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Präventive Netze für Kinder - Hintergründe, Chancen und Probleme
Überblick
1.
Kinder stark machen – eine Gemeinschaftsaufgabe
2.
Brücken, Leitplanken und Netzwerke für Kinder
3.
Chancen und Probleme von (regionalen) Netzwerken
Präventive Netze für Kinder - Hintergründe, Chancen und Probleme
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Präventive Netze für Kinder - Hintergründe, Chancen und Probleme
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Was brauchen Kinder (Menschen)?
Bedürfnispyramide
•
Nach dem US- Psychologen
Abraham Maslow (1908-1970) unterscheidet
man 5 Bedürfnis-Schichten:
1. Körperliche Grundbedürfnisse: Atmung, Wärme,
Trinken, Essen, Schlaf und Fortpflanzung.
2. Sicherheit: Wohnung, fester Job,
Versicherungen, Gesundheit, Ordnung.
3. Soziale Beziehungen: Freundeskreis,
Partnerschaft, Nächstenliebe, Kommunikation.
4. Soziale Anerkennung: Status, Macht, Karriere,
Auszeichnungen, Rangerfolge.
5. Selbstverwirklichung: Individualität,
Talententfaltung, Altruismus, Güte, Kunst.
 Hierarchie? Reihenfolge?
Maslow, Abraham H. (1943). A theory of human motivation. In Psychological Review (50), S. 370-396.
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Sind die kindliche Betreuungsbedürfnisse stabil? (1)
•
Selbstwirksamkeitserleben: Die Freude am „Selber machen“, am „Es sich
selbst und anderen zeigen“ ist Menschen in die Wiege gelegt. Flammer (1995)
beschreibt, wie bei Kleinkindern die Aktivität durch Wirksamkeitswahrnehmungen
steigt. Dazu nutzte er ein Spielmobil, das man durch Saugen an einem Nuckel
bewegen kann. Ab dem 5. Monat nuckeln Babys auch dann, wenn sie satt sind,
also aus Spaß am Beobachten selbstproduzierter Effekte.
 Zweijährige wollen alles selber machen („Was passiert dann Maschine“).
 Fünfjährige besitzen schon ein Tüchtigkeitskonzept und erlernen durch
Erfolge und moderate Misserfolge z.B. Anstrengungsbereitschaft oder
Stressbewältigung.
 Die Überzeugung, „Etwas fertig zu kriegen“, hat allerhöchste Bedeutung für
die Lebensqualität und den Lebensverlauf:
- Das Gefühl, „Zu nichts nütze" zu sein, „Nichts mehr fertig zu bekommen“,
führt zu geringem Lebenswillen (Altersforschung) und befördert physische
und psychische Krankheit!
•
Betreuungsbedürfnisse wachsen mit den Kindern mit; Betreuungsformen
müssen auch mitwachsen!
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Sind die kindliche Betreuungsbedürfnisse stabil? (2)
•
•
•
•
Aggressivität:
 Misst man die Häufigkeit aggressiver Akte wie Beißen, Schlagen und
Stehlen, sind 4-Jährige die aggressivste Bevölkerungsgruppe (Cairns, 1979).
 Nach dem 5. Lebensjahr nehmen beobachtbare Konflikte deutlich ab. Dies
wird oft als wachsende Friedfertigkeit und Erziehungserfolg missdeutet!
 In Wirklichkeit zeigen sich darin die Etablierung von Dominanz- und
Statushierarchien sowie die Habitualisierung von Täter- und Opferrollen.
Spielanforderungen (Netzwerk-Kooperations-Anforderungen!):
 Bei 3- bis 4-Jjährigen wächst der Anteil kooperativen Spiels sprunghaft.
 Es müssen: (1) Spielpartner gewonnen werden, (2) gemeinsame Spielziele
und -strategien festgelegt, ausgehandelt und weiterentwickelt werden und
(3)
Spielpartner (für die Zukunft) „bei der Stange gehalten werden“.
Konfliktursachen (Kooperationsprobleme!):
 Perspektivenübernahmefähigkeiten, Kommunikationsfähigkeiten, Impulsivität,
Eigentumsverständnis, Gruppeneinstieg …
Prävention muss entwicklungsstandgerecht erfolgen!
Quelle:
Sturzbecher, D. & Waltz, C. (2003). Kooperation und soziale Partizipation als Bedürfnis und Entwicklungsaufgabe von Kindern. In D. Sturzbecher & H.
Großmann (Hrsg.). Soziale Partizipation im Vor- und Grundschulalter. Grundlagen (S. 13-44). München: Reinhardt.
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Welche Entwicklungsrisiken drohen Kindern? (1)
Die Kauai-Studie
•
Werner (1982) begann in den 1950er Jahren eine Studie
zur physischen, kognitiven und sozialen Entwicklung
einer Kohorte in einem abgegrenzten Territorium, der
Insel Kauai des Hawaii-Archipels:
 Es wurden alle Kinder (N = 698) des Geburtsjahres
1955 unmittelbar nach der Geburt sowie im 2., 10., 18.
und 30. Lebensjahr untersucht.
Prof. Emmy E. Werner
University of California
•
Kinder, die von Beginn ihres Lebens an 4 oder mehr bedeutsamen
Risikofaktoren ausgesetzt waren, litten mehrheitlich unter Lern- und
Verhaltensproblemen oder wurden straffällig bzw. psychiatrisch auffällig.
 Ein Drittel der Risiko-Kinder (42 Mädchen, 30 Jungen) entwickelten sich
jedoch trotz massiver multipler Belastungen zu kompetenten, „störungsfreien“
Personen; sie waren anscheinend „zwar verletzlich, aber unbezwinglich“!
•
Seit dieser Studie wissen wir etwas (wissenschaftlich belastbares) über
Entwicklungsrisiken und Schutzfaktoren!
Quellen: Werner, E.E. (1993). Risk, resilience and recovery: Perspectives from the Kauai Longitudinal Study. In Development and Psychopathology 5, 503-515.
Werner, E.E. & Smith, R.S. (1982). Vulnerable but Invincible: A Study of Resilient Children. New York.
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Welche Entwicklungsrisiken drohen Kindern? (2)
Ergebnisse der Kauai-Studie
Hauptrisikofaktoren
VULNERABILITÄT
Unterstützungsquellen
Hauptstressquellen
Kindheit und
Jugendalter
Schutzfaktoren im Kind
Förderliche
Umweltbedingungen
Spannbreite der möglichen Entwicklung
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Welche Entwicklungsrisiken drohen Kindern? (3)
Ergebnisse der Kauai-Studie
Hauptrisikofaktoren
(bei Geburt)
• Chronische Armut
• Geringe Schulbildung der Mutter
• Mittelschwere Geburtskomplikationen
• Frühe Entwicklungsverzögerungen
• Genetische Störungen
• Psychische Erkrankungen der Eltern
VULNERABILITÄT
Hauptstressquellen
Kindheit und
Jugendalter
Unterstützungsquellen
Schutzfaktoren im Kind
Förderliche
Umweltbedingungen
Spannbreite der möglichen Entwicklung
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Welche Entwicklungsrisiken drohen Kindern? (4)
Ergebnisse der Kauai-Studie
Hauptrisikofaktoren
Hauptstressquellen
Kindheit und Jugendalter
• Längere Trennung von primärer Bezugsperson im 1. Lj.
• Abstand zum nächst jüngeren Geschwister < zwei Jahre
• Häufige oder schwere Kinderkrankheiten
• Elterliche Krankheiten (physisch, psychisch)
• Chronisch familiale Disharmonie
• Abwesenheit des Vaters
• Arbeitslosigkeit der Eltern
• Wohnortwechsel, Schulwechsel
• Scheidung/Trennung der Eltern
• Neuheirat eines Elternteils, Einzug eines Stiefelternteils
• Behindertes Geschwister, Verlust älterer Geschwister)
Unterstützungsquellen
Schutzfaktoren im
Kind
Förderliche
Umweltbedingungen
Spannbreite der möglichen Entwicklung
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Wie kann man Risiken erfolgreich begegnen? (1)
Das Resilienzkonzept
•
Rutter (1990): Resilienz ist das Vermögen einer Person oder
eines sozialen Systems (z.B. Familie), sich trotz schwieriger
Lebensbedingungen („im Angesicht des Elends“) auf sozial
akzeptiertem Wege gut zu entwickeln. Dieses Vermögen umfasst
 den Widerstand gegen die Zerstörung der eigenen Persönlichkeit
und Integrität (z.B. Gesundheit, Unbescholtenheit) unter
äußerem Druck und
 den Aufbau eines positiven Lebens unter widrigen
Umständen.
Sir Michael Rutter
University of London
•
Der aus dem Englischen stammende technische Begriff „resilience“ bezeichnet
eigentlich die Eigenschaft von Werkstoffen, nach starken Verformungen die
ursprüngliche Gestalt wieder anzunehmen („Fußballeffekt“).
•
Die Resilienzforschung fragt danach,
 warum sich Menschen trotz erdrückender Entwicklungsrisiken zu psycho-sozial
gesunden Persönlichkeiten entwickeln und
 was man daraus für die Prävention lernen kann.
Quellen: Rutter, M. (1990). Psychosocial resilience and protective mechanisms. In J. Rolf, A.S. Masten, D. Cicchetti, K.H. Nüchterlein & S. Weintraub (Eds.),
Risk and protective factors in the development of psychopathology. Cambridge: Cambridge University Press.
Masten, A.S., Best, K.M. & Garmezy, N. (1990). Resilience and development: Contributions from the study of children who overcome adversity.
Development and psychopathology 2,425-444.
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das Haus
der
Resilienz!
Mansarde
Fähigkeiten
Selbstwirksamkeit
(Internale Kontrollüberzeugung)
Erdgeschoss
Fertigkeiten
(auch bei Imperfektion und
Fehlern oder wenn Dinge
schief laufen;
verbunden mit Perspektivenwechsel,
Spiel, Fantasie …)
Vermögen, im Leben Sinn, Bedeutung und
Zusammenhänge zu entdecken
Rollenvorbilder für konstruktives
Bewältigungsverhalten bei Belastungen
Baugrund
•
Wir brauchen
werke!
Sinn für Humor
Balance von sozialer Verantwortung
und Leistungsforderungen
Fundament
Wir brauchen ressourcenorientierte
Unterstützungsangebote für Kinder.
Andere Erfahrungen,
die zu entdecken sind
Selbstachtung
Obergeschoss
•
Informelle soziale Unterstützungsnetzwerke:
zuerst die Familie, aber auch
Freunde, Nachbarn, …
Tiefe, bedingungslose Akzeptanz des Kindes
als Person
(nicht seines Verhaltens)
 Die Gesamtheit dieser
„Kraftquellen“
kann nicht eine
einzige
Institution
(auch
nicht
die
Familie) bereitstellen bzw. sichern.
Elementare materielle Bedürfnisse
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Netz-
Vanistendael, S. (2003). Wachsen im Auf und Ab des Lebens. In D. Sturzbecher & B. Schrul (Hrsg.),
Kinder stark machen ... Uni Potsdam.
Die
„Casita“:
Quelle:
Wie kann man Risiken erfolgreich begegnen? (2)
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Netzwerke für Kinder (1)
1. Beispiel: ein regionales Netzwerk (Gesundheitswesen)
•
Kita und Schule sind
nur Teile des Netzwerks für Kinder.
•
Bildung ist nur ein
Teil der Kraftquellen
der Entwicklung.
 Was gehört z.B. zu
einer guten Kitabetreuung
noch
dazu?
Quelle:
Ellsäßer, G. Ressourcen des Gesundheitswesens Früherkennung und Vernetzung. Vortrag zur Beratung
der Jugendamtsleiter/innen, 25.04.2007, Bernau.
 Nicht alle zusätzlichen Komponenten müssen durch
institutionelle Netzwerke gestellt werden!
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Netzwerke für Kinder (2)
Das „Head Start“ – Programm für Kinder in den USA
•
„Head Start“ ist ein 1965 ins Leben gerufenes Vorschulprogramm und
richtet sich an Familien mit niedrigem Einkommen:
 Bestandteile:
Erziehung
und
Bildung,
Gesundheitsvorsorge,
Ernährungsberatung, Einbeziehung der Eltern in die pädagogische Arbeit
und Entwicklungsscreening.
•
In Längsschnittstudien wurden langfristig günstige Entwicklungen von
Risikokindern berichtet, die sich an Vorschulprogrammen des Head StartProjekts beteiligt hatten (z.B. bessere Bildungsabschlüsse, bessere
Gesundheit, weniger Kriminalität):
 „Early intervention for disadvantaged children can yield an economic return
that makes it a good investment relative to other uses of society's
resources” (Barnett & Escobar, 1987).
•
Einfacher ausgedrückt: Man spart mit Prävention (und besser nicht an der
Prävention)!
Quellen: Barnett, W. S. & Escobar C.M. (1987). The economics of early educational intervention: A review. Review of Educational Research, 57(4), 387-414.
Zigler, E. & Muenchow, S. (1992). Head Start. The Inside Story of America's Most Successful Educational Experiment. New York: Basic Books.
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Netzwerke für Kinder (3)
•
Entwicklungsscreening:
I
Gesundheit (!)
II
Wahrnehmung – Orientierung
III
Motorik
IV
Aufmerksamkeit – Impulsivität
V
Kognitive Entwicklung
VI
Sprache
VII
Verhaltensauffälligkeiten (!)
VIII
Weitere Belastungssymptome (!)
(Vernachlässigung und
Misshandlung in der Familien)
Dokumentation: Behandlung –
Förderung – Beratung
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Der „KIEK“?
•
Weitere Belastungssyndrome:
•
Materialien des KIEK:
 Handbuch mit Beobachtungsbögen
und Beurteilungshilfen
 Verwendung von Altersnormen für
„Spätentwickler
 Beispielorientierung
•
•
Screening nützt nichts ohne Förderung!
Das KIEK-Handbuch enthält nützliche Hinweise auf Förderangebote,
Fachdienste und Experten, die professionelle Unterstützung gewähren:




Vorgehen beim Verdacht auf Kindeswohlgefährdung,
Regionale Angebote zum Schutz und zur Förderung von Kindern,
Hinweise für Erzieherinnen,
Wegweiser für Rat suchende Eltern von Kindern mit speziellem Förderbedarf.
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Netze für Kinder (4)
2. Beispiel: ein überregionales Netzwerk (QM in Kita)
•
Schwächen des gegenwärtigen Qualitätsmanagements:
 Die Erfassung der Dienstleistungsqualität ist einseitig; die Perspektive des
Kindes wird ausgeblendet.
 Die Ergebnisqualität wird ausgeblendet.
 Qualitätserfassung und Qualitätsförderung bleiben oft unverzahnt.
•
Besser: Multiperspektivisches Methodensystems zur Qualitätsfeststellung
1. Schritt:
Seminare mit Trägervertretern und pädagogischem Personal
zu sinnvollen Formen der Qualitätserfassung
2. Schritt:
Diskussion der Bausteine (z.B. Expertenbeobachtung, Elternbefragung, spielbasierte Kinderbefragung, Beschwerdemanagement,
trägerinterne Qualitätsaudits …) …
•
Besser: Maßnahmesystem zur Qualitätsförderung
1. Schritt:
Erarbeitung von Bedarfsanalysen und Qualitätsförderplänen
2. Schritt:
Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen und schrittweise
Anpassung
des
Fortbildungssystems
an
die
Evaluationsergebnisse …
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„Spielbasierte Kinderbefragung“?
Wissen Kinder denn, ob Sie gut behandelt werden?
•
Die kindliche Perspektive auf die Betreuungsqualität ist ein unverzichtbares
Puzzleteil zur Bestimmung ihrer Erziehungs- und Entwicklungswirksamkeit!
• Der „G-KIT“ wurde in Grundschulen und Kindergärten erprobt und wird bis
2008 revidiert! (Und danach automatisiert?)
Quellen: Sturzbecher, D. & Freytag, R. (2000). Familien- und Kindergarten-Interaktions-Test (FIT-KIT). Göttingen: Hogrefe.
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Chancen und Probleme von Netzwerken (1)
•
Kooperation erfordert neben Kooperationsbereitschaft eine Selbstvergewisserung über die eigenen Ziele und Strategien, eine Kenntnis der Ziele
und Strategien der Partner sowie
Aushandlungskompetenz zur
Etablierung und Fortschreibung gemeinsamer Ziele und Strategien:
 Kooperation schafft neue Anforderungen (z.B. Führung) und eröffnet dafür
neue Ressourcen (durch Arbeitsteilung und Wettbewerb).
•
Chancen:
 Spezifische Kompetenzen unterschiedlicher Professionen werden gebündelt
und Informationen getauscht.
 Verlässliche Strukturen erleichtern und verkürzen die Einzelfallbearbeitung.
 Nicht der Kunde muss die Institutionenangebote abwägen und kombinieren,
sondern die Institutionen erarbeiten ein kundengerechtes Angebot.
•
Probleme:
 Koordination kostet immer Zeit und Geld: also keine „Übervernetzung“!
 Das Geben und Nehmen muss ausbalanciert werden.
 Keiner fühlt sich mehr (haupt-) verantwortlich.
 Beauftragte der Netzwerkmitglieder sind oft nicht zu Entscheidungen
autorisiert.
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… und nicht vergessen: der Gruppeneinstieg (s.o.)
•
Corsaro (1979) unterscheidet bei Vorschulkindern 5 Strategien für den
Gruppeneinstieg: (1) Annäherung, (2) Umkreisen, (3) Störung der
Gruppenaktivität, (4) Erheben eines Anspruchs auf einen Ort oder ein Objekt
sowie (5) Nachahmung und Variation der Gruppenaktivität.
 Petzen fehlt: „Die lassen mich nicht mitmachen, sag denen mal …!“
 Davon verspricht meist nur die 5. Strategie Erfolg.
•
Die Schwierigkeit des Gruppeneinstiegs besteht darin, die Diskrepanz
zwischen dem individuellen und dem kollektiven Bezugsrahmen (z.B.
Interessen, Ziele, Pläne, Werte und Normen) zu verringern (Phillips,
Shenker & Revitz, 1951).
•
Für einen erfolgreichen Gruppeneinstieg erscheint es ratsam anzudeuten,
dass man sich den Bezugsrahmen der Gruppe bereits erschlossen hat oder
zumindest bereit dazu ist und dass man ihn respektiert („Idiosynkratischer
Kredit“; Hollander, 1964).
 Wer erklärt das alles den Kindern (bzw. den Netzwerkbeteiligten)?
Quellen: Corsaro, W.A. (1979). “We're friends right?": Children's use of access rituals in a nursery school. Language in Society, 8, 315-336.
Hollander, E.P. (1964). Leader, groups, and influence. Oxford: Oxford University Press.
Phillips, E.L., Shenker, S. & Revitz, P. (1951). The assimilation of the new child into the group. Psychiatry, 14, 319-325.
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Chancen und Probleme von Netzwerken (2)
Wie kann man professionell kooperieren?
•
Partner systematisch und unabhängig vom aktuellen Problemfall vernetzen!
•
Vorhandene Strukturen (Institutionen) und Kooperationsformen nutzen:

zusammenführen, umstrukturieren (ressourcenorientiert), qualifizieren
•
Schaffung einer kooperationsdienlichen Infrastruktur (s. u.):

Verständigung über gemeinsamen Auftrag, bei dem jeder Partner
spezielle Funktionen ausübt, Kompetenzen einbringt und
Verantwortungsbereiche übernimmt.

Motto: „Was kann ich zum großen Ganzen beitragen?“
statt „Was kann ich dirigieren und delegieren?“
•
Eventuelle Konfliktlinien und Spannungsfelder transparent machen und
(präventiv) bearbeiten.
•
Adressatenbeteiligung sichern: Kommen Angebote an, was ist optimierbar?
•
Öffentlichkeitsarbeit leisten (ohne Indizierung von „Hilfebedürftigen“,
„Problemgruppen“…)!
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Chancen und Probleme von Netzwerken (3)
• Schaffung einer kooperationsdienlichen Infrastruktur:

Die Kooperation muss auf überschaubare Zeit konkret und nachprüfbar
(d. h. schriftlich) vereinbart sein.

Ort und Zeit für Koordinationstreffen, die organisatorische Verantwortung
und die fachliche Gesamtverantwortung (z.B. Kinderschutz § 8a bei
Jugendämtern) müssen festgelegt werden.

Es müssen für jeden Verantwortungsbereich autorisierte Vertreter
(„Ansprechpartner“) mit Entscheidungsbefugnissen (unabhängig von
Hierarchien) benannt werden.

Die Ansprechpartner jedes Kooperationspartners müssen namentlich
bekannt bzw. erreichbar sein (auch bei der entsendenden Stelle), sie
müssen motiviert sein und Rückmeldungen in die eigene Institution
geben (können).
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1. Fazit:
Das Netzwerk „Starke Familien – gesunde
Kinder“ ist eine große Chance für LOS!
•
Vielleicht nimmt die Anzahl geborener Kinder in LOS künftig zu?
 Fthenakis befragte 175 Paare direkt nach der Geburt des 1. Kindes über
die weitere Familienplanung und noch einmal 18 Monate später.
 Bei den meisten Paaren (80%) bestand nach der Geburt des 1. Kindes noch
immer der Wunsch nach einem 2. Kind.
 Nach den ersten 1,5 Lebensjahren des 1. Kindes planten noch 36% der
Eltern ein Geschwisterkind („Erst-Kind-Schock“).
 Eltern unterschätzen vor der Geburt des 1. Kindes die Belastung durch die
Kinderbetreuung.
 Dies gilt besonders dann, wenn die eigenen Ansprüche an das (mütterliche)
Betreuungs- und Erziehungsverhalten hoch sind!
•
Wahrscheinlich nimmt die Anzahl glücklicher Kinder in LOS zu!
 Robert Emery konnte nachweisen, dass Misshandlungen in der Regel nicht
aus psychisch kranken, sondern aus überforderten Eltern resultieren:
situativer Stress,
sozio-kognitive Defizite,
nicht selten gepaart mit akzeptablen Erziehungsabsichten!
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2. Fazit und Bitte: Verlieren Sie die Hoffnung nie!
•
Schlüsselüberlegung: Menschen wählen und formen ihre Umwelten und
Erfahrungen (Lebenspraxis) in einem bedeutenden Umfang selbst:
 Die Betrachtung
individueller bzw. psychologischer Aspekte von
Problembewältigung ist für den Einzelnen daher aussichtsreicher als die
Diskussion von (sozial bedingten) Risiken.
 Resilienzentwicklung ist schwer plan- und steuerbar!
•
Resilienz ist keine „einheitliche“ Persönlichkeitseigenschaft; sie existiert in
abgestuften Facetten, die risikospezifisch, kontextabhängig und ein Ergebnis
des Zusammenspiels von Person und Umwelt sind.
•
Resilienzentwicklung ist kein lineares Phänomen: Ihr Wiederaufbau nach
Schicksalsschlägen ist oft unvollständig; zuweilen zeigt sich eine gestiegene
Verwundbarkeit bei späteren ähnlichen Unglücksfällen.
•
Protektive Mechanismen sind nicht nur von der Stärke der Risiko- und
Schutzfaktoren abhängig, sondern auch von früheren biografischen Umständen
(„stählende“ Erfahrungen) und vorteilhaften Wendepunkten (Bildungs- und
Berufschancen, Wahl eines Ehepartners, Veränderung durch einen
Umgebungswechsel).
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Und wenn doch …
•
10 Fragen für (aufgrund von sozialisationsresistenten Klienten verletzliche,
aber unbezwingliche) Mitarbeiter der Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheitshilfe …:
1. Hat meine „Problemfamilie“ / mein „Problemkind“ (nachfolgend: „Klient“) jemanden
(Freunde, Familienmitglieder oder irgendeine andere Person), zu dem er eine sehr
gute Beziehung pflegt?
2. Wie gibt mein Klient seinem Leben einen Sinn?
3. Welche Tätigkeiten kann mein Klient wirklich gut ausführen?
4. Welche positiven Eigenschaften besitzt mein Klient?
5. Woran hat mein Klient Spaß und Freude?
6. Welche Problemwahrnehmung hat mein Klient?
7. Was kann ich tun, dass mein Klient seine Perspektiven verändert?
8. Gibt es Klienten, die keine offensichtlichen Probleme haben, obwohl sie mit
vergleichbaren Schwierigkeiten konfrontiert sind?
9. Ist der Klient schon ein Problemfall für mich?
10. Wenn ich in der „Experten“-Rolle bin, worauf beruht dann meine Expertenschaft?
Quelle:
Vanistendael, S. (2003). Wachsen im Auf und Ab des Lebens. In D. Sturzbecher & B. Schrul (Hrsg.), Kinder stark machen ... Konzepte der Gewalt- und
Kriminalitätsprävention sowie der Verkehrssicherheitsarbeit. Potsdam: Arbeitsstelle für Bildungs- und Sozialisationsforschung der Universität Potsdam.
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