Annemarie Biehle Paula Thürmer Tom Warnig Hannes Päplow Mir war es wie ein ewiger Sonntag im Gemüte.

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Transcript Annemarie Biehle Paula Thürmer Tom Warnig Hannes Päplow Mir war es wie ein ewiger Sonntag im Gemüte.

Annemarie Biehle
Paula Thürmer
Tom Warnig
Hannes Päplow
1
Mir war es wie ein ewiger Sonntag im Gemüte. Und
als ich endlich ins freie Feld hinauskam, da nahm ich
meine liebe Geige vor und spielte und sang, auf der
Landstraße fortgehend.
2
Indem, wie ich mich so umsehe, kömmt ein köstlicher Reisewagen ganz
nah an mich heran […] und zwei vornehme Damen steckten die Köpfe
aus dem Wagen und hörten mir zu. Die eine ware besonders schön und
jünger als die andere, aber eigentlich gefielen sie mir alle beide. […] Die
andere lachte aber in einem fort und rief mir endlich zu: Spring er nur
hinten mit auf, wir fahren nach wien. Wer war froher als ich!
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Sodann kam eine
Kammerjungfer (wie ich nachher
hörte) gerade auf mich los und
sagte: ich wär ein scharmanter
Junge, und die gnädigste
Herrschaft ließe mich fragen, ob
ich hier als Gärtnerbursche
dienen wollte?
4
Da nun die gnädige Frau schöne Blumen zu ihrem Anzuge
braucht […]. Ich ging in mein Gärtchen und riß hastig alles
Unkraut von den Beeten, und warf es hoch über meinen Kopf weg
in die schimmernde Luft,
als zög ich alle Übel und
Melancholie mit der
Wurzel heraus.
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Da fiel es mir auf einmal aufs
Herz, daß mich wohl eigentlich
nur die Tante mit den Blumen
bestellt hatte, daß die Schöne gar
nicht an mich dachte und lange
verheiratet ist, und daß ich selber
ein großer Narr war. […] Und
so nahm ich meine Geige von der
Wand […] und wanderte, arm
wie ich gekommen war, aus
meinem Häuschen und auf der
glänzenden Landstraße von
dannen.
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«Und daß dus weißt», sagte der eine zu mir, «aber du kennst uns
doch nicht?» – Ich schüttelte mit dem Kopfe. «Also, daß dus
weißt: Ich bin der Maler Leonhard, und das dort ist – wieder ein
Maler – Guido geheißen.»
7
Ei, lustger Gesell, du singst ja wie eine Lerche beim ersten Morgenstrahl!
Sagte da auf einmal ein junger Mann zu mir, der während meines Liedes
am Brunnen herangetreten war. […] - Also ein Maler!
8
Da zupfte mich jemand von hinten tüchtig an den Rockstößen. Es war
die Kammerjungfer. Sei kein Narr, sagte sie leise, du springst ja wie
ein Ziegenbock! Studiere deinen Zettel ordentlich und komm bald nach,
die schöne junge Gräfin wartet. - Und damit schlüpfte sie in der
Dämmerung zur Gartenpforte hinaus und war bald zwischen den
Weingärten verschwunden.
9
Ich stand auf einem
hohen Berge, wo man
zum erstenmal nach
Österreich hineinsehen
kann, und schwenkte
voller Freude noch mit
dem Hufe und sang die
letzte Strophe, da fiel
auf einmal hinter mir im
Walde eine prächtige
Musik von
Blasinstrumenten ein.
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Ich wußte nun aber gar nicht, was ich sprechen sollte vor
Respekt, da ich auf einmal so allein mit ihr war. Endlich faßte
ich ein Herz, nahm ihr kleines weißes Händchen – da zog sie
mich schnell an sich und fiel mir um den Hals, und ich
umschlang sie fest mit beiden Armen.
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QUELLE
http://gutenberg.spiegel.de/buch/4285/1
„Aus dem Leben eines Taugenichts“ –
Joseph von Eichendorff
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