Fiskalunion: Illusion der Zentralisten?

Download Report

Transcript Fiskalunion: Illusion der Zentralisten?

Slide 1

ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München

Fiskalunion: Illusion der Zentralisten?
Prof. Dr. Kai Carstensen
ifo Institut und Universität München

Wirtschaftspolitisches Symposium, Frankfurt, 17.3.2013


Slide 2

ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München

Was ist eine Fiskalunion?
• Deutsche Definition
– Höchstgrenzen für Defizit und/oder Verschuldung
– Automatische Sanktionen bei Überschreitung, sonst weitgehende
fiskalische Autonomie

• Französische Definition
– Gemeinsame Ausrichtung der Finanzpolitik, z.B.
Steuerharmonisierung
– Keine automatischen Sanktionen, Primat der Politik

• Definition der EU-Kommission (Memo, 25.6.2012)
– Zentrale Überwachung, Koordination und Kontrolle
– Eurobonds („Stabilitätsbonds”)
– Elemente zentraler Finanzpolitk


Slide 3

ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München

Wo steht die EU?
• Six Pack: „Erneuerter“ Stabilitäts- und Wachstumspakt





Ziel: Wirtschaftspolitische Steuerung, ab 13.12.2011 in Kraft
Sanktionen mit umgekehrter qualifizierter Mehrheit
Präventiver und korrektiver Arm
Makroökonomische Ungleichgewichte, Scoreboard

• Europäisches Semester
– Mehrstufiges Verfahren zur Koordination der Finanz- und
Wirtschaftspolitik

• Two Pack
– Überwachung: Budgetpläne (und Prognosen) müssen jeweils im
Oktober bei der Kommission eingereicht werden

• Fiskalpakt
– Budgetregeln möglichst auf Verfassungsniveau


Slide 4

ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München

Was ist auf der Agenda?
• Bankenunion
– Gemeinsame Kontrolle, Abwicklung und Rekapitalisierung
– Gemeinsame Einlagensicherung
– Enorme finanzpolitische Risiken

• Eurobonds
– Verschiedene Konzepte
– Evtl. als cà la SVR
– Logischer Zielpunkt des gegenwärtigen Wegs


Slide 5

ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München

Zur politischen Ökonomie der Zentralisierung
• Interessen und Verhandlungsstrategien





Krisenländer geben Souveränität gegen Geld
Deutschland gibt Geld gegen zentrale Kontrolle
Frankreich akzeptiert zentrale Kontrolle gegen zentrale Steuerung
EZB setzt auf zentrale fiskalische Instanz, um sich wieder mehr
der Geldpolitik widmen zu können
– EU-Kommission und EU-Parlament wollen mehr Einfluss
– Großbritannien ist das alles suspekt
– Alle einigt die Sorge vor dem Wahlvolk (Ablehnung der EUVerfassung)


Slide 6

ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München

Zur politischen Ökonomie der Zentralisierung
• Resultate
– Vergemeinschaftung, zentrale Kontrolle und Steuerung
– Aufwertung der Kommission und des Rates
– Bürokratische Monstren entstehen
• Europäisches Semester (Potenzialschätzung)
• Budgetüberwachung (Two Pack)
• Makroökonomische Ungleichgewichte (Six Pack)

• Was fehlt oder auf der Strecke bleibt
– Subsidiarität
– Demokratische Legitimierung (Zwar kommt die Aufwertung des
EU-Parlaments in kleinen Schritten voran, aber noch kann das
Parlament munter immer mehr Geld fordern, ohne von den
Bürgern abgestraft zu werden)


Slide 7

ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München

Wie wird es weitergehen?
• Kurze Frist
– Gefahren: Auflösung der Eurozone durch Austritt Italiens versus
endgültige Abkehr von der Stabilitätsunion
– Strategien: Durchwurschteln, Hart bleiben, Hoffen (inkl.
Schuldentilgungsfond)

• Mittlere Frist
– Strategie 1: Rückkehr zur Subsidiarität des alten SWP
(unwahrscheinlich)
– Strategie 2: Gestaltung der Fiskalunion
• Aufwertung des EU-Parlaments (Budgetrecht gegenüber Kommission
und Rat)
• Rechtfertigung gegenüber Presse und Wahlvolk
• Auf dem Weg in die Vereinigten Staaten von Europa
• Wollen das die Bürger?