Gesundheitskompetenz ein neues Schlagwort oder Auftrag der Pflege

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Transcript Gesundheitskompetenz ein neues Schlagwort oder Auftrag der Pflege

Gesundheitskompetenz –
ein neues Schlagwort oder Auftrag der Pflege?
Friederike Thilo, Kathrin Sommerhalder, Sabine Hahn
Definition von Gesundheitskompetenz (GK)
„Unter
dem Begriff Gesundheitskompetenz werden
kognitive und soziale Fähigkeiten verstanden, welche die
Motivation und Möglichkeit von Individuen prägen, sich
Gesundheitsinformationen zu erschliessen, diese zu
verstehen und zu nutzen, um die Gesundheit zu erhalten
und zu fördern.“
(Nutbeam, 1998, S. 357)
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Ausgangslage
Gesundheitskompetente Patienten:
 schneller und nachhaltiger gesund (Stutz-Steiger & Spycher, 2006)
 nutzen häufiger Prävention und Screening (Cutili, 2007; Riley et
al., 2006)
 seltener hospitalisiert (Parker et al., 2003)
 besser Medikamenten-Compliance (Adams et al., 2009)
 Einsparungen im schweizerischen Gesundheitssystem
von 1.5 Mrd CHF (Stutz-Steiger & Spycher, 2006)
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Ziel des Vortrags
 Das Konzept GK für die professionelle Pflege
transparent und nutzbar machen:

Anhand folgender Fragen:
1. Wie definiert sich GK in der Literatur?
2. Wie definiert sich GK im pflegerischen Setting?
3. Wie kann GK von Pflegenden erfasst werden?
4. Wie kann GK von Pflegenden gefördert werden?
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Methode
1. und 2. Fragestellung:
 Umfassende Literaturrecherche
 Datenanalyse: Konzeptanalyse in Anlehnung an Walker &
Avant (1998)
3. und 4. Fragestellung:
 Screeninginstrument von Chew et al. (2004): Dt. Übersetzung
 Referenzinstrument Newest Vital Sign (NVS)
(Weiss et al., 2005)
 Instrumentenvalidierung: Befragung
 Fokusgruppeninterview (Pflegefachpersonen)
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1. Ergebnisse: generelle Definition
 Begriff GK aus dem Englischen: „health literacy“
 Literacy: Lesen, Schreiben, Rechnen und Sprache (aus
dem Englischen)
 Kompetenz: Sachverstand/ Zuständigkeit (aus dem
Lateinischen)
 In der Literatur 28 Definitionen von GK (20
angloamerikanische, 8 deutschsprachige)
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1. Ergebnisse: generelle Definition
Zentrale Begriffe
Beschreibung
Grundfertigkeiten
Lesen, Schreiben, Rechnen,
Sprachverständnis
Zugang zu
Informationen
Wissenserwerb, Beschaffung von
Informationen, Zugang zu Wissen
Informationen für
sich nutzbar
machen und
entscheiden
Wissen nutzen, beurteilen, verstehen,
handeln, kommunizieren, individuelle
Möglichkeiten erkennen, kognitive
Fertigkeiten, soziale Fertigkeiten
Zurechtfinden im
im Gesundheitssystem funktionieren/
Gesundheitssystem navigieren, Dienste des Gesundheitssystems nutzen
Kontext
Alltag, Gesellschaft,
Gesundheitssystem, Wirtschaft, Politik
(Quelle: Eigen)
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2. Ergebnisse: Definition pflegerisches Setting
Partnerschaftliche Beziehung
Informierte
Entscheidung
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Aktive Rolle
(Quelle: Eigen)
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2. Ergebnisse: Definition für die Pflege
GK ermöglicht dem Patienten,
zu
und zu
, sich im
im Kontext
,
Gesundheit und Krankheit zu
und
zu formulieren. Um gesundheitskompetent
zu sein, braucht der Patient die
des
,
und
. Die Gesundheitskompetenz
befähigt das Individuum, eine
zu gesundheitsrelevanten Fachpersonen
einzugehen,
zu treffen und
dadurch eine
in seiner
zu übernehmen, um diese
, zu
oder
.
(Thilo, 2009)
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3. Ergebnisse: Erfassung GK
Vorläufige Ergebnisse zum Screening von GK:
 Sample: 219 Patienten aus zwei städtischen
Krankenhäusern in Bern (Schweiz); Alter: Mean 52.9;
SD ± 16.8; Geschlecht: ♂55.7% (122), ♀44.3% (97)
 44% aller Probanden mit niedriger GK (NGK)
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3. Ergebnisse: Erfassung GK
1. Wie sicher sind Sie, wenn Sie ein medizinisches
Formular selber ausfüllen?
2. Wie sicher sind Sie, wenn Sie den
Anwendungsinstruktionen von Medikamenten folgen
sollen?
 Die Sensitivität (Wahrscheinlichkeit Patienten mit
geringer GK als solche zu identifizieren) liegt bei 76%.
 Die Spezifität (Wahrscheinlichkeit, Patienten ohne
geringe GK als solche zu identifizieren) liegt bei 45%.
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4. Ergebnisse: Förderung GK
Empfehlungen für schriftliche Informationen:
 Gesundheitsinformationen in einfachen, kurzen und
aktiven Sätzen verfassen.
 Fachbegriffe erklären.
 Texte so organisieren, dass wichtige
Verhaltensanweisungen am Anfang des Textes stehen.
 Wichtiges grafisch hervorheben.
 Das Geschriebene mit Grafiken und Bildern
veranschaulichen.
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4. Ergebnisse: Förderung GK
Empfehlungen für mündliche Informationen:
 Klar und in einfachen Worten informieren.
 An Vorwissen anknüpfen – also zu Beginn Wissen des
Patienten zum Thema erfragen.
 1 bis 3 wichtige Punkte herausheben und wiederholen.
 Patienten ermutigen Fragen zu stellen (mittels offener
Fragen).
 Patient in seiner förderlichen Handlung bestätigen.
 Teach – Back Technik benutzen.
 Wichtige Informationen aufschreiben oder aufzeichnen.
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Diskussion
 Definition von GK für die Pflege erarbeitet.
 Definition stellt hohe Anforderungen an Pflege, Patient
und Familie.
 Validierung eines deutschsprachigen
Screeninginstruments → mässig gute Erfassung von
Patienten mit NGK → weitere Forschung.
 Massnahmen zur Förderung von GK erarbeitet → weitere
Forschung.
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Schlussfolgerung

Dem Setting angepasste Definition erlaubt vertiefte und
vergleichbare Forschung und Integration eines
vereinheitlichten Konzepts in die Praxis.

Konzept GK eröffnet der professionellen Pflege konkrete
Möglichkeiten das Wissen, die Eigenständigkeit der Patienten
zu erhöhen und legt somit Wert auf ein verbessertes und
nachhaltiges Outcome der Patienten.

GK verliert Schlagwortcharakter und wird zur Aufgabe .

Pflege durch Kompetenzbereich prädestiniert zur Erfassung
und Förderung von GK.

Förderung der GK eine zentrale Aufgabe der Pflege.
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Literaturverzeichnis:
-
Adams et al. (2009). Health literacy: A new concept for general practice? Australian Family Physician.
Vol. 38. No. 3, 144 – 147.
-
Chew, L. D., Bradley, K. A., & Boyko, E. J. (2004). Brief questions to identify patients with inadequate
health literacy. Family Medicine, 36(8), 588-594.
-
Cutilli, C. C. (2007). Health Literacy in Geriatric Patients. Orthopaedic Nursing. Vol. 26. No. 1, 43 – 48.
-
Weiss, B. D., Mays, M. Z., Martz, W., Castro, K. M., DeWalt, D. A., Pignone, M. P., et al. (2005). Quick
assessment of literacy in primary care: The newest vital sign. Annals of Family Medicine, 3(6), 514522.
-
Nutbeam, D. (1998). Health promotion glossary. Health Promotion International. Vol.
-
13. No.4, 349 – 364.
-
Parker, R. M., Ratzan, S. C. & Lurie, N. (2003). Health Literacy: A Policy Challenge For Advancing
High-Quality Health Care. Health Affairs. Vol. 22. No. 4, 147 – 153.
-
Riley, J. B., Cloonan, P.& Norton, C. (2006). Low Health literacy: A Challenge to Critical Care. Crit
Care Nurs Q. Vol. 29. No. 2, 174 – 178.
-
Stutz-Steiger, T. & Spycher, S. (2006). Gesundheitskompetenz – Grundlage für einen neuen Blick auf
die Gesundheit. Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik. 14 – 16.
-
Walker, L. O. & Avant K. C. (1998). Theoriebildung in der Pflege. Wiesbaden : Ullstein Medical.
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