Werkvertragsarbeit: Wie regulieren? - Arbeitskammer des Saarlandes

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Transcript Werkvertragsarbeit: Wie regulieren? - Arbeitskammer des Saarlandes

Torsten Brandt, Arbeitskammer des Saarlandes,
Abteilung Gesellschaftspolitik
Werkvertragsarbeit: Wie regulieren?
AK-Forum „Werkvertragspraxis im Saarland –
Tabuthema oder Handlungsauftrag?“
am 25. März 2014 in Saarbrücken
In Zusammenarbeit mit: DGB Rheinland-Pfalz/Saarland
Übersicht
1) Werkverträge als Regulierungs- und Steuerungsproblem
2) Handlungsmöglichkeiten von Betriebsräten und
Gewerkschaften
3) Regulierungsvorhaben auf Bundes- und EU-Ebene
4) Regulierungsmöglichkeiten im Saarland auf Landesebene
arbeitskammer.de
Für wen sind Werkverträge
regulierungsbedürftig?
● für die Werkvertragsarbeiter und regulär Beschäftigten:
prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen der
Werkvertragsarbeiter; betriebliche und tarifpolitische und
Folgeprobleme auch bei legaler Werkvertragsarbeit
● für das Saarland: Lohndumping, Anwachsen von
Niedriglohnarbeit mit ökonomischen und sozialen
Folgeproblemen
● für die Betriebe und die Landesregierung: hohes
Risikopotential –Werkvertragsskandale können das Image der
Landesregierung beschädigen und das der redlichen Betriebe
(neben Lohndumpingdruck)
arbeitskammer.de
Politische Steuerung vergleichsweise
schwierig:
● Gesetzliche Rahmenbedingungen entscheidend
● Graubereich von legalen Werkverträgen, illegaler
Arbeitnehmerüberlassung, Scheinselbständigkeit führt zu
Regulierungs- und Zuständigkeitsproblemen
● Gemeinsame und branchenspezifische Probleme: Es gibt
nicht die eine Stellschraube - Definition von
Abgrenzungskriterien und Kontrolle von Schein-Werkverträgen
reicht bei weitem nicht aus, um Probleme zu lösen!
● Subunternehmerketten führen zu unklaren
Verantwortlichkeiten und Kontrollproblemen
arbeitskammer.de
Handlungsmöglichkeiten von Betriebsräten,
Gewerkschaften sind beschränkt, teils nicht
zuständige Interessenvertreter
● Möglichkeiten Betriebsräte: formal nur Informationsrechte
● Kontrolle Schein-Werkverträge
● Ökonomische Nachhaltigkeit legaler Werkverträge
●
thematisieren
Betriebsvereinbarungen über den Einsatz der
Werkvertragsarbeit (->Auswahl Werkvertragsunternehmen?)
● Möglichkeiten Gewerkschaften (geringe Verhandlungsmacht)
● Organisierung der Werkvertragsunternehmen
● Tarifpolitik: Rückbindung ausgelagerter Bereiche; Reduktion
●
●
●
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über Equal Pay-Orientierung
Skandalisierung
Beratung, z.B. DGB-Projekt Faire Mobilität, auch im EUAusland
Lobbying auf Bundes-, EU- und Landesebene
Bundespolitik ist wichtigste Ebene!
Koalitionsvertrag der Bundesregierung (12/2013):
(1) Scheinwerkverträge verhindern, u.a.:
● Prüftätigkeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit erleichtern und
ausreichend personalisieren,
● Abgrenzungskriterien werden gesetzlich niedergelegt;
● Informationsrechte des Betriebsrates konkretisieren;
● Verleiherlaubnis eines Werkvertragsunternehmens soll nicht
rückwirkend illegale Arbeitnehmerüberlassung legitimieren;
(2) Arbeitsschutz für Werkvertragsarbeit sicherstellen
(3) Tarifpolitische Rahmenbedingungen Guter Arbeit:
● Allgemeiner Mindestlohn
(Referentenentwurf mit
Haftungsregelung für gesamte Subunternehmerkette!)
● Öffnung Arbeitnehmerentsendegesetz für alle Branchen;
● Reform der Allgemeinverbindlichkeitserklärung nach dem TVG
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Gesetzentwurf des Bundesrates der A-Länder
(9/2013):
●Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes:
Betriebsrat erhält Zustimmungsverweigerungsrecht, wenn
Stammbeschäftigte ersetzt werden könnten.
Sonstige Reformoptionen in der Diskussion:
●Beweislastumkehr bei Werkverträgen: nicht der
Arbeitnehmer, sondern Betrieb muss legale WV belegen,
kann er dies nicht dann Einklagemöglichkeit auf Anstellung
●Telefon-Hotline Mindestlohn
●Einführung Verbandsklagerecht
●Meldepflicht, Einführung amtlicher Statistik und Evaluierung
●Nationale Praxis Gewerbeanmeldungen bei selbständiger
Tätigkeit regulieren (z.B. Nachweis Betriebsräume,
Sozialversicherungs- und Steuernachweise)
●Nationale Umsetzung Generalunternehmerhaftung
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Regulierungsvorgaben EU-Ebene mit teils
nationalen Spielräumen
EU-Entsenderichtlinie 1996 (für grenzüberschreitend tätige
Arbeitnehmer):
● Mindestregelungen des Gastlandes
● EuGH-Urteile (2007/2008) haben zu Kritik geführt
Kommissionsentwurf (2012) „Durchführungsrichtlinie zur
Entsenderichtlinie“ aktuell (März 2014) umstritten:
● Generalunternehmerhaftung für Folgeunternehmen oder ganze
●
Subunternehmerkette oder Sanktionsregeln -> möglicher
Kompromiss: nationale Festlegungen möglich
Ausweitung oder Einschränkung Kontrollrechte: u.a. Kontrolle nur
noch auf Initiative des Herkunftslandes versus Europäischer
Online-Datenverbund der Sozialversicherungen, Zoll mit
polizeilichen Ermittlungsmöglichkeiten ausstatten
EU-Dienstleistungsrichtlinie (Unternehmen + Selbständige)
● Nationale Spielräume bei Gewerbeanmeldepraxis
● Keine Spielräume: Wiedereinführung Meisterzwang
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Handlungsbedarfe und -Ansätze auf Landesebene:
Was kann im Saarland getan werden?
● Unterstützung von Bundesrats- und EU-Initiativen und Lobbying
Bundespolitik
● Politische Steuerung über bestehende Landesbehörden/-Gesetze
verbessern:
●
●
●
●
Gewerbeaufsicht: Arbeitsschutzkontrollen durchführen
Praxis der Gewerbeanmeldungen (keine Vertretervollmachten,
Infoblätter in EU-Sprachen)
Tariftreuegesetz: evaluieren und Kontrolle reformieren
(Bremer Modell)
Wirtschaftsförderung: im Koalitionsvertrag Quotenregelung
zur Leiharbeit - erweitern auf „Werk- und Dienstverträge“
● Beratungsstelle für Wanderarbeiter (Beispiel Rheinland-Pfalz)
● Wirksamkeit gesetzliche Regelungen hängt wesentlich vom Umfang
und der Koordinierung von Kontrollen ab!
● Einrichtung einer „Koordinierungs- und Beratungsstelle
Mindestlohn, Mindestarbeitsbedingungen, Werkverträge“
arbeitskammer.de
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit und Beiträge!
arbeitskammer.de
Typische Ketten am Bau (Großbaustellen)
Auftraggeber
Bauträgergesellschaft
Baulogistik mit Subketten
Hauptsubunternehmer Rohbau
Sub 1 Ausschachtung
Hauptsubunternehmer Ausbau
Sub 1 Betonierarbeiten
Sub 1 Heizung/Sanitär/Elektro
Sub 2 Sanitärarbeiten
Sub 2 Elektroarbeiten
Sub 2 Armierung
Sub 3 Eisenhandel
Sub 3: 20 Toiletten
Sub 4 Eisenleger
Sub 4 Fliesenhandel
Sub 5 Entsendefirma
Sub 5 Fliesenlegerei
Sub 6 40 Scheinselbständige
Sub 3 Handwerker-„ARGE“
Quelle: IG Bau
(Schmidt-Hullmann)