Transcript als

Der „Arabische
Frühling“
Vortrag Miriam Younes M.A.,
Universität Basel am
Theresianum Ingenbohl,
27. Juni 2011
Der „Arabische Frühling“
...ist eine Bezeichnung für
Demonstrationen/Protestbewegungen/Umstur
zversuche in verschiedenen v.a. arabischen
Ländern seit Dezember 2010.
„Das Volk verlangt
den Sturz/
die Veränderung
des Systems.“
Der „Arabische Frühling“?

Proteste in der MENA-Region (Middle East and North Africa)
(Quelle Karte: http://www.emeraldinsight.com/journals.htm?articleid=1722970&show=html, Zugriff 26. Juni
2011)
Verlauf der Proteste
http://www.guardian.co.uk/world/interactive/2011/mar/22/middleeast-protest-interactive-timeline, Zugriff 25. Juni 2011.
Verlauf der Proteste
 19.
Dezember 2010:
Der arbeitslose tunesische Gemüsehändler
Muhammad Bouaziz verbrennt sich selbst,
nachdem die Polizei ihn gehindert hatte, von
seinem Karren Gemüse zu verkaufen und
jeglicher Protest bei der Stadtverwaltung nichts
geholfen hatte. Sein öffentlicher Selbstmord löst
eine wochenlange Protestwelle im Land aus.
Verlauf der Proteste: Januar
-
-
14. Januar: Der tunesische Präsident Ben Ali
flieht nach wochenlangen Protesten aus dem
Land
25./26. Januar: Proteste fangen in Ägypten,
Algerien und im Jemen an  Reaktion der
Regime: Tränengas, Verhaftungen, Gewalt
Verlauf der Proteste: Februar
-
11. Februar: nach wochenlangen Protesten, die zum
Teil gewaltvoll niedergeschlagen wurden, tritt der
ägyptische Präsident Hosni Mubarak zurück.
-
14. Februar: Proteste fangen in Bahrain, Iran und
Jordanien an
16. Februar: Proteste in Libyen fangen an, gewaltsame
Niederschlagung durch Muammar Gaddafi
Proteste in Algerien und im Jemen werden fortgesetzt
-
Verlauf der Proteste: März
-
-
-
19. März: Westliches Bündnis (NATO) startet
die Operation „Odysee Dawn“ in Libyen,
nachdem die Lage dort zu eskalieren scheint.
23. März: Proteste fangen in Syrien an,
weiten sich schnell aus, werden mit brutalster
Gewalt niedergeschlagen
Eskalation der Proteste in Bahrain, kleinere
Protestmärsche in Palästina und SaudiArabien
Verlauf der Proteste: April
-
-
19. April: Eskalation in Syrien, etwa 100 Tote
25. April: zunehmender Einsatz von Panzern
in Syrien, UN kann sich auf keine Resolution
einigen
Bombardierung der NATO in Libyen,
zunehmende Verstrickung in den Konflikt,
Türkei und Afrikanische Union versuchen zu
vermitteln
Verlauf der Proteste: April
Zunehmende
Internationalisierung des
libyschen Konflikts, Proteste
in Syrien mit massiv
gewaltvoller Reaktion des
dortigen Regimes
Verlauf der Proteste: Mai
-
8. Mai: muslimisch-christliche
Ausschreitungen in Kairo
13. Mai: 10000 demonstrieren in Kairo gegen
religiöse Spannungen
Weitere Eskalation in Syrien, EU verhängt
Sanktionen
Verlauf der Proteste: Juni
-
Eskalation im Jemen: bürgerkriegsähnliche
Zustände
Eskalation in Syrien: etwa 1300 Tote, 12000
Flüchtlinge, 10000 Verletzte
Verurteilung Mubaraks in Ägypten
Libyen: Fortführung des NATO-Krieges
Gemeinsame Charakteristika
 Beteiligung
einer breiten Basis innerhalb der
Bevölkerung
 Vernetzung dieser Proteste läuft über social
media, wie Facebook und Twitter
 Überwiegend brutale Niederschlagung der
Proteste durch die Regime
 Versuch der Einmischung der westlichen
Staaten, oft Uneinigkeit, späte Reaktionen
Gemeinsamkeiten in der MENARegion
-
Sprache
 - Religion
 - Geschichte
 - politische Systeme
 - Solidaritätsgefühl
Gemeinsamkeiten
 Sprache
In fast allen Ländern der MENA-Region ist
arabisch die Landessprache, ausser im Iran, wo
persisch gesprochen wird
Gemeinsamkeiten
 Religion
Die MENA-Region gilt als islamische Region.
Auch wenn es andere Religionsgemeinschaften
gibt, spielt der Islam als Religion und Ideologie
eine grosse Rolle.
Wichtig: Unterscheidung zwischen Sunniten
und Schiiten, Existenz anderer
Religionsgemeinschaften (Christen, Drusen...)
Gemeinsamkeiten
 Geschichte
Die MENA-Region erlebte gemeinsame
historische Erfahrungen, v.a. die Zugehörigkeit
zum Osmanischen Reich und die
Fremdherrschaft durch die britischen und
französischen Mandatsmächte
Das Osmanische Reich
 Dynastie
der Osmanen von ca. 1299 bis 1923
Zusammenbruch des Reiches:
Kolonialismus



Ende des 1. Weltkrieges führte zum endgültigen
Zusammenbruch des Osmanischen Reiches und
zur Aufteilung der osmanischen Gebiete des
Nahen Ostens durch die Siegermächte
Grossbritannien und Frankreich
1922 Grossbritannien erhielt das Mandat über
Palästina, Jordanien und Irak, Ägypten und
Jemen, Frankreich über Syrien, Libanon,
Marokko, Algerien und Tunesien
Gründung von Nationalstaaten, europäische
Fremdherrschaft, schrittweise Erlangung der
Unabhängigkeit
Gemeinsamkeiten
 Politische
-
Systeme
Republiken und Monarchien, die dann in
Diktaturen mündeten.
Einparteiensysteme, Einmannsysteme mit
wenigen, die ebenfalls begünstigt werden,
Korruption, Bürgerkriege (Jemen, Algerien),
Aufstände, die gewaltsam niedergeschlagen
wurden (Tunesien, Syrien, Ägypten),
wirtschaftliche Probleme
Gemeinsamkeiten
 Solidarität
-
-
Politische Zusammenschlüsse: Arabische Liga
Verbundenheit der Ideen: Panislamismus,
Panarabismus,
Sozialismus/Kommunismus/Säkularismus/Nationa
lismus
Seit den 70er Jahren Zunahme des Islamismus
Heute: Zunehmende Abnahme dieser Ideen,
Vermischung
„Der arabische Frühling“ –
These I
 Die
Protestbewegungen des „arabischen
Frühlings“ sind Ausdruck einer Bevölkerung,
die jahrzehntelang unter den Repressionen
ihrer politischen Regime gelitten hat. Die
Misere der Staaten hat sich in den letzten
Jahrzehnten durch Wirtschaftsprobleme und
hohe Arbeitslosigkeit verstärkt. Betroffen sind
vor allem der steigende Anteil junger Leute,
die oft gut ausgebildet, aber chancenlos sind.
„Der arabische Frühling“ –
These II
 Auch
wenn die Gemeinsamkeiten der Länder
nicht überbewertet werden dürfen, so zeigen
sich doch sowohl viele gemeinsame
Strukturmerkmale der Systeme, als auch ein
allgemeines Solidaritätsgefühl unter den
Bevölkerungen der betroffenen Länder, das
ebenfalls historisch bedingt ist. Social Media
Netzwerke und Medien wie al-Jazeera haben
diese Solidaritätsgefühle verstärkt.
„Der arabische Frühling“ –
These III
 Die
breite Basis der Protestbewegung
führt dazu, dass die Protestierenden oft kein
klares Programm haben. Die Forderungen
können dennoch so zusammengefasst werden:
Wunsche nach politischer Teilhabe, Einhaltung
der Menschenrechte, wirtschaftliche
Verbesserung, nationale und individuelle
Selbstbestimmung
Der arabische Frühling –
Zitat I
„Unsere Revolution ist wie Wikipedia,
okay? Jeder trägt seinen inhaltlichen
Beitrag dazu bei, aber man kennt
nicht die Namen der Leute, die etwas
dazu beitragen. Das ist genau das,
was passiert ist. Die Revolution 2.0. in
Ägypten war genau das gleiche.
Jeder trug kleine Details dazu bei. Wir
alle zeichneten das Bild einer
Revolution gemeinsam. Und niemand
ist der Held dieses Bildes.“
(Wael Ghonim, 13. Febr. 2011)
Der arabische Frühling –
Zitat II
„Nach Jahrzehnten der Repression
nehmen die Menschen ihr Schicksal
selbst in die Hand. Und dies trotz der
Gefahr, bei jeder Demonstration
verhaftet oder gar getötet zu werden.
Der Sicherheitsapparat versucht
weiterhin, die Bevölkerung
einzuschüchtern, doch vergeblich.
Die Angst ist weg.“
(Nihad Siris,
http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/aktuell/syrien_wird_nie_mehr_so
_sein_wie_zuvor_1.11047307.html, 25. Juni 2011)
Der arabische Frühling –
Zitat III
 „Was
wir in Tunesien und Ägypten gesehen
haben waren demokratische Revolutionen par
excellence, getrieben von dem Wunsch nach
Freiheit. Diese Forderung nach Freiheit ist
verbunden mit der Forderung nach Würde
und diese zwei Forderungen bildeten das
Rückgrat beider Revolutionen...
Der arabische Frühling –
Zitat III
„...Um diese zwei
Forderungen zu schützen,
müssen die Revolutionen
vermutlich mit erhöhter
Wachsamkeit beobachtet
werden.“
(Ahmad Beydoun, The Revolutions in Tunisia and Egypt,
in: Perspectives. Political Analysis and commentary from
the Middle East, 2. Mai 2011, S. 26)
Der arabische Frühling - Risiken
 Islamismus
 Bürgerkrieg
 Religiöse
Spannungen
 keine Entstehung von demokratischen
Strukturen
 Bestehen wirtschaftlicher Probleme