzung zum Ausschluss von relevanten
organischen Krankheiten
• Alarmsymptome sollten beachtet werden
• Behandlungsgrundlage: Aufklärung und Begleitung des
Patienten
• Therapie sollte immer individuell angepasst werden !
Differentialdiagnose des RDS-D
• Chronisch-entzündliche Darmerkrankung
– M. Crohn, Colitis ulcerosa, mikroskopische Kolitis
• Kolonkarzinom
• Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten
– Gluten-Unverträglichkeit (Zöliakie, Nicht-Zöliakie-assoziierte
Glutenintoleranz, Weizenallergie)
– Schlecht absorbierbare NM (Laktoseintoleranz, FruktoseMalabsorption, Sorbitol, kurzkettige FS von Stärke,
FODMAPs)
– Histaminintoleranz
•
•
•
•
NM-Allergien
Bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarmes
Idiopathische Gallensäure-Malabsorption (- 30%)
Chronische Infekte (Parasiten, Helminthen)
Glutenunverträglichkeit
• Zöliakie (Gluten-sensitive Enteropathie)
– Relevante Erkrankung mit möglichen Komplikationen
– Eindeutige Diagnose fast immer möglich
• Nicht-Zöliakie-assoziierte Glutenunverträglichkeit
– Noch unklares Krankheitsbild
– Diagnose nur durch Ausschlussverfahren
• Weizenallergie
– Extrem selten
Zöliakie
• Unverträglichkeit für das Klebereiweiss „Gluten“ der Getreidesorten: WEIZEN, ROGGEN, GERSTE, DINKEL, GRÜNKERN
• Autoimmunerkrankung, die zu einer entzündlichen Erkrankung
des Dünndarms mit Atrophie der Schleimhaut und zu Mangelerscheinungen und Folgeerkrankungen führen kann
• Die Diagnose ist einfach: Sie erfolgt durch Bestimmung spezifischer Antikörper im Blut und durch eine Gastroskopie mit
Duodenalbiopsien zur Bestätigung der Dünndarmschleimhautatrophie
• Sehr effektive Therapie: lebenslange glutenfreien Ernährung
• Prognose gut
Zöliakie
Dünndarmschleimhaut bei Zöliakie
normal
Zöliakie
Zöliakie
Zeitdauer bis Diagnosestellung
• Anfang 80iger Jahre (England): 11 + 10.6 Jahre
Gregory C et al. Digestion 1983;28:201-4.
• Mitte 90iger Jahre (Irland): > 6 Jahre
Dickey W et al. J Clin Gastroenterol 1996;23:21-23.
• 2007 (Kanada): 11,7 Jahre
Cranney A et al. Dig Dis Sci 2007 (Febr).
Zöliakie
Warum so lange keine Diagnose?
1. Grund: sehr variantenreiche Präsentation der Zöliakie
„klassisch“
„atypisch“
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Wässrige Durchfälle
Blähungen
Uebelkeit
Gewichtsverlust
Unter-/Mangelernährung
Blutarmut
Verstopfung, Bauchschmerzen
Haarausfall, Aphten
Dermatitis herpetiformis
Osteoporose
Leberentzündung
Erhöhte Pankreasenzyme
Arthritiden (RA, Sjögren-Sy, LE)
Neurologische Störungen
Psychiatrische Störungen
Fertilitätsstörungen, Aborte
„Keine Symptome“
Zöliakie
Warum so lange keine Diagnose?
2. Grund: sehr grosse Differentialdiagnose
• Colon irritabile immer noch häufigste Fehldiagnose
3. Grund: sozioökonomische Faktoren
• Halbwertszeit des medizinischen Wissens mittlerweile
kleiner 5 Jahre (Unwissenheit des HA)
• Kostendruck im Gesundheitswesen (KK und Staat
verlangen möglichst kostengünstige Abklärungen)
• Falsche Diagnostik und Information des Patienten
Zöliakie
Diagnostik
• Klinischer Verdacht (Klinik allerdings meist atypisch...)
– Durchfälle, Blähungen,
– Eisenmangel
– Risikogruppen (D.m. Typ 1, Trisomie 21, Verwandte)
• Blutentnahme (zur Diagnoseerhärtung)
– Zöliakie-spezifische Antikörper = hoch spezifisch, d.h.
• wenn negativ
=
keine Zöliakie
• wenn positiv
=
Zöliakie sehr wahrscheinlich
• Gastroskopie (zur Beweisführung)
– Duodenalbiopsien
!!!
• wenn flache Zotten und Entzündung = Diagnose Zöliakie
gesichert
• Cave: Diagnostik durch selbst auferlegte glutenfreie
Ernährung, Bioresonanz u.a.m.
Zöliakie
Cave komerziell erwerbbare AK-Tests
• Nicht validiert
• Meist nur ein einziger Antikörper getestet
• IgA-Mangel nicht erfasst (bis 10% der Zöliakie-Betroffenen)
• Interpretation (?)
– Test negativ:
– Test positiv:
• Beratung…… (?)
Zöliakie nicht ausgeschlossen
Zöliakie nicht bewiesen
Zöliakie
Therapie der Zöliakie
Strikte und lebenlange
glutenfreie Ernährung
Professionelle Ernährungsberatung
Immer sinnvoll !
Zöliakie
Verbotene glutenhaltige Ernährung
• Weizen
– Dinkel
– Grünkern
– Einkorn
– Emmer
– Kammut
• Roggen
• Gerste
Sämtliche aus glutenhaltigen Getreide hergestellten Mehle, Griess, Flocken, Keime,
Kleie; Paniermehl, Müeslimischung; Couscous, Bulgur, Pil Pil
alle Brotsorten und –arten (auch Mais-, Kartoffel-, Sojabrot)
Teigwaren, Spätzli, Flädli, Gnocchi (auch
Buchweizen-, Soja-, Hirseteigwaren)
Herkömmlicher Hafer
Fertigprodukte (Zutatenliste genau lesen!)
Zöliakie
Erlaubte glutenfreie Ernährung
•
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•
•
•
•
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•
•
Kartoffeln
Reis
Mais
Hirse
Quinoa
Amaranth
Hülsenfrüchte
Buchweizen
Kastanien
Maniok / Tapioka
Hafer
•
•
•
•
•
•
•
•
Milch
Fleisch, Geflügel
Fisch
Eier
Gemüse
Obst
Fette, Oele
Zucker
Professionelle
Ernährungsberatung
Zöliakie
Hafer …..
• Hafer ist in aller Regel unbedenklich (allerdings in finnischer
Studie sehr viele Betroffene aus Studie ausgestiegen, warum?)
Janatuinen EK et al. NEJM 1995;333:1033-7. Janatuinen EK et al. Gut 2002;50:332-5.
1. Einführung von Hafer in die glutenfreie Ernährung erst,
• wenn
Hafer-Intoleranz
aber auch beschrieben:
Zöliakie-Betroffener
unter glutenfreier Ernährung
beschwerdefrei
• Villöse Atrophie ist und sich Duodenalschleimhaut
erholt
hat (Gastroskopie) !
Lundin KEA et al,
Gut 2003;52:1649-52.
2. Einführung
von Hafer in kleinen Mengen !
• Avenin-reaktive
T-Zellen
Nur
„glutenfreier
Hafer“ !
Arentz-Hansen3.
H et
al. PLOS
Medicine 2004;1:84-92.
• in der Schweiz: Hafer nicht zu empfehlen, da oft kontaminiert.
Nur «glutenfreier Hafer»!
Oneta-Busz B. Schweiz Med Forum 2004;4:289.
Zöliakie
Lebensqualität unter glutenfreier Ernährung
• >80% Besserung der Symptome, aber ~44% Probleme mit der gf
Ernährung
– Gewissheit, dass Nahrungsmittel glutenfrei
(85%)
– Finden von gf Nahrung in Geschäften
(83%)
– Meiden von Restaurants
(79%)
– Meiden von Reisen
(38%)
Zarkadas M et al. J Hum Nutr Diet 2006;119:786-90.
• Gewichtszunahme in ~80% der Patienten nach 2 J.
Dickey W et al. Am J Gastroenterol 2006;101:2356-9.
⇒ Aufklärung, profess. Ernährungsberatung und
regelmässige Kontrollen !
Zöliakie
Die Prognose unter glutenfreier EN ist gut !
Wahab PJ et al, Am J Clin Pathol 2002
• Innert Wochen bis Monate:
100 %
– Symptomrückgang
80
– Rückgang der Laktoseintoleranz
– Besserung der Mangelernährung
60
• Innert Monaten bis Jahren:
40
Adulte
– Dünndarmnormalisierung
– Gewichtszunahme
20
Kinder
0
2 J.
5 J.
LZ
• Nach Jahren:
– Deutliche Risikoverminderung für Komplikationen wie
gewisse Magen-Darm-Tumoren, Osteoporose, andere
Autoimmunerkrankungen
Zöliakie
Folgen bei Nicht-Einhalten einer gf Diät ?
Grainge MJ et al, Am J Gastroenterol 2011; Kane EV et al, Cancer Causes Control 2011
• Anhaltende Beschwerden
• Mangelernährung (Eisen, Folsäure, Vitamin-B12Mangel ...)
• Erhöhtes Risiko für bestimmte Krankheiten:
– Andere Autoimmunkrankheiten (Schilddrüse, Magen, Leber)
– Osteoporose (Knochenschwund) mit erhöhtem spontanem
Knochenbruchrisiko
– Fertilitätsstörungen (verminderte Fruchtbarkeit)
– Bei SS: Frühgeburten, untergewichtige Babies
– Gewisse Tumoren im M-D-Trakt (v.a. Lymphome, 1 : 2000/Jahr)
• Erhöhte Gesamtsterblichkeit (Tumoren, Herz-, Lungen-,
MD-Krankheiten, Unfälle und Suizide)
Zöliakie
Was ist mit Gluten in Medikamenten ?
• Auch Medikamente können Gluten enthalten!
– Ws. nur sehr wenige Medikamente
– enthalten meistens Weizenstärke
– Quantität unter Limit der erlaubten, als noch glutenfrei
akzeptierten Glutenmenge von 20ppm Gluten (2mg/1000g)
– Viel häufiger ist Laktose in relevanten Dosen enthalten
(Beschwerden aber extrem selten, ev. auf laktosefreie
Alternativprodukte ausweichen oder mit Lactase)
• Auch in CH Deklarierungspflicht für “allergene” Substanzen wie
Weizenstärke und Laktose! Allerdings noch lange Übergangsfrist.
 Auch heute noch Kontakt mit Hersteller aufnehmen, wenn nur
“Hilfsstoffe” steht
• Bei Nahrungsergänzungsmitteln gleiche Vorschriften wie bei NM
Nicht-Zöliakie-assoziierte Glutenintoleranz
• Zöliakie-ähnliche Symptome Stunden bis Tage nach glutenhaltigen NM
• Weder Nachweis von Zöliakie-spez. AK im Blut noch einer
flachen Dünndarmschleimhaut mit Gastroskopie
• Diagnose durch Ausschlussverfahren:
– Ausschluss einer Zöliakie
– Ausschluss einer Weizen-Allergie
– Beschwerdefreiheit auf glutenfreie Ernährung
– Erneute Beschwerden nach Reexposition
• Cave: Unterscheidung zu Reizdarm-Syndrom schwierig
• DD: FODMAP-induzierte Beschwerden
Laktose-Intoleranz
• Bis 10% der Bevölkerung
• Höchste Laktase-Aktivität im Darm bei 2-Jährigen, dann kontinuierlich abnehmend
• Diagnose durch C13-Atemtest
• Primär versus sekundär (z.B. bei Zöliakie)
• selten schwere Laktoseintoleranz, eigene Laktose-Toleranz
herausfinden (i.d.R. werden kleine Mengen vertragen)
• Cave: Laktose in vielen Medikamenten (Füllstoff, Weichmacher
etc.): in meisten Präparaten < 0.1% (< 100mg/100ml = laktosefreie Milch), d.h. klinisch nicht relevant
• Laktosearme Diät ohne Verzicht auf Milchprodukte möglich,
Laktase-Tabletten i.R.
Fruktose-Malabsorption
Reese I, Ther Umschau 2012
• cave: unwissenschaftliche, nicht belegbare und falsche Aussagen in Laienpresse und Internet
• Betroffen sind ca. 1/3 der Bevölkerung (individuelle Schwelle)
• Problematik akzentuiert wegen veränderter Ernährung:
– Vermehrter Konsum von fruktosehaltigen NM in konzentrierter
Form (Obstsäfte, Smoothies, Trockenobst, mit Fruchtzucker
künstl. gesüsste NM/Getränk)
– Vermehrtes Angebot von Produkten, die als Süssungsmittel auf
Zuckeralkohole (Sorbit, Xylit, Mannit u.a.m.) zurückgreifen
(zuckerfreie Bonbons/Kaugummis/ Getränke): behindern Fruktoseabsorption
• Diagnose aufgrund klarer diagnostischer Parameter möglich:
mittels C13-Atemtest
Fruktose-Malabsorption
Reese I, Ther Umschau 2012
• Resorptionskapazität der Fruktose auch bei Gesunden auf 35g
bis 50g begrenzt
• Aufnahme durch passive Diffusion über Glut-5-Transporter
• Bei Betroffenen bereits <25g Fruktose unverdaut in Dickdarm:
kurzkettige FS und Gasbildung mit Beschwerden
• Pathophysiologie der Fruktosemalabsorption komplex, deshalb
Therapie durch erfahrene Ernährungsberatung:
– Striktes Weglassen von Fruktose bringt nur vorübergehende Erleichterung:
weiterer Rückgang der Aktivität des Glut-5-Transporter
– Förderung der Fruktose-Aufnahme durch Glukose (passive Diffusion) sowie
Kohlenhydratarme und eiweiss-/fettreiche Nahrung (Transit reduziert)
– Kohlenhydrate vor allem durch Weizen eingenommen, die Fruktane enthalten und Darm zusätzlich belasten
– Weglassen von Zuckeralkoholen (Sorbit, Xylit etc.)
• Finden der individuellen Verträglichkeit von Fruktose
Histamin-Intoleranz (1)
Reese I, Ther Umschau 2012
• Ursprünglich Vd., dass es sich um einen unzureichenden Abbau des Histamins durch die Diaminoxidase (DAO) handelt
• Bis heute kein sicherer Beweis dafür, dass DAO-Aktivität eine
Rolle spielt: aufgenommene Histamin-Menge nicht allein für
das Auftreten von Symptomen verantwortlich, ws. noch andere
biogene Amine mitverantwortlich
• Terminus „Histamin-Unverträglichkeit“ = Symptomenkomplex,
der nur in Einzelfällen auf Histamin allein zurückgeführt
werden kann
• Diagnose nur mittels akribischer Anamnese und Ernährungs-/
Symptomtagebuch sowie Reproduzierbarkeit (ev. Provokationstest)
Histamin-Intoleranz (2)
Reese I, Ther Umschau 2012
•
•
Therapie durch erfahrene Ernährungsberatung:
•
Pauschale Einschränkung der Histaminzufuhr nicht
sinnvoll (Lebensmittelangebot zu stark verkleinert)
•
Individuelle Beratung notwendig, da Histamingehalte
in NM, aber auch unterschiedliche Verträglichkeiten je
nach NM, Zusammensetzung der aufgenommenen
Mahlzeit etc.
•
Ernährungsberatung dreiphasig:
(1) Einschränkung der biogenen Amine und
Modifikation der Lebensmittelauswahl
(2) Testphase (Wiedereinführung von NM)
(3) Individuell angepasste Dauerernährung
Daosin (Diaminooxidase), Antihistaminika (H2 bei gastralen
Beschwerden)
Nahrungsmittel-Allergie
• Beim Erwachsenen deutlich seltener als beim Kind
• Meist Kreuzallergien mit Pollen, v.a. Birke, Beifuss, Traubenkraut und Platane
• Abklärung durch Allergologen
Zusammenfassung NM-Unverträglichkeiten
• Ernst nehmen
• Korrekt abklären, v.a. bei Zöliakie
 Cave: alternativ-medizinische Diagnosen !
• Professionelle Ernährungsberatung von grosser Wichtigkeit
• Regelmässige Kontrollen notwendig
• NM-Allergien sind bei Erwachsenen selten; bei Verdacht:
Abklärung durch Allergologen
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit !
www.oneta.ch