Veränderungen der psychischen und kognitiven Bereiche im Alter und bei Menschen mit besonderen Bedürfnissen G.

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Transcript Veränderungen der psychischen und kognitiven Bereiche im Alter und bei Menschen mit besonderen Bedürfnissen G.

Veränderungen der psychischen und
kognitiven Bereiche im Alter und bei
Menschen mit besonderen
Bedürfnissen
G. Gatterer
Geriatriezentrum am Wienerwald
Sigmund-Freud Privatuniversität Wien
[email protected]
www.gatterer.at
Aspekte des Alterns
• Kalendarischer Aspekt (Alter in Jahren)
• Biologischer Aspekt („Alter“ der Organe
und des Körpers)
• Psychologischer Aspekt (subjektives Alter)
• Sozialer Aspekt (Stellung in Gesellschaft)
• Ökologisch/kontextueller Aspekt
(Umweltfaktoren)
• Systemischer Aspekt
Altern basiert auf
Zusammenspiel von
Biologischem Substrat
Psychischen
Faktoren
Altern
sozialen
Faktoren
Ökologisch/kontextuellen Faktoren
Negatives Altern
• Defizitmodell – genetisch bedingter Abbau
aller Bereiche!
• Das ist überholt!
• Oft bei Betroffenen und Betreuern so
gespeichert
• Führt zu nihilistischer Einstellung – man
kann nichts tun.
Leistungen im Alter
50
Wechsler
Jones-Conrad
45
40
Miles
35
30
10
20
30 40
50
60
70
80
Positives Altern
• Aktivitätsmodell – aktives und produktives
Altern hält geistig und körperlich fit!
Gedächtnis und Körper trainieren!!
• Durch Aktivität lassen sich sowohl die
biologische als auch psychologische
Alternskurve positiv beeinflussen
• „Aktives Altern!“ hilft auch gegen Demenz
und Depression
Positives Altern
• Kompetenzmodell – nützen vorhandener
Ressourcen durch
– Selektion
– Kompensation
– Optimierung
Positives Altern
• Kognitives Modell – wie man sich fühlt ist
wichtig. Emotionales und geistiges Jung
bleiben! Spaß haben!
• Lachen und Spaß haben schützt vor
Depression und Demenz
• Rollenbilder haben oft negative Einflüsse
• Positives Denken ist wichtig
Positives Altern
• Austauschtheorie – soziale Kontakte sind
wichtig!
• Schützen vor Vereinsamung
• Einsamkeit ist ein Risikofaktor
• Tiere und Kinder haben oft leichteren
Zugang
Positives Altern
• Kontinuitätstheorie – weitermachen so
lange es geht!
• Alles was im Gedächtnis gut gespeichert
ist, stellt eine Ressource dar
• Keine Angst bei Demenz (Automatismen)
• Auch Rollen solle erhalten bleiben.
Aufgaben sind wichtig
Positives Altern
• Ökologisches Modell – Defizite durch
Hilfsmittel und Unterstützung ausgleichen
um aktiv zu bleiben!
• Wohnraumgestaltung
• Gartenbereich mit Rundwegen bei
Demenz
• Motivierende Umgebung schützt vor
Inaktivität
Normales/pathologisches Altern
IQ
Normale Leistungsfähigkeit/
„Normaler Altersabbau“
Grenzbereich/MCI
Demenz
Alter
Veränderungen biologischer,
psychologischer und sozialer
Dimensionen im Alter
Allgemeine Aspekte
• "physiologische Alterskurve" und
• "psychologische Reifungskurve".
Biologische Dimensionen
• Verringerung der biologischen Kapazität und
Funktionstüchtigkeit
• Abnahme von Kraft und Muskelmasse
• eine Abnahme der Adaptationsfähigkeit und
• eine Zunahme der Vulnerabilität des
Organismus (siehe zum Beispiel Gerok &
Brandtstädter, 1992).
• große interindividuelle Unterschiede des Beginn
und der Geschwindigkeit des "biologisches
Alterns"
• hohe Kapazitätsreserven
• deutliche Zunahme der körperlichen
Ausdauerleistungsfähigkeit und koordinativer
Leistungen
• Verbesserung zahlreicher biomedizinischer
Parameter durch körperliches
Ausdauertraining und durch Training
motorischer Fertigkeiten
• positive Effekte von regelmäßigem (zum
Beispiel einmal in der Woche angebotenen),
kurzen Training koordinativer Fertigkeiten
("basaler Lernleistungen„)
• Rehabilitation bis ins hohe Alter möglich
(individuell)
Psychologische Dimensionen
• vor allem Veränderungen in den kognitiven
Leistungen nachgewiesen.
• Verluste in den kognitiven Basisoperationen
– Abnahme der fluiden Intelligenz ( Fähigkeit zur
Lösung neuartiger kognitiver Probleme),
– eine Verlangsamung kognitiver Prozesse,
– nachlassende Geschwindigkeit bei der
Informationsverarbeitung,
– zunehmende Störungen der Aufmerksamkeit und
– eine verringerte Kapazität des Arbeitsgedächtnisses
– Mögliche Gewinne im Bereich der Erfahrungen
und des Wissens
– Zunehmende Lebenserfahrungen sowie
bereichsspezifische Wissenssysteme (unter
anderem in bezug auf berufliche Fragen oder die
Gestaltung des Alltags) sind Beispiele für diese
Gewinne.
– Die im biologisch-physiologischen Bereich
nachgewiesenen Kapazitätsreserven älterer
Menschen sind auch im kognitiven Bereich
erkennbar
– Durch kognitives Training lassen sich auch jene
Intelligenz- und Gedächtnisfunktionen positiv
beeinflussen, die zu den basalen kognitiven
Fertigkeiten gezählt werden.
Persönlichkeit
• Starke methodische Probleme
• Tendenz zu „Pathologisierung“
• Stärkere „Vermännlichung“ der Frau in
Beurteilungen (aktiver, selbständiger,
aggressiver,....)
• Tendenz zu Extraversion
• Neurotizismus eher konstant
Persönlichkeit
• Geringere Risikobereitschaft
• (Psychische) Krankheiten
– Demenz
– Depression
– Verhaltensauffälligkeiten
• Viele intervenierende Variablen
– Krankheit
– Rollen
Soziale Dimension
• Gesellschaftliche Entwicklungen haben
Auswirkungen auf die sozialen Rollen
• Intervenierende Variablen verändern Rollen
(z.B. Rolle Patient im KH)
• Auch die sozialen Aufgaben verändern sich
• Splittung in „erfolgreiche “ und „kranke“ alte
Menschen
• Pensionierung, Verwitwung, etc.
Von der 3-phasigen zur
5-phasigen Biographie
M.Horx
2000+
Ruhestand ?
Jugend und PostErwerbsleben
Ausbildung adoleszenz Familienleben
0
10
20
30
40
50
„zweiter
Aufbruch“
60
70
80
Jahre
Jugend und
Ausbildung
1960
Erwerbsleben
Familienleben
Ruhestand
Krankheiten im Alter
•
•
•
•
•
•
•
Krankheiten des Gehirns
Psychische Krankheiten
Krankheiten der Organe
Krankheiten des Muskelapparates
Krankheiten des Knochenapparates
Stärkere Anfälligkeit für Infektionen etc.
Vieles ist durch Training verbesserbar
Definition Gesundheit/
Krankheit (Normalität)
Medizinisches Sichtweise;
Statistisches Sichtweise;
Gesellschaftliche Sicht (Norm);
Subjektive Sichtweise
Medizinische Sichtweise
•
•
•
•
•
•
•
Fehlen von Krankheiten
Angabe von Normwerten
Kriterium der „Funktionsfähigkeit“
Definition von Kht. durch Symptome
Probleme durch „Alternsveränderungen“
Fehlen von Normwerten für normales Alter
Problem von Gesundheit oder
Lebensqualität
Statistische Norm
• Vergleichsgruppe als Maß
• Statistische Abweichung
• Problem der „Normalität von Krankheit“ im
Alter
• Sind alterskorrelierte Veränderungen und
Beeinträchtigungen normal?
• Problem der „Abweichung von Norm“
Gesellschaftliche Sicht (Norm)
• Gesellschaft legt die Regeln fest, wie Menschen
zu leben haben
• Verändert sich
• Manches wird gesetzlich festgelegt und ist
durchsetzbar
• Probleme bei Veränderungen (z.B. Neue
Normen)
• Oft nicht unbedingt nachvollziehbar
• Freiheitsaspekt des Menschen
Subjektive Sichtweise
• Subjektiv empfundene Einschränkungen
und deren Wertigkeit
• Abweichung von subjektiver Norm
• Problem der Vergleichbarkeit
• Wertigkeit durch Betroffenen definiert oft
ohne Krankheitswert
• Subjektives Altern
Normal oder nicht?
Schlaf, Antrieb, Essen, Trinken, Aktivitäten, Sauberkeit,
Tagesstruktur, Kommunikation, Sozialverhalten, Stimmung,
„psychiatrische“ Symptome (Wahn, Halluzinationen) etc.
werden nach
Häufigkeit, Intensität, Zeitpunkt, Dauer, Situation,
Verständlichkeit, sozialen Normen, „Auffälligkeit“
und eigenen Kriterien beurteilt.
individuell/Persönlichkeit
normal
auffällig
grenzwertig
pathologisch
„psychiatrisch“
Konsequenzen
•
•
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•
•
•
•
•
Wann wird behandelt?
Wer hat das Problem?
Wer leidet?
Ist Behandlungsnotwendigkeit gegeben?
Wer wird behandelt?
Wie wird behandelt?
In welchem Ausmaß wird behandelt?
Wie lange wird behandelt?
Problembereiche und Ursachen
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•
Kognitive Probleme
Psychische Probleme
Verhaltensstörungen
Soziale Probleme
Grundpersönlichkeit
Umgebungsfaktoren
Zusammenspiel aller Faktoren
Die Demenz als größte
Herausforderung des Alterns
• Demenz ist eine Krankheit bei der die
geistigen Fähigkeiten nachlassen
• Hat verschiedene Ursachen (Alzheimer,
Blutgefäße, Vergiftungen etc.)
• Vermindert die Fähigkeit Alltagstätigkeiten
durchzuführen
• Hat verschieden Stärken
• Ist behandelbar
Demenz als Schicksal?
•
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•
•
•
•
•
•
Krankheit des Gehirns
Anstieg mit dem Alter
Derzeit keine Heilung möglich
Angst vor „Verblödung“
Kein Schutz möglich
Totaler Verlust von Autonomie und Freiheit
Pflegeheim
Todesnachricht
Demenz heute – ein Umdenken
• Ist es eine Krankheit oder werden wir alle
dement?
• Krankheit die behandelbar ist und nicht alle
betrifft
• Individualität des Menschen mit Demenz
• Integration von Menschen mit Demenz
• Leben mit Demenz/Bedürfnisse von Menschen
mit Demenz
• Herausforderndes Verhalten statt
Verhaltensstörung
• Lebensqualität im Vordergrund
Problembereich Demenz
• Im Rahmen der Demenz werden oft
„normale“ Verhaltensweisen anders
betrachtet
• Die Gesellschaft (Angehörige, Betreuer)
definieren „Normalität“
• Insofern gibt es öfter Konflikte
• Auch Heime haben ihre „Normalität“
Häufige Verhaltensstörungen
•
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•
Herumwandern
Depression
Aggression
Sexuelle Übergriffe
Wahn
Halluzinationen
Fehlwahrnehmungen etc.
Therapie
Biologisches Substrat
Psychische
Faktoren
Verhalten
soziale
Faktoren
Ökologisch/kontextuelle Faktoren
Modelle für nicht
medikamentöse Therapie
•
•
•
•
•
•
Aktivitätsmodell – sinnvolle Aktivitäten
Kognitives Modell – Biografie
Kompetenzmodell – Ressourcen
Austauschtheorie – soziale Kontakte
Kontinuitätsmodell – Automatismen
Ökologisches Modell – Umweltgestaltung
und Stressreduktion
Kognitive Störungen
• Kognitives Training und Aktivierung zur
Prävention und bei leichter Demenz
• Ab mittelgradiger Demenz - Nützen von
Ressourcen und Automatismen
• Bei schwerer Demenz stark
emotionsorientierte Strategien und
Umweltgestaltung; Validation
• Von der Kognition zur Emotion
Verhaltensstörungen bei Demenz
• treten häufig auf z.B.
Orientierungsstörungen, herumwandern
• sind oft „störend“
• sind oft situationsunangepasst
• seltener „gefährlich“
• sind oft von Umgebung beeinflusst
• sind nicht immer voll „beseitigbar“
(Normalität herstellen)
Therapie der Verhaltensstörung
• Genaue Diagnostik
– was, wann, seit wann, wo, wie, wie lange, wann nicht,
was passiert genau, warum stört es, wen stört
es,……?
– Früheres Verhalten
• Planung der Maßnahmen
–
–
–
–
ursachenorientiert
patienten- und betreuerorientiert
angepasst
Kombination
Beispiel Verwirrtheit
• Auslöser kann zu wenig trinken, die
Umgebung, die Demenz selbst sein
• Therapie: Flüssigkeit, Orientierungshilfen,
Antidementiva, einfühlsames Verhalten
der Umgebung
• Zu vermeiden sind: rasche
Veränderungen, Unruhe der Betreuer,
Beruhigungsmittel
Beispiel Aggression
• Auslöser können Fehlwahrnehmungen, die
Umgebung, Misserfolge etc. sein
• Therapie: Antidementiva, Antidepresiva,
Gestaltung der Umwelt, ruhiges
Betreuungspersonal. Manchmal Neuroleptika
(bei Selbst- und/oder Fremdgefährdung)
• Vermeiden von zu vielen Änderungen,
Spannungen und Vorwürfen
Sexualität
• Auslöser: Im Rahmen der Demenzerkrankung
oft „Automatismus“ von früher
• Therapie: Prinzipiell nicht „krankhaft“ aber oft
Partner/in überfordert. Kuscheln, Zärtlichkeit und
Gespräche. Alternative Aktivitäten zur
Ablenkung.
• Zu vermeiden sind Aggressionen und Vorwürfe.
Eigene Anteile am Problem abklären!!!
Herumwandern
• Auslöser: Orientierungsstörungen;
Unruhe; will nicht da sein
• Therapie: Ruhe, Geborgenheit,
Orientierungshilfen, Kuschelecke,
mitgehen,… Validation
• Zu vermeiden: Unruhe, Hektik,
Aggressionen, Einengung
Milieutherapie
• Gestaltung der Umwelt für Menschen mit
Demenz
• Orientierung am Altgedächtnis und
Emotionen
• Licht
• Farben
• Tiere
• Pflanzen
Wesentliche Aspekte für
Therapie
• Änderung der Betreuungsphilosophie
• Verminderung von Ängsten was passieren
kann
• Lebensqualität vs. Sicherheit
• Nützen von Fähigkeiten
• Anpassung des eigenen Verhaltens und
nicht Anpassung des Erkrankten
• Bedürfnisorientierung
Welche Bedürfnisse haben
Menschen mit Demenz?
Menschen mit Demenz sind „Menschen“
wie du und ich und haben deshalb auch
die selben Bedürfnisse. Sie können sie nur
bei fortgeschrittener Demenz nicht so
äußern.
Weiters werden manche Bedürfnisse leicht
als pathologisch wahrgenommen, obwohl
sie „normal“ sind.
Bedürfnisse
• Biologische Bedürfnisse: Essen, trinken,
Sexualität, Bewegung, etc.
• Persönliche Bedürfnisse: Entsprechend
der eigenen Persönlichkeit (Biografie)
• Soziale Bedürfnisse: Rollen, Werte,
Beziehungen,….
• Emotionale Bedürfnisse: Geborgenheit,
Nähe, Wärme, geliebt werden,….
• Umgebungsbedürfnisse: Umfeld adäquat
Probleme
• Oft sind Bedürfnisse nicht direkt erkennbar
• Bedürfnisse der Betreuer vor denen des
Betroffenen
• Rollenumkehr bzw. Verlust der Rollen
(Erwachsener, Partner, Mann, Frau,
Kranker, Kind,…)
• Verhalten und Bedürfnis wird wegen
Demenz „pathologisiert“
Probleme
• Persönlichkeitsveränderungen als
Problem
• Umgebungsfaktoren können stören und
Geborgenheit und Sicherheit vermindern
• Das positive Zusammenspiel aller
Faktoren ist wichtig
• Sensibilität der BetreuerInnen
Lösungsansätze
• Menschen mit beginnender bis zu mittelgradiger
Demenz formulieren ihre Bedürfnisse. Wir
müssen nur hinhören und dürfen sie nicht
„verkindlichen“ und „entmündigen“!
• Ab mittelgradiger Demenz wird „hinfühlen“
wichtig!
• Bei Menschen mit schwerer Demenz ist oft
ausprobieren aufgrund biografischer Aspekte
notwendig und das sensible beachten der
Reaktionen!
Zusammenfassung
• Nicht medikamentöse Maßnahmen
werden immer wichtiger
• Normalität ist nicht immer klar definierbar
• Oft spielen viele Faktoren die keine
Diagnose sind eine wesentliche Rolle
• Wichtig ist die „Betrachtung“ von „Außen“
und die kritische Reflexion
• „Anders sein“ sollte nicht aufgrund des
kalendarischen Alters pathologisiert
werden.
Zusammenfassung
• Auch bei der „gut“ gemeinten Betreuung
von kranken Menschen ergeben sich oft
Probleme
• Problembereiche „Lebensqualität“ und
„Gesundheit“
• Sterben als individueller und primär nicht
medizinisch-pflegerischer Prozess
Zusammenfassung
• Verhaltensänderungen sind im Rahmen
der Demenzerkrankung häufig
• Nicht jede Verhaltensänderung ist
„behandlungsbedürftig“
• Einstellung der Betreuer wichtig
• Medikamente nur bei psychiatrischen
Symptomen
• Einweisung nur bei Selbst- und/oder
Fremdgefährdung
Vielen Dank
für ihre
Aufmerksamkeit.