Was bedeutet Dir Jesus Christus?

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Transcript Was bedeutet Dir Jesus Christus?

Vitus Seibel SJ,
geb. 1935,
langjähriger Exerzitienbegleiter,
lebt in Berlin.
Jesuiten gelten gemeinhin als kühl und sachlich, distanziert
und intellektuell. Die Glaubenszeugnisse in diesem Band
zeigen eine andere Seite auf. Jesuiten lassen ihr Herz
sprechen! Es sind kleine Liebesgeschichten, die von Wegen
und Umwegen, von Zweifel und Wankelmut, von Versagen
und Neubeginn, von Ergriffensein und Freude erzählen.
Oft spielen biblische Bilder eine Rolle – die Prägung durch
die Exerzitien scheint durch. Das Leben mit Jesus hat
Konsequenzen: Es fordert ein, und es formt den jungen
Mann zu einem „Menschen für andere“.
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Vitus Seibel (Hg.)
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Jesus Christus?
85 Jesuiten geben eine
persönliche Antwort
IGNATIANISCHE IMPULSE
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Ignatianische Impulse
Herausgegeben von Stefan Kiechle SJ und Willi Lambert SJ,
Band 33
Ignatianische Impulse gründen in der Spiritualität des
Ignatius von Loyola. Diese wird heute von vielen Menschen
neu entdeckt.
Ignatianische Impulse greifen aktuelle und existentielle
Fragen wie auch umstrittene Themen auf. Weltoffen und
konkret, lebensnah und nach vorne gerichtet, gut lesbar und
persönlich anregend sprechen sie suchende Menschen an
und helfen ihnen, das alltägliche Leben spirituell zu deuten
und zu gestalten.
Ignatianische Impulse werden begleitet durch den Jesuitenorden, der von Ignatius gegründet wurde. Ihre Themen orientieren sich an dem, was Jesuiten heute als ihre
Leitlinien gewählt haben: Christlicher Glaube – soziale Gerechtigkeit – inter religiöser Dialog – moderne Kultur.
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind
im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
2. Auflage 2009
© 2008 Echter Verlag GmbH, Würzburg
www.echter-verlag.de
Umschlag: Roberto Meraner
Druck und Bindung: fgb · freiburger graphische betriebe
ISBN 978-3-429-03074-2
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Zur Einführung
Den Anstoß für dieses Buch bekam ich durch einen
Ausspruch von Pater Pedro Arrupe (1907–1991), dem
früheren Generaloberen des Jesuitenordens. Ein Journalist hatte ihn gefragt: »Pater Arrupe, was ist für Sie
das Wichtigste?« Er antwortete: »Jesus Christus.« Der
Journalist: »Was bedeutet er Ihnen?« Arrupe: »Alles!«
Die spontane Antwort Pater Arrupes hat mich seither
nicht mehr losgelassen. Ich dachte mir: Wie wäre es,
wenn ich meine Mitbrüder nach der Kurzformel ihres
Glaubens frage: »Was bedeutet Dir Jesus Christus?«
Dieses Buch ist das Ergebnis. Hier finden Sie Beiträge
von 85 Jesuiten unterschiedlichen Alters, die fast ausschließlich der »Deutschen Provinz der Jesuiten« angehören. Am Ende der alphabetisch geordneten Beiträge sind sie mit ihrem Namen, dem Wohnort und
ihrem Geburtsjahr genannt.
Manchmal schätzt man die Jesuiten als kühl, nüchtern,
sachlich distanziert, intellektuell ein – hier finden Sie
persönliche Glaubenszeugnisse. Jesuiten lassen ihr
Herz sprechen! Es sind kleine Liebesgeschichten. Man
merkt geradezu, wie sie den Schreibern kostbar sind.
Immer wieder greift die Kurzformel auch auf Bibelworte zurück, oft festgehalten in einem Spruch zu den
Gelübden oder zur Priesterweihe.
Natürlich sind Kurzformeln fragmentarisch. Vieles,
was wichtig und beglückend ist, kann so knapp nicht
ausgeführt werden. Wenn die Lesenden hie und da
Aussagen vermissen, die nach ihrem Verständnis unabdingbar sind, mögen sie dies berücksichtigen.
Oft sprechen die Texte von Bildern, vom Schauen und
vom Betrachten. Das entspricht den Exerzitien des
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Ordensgründers Ignatius von Loyola. Ignatius lädt immer wieder dazu ein, beim Beten die Vorstellungskraft
einzusetzen und sich Jesus Christus vor Augen zu
führen. Denn Jesus Christus »ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes« (Kol 1,15). Wer ihn sieht, sieht den
Vater (vgl. Joh 14,9).
Auch Reifungsprozesse und Entwicklungslinien werden sichtbar. Sie greifen auf, was schon Ignatius in seiner Autobiographie, dem »Pilgerbericht«, mitteilen
wollte, nämlich »wie der Herr ihn geführt hat«.
Schlüsselbotschaften durchziehen die Texte und bekommen in verschiedenen Lebensphasen unterschiedliche Färbungen. Die Autoren empfinden sie meist als
hilfreich und bereichernd für ihren Versuch der Nachfolge. Und sie geben der Hoffnung Ausdruck, dass
Gott noch nicht am Ende ist mit ihnen.
Oft berichten sie von Gefährdungen, von Wankelmut,
von widersprüchlichem Verhalten und von Versagen –
bei aller Bereitschaft, im Lebensskript eine großherzige Antwort auf die zuvorkommende Liebe Jesu Christi zu finden, der bereit war, ans Kreuz zu gehen.
Spürbar ist die Ergriffenheit, einer Liebe zu begegnen,
die einen langen Atem hat, die nicht aufrechnet, sondern großzügig ist, langmütig, überwältigend. Von
Gott her in Jesus Christus unverbrüchlich geliebt zu
sein ist in fast allen Beiträgen zu spüren und das Staunen darüber, dass er Freundschaft anbietet und einlädt
zur Gefährtenschaft.
Nicht verwunderlich ist, dass in den Texten auf die
Konsequenzen angespielt wird, die aus der Liebe folgen. Die Mitbrüder leben ja in einem Orden, in dem
sie nicht nur für sich selbst da sind, sondern von ihrem
Herrn darauf verwiesen werden, »Menschen für andere« (Arrupe) zu sein. Sie wissen sich gesandt in eine
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Welt, in der so viele Kleine und klein Gemachte leben, die Geringsten eben, die Jesus so teuer sind. Spürbar ist, dass die Liebe danach verlangt, sich auszuweisen im Dienst am Glauben, der den Einsatz für die
Gerechtigkeit mit einschließt.
Wenn diese Glaubenszeugnisse Sie anregen, Ihre eigene Kurzformel des Glaubens ans Licht zu heben und
darüber zu staunen, wie Sie von Jesus Christus geführt
werden, soll es mir recht sein. Wenn Sie sich darüber
hinaus eingeladen sehen, frohgemut im Glauben an
ihn zu leben und es hie und da anderen weiterzusagen, verwirklichen Sie, was wir im ersten Petrusbrief
lesen und was man auch diesen Glaubenszeugnissen
voranstellen könnte: »Seid stets bereit, jedem Rede
und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt,
die euch erfüllt« (1 Petr 3,15).
Vitus Seibel SJ
Folgende Mitbrüder haben einen Beitrag geschrieben:
Hans Abart, Holger Adler, Bengt Almstedt, Anton Altnöder,
Peter Balleis, Andreas R. Batlogg, Josef Bill, Hans-Bernd
Bollmann, Norbert Brieskorn, Arnold Brychcy, Erwin
Bücken, Jörg Dantscher, Ludwig Dehez, Wolfgang Felber,
Philip Geister, Eberhard von Gemmingen, Johannes Günter
Gerhartz, Thomas Gertler, Herbert Graupner, Hans Grünewald, Herbert Günther, Bernd Hagenkord, Michael Hainz,
Julian Halbeisen, Bernhard Heindl, Christian Herwartz,
Ernst Heurich, Ludger Hillebrand, Eugen Hillengass, Gundikar Hock, Alfons Höfer, Wolfgang Hoffmann, Werner
Holter, Bernward Jensch, Ulf Jonsson, Ludger Joos, Tobias
Karcher, Medard Kehl, Christoph Kentrup, Stephan Ch.
Kessler, Stefan Kiechle, Alois Koch, Felix Körner, Petrus
Köst, Wendelin Köster, Karl Adolf Kreuser, Hermann Küg7
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ler, Erhard Kunz, Willi Lambert, Alex Lefrank, Herbert
Liebl, Stephan Lipke, Alexander Löffler, Fabian Loudwin,
Markus Luber, Martin Maier, Adrian Marbacher, Josef
Maureder, Klaus Mertes, Lutz Müller, Franz-Anton Neyer, Frido Pflüger, Raymond Rambatoson, Manfred Richter,
Georg Maria Roers, Theodor Rogoß, Otto I. Schabowicz,
Josef Schmidt, Wolf Zanorashe Schmidt, Michael Schneider
, Josef Schuster, Vitus Seibel, Johannes Siebner, Josef Singer,
Tobias Specker, Johann Spermann, Martin Stark, Stefan
Taeubner, Christian Troll, Klaus Väthröder, Ansgar Wiedenhaus, Otto Winkes, Tobias Zimmermann, Patrick Zoll,
Hans Zollner.
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Der Blick Jesu
Den kleinen Abschnitt aus dem Matthäusevangelium
(9,9–13), in dem die Berufung des Matthäus erzählt
wird, kenne ich schon lange: wie Jesus in sein Haus
ging und sich mit Zöllnern und Sündern an einen
Tisch setzte. Aber erst vor etwa zehn Jahren ist mir etwas aufgefallen.
Ich habe mich gefragt: Wie ist Jesus diesen als gesetzlos Angesehenen begegnet, so dass sie immer wieder
seine Nähe suchten? Für Jesus waren diese Kontakte
so typisch, dass er »Freund der Zöllner und Sünder«
(Mt 11,19) genannt wurde und es heißt: »Alle Zöllner
und Sünder kamen zu ihm« (Lk 15,1).
Nochmals: Wie ist Jesus diesen Menschen begegnet? Ich
kann mir das nur vorstellen als eine einzigartige Verbindung von Klarheit und Respekt, von Wahrheit und Liebe. Ich stelle mir weiter vor, dass Jesus ihnen diese Haltungen nicht predigte, sondern dass sie mit dem Blick,
den er ihnen schenkte, einfach gegeben waren.
Mit der Beziehung zu den Zöllnern und Sündern lebte er gefährlich, denn die Pharisäer und Schriftgelehrten standen schon vor der Tür. Sie sahen nur die Kumpanei mit den Gesetzlosen und das Charisma Jesu in
seiner Wirkung auf die Massen. Das hielten sie für überaus bedrohlich. Jesus ließ sich in seiner Liebe dennoch
nicht beirren. »Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt« (Joh 15,13).
Jesu Blick von Klarheit und Respekt, von Wahrheit
und Liebe, für die er auch bereit war, sein Leben hinzugeben, begleitet mich seither. Er ist für mich das
Fenster zu Gott, der die Liebe ist.
Hans Abart SJ, München, geb. 1937
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