Bretonisch - die Sprache der Bretagne Referenten: Ekaterina Malenkova Marina Allgeier

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Bretonisch - die Sprache der Bretagne
Referenten:
Ekaterina Malenkova
Marina Allgeier
Viktoria Tkatschenko
Überblick
Einführung
1. Historische Entwicklung, Sprachgeschichte
2. Typologie des Bretonischen
3. Gegenwart des Bretonischen. Tatsächliche Situation der Sprache
1.
Historische Entwicklung
Sprachgeschichte
1.1 Historische Entwicklung
 Ursprünglich gab es wahrscheinlich eine gemeinsame Britische
Sprache
 Das Vordringen der Angelsachsen trieb die Sprecher des Britischen
in den Westen
 Ab dem 4. Jahrhundert emigrierten Briten nach Bretagne (Amorica)
 Es gab zwei Migrationsphasen:
- 4./5. Jahrhundert
- 6./7. Jahrhundert
1.2 Eine andere Hypothese
 Falc’hun (1962, 1963) ist der Meinung, die britischen Immigranten
haben noch Sprecher des Gallischen angetroffen
-
-
Akzentuierung
Das Bretonisch sei eine Weiterentwicklung des Gallischen aus der Gegend des
heutigen Vannes
Britisch und Gallisch des 5. Jh. waren untereinander verständliche Sprachen
 Nichtfranzösische Keltologen teilen diese Meinung nicht
St. Pol de Léon
St. Malo
Lannion
Brest
Morlaix
St. Brieuc
Quimper
12. Jh.
Carhaix
20. Jh.
Rennes
Pondivy
Concarneau
Lorient
Vannes
9. Jh.
Ile de Groix
Belle Ile en Mer
St. Nazaire
100 km
Nantes
1.3 Sprachgeschichte
 Archaisches Bretonisch (500-600)
 Altbretonisch (bis 1000)
 Mittelbretonisch (bis zum 17.Jahrhundert)
 Neubretonisch (bis ins 20. Jahrhundert)
 Neobretonisch
2.
Typologie des Bretonischen
2.1 Dialekte
 Vier Hauptgruppen
St. Pol de Léon
St. Malo
Lannion
Léonard
– Cornouaillais
(K), Léonard
(L), Trégorrois (T) und Vannetais (Gw)
Brest
Morlaix
Trégorrois
St. Brieuc
– Vannetais (Gw) deutlich unterschiedlich
von den „KLT“ Dialekten
Cornouaillais
Carhaix
Quimper
– Im Osten des
Trégors unterscheiden einige Dialektologen
noch einen
Rennes
fünften Dialekt, das Gouelou
Pondivy
Concarneau
 Differenzen
Vannetais
Lorient
Vannes
– Phonetisch/phonologisch
Ile de Groix
– Lexikalisch
Belle Ile en Mer
 Eine weitere Varietät? Neobreton
St. Nazaire
100 km
Nantes
2.2 Phonologie
 Die beiden Dialektgruppen KLT und Gw sind sehr unterschiedlich,
einen «offiziellen Standard» gibt es nicht
 Der Kontakt mit dem Französischen ist unübersehbar
2.2.1
Vokalen
 Besitzt 8 vokalische Phoneme, Diphtonge und Triphtonge
 Die einzige inselkeltische Sprache, welche die Phoneme /ỹ/
und /œ/ kennt.
2.2.2
Konsonanten
2.2.3
Mutationen
 Syntaktisch bedingte Veränderungen des Anlauts
– ursprünglich phonetisch begründet
– heute mutieren Wörter nach Possessiva, Artikel, Präpositionen
– Nicht alle Mutationen werden in allen Rechtschreibungen
geschrieben
2.2.4
Betonung
• Kein Wortakzent sondern Satzakzent
• trigont “lur [tre‘gonlər]
60 franc
• peseurt añv “peus? [pesətano‘pǿs] wie heißt du?
2.3 Morphologische Besonderheiten
 Flektierte Präposition
Grundform
a
von
1SG
ac’hanon
von mir
2SG
ac’hanout
von dir
3SG MASC
anezhañ
von ihm
3SG FEM
anezhi
von ihr
1PL
ac’hanomp
von uns
2PL
ac’hanoc’h
von euch
3PL
anezho
von ihnen
 Paarbezeichnungen
lagad
Auge
lagadoù
Augen
daoulagad
zwei Augen,
Augenpaar
daoulagadoù
Augenpaare
 Maskuline und Feminine Kardinalzahlen
daou baotr zwei Jungen
tri faotr
drei Jungen
pevar faotr vier Jungen
div verc’h
zwei Mädchen
teir merc’h
drei Mädchen
peder merc’h vier Mädchen
 Artikel
ur verc’h ein Mädchen
un den ein Mann
ul loen ein Tier
ar verc’h das Mädchen
an den der Mann
al loen das Tier
2.4 Syntax
 VSO Sprache (Verb Subjekt Objekt)
 Moderne bretonisch – 1. konjugierte Verb
2. Subjekt
2.5 Orthographiesysteme
Die wichtigesten Orthographiekonventionen
- Orthographe Unifié (peurunvan)
• 1941 entwickelt um die phonologischen Unterschiede zwischen KLT und
Gw zu erfassen (z.B. zh: /z/ in KLT und /h/ in Gw)
• Heute am verbreitesten
• Nach dem Krieg wurde Peurunvan als „Kollaborationsorthographie“
gebrandtmarkt
• Offizielle Orthographie der Universität Rennes
– Orthographe Universitaire (skolveurieg oder falc’huneg)
• 1953 von François Falc‘hun entwickelt um die Schreibung näher an die
Aussprache zu bringen
• Zwei Varianten: KLT und Gw
• Offizielle Ortographie der Universität Brest, seit 1955 vom Ministère de
l‘Education Nationale anerkannt
– Orthographe Interdialectale (Assimileg, 1975)
• Nahe an der Orthographe Universitaire
• Heute wenig verwendet
2.5.1
Orthographiebeispiele
Peurunvan
KLT
Gw
Universitaire
KLT
Gw
laezh
lêh
lêz, laez
gwalc’hiñ gwalhi
golhein
Interdialectale
deutsch
laezh
laezh
Milch
gwalc’hiñ
golc’hein
waschen
2.6 Das Problem des Standards
 Es existiert kein von allen Native Speakern anerkannter Standard des
Bretonischen
– Große Divergenz zwischen KLT und Gw
– Muttersprachler können oft Bretonisch nicht schreiben (oder lesen)
– Aufgrund langjährigen staatlichen und kirchlichen Drucks
 sehr wenig Kinder und junge Menschen sprechen muttersprachlich Bretonisch,
Eltern sprechen mit ihren Kindern französisch  vermeintlich bessere soziale
Aufstiegschancen
– Es gab in der Bretagne nicht die sprachliche bindende bzw. als Standard
anerkennbare Bibelübersetzung
2.7 Normalisierung
 Kein offizieller Standard (außer den Orthographiesystemen)
 Daher keine morphologische und syntaktische Normen
 Ofis ar Brezhoneg (http://www.ofis-bzh.org/ )
– Gemeinnütziger Verein (mit staatlichen Zuschüssen des Kulturministeriums)
– Keine „Académie Bretonne“, sondern eher eine Public-Relations-Agentur
– Das Ofis unterhält ein Sprachobservatorium, um die Verwendung und
Verbreitung des Bretonischen zu untersuchen
– Es versucht das patrimoine linguistique der Bretagne zu bewahren, welches
durch das hohe Durchschnittsalter der Muttersprachler gefährdet ist
2(a)
Einige Beispiele
Willkommen
Degemer mad
Guten Tag
Demat
Auf Wiedersehen
Kenavo
Danke
Trugarez
Prost
Yec’hed mad
Bretagne
Breizh
3.
Tatsächliche Situation der Sprache.
Gegenwart des Bretonischen
3.1 Sprecherzahlen
 Anzahl der Sprecher des Bretonischen umstritten
– kein offizieller Zensus, keine Definition eines Bretonischsprechers
• ein Enthusiast der gerade trugarez und kenavo sagen kann, kann so als
Bretonischsprecher gezählt werden
 Einige Zahlen
– Le Telegramme (1974): 44 % der 1.500.000 Einwohner können auf Bretonisch
kommunizieren, darunter aber fast keine Kinder
– Ternes 1978: 700.000 Sprecher
– Press 1986: 50.000 bis 100.000 Sprecher
– Broudic 1987, 1992 und 1993:
• 660.000 verstehen Bretonisch, 250.000 können es sprechen
• 125.000 können Bretonisch lesen, aber nur 55.000 können es schreiben
– Humphreys 1993 (hochgerechnet aufgrund Untersuchungen in Bothoa) 250.000
Sprecher über 15 Jahren
– Umfrage von TMO-Ouest 1997: 240.000 könn(t)en es sprechen, 70.000
sprechen es täglich, davon 60% 60 Jahre alt und älter
 Schlechte Zukunftsaussichten
– Sehr wenig junge Menschen und Kinder
– Mangelnde Selbstachtung, niedriger sozialer Status der Sprache, besonders bei
Muttersprachlern der „bildungsfernen“ Schichten
– Le Dû 2000:
•
Das Bretonische verliert jährlich ca. 20.000 Muttersprachler
•
Eltern geben ihre Muttersprache nur noch in Ausnahmefällen an ihre Kinder
weiter. In den 20er Jahren lernten 60 % der Kinder von ihren Eltern
Bretonisch, in den 80er Jahren waren es nur noch 6 %.
3.2 Politische Situation.
Status des Bretonischen.
 Bretonisch hat keinen gesetzlichen Status
-
Frankreich hat die Europäische Charta der Minderheitssprachen zwar 1992
unterschrieben, aber ausverfassungsrechtlichen Gründen bis heute nicht ratifiziert.
 Ämter sind nicht verpflichtet (meistens nicht in der Lage)
Briefsendungen auf Bretonisch zu bearbeiten.
 Die Post ist nicht verpflichtet Sendungen mit Adressen in
Bretonisch zuzustellen.
 Im zweisprachigen Gebiet wurden auch zweisprachige
Ortsschilder aufgestellt
-
aber weiterhin nur die französischen Versionen der Ortsnamen offiziell anerkannt
sind.
3.3 Bretonisch im Erziehungswesen
 das Bretonische wird immer weniger gelernt - zugunsten des
Französischen.
- Eine Ursache dafür ist, dass lange Zeit die Schule das Bretonische unterdrückte
- Le Symbole: Bestrafung der Kinder, die beim Bretonischsprechen erwischt wurden
 Loi Deixonne 1951 zaghafte Besserung
 Seit den 1980er Jahren erste Schulen die in Bretonisch unterrichten (écoles
Diwan, Privatschulen, http://diwanbreizh.org)
 Öffentliche Schulen mit Bretonischkursen: http ://bretagnenet.com/div_yezh)
 Aber nur für 5% der Schüler der Bretagne (école maternelle bis lycée) ist
Bretonisch Unterrichtsfach, für 2% ist es Unterrichtssprache
 Die Förderung der Bretonischen Sprache:
-
Inzwischen werden immer mehr private Schulen gebildet, die Bretonisch unterrichten.
Jedes Jahr gibt es bei der Einschulung in die erste Klasse 20% mehr Schüler.
-
An den Universitäten von Brest und Rennes kann man heute Bretonisch studieren
(Linguistik und Literatur).
3.4 Medien
 Bretonisch kaum existent
•
In großer Tageszeitung (Le Telegrame) finden sich ab und zu bretonische
Kolumnen
http://www.telegramme.com/
•
Die Internetausgabe des Telegramme hat eine Zusammenfassung auf
Bretonisch (als Mailingliste)
•
Einige lokale Radiostationen senden einige Stunden pro Woche auf Bretonisch
http://www.antourtan.org/radio_fr.html
•
TV: weniger als eine Stunde pro Woche, selbst der private Sender TV-Breizh
sendet lieber Sport als Bretonisch
http://tv-breizh.com/
•
Kein Vergleich zu BBC Cymru und Sianel Pedwar Cymru (S4C) in Wales
http://www.bbc.co.uk/cymru/
http://www.s4c.co.uk/
4.
Zusammenfassung
Generell ist das Bretonische heute in einer komplizierten Situation:
-
Am Rande des öffentlichen Lebens
-
Der Mangel eines Standards für die geschriebene Sprache
-
Der niedrige Stellenwert des Bretonischen bei Muttersprachlern
-
Die Sprachbewegung ist sehr stark von nicht-muttersprachlichen
geprägt
Enthusiasten