Examenskurs Kreditsicherungsrecht

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Transcript Examenskurs Kreditsicherungsrecht

Examenskurs Kreditsicherungsrecht
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Bürgschaft, Schuldbeitritt
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Sicherungsabtretung
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Sicherungsübereignung
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Eigentumsvorbehalt
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Pfandrecht an beweglichen Sachen
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Hypothek
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Sicherungsgrundschuld
Bürgschaft: Vertragsschluss
• nach § 151 S. 1 BGB keine Erklärung der Annahme durch Gläubiger erforderlich
• Formgebot § 766 BGB
- gilt nur für Erklärung des Bürgen
- die Erklärung des Bürgen muss „erteilt“ werden, also zur Verfügung stehen,
nicht nur durch Telefax übermittelt werden
- zumindest Andeutung des Gewollten in Urkunde: Gläubiger, Hauptschuldner,
Hauptschuld
- gilt nicht für einen Kaufmann, § 350 HGB: daher ist auch bei gewillkürter
Schriftform im Zweifel kein Übereilungsschutz, sondern nur Beweisfunktion
gewollt
- gilt aber für Alleingesellschafter einer GmbH, weil er kein Kaufmann ist, den
persönliche unbeschränkte Haftung kennzeichnet
Sittenwidrigkeit einer Bürgschaft
•
krasse finanzielle Überforderung kann Ausdruck struktureller Unterlegenheit sein
•
die Unterlegenheit ist von Verfassungs wegen nicht bei jeder Störung des
Verhandlungsgleichgewichts, sondern nur in typisierbaren Fällen zu sanktionieren
•
ein typisierbarer Fall ist die emotionale Verbundenheit des Bürgen mit dem
Hauptschuldner: bei Ehegatten, nichtehelichen Lebenspartnern, Kindern (anders bei
Geschwistern)
•
ein weiterer Fall ist die Sorge um den Arbeitsplatz bei Arbeitnehmerbürgschaft
•
bei typisierbaren Fällen besteht eine widerlegliche Vermutung der Ausnutzung der
strukturellen Unterlegenheit, wenn Bürge überfordert ist, also bei realistischer
Einschätzung seiner Lage nicht einmal die Zinsen aufbringen kann (unrealistische eigene
Erwartungen bleiben unberücksichtigt)
•
die Vermutung wird widerlegt durch
- einen unmittelbaren Vorteil des Bürgen infolge der Verwendung der Darlehensvaluta
(nicht bei einem mittelbaren Vorteil zB durch Unterhaltspflicht des Hauptschuldners)
- die Gesellschafterstellung des Bürgen (dagegen nicht schon bei leitender Stellung im
Unternehmen des Hauptschuldners)
- eine eingetretene Vermögensverschiebung, wenn der Schutz davor als Zweck im Vertrag
konkret bestimmt
Bürgschaft: Irrtum und Verbraucherschutz
• es finden keine Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB und kein Rücktritt nach §
313 BGB wegen einer Fehlvorstellung über die Vermögensverhältnisse des
Hauptschuldners oder deren Veränderung statt; dies fällt in die Risikosphäre
des Bürgen
• die Möglichkeit zum Widerruf eines Haustürgeschäft nach § 312 BGB
- ist nach EuGH gemeinschaftsrechtlich nur dann geboten, wenn auch die
Hauptschuld aus Haustürgeschäft stammt
- besteht nach BGH im deutsches Recht, das über den europäischen Standard
hinausgeht, weil ein Bürge wegen seiner einseitigen Verpflichtung noch
schutzwürdiger als der Kontrahent eines Austauschgeschäfts ist,
• gelten die Schutzmechanismen für den Verbraucherkredit (§§ 492, 495 BGB)?
- hier ist wiederum ein Erst-Recht-Schluss möglich
- § 766 BGB könnte aber eine abschließende Regelung sein
- ein Mittelweg besteht darin, die Schriftform des § 766 BGB mit der Pflicht zu
den Angaben nach § 492 BGB anzureichern
Fall 1:
M sucht eine Wohnung und bittet seinen Onkel B, ein Schreiben
mit folgendem Wortlaut zu unterzeichen:
„Hiermit verpflichte ich, B, mich gegenüber …, für Ansprüche gegen
meinen Neffen M aus dem mit diesem eingegangenen
Wohnungsmietverhältnis in einer Höhe bis zu € 1.000
einzustehen.“
O unterzeichnet das Schreiben, M setzt später, nachdem er eine
Wohnung gefunden hat, den Namen des Vermieters V ein und
übergibt diesem das Schreiben. Schon nach kurzer Zeit kann M die
Miete von € 250 pro Monat nicht mehr leisten. Als V nach einem
halben Jahr wegen der Mietschulden des M in Höhe von € 1.500 an
O herantritt, verweigert dieser jegliche Zahlung. Zum einen habe er
sich über die Finanzkraft von M getäuscht; zum anderen hätte er
niemals unterschrieben, wenn er gewusst hätte, dass M das
Schreiben dem berüchtigten „Miethai“ V übergeben wollte.
Akzessorietät der Bürgschaft
•
für Einwendungen, die die Entstehung der Hauptschuld hindern oder ihren Untergang
bewirken, gilt § 767 Abs. 1 S. 1 BGB
•
für Einreden des Hauptschuldners gilt § 768 BGB
- bei der Verjährung findet eine Verdoppelung der Einrede statt: der Bürge kann die
Verjährung der Hauptschuld auch dann geltend machen, wenn er selbst rechtzeitig in
Anspruch genommen worden ist (die Bürgschaftsforderung entsteht und wird fällig mit
Hauptforderung ohne vorherige Inanspruchnahme des Bürgen)
•
für Gestaltungsrechte gilt § 770 BGB:
vor Ausübung durch den Hauptschuldner haben sie eigentlich noch keine Wirkung; der
Bürge hat aber eine Einrede bei Anfechtbarkeit und Aufrechnungsbefugnis des Gläubigers
- § 770 Abs. 1 BGB gilt analog bei Widerrufs-, Rücktritts- und Minderungsrecht
- § 770 Abs. 2 BGB ist Ausdruck der Subsidiarität der Bürgenpflicht und lässt sich weder
direkt noch analog anwenden, wenn nur der Hauptschuldner zur Aufrechnung befugt ist;
aber es kommt eine Analogie zu Abs. 1 in Betracht
•
nach BGH bedeutet Akzessorietät auch Gläubigeridentität, so dass die Bürgschaft bei
isolierter Abtretung der Hauptforderung in Analogie zu § 1250 Abs. 2 BGB erlischt
Globalbürgschaft
• eine Ausdehnung der Haftung auf alle künftigen oder
gegenwärtigen Verbindlichkeiten aus einer Geschäftsverbindung
verstößt gegen § 307 BGB, weil zum gesetzlichen Leitbild das
Verbot der Fremddisposition nach § 767 Abs. 1 S. 3 BGB gehört
(etwas gilt für den Verzug nach § 767 Abs. 1 S. 2 BGB)
• Ausnahmen gelten, wenn der Bürge Bürgschaften professionell
übernimmt oder selbst über den Umfang der Hauptschuld
bestimmen kann
• ist eine formularmäßig erteilte Globalbürgschaft unwirksam, folgt
aus ergänzender Vertragsauslegung nach § 306 Abs. 2, BGB, dass
die Bürgschaft auf die dem Bürgen bekannte „Anlassforderung“
beschränkt ist
Bürgschaft auf erstes Anfordern
• die Bürgschaft auf erstes Anfordern begründet für den Bürgen zunächst keine
Einwendungen oder Einreden gegen Hauptschuld: erst Zahlung, dann
Rückforderung
• die Bürgschaft auf erstes Anfordern bewirkt aber nur eine Verschiebung der
Prozess-, nicht der Beweislast: im Rückforderungsprozess muss der Gläubiger
anspruchsbegründende Umstände darlegen und beweisen
+ die Rückforderung ist nicht nach §§ 814, 214 Abs. 2 BGB ausgeschlossen
• schon die Pflicht zur Leistung auf erstes Anfordern ist ausgeschlossen, wenn der
Gläubiger seine formale Rechtsstellung missbraucht, weil die Einwendungen des
Schuldners unstreitig oder liquide beweisbar sind (zB bei fehlender
vertraglicher Pflicht des Hauptschuldners zur Stellung einer Bürgschaft auf
erstes Anfordern)
• der Gläubiger darf gegen den Rückforderungsanspruch nicht mit anderen
Ansprüchen aufrechnen: sonst wäre die Bürgschaft eine Sicherheit für eine
andere als die gesicherte Forderung
Fall 2 (BGH NJW 03, 2231):
Die A GmbH, eine Generalübernehmerin, betraut die B GmbH mit der Errichtung
eines Gebäudes. Zur Sicherung etwaiger Gewährleistungsansprüche erteilt die C
Bank im Auftrag der B GmbH eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zugunsten der
A GmbH, die mit Rückgabe der Urkunde erlöschen soll. Die A GmbH gerät in
Schwierigkeiten, tritt alle gegenwärtigen und künftigen Ansprüche gegen die B
GmbH aus und im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben an die die Bauherrin,
die D GmbH, ab und wird später mangels Vermögen aufgelöst, die Auflösung ins
Handelsregister eingetragen. Danach erteilt die C Bank, die über diese
Verhältnisse unterrichtet ist, im Austausch gegen die alte eine neue
Gewährleistungsbürgschaft, die im Wortlaut gleich, nur über einen geringeren
Betrag ausgestellt ist. Die Wirksamkeit der Bürgschaft ist ausdrücklich von der
Rückgabe der alten Bürgschaft durch die D GmbH abhängig gemacht. Die D
GmbH, die die Bürgschaft zurückgibt, will die C Bank in Anspruch nehmen, weil
das Gebäude mangelhaft und die B GmbH ihrer Mangelbeseitigungspflicht nicht
nachgekommen sei. Die D GmbH beauftragt die A GmbH, aus der Bürgschaft
gegen die C Bank vorzugehen, und ermächtigt die A GmbH vorsorglich zur
Geltendmachung ihrer Rechte im eigenen Namen. Die C Bank verteidigt sich nur
mit der bestrittenen und nicht zu beweisenden Behauptung, die D GmbH habe
gegenüber der B GmbH schon wirksam auf Gewährleistungsrechte verzichtet.
Rückgriff des Bürgen
Hautschuld
Hauptschuldner
Gläubiger
Pfand
§ 670
Zahlung
Bürge
Rückgriff des Bürgen
• Zweck der Legalzession nach § 774 BGB ist der
Übergang der Nebenrechte nach § 401 BGB
• ausgeschlossen ist die Legalzession etwa durch eine
Schenkungsabrede, § 774 Abs. 1 S. 3 BGB
• bei der Nachbürgschaft (zur Sicherung der
Vorbürgschaft) gehen die gesicherte Vorbürgschaft und
die Hauptschuld nach §§ 412, 401 BGB über
• bei der Rückbürgschaft (Sicherung des Rückgriffs)
gehen die gesicherte Regressforderung und die
Hauptschuld nach §§ 412, 401 BGB über
Rückgriff beim Zusammentreffen verschiedenartiger Sicherheiten
•
es gelten die Regeln über Mitbürgen (§§ 769, 774 Abs. 2, 426 BGB) analog:
wer zuerst zahlt, hat einen Ausgleichsanspruch und erwirbt das andere Sicherungsrecht
anteilig; und zwar
- akzessorische Sicherheiten nach §§ 412, 401 BGB
- nichtakzessorische Sicherheiten im Wege eines Anspruchs gegen den Gläubiger auf
anteilige Übertragung
•
die übliche Begründung lautet, dass der Rückgriff sonst zufällig nach dem vom Gläubiger
erzwungenen Zahlungszeitpunkt einträte
- aber wer zuerst zahlt, trägt auch das Regressrisiko
- besser ist daher das Argument, dass es keinen Grund gibt, Mitbürgen anders als andere
Sicherungsgeber zu behandeln; die Sicherungsgeber bilden eine Risikogemeinschaft
•
die Ausgleichsquote bestimmt sich
- wenn die Sicherheiten die gesamte Forderung abdecken, nach Kopfteilen
- ansonsten nach dem Verhältnis der übernommenen Haftungsrisiken
•
nach einer anderen Ansicht folgt aus § 776 BGB, dass der Bürge, der mit seinem
gesamten Vermögen haftet, besser gestellt sein soll, also selbst Rückgriff nehmen, aber
nicht dem Rückgriff anderer ausgesetzt sein soll
Beispiel:
G hat gegen S einen Darlehensrückzahlungsanspruch in
Höhe von € 50.000. B hat hierfür eine Bürgschaft in Höhe
von € 40.000 übernommen, A zur Sicherheit
Forderungen in Höhe von € 30.000 abgetreten. G nimmt
B in Höhe von € 14.000 in Anspruch.
Lösung:
B kann von A Rückgriff in Analogie zu §§ 774, 426 Abs. 1
BGB wie bei einem Mitbürgen nehmen; die
Ausgleichsquote ergibt sich aus dem Verhältnis der
Haftungsrisiken und beträgt 3/7, B kann daher von A €
6.000 (3/7 x € 14.000) und insoweit von G auch
Abtretung der zur Sicherheit übertragenen Forderungen
des A verlangen
Schuldbeitritt: Struktur
• der Schuldbeitritt ist nicht akzessorisch, aber der Sicherungsgeber
übernimmt die Hauptschuld in dem Zustand, den sie beim Beitritt
hat:
der Sicherungsgeber kann sich auf alle Einwendungen berufen, die
bereits vor Schuldbeitritt angelegt sind (der Schuldbeitritt soll nur
die Schuldnerrolle verdoppeln und nicht sachlich einen
Einwendungsausschluss bewirken)
• für später entstehende Einwendungen, Erweiterungen gilt dann
nach § 425 BGB Einzelwirkung (anders als nach §§ 767, 768, 770
BGB)
• die Forderung gegen den Beitretenden geht nicht nach § 401 BGB
über, ist aber im Zweifel mitabgetreten
• der Rückgriff gegen den Hauptschuldner und die Legalzession der
Hauptforderung erfolgen nach § 426 BGB
Schuldbeitritt: Begründung
• nach gängiger Ansicht ist das Bürgschaftsrecht nicht anwendbar, weil der
Beitretende eine eigene Schuld übernimmt und nicht für fremde Verbindlichkeit
haftet; daher wird ein Schuldbeitritt auch nur bei einem eigenen sachlichen
Interesse des Sicherungsgebers angenommen
aber: die Unterscheidung nach eigener und fremder Schuld ist formal; auch
beim Schuldbeitritt zu Sicherungszwecken gibt es einen Hauptschuldner und
einen Sicherungsgeber
• nach Ansicht des BGH sind die Vorschriften des Verbraucherkreditrechts analog
anzuwenden, weil für den Sicherungsgeber ein noch größeres Schutzbedürfnis
als für den Darlehensnehmer besteht; daher gilt auch Formvorschrift des § 492
BGB
- und zwar sogar dann, wenn der Hauptschuldner kein Verbraucher ist
- und es tritt keine Heilung nach § 494 Abs. 2 BGB ein, weil der Zweck der
Vorschrift, nämlich die Vermeidung einer sofortigen Rückgewährpflicht, beim
Schuldbeitritt ohnehin unerreichbar ist
• wie eine Bürgschaft kann auch der Schuldbeitritt wegen finanzieller
Überforderung nach § 138 BGB unwirksam sein
Sicherungsabtretung: Struktur
• die Forderungsverpfändung (§§ 1273 ff. BGB) setzt eine Anzeige an den
Drittschuldner voraus (§ 1280 BGB) und verletzt so das
Geheimhaltungsinteresse des Sicherungsgebers
• die Forderungsverpfändung führt zu einer gemeinsamen Zuständigkeit vor
Pfandreife (§ 1281 BGB) und widerspricht so dem Interesse des
Sicherungsnehmers, vor Sicherungsfall aus der Verwaltung der Forderungen
herausgehalten zu werden
• bei einer Sicherungsabtretung ist eine Geheimhaltung und Verwaltung durch die
Erteilung einer Einziehungsermächtigung an den Sicherungsgeber zu erreichen.
• in der Zwangsvollstreckung besteht bis zur Verwertungsreife für beide Teile ein
Drittwiderspruchsrecht gemäß § 771 ZPO
- in der Insolvenz wird der Sicherungsnehmer dagegen wie ein Pfandgläubiger
behandelt, der ein Absonderungsrecht hat (§§ 50 f. InsO), der Sicherungsgeber
nach Wegfall des Sicherungszwecks dagegen wie ein Forderungsinhaber, der ein
Aussonderungsrecht hat (§ 47 InsO)
Sicherungsabtretung: Begründung
• Bestimmtheits- (Spezialitäts-) grundsatz: bei einer Teilabtretung muss die Höhe
bestimmbar sein; es besteht keine Vermutung für eine Abtretung in Höhe der
gesicherten Forderung
• bei künftigen Forderungen entsteht die Frage, ob ein Direkt- oder
Durchgangserwerb stattfindet
- die Rspr. nimmt einen Direkterwerb nur an, wenn der Rechtsgrund für die
Forderung bei Abtretung schon gelegt ist; Gegenstand der Abtretung ist aber
nur die einzelne Forderung, keine weitergehende Rechtsposition
- für mehrere Verfügungen des Sicherungsgebers gilt jedenfalls das
Prioritätsprinzip nach § 185 Abs. 2 S. 2 BGB
- außerdem findet auch bei Direkterwerb ein Schutz des Drittschuldners
entsprechend §§ 404, 406f. BGB statt
• das Abtretungsverbot nach § 399 BGB wirkt absolut,
greift aber häufig nicht wegen § 354a HGB, der zu einer bloß relativen
Unwirksamkeit der Abtretung im Handelsverkehr führt
§ 354a Abs.1 HGB
„Ist die Abtretung einer Geldforderung durch
Vereinbarung mit dem Schuldner gemäß § 399 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeschlossen und ist das
Rechtsgeschäft, das diese Forderung begründet hat,
für beide Teile ein Handelsgeschäft, oder ist der
Schuldner eine juristische Person des öffentlichen
Rechts oder ein öffentlich-rechtliches
Sondervermögen, so ist die Abtretung gleichwohl
wirksam. Der Schuldner kann jedoch mit befreiender
Wirkung an den bisherigen Gläubiger leisten.
Abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.“
Sicherungsabtretung: Sicherungsabrede
• ist die Sicherungsabrede unwirksam, kann
- der Sicherungsgeber die Leistungskondiktion erheben
- der Drittschuldner aber (wegen des Abstraktionsprinzips) nicht die
Bereicherungseinrede erheben
• ist die gesicherte Forderung nicht zur Entstehung gelangt oder weggefallen,
besteht
- kein Bereicherungsanspruch, sondern
- normalerweise ein Rückgewähranspruch aus der Sicherungsabrede
(wiederum nicht für Drittschuldner)
• anders verhält es sich wenn man einen Akzessorietätsersatz durch eine
aufschiebende und/oder auflösende Bedingung der Abtretung herstellt
- außerhalb von § 1192 besteht kein Akzessorietätsverbot
- Zweck der Sicherungsabtretung ist nur die Vermeidung der Publizität des
Sicherungsrechts
- vielleicht kann man eine auflösende Bedingung daher auch ohne
ausdrückliche Erklärung unterstellen
Sicherungsabtretung und verlängerter Eigentumsvorbehalt
•
ein verlängerter Eigentumsvorbehalt bedeutet
- dass der Käufer zur Verfügung über die gelieferte Sache berechtigt
sein soll unter der Bedingung
- dass er die aus der Weiterveräußerung resultierende Forderung zur
Sicherheit an den Verkäufer abtritt
•
eigentlich unterliegen die gewöhnliche Sicherungsübereignung und der
verlängerte Eigentumsvorbehalt dem Prioritätsprinzip (§ 185 Abs. 2 S. 2
BGB)
•
wegen der längeren Dauer der Kreditverhältnisse kommt es so aber
langfristig zu einer Bevorzugung der Finanzgläubiger; der Schuldner
erhielte, wenn er dies offenlegte, von seinen Lieferanten keine Ware mehr
•
die Globalzession ist wegen Verleitung zum Bruch der Lieferantenverträge
nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn der Sicherungsnehmer mit dem
verlängerten Eigentumsvorbehalt rechnen muss
Sicherungsabtretung und verlängerter Eigentumsvorbehalt
• das Sittenwidrigkeitsverbot soll nicht zugunsten eines anderen
Sicherungsnehmers eingreifen (so dass sich die Sonderstellung des
verlängerten Eigentumsvorbehalts vielleicht besser mit dessen Publizität
rechtfertigen erklären lässt)
• die Globalzession ist ausnahmsweise bei einer dinglichen Teilverzichtsklausel
wirksam: die Sicherungsabtretung an den Kreditgeber erfolgt nur, soweit die
Forderungen keinem verlängerten Eigentumsvorbehalt unterliegen
• das Sittenwidrigkeitsverbot soll nach BGH auch nicht für das echte Factoring
gelten, bei dem der Factorer das Ausfallrisiko übernimmt und ein
Forderungskauf vorliege, dagegen bei unechtem Factoring, bei dem der
Zedent mit einer Ausfallhaftung belastet wird und ein darlehensähnliches
Geschäft vorliege;
- diese Unterscheidung ist formalistisch, weil das Ziel beider Geschäfte
dasselbe und die Übernahme des Ausfallrisikos beim echten Factoring durch
einen Preisvorteil für den Factorer erkauft ist
Fall 3:
B beauftragt die U GmbH mit der Sanitärinstallation in einem Bauvorhaben zum
Preis von € 40.000 und überweist entsprechend dem vereinbarten Zahlungsplan
nach Baufortschritt eine Abschlagszahlung in Höhe von € 20.000 an U, die
danach insolvent wird und die Arbeiten einstellt. B erhält daraufhin eine
Nachricht der C Bank, die angibt, die U GmbH habe ihr schon vor einem Jahr zur
Absicherung eines Kredits sämtliche Forderungen gegen ihre Kunden mit den
Anfangsbuchstaben A-K im Voraus abgetreten. B antwortet hierauf nicht, sieht
sich aber zu einer Reaktion veranlasst, als sich die L GmbH bei ihm meldet und
dartut, dass sie vor einem halben Jahr mit der U GmbH einen verlängerten
Eigentumsvorbehalt für alle Lieferungen von Sanitärobjekten bis zur Höhe des
Preises der jeweils eingebauten Sanitärobjekte vereinbart habe. Im Fall des
Bauvorhabens von B beträgt der Preis der Objekte € 20.000, den die U GmbH
noch nicht beglichen hat. Sofort nach Erhalt der Mitteilung der L GmbH erklärt
B, dieser Anspruch sei durch seine Abschlagszahlung ja schon erledigt. Die L
GmbH besteht auf Zahlung.
Wie liegt der Fall, wenn B, statt sich auf die erfolgte Zahlung zu berufen, gegenüber
der L GmbH geltend macht, dass ihm wegen einer Überzahlung für ein älteres
Bauvorhaben noch ein Anspruch gegen die U GmbH auf Zahlung von € 20.000
zusteht?
Sicherungsabtretung: Übersicherung durch Globalsicherheiten
•
bei Übersicherung besteht kraft der Sicherungsabrede ein Freigabeanspruch (als
besondere Erscheinungsform des allgemeinen Rückgewähranspruchs)
•
die Deckungsgrenze , ab dieser Anspruch eingreift, liegt eigentlich bei 100%: es darf
eigentlich immer nur so viel Sicherheit vorhanden sein, wie die gesicherte Forderung
ausmacht
+ 10% Zuschlag für Kosten
 110% des Forderungsbetrages in realisierbarem Sicherheitenwert
+ 50% Zuschlag, sofern (wie regelmäßig) der realisierbare Sicherheitenwert nicht konkret
zu bestimmen ist: Vermutung entsprechend § 237 BGB
 150% des Forderungsbetrages im Nenn-/Schätzwert der Sicherheiten
•
der Freigabeanspruch ergibt sich aus einer ergänzender Vertragsauslegung und wirkt wie
Gesetzesrecht nach § 306 Abs. 2 BGB
 bei unwirksamer Klausel (vor allem bei Einräumung von Ermessen für den
Sicherungsnehmer für die Freigabe) ist die Sicherheitsbestellung nicht insgesamt nichtig
•
eine Nichtigkeit der Abtretung ist allenfalls bei einem anfänglichen erheblichen
Missverhältnis denkbar
Fall 4
Die A-GmbH hat gegen den Verbraucher B einen Anspruch auf
Kaufpreiszahlung in Höhe von 300.000 €, der noch vor
ordnungsgemäßer Rechnungstellung im Rahmen einer globalen
Sicherungsabtretung auf die C-Bank übergegangen ist. Als B auf
die Erteilung der Rechnung nicht zahlt, klagt die C-Bank den
Anspruch samt Nebenforderungen ein. Sie macht geltend, sie
erwirtschafte mit dem ihr zur Verfügung stehenden Kapital stets
einen Gewinn von 10 % p.a. Die A-GmbH selbst nimmt bei einer
anderen Bank ständig Kredit in Höhe von mindestens 300.000 € in
Anspruch und muss hierfür 15 % Zinsen p.a. bezahlen. Die
gesicherte Forderung der C-Bank betrug seit Fälligkeit des
Anspruchs gegen B 100.00 €. Die C Bank hat den Anspruch gegen B
bislang aber noch nicht zurückabgetreten, weil sie sich in ihren
AGB vorbehalten hat, die Sicherheiten nach ihrem eigenen
Ermessen zurückzuübertragen.
Sicherungsübereignung: Begründung
•
Übereignung durch Besitzkonstitut nach § 930 BGB:
das Besitzmittlungsverhältnis gemäß § 868 BGB wird durch die Sicherungsabrede (nicht
durch eine Leihe oder Verwahrung) begründet, die aber nicht wirksam sein muss, weil es
nur auf die Unterordnung im Besitzwillen ankommt
•
Bestimmtheitsgrundsatz:
die Sicherungsabrede muss Dritten ohne weitere Hilfsmittel über die Identität der
übertragenen Sachen informieren; dies gelingt regelmäßig nur bei deren räumlicher
Abgrenzung; eine falsche rechtliche Qualifikation (Eigentum oder Anwartschaftsrecht) ist
unerheblich
•
Übereignung künftiger Sachen:
nach BGH muss der Besitzmittlungs- und Übereignungswille noch im Zeitpunkt des
Erwerbs der Sachen vorhanden sein; sein Fortbestand wird aber vermutet
•
Verarbeitungsklausel:
bei der Verarbeitung der übereigneten Sachen "für den Sicherungsnehmer wird wird die
Rechtsfolge des § 950 BGB dadurch umgangen, dass der Sicherungsnehmer zum Hersteller
wird, der das Eigentum an der hergestellten Sache direkt erwirbt
- nach einer anderen Ansicht ist dies nur bei einer fremdbestimmten Tätigkeit möglich, so
dass die hergestellte Sache antezipiert übereignet wird und es zu einem
Durchgangserwerb des Sicherungsgebers kommt
Sicherungsübereignung: Schutz des Sicherungsgebers
• im Zweifel findet kein Akzessorietätsersatz durch eine bedingte
Übereignung statt
• ist eine auflösende Bedingung für den Fall des Wegfalls der
gesicherten Forderung vereinbart, ist hierin aber konkludent eine
aufschiebende Bedingung für den Fall ihrer fehlenden Entstehung
enthalten
• im Übrigen hat der Sicherungsgeber bis zur Verwertungsreife ein
Besitzrecht nach § 986 BGB, und zwar
- nach Abs. 2 auch gegenüber Erwerbern nach § 931 BGB
- in Analogie zu dieser Vorschrift auch gegenüber Erwerbern nach
§ 930 BGB (bei Einräumung eines zweitstufigen mittelbaren
Besitzes durch den Sicherungsnehmer)
Fall 5 (BGH NJW 91, 1415)
„Der Italiener S kaufte ... von seinem Landsmann C dessen … in das öffentliche Register in
R. eingetragenen Pkw Ferrari 208 Turbo. Nach der Behauptung der Kl. hat S, um den
Kaufpreis bezahlen zu können, bei ihr einen Kredit aufgenommen und an dem Fahrzeug
eine Hypothek in Höhe von … bestellt. Diese ist zu einem bisher nicht geklärten Zeitpunkt
in dem sogenannten foglio complementare eingetragen worden. Bei diesem Dokument
handelt es sich um ein als „costituisce parte integrante“ bezeichnetes Zusatzblatt zur
carta di circolazione, [das] <die> eine Zulassungsbescheinigung darstellt. In den foglio
complementare wird bei einem Neufahrzeug der Ersteigentümer eingetragen;
Eigentumsübertragungen und andere Umschreibungen werden in einer eigenen Spalte
unten links, hypothekarische Belastungen des Fahrzeuges unten rechts vermerkt. S
schaffte den Ferrari nach Deutschland und bot ihn, vor dem Eingang des Frankfurter
Messegeländes abgestellt, zum Kauf an. Dort wurde die Bekl., welche die zu dieser Zeit
stattfindende Internationale Automobilausstellung besuchte, auf das Fahrzeug
aufmerksam und kaufte es schließlich … . Die Verkaufsverhandlungen wurden nicht mit S,
sondern mit dessen Landsmann und angeblichem Verwandten P geführt. Da die Bekl.
keine Erfahrungen in der Abwicklung der Formalitäten eines solchen in Italien
zugelassenen Wagens hatte, beauftragte sie die v. X-GmbH mit dem Ankauf des Wagens
für sie. Diese Firma verfuhr entsprechend und ließ sich von P auch die italienischen
Papiere vorlegen. Sie erledigte alle Formalitäten bei Zoll und Zulassungsstelle und sorgte
dafür, daß der Bekl. der Ferrari mit deutscher Zulassung übergeben wurde. Mit der Klage
verfolgt die Kl. ihr Hypothekenrecht und verlangt die Herausgabe des Wagens mit dem
Ziel der Verwertung desselben und der Befriedigung ihrer Forderungen aus dem
Verkaufserlös.“
Sicherungsübereignung: Sicherungsfall
• die Vorschriften über die Pfandverwertung gelten nicht entsprechend: statt des
schwerfälligen, ungünstigen Versteigerungsverfahrens (§ 1235 BGB) hat der
Sicherungsgeber ein Recht zum freihändigen Verkauf
• es findet keine dingliche Surrogation nach § 1247 S. 2 BGB statt; der
Sicherungsgeber hat lediglich einen Anspruch auf Auskehr des Überschusses
• der Sicherungsnehmer muss Rücksicht auf die Interessen des Sicherungsgebers
nehmen und sich um ein möglichst günstige Verwertung bemühen; bei
Verletzung dieser Pflicht ist er nach §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB haftbar
• Verfallsklausel: § 1229 BGB gilt (analog oder über §§ 138, 307 BGB) auch für die
Sicherungsübereignung, damit der Sicherungsnehmer nicht das Inflationsrisiko
für die gesicherte Forderung auf den Sicherungsnehmer abwälzt
- die Klausel ist aber wirksam, wenn der Sicherungsgeber zur Abrechnung auf
Basis des Marktwertes und Auskehr des Überschusses verpflichtet ist
Fall 6:
Unternehmer S hat Maschinen unter
Eigentumsvorbehalt gekauft und mit Hilfe eines Kredits
der B-Bank bezahlt, der er die Maschinen zur Sicherheit
übereignet. Nach dem Sicherungsvertrag darf S die
Maschinen weiter verwenden. Als er den Kredit nicht
zurückzahlen kann, nimmt S einen Kredit bei seinem
Bekannten C auf, dem S wahrheitswidrig erklärt, die
Maschinen gehöre ihm. Auch ihm übereignet er die
Maschinen. Da er seine Schulden nicht bezahlt, verkauft
C sie an den bar zahlenden D, dem er seine Rechte gegen
S überträgt. Noch bevor S sie dem D aushändigt, erhalten
dieser und C einen Anruf eines Mitarbeiters der B-Bank,
die ihr Eigentum geltend macht.
Fall 7:
Unternehmer S erhält von E Maschinen unter
Eigentumsvorbehalt geliefert. Noch bevor er alle
Kaufpreisraten entrichtet hat, übereignet er die
Maschinen dann zur Sicherung eines Kredits an die BBank. Nach dem Sicherungsvertrag darf S die Maschinen
weiter verwenden; falls er mit seinen Kreditraten in
Verzug kommt, soll die B-Bank jedoch berechtigt sein, die
Maschinen an sich zu nehmen. Nachdem S einige Raten
nicht gezahlt hat, lässt B die Maschinen vom frei
zugänglichen Hof des S entfernen. E verlangt ihre
Herausgabe und verweist darauf, dass noch ein kleiner
Teil der Kaufpreisforderung offen ist.
Eigentumsvorbehalt: Entstehung
•
ebenso wie die Sicherungsübereignung hat der Eigentumsvorbehalt die Funktion eines besitzlosen
Pfandrechts
•
anders als bei der Sicherungsübereignung findet beim Eigentumsvorbehalt nach § 449 Abs. 1 BGB im
Zweifel eine bedingte Übereignung statt, so dass bei Erfüllung der gesicherten Kaufpreisforderung
kein Übertragungsakt mehr erforderlich (der Eigentumsvorbehalt gewissermaßen akzessorisch) ist
•
ein Eigentumsvorbehalt ist nach § 449 Abs. 3 BGB unwirksam, wenn er von der Erfüllung von
Forderungen gegen Dritte abhängig gemacht wird (Konzernvorbehalt); ein Kontokorrentvorbehalt
(für alle Forderungen des Sicherungsnehmers) ist dagegen zumindest im kaufmännischen Verkehr
wirksam
•
trifft ein Eigentumsvorbehalt mit einer sogenannten Abwehrklausel des Käufers zusammen, setzt er
sich als einfacher Eigentumsvorbehalt durch, als verlängerter oder erweiterter dagegen nicht; dies
folgt
- nach Ansicht des BGH daraus, dass zumindest die dingliche Einigung unter einer wirksamen
Bedingung steht
- richtigerweise aus § 306 Abs. 1 BGB: ein Verkäufer ist lediglich zur Leistung Zug um Zug gegen
Zahlung des Kaufpreises verpflichtet, so dass der einfache Eigentumsvorbehalt gesetzliche Vorgabe
ist
•
aus demselben Grund ist auch ein vertragswidriger Eigentumsvorbehalt (der noch nicht im
Kaufvertrag vorgesehen ist, sondern später gemacht wird) ohne Weiteres wirksam, weil er dem
gesetzlichen Kaufrecht entspricht
Anwartschaftsrecht: Schutz vor Zwischenverfügungen
• der Käufer ist vor weiteren Verfügungen des Verkäufers durch die
relative Verfügungsbeschränkung nach § 161 Abs. 1 BGB
geschützt
• die Verfügung zugunsten eines weiteren Erwerbers
- erfolgt zwar durch den Berechtigten, ist aber im Verhältnis zum
Käufer unwirksam
- kann sich bei gutem Glauben des Zweiterwerbers nach §§ 161
Abs. 3, 932 ff. BGB auch gegenüber dem Anwartschaftsrecht
durchsetzen
- scheitert bei einem Erwerb nach §§ 931, 934 BGB aber an der
Erwerbssperre des § 936 Abs. 3 BGB, wenn der Käufer die Sache in
unmittelbarem Besitz hat
Anwartschaftsrecht: Schutz des Besitzrechts
•
der Käufer hat aus dem Kaufvertrag ein Recht zum Besitz nach § 986 Abs. 1 BGB;
dieses erlischt gemäß § 449 Abs. 2 BGB erst mit dem Rücktritt des Verkäufers (auch nach
Verjährung der Kaufpreisforderung wegen § 216 Abs. 2 S. 2 BGB)
•
das Besitzrecht wirkt auch gegen Dritterwerber, die die Sache gemäß § 931 BGB erlangen,
nach § 986 Abs. 2 BGB
•
wenn das Besitzrecht aus dem Kaufvertrag nicht gegenüber dem Eigentümer der Sache
wirkt, stellt sich die Frage, ob sich aus dem Anwartschaftsrecht ein selbständiges Recht zum
Besitz ergibt
- nach Ansicht des BGH der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (dolo agit qui petit
quod statim redditurus est) zu, obwohl gar keine sofortige Herausgabepflicht bestehen muss
- nach einer anderen Ansicht kein Recht zum Besitz zu, weil das Anwartschaftsrecht
gegenüber dem Eigentum nachrangig ist
- nach einer Ansicht wie ein Eigentümer ein gegenüber allen wirkendes Recht zum Besitz zu;
hierfür spricht, dass der Besitz den Käufer nach § 936 Abs. 3 BGB vor dem Verlust seines
Rechts durch gutgläubigen Erwerb schützt
Erwerb und Übertragung des Anwartschaftsrechts
• der gutgläubige Erwerb des Anwartschaftsrechts vom
Nichteigentümer vollzieht sich wie der Eigentumserwerb nach §§
929, 932 BGB: der Erwerber muss nur bei Besitzübergabe
gutgläubig sein
• das Anwartschaftsrecht kann nach herkömmlicher Ansicht ebenso
wie das Eigentum gemäß §§ 929 ff. BGB übertragen werden;
häufig geschieht dies stillschweigend durch den Versuch einer
Eigentumsübertragung, die am mangelnden Eigentum des
Veräußerers scheitert
- bei Zahlung des Kaufpreises erlangt der Erwerber des
Anwartschaftsrechts dann direkt das Eigentum an der Sache
Anwartschaftsrecht: gutgläubiger Zweiterwerb?
• gibt es einen gutgläubigen Erwerb des Anwartschaftsrechts von seinem
scheinbaren Inhaber?
• nach einer Ansicht nicht, weil der Besitz keinen Rechtsschein für die Existenz
und Zuständigkeit des Anwartschaftsrechts schafft
• nach Ansicht des BGH dann, wenn die Kaufpreisforderung als Bedingung für
Vollrechtserwerb wirklich besteht
• nach einer anderen Ansicht auch unabhängig hiervon, weil das
Anwartschaftsrecht als dingliche Rechtsposition dem Abstraktionsprinzip
unterliegt (die Bedingung für den Eigentumserwerb ist dann die bloße Zahlung
eines Geldbetrags ohne zugrunde liegende Kaufpreisforderung);
dies müsste dann aber auch ein gutgläubiger Erwerb „der Höhe nach“ sein, für
den es sicher keinen Rechtsschein gibt; das Anwartschaftsrecht ist, wie § 449
Abs. 3 BGB („Erfüllung“) zeigt, kraft der Bedingung an die Wirksamkeit des
Kaufvertrags geknüpft
Fall 8
Pelzhändler H bekommt von seinem Lieferanten E zur Ansicht
einen Pelzmantel geliefert. H verkauft den Mantel rasch zum Preis
von € 4.000 an den Kunden L und übergibt ihn ihm. Mit L
vereinbart er einen Eigentumsvorbehalt. Nachdem L 20 % des
Kaufpreises bezahlt hat, erklärt dessen Lebensgefährtin M, der L
den Mantel zur Aufbewahrung gegeben hat, gegenüber O, sie
selbst habe den Mantel unter Eigentumsvorbehalt gekauft und
schon 50 % des Preises von € 4.000 entrichtet. Gegen einen
kleinen Abschlag veräußert M, was ihr zusteht, an O, dem sie den
Mantel auch übergibt. L weigert sich nun, den Kaufpreis weiter zu
zahlen; und O will auch nur noch maximal 50 % entrichten.
Daraufhin tritt H vom Kaufvertrag zurück.
Kann E von O die Herausgabe des Mantels verlangen?
Schutz des Anwartschaftsrechts und Zwangsvollstreckung
• das Anwartschaftsrecht ist absolutes Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB :
bei einer Beschädigung der Sache besteht mit dem Eigentümer eine
gemeinsame Zuständigkeit für Deliktsanspruchs entsprechend §1281 oder §
432 BGB
• in der Zwangsvollstreckung gegen den Verkäufer ist der Käufer geschützt durch
- seinen Gewahrsam nach § 809 ZPO, dessen Verletzung mit einer Erinnerung
nach § 766 ZPO beanstandet werden kann
- sein Drittwiderspruchsrecht nach § 771 ZPO
• die Pfändung des Anwartschaftsrechts erfolgt durch
- nach gängiger Ansicht durch eine Doppelpfändung: eine Rechtspfändung
und Pfändung der Sache, damit sich die Rechtspfändung an dieser fortsetzen
kann
- nach anderer Ansicht nur durch eine Rechtspfändung, die sich dann
automatisch an der Sache fortsetzt nach § 847 ZPO
Die Akzessorietät des Pfandrechts
• das Pfandrecht entsteht mit der gesicherten Forderung (§ 1204
Abs. 1 BGB), und zwar auch bei der Sicherung einer künftigen oder
bedingten Forderung (§ 1204 Abs. 2 BGB)
• das Pfandrecht erlischt mit der gesicherten Forderung (§ 1252
BGB)
• dem Eigentümer stehen die Einreden des Schuldners und Einreden
wegen dessen Gestaltungsrechten zu (§ 1211, 770 Abs. 1 BGB)
• das Pfandrecht geht mit der Forderung über und ansonsten unter
(§ 1250 BGB)
• die Verwertung durch Versteigerung (§ 1235 Abs. 1 BGB) führt zur
Tilgung der Forderung und zur dinglichen Surrogation in den
Überschuss (§ 1247 BGB)
Das Faustpfandprinzip
• die Bestellung des Pfandrechts setzt die Übergabe
der Pfandsache oder die Übertragung mittelbaren
Besitzes (§ 1205 BGB) oder den Mitverschluss (§
1206 BGB) voraus und kann anders als die
Übereignung (§ 930 BGB) nicht durch
Besitzkonstitut erfolgen
• das Pfandrecht erlischt automatisch mit der
Rückgabe der Pfandsache (§ 1253 Abs. 1 BGB)
Gutgläubiger Erwerb des Pfandrechts
• die Verpfändung durch einen Nichtberechtigten kann nach den Regeln über den
gutgläubigen Erwerb des Eigentums wirksam sein (§§ 1207, 932, 934 f BGB)
• ist die Verpfändung wirksam, erlangt der Erwerber in der Versteigerung (§ 1235
BGB) das Eigentum kraft des Verwertungsrechts des Pfandgläubigers nach § 1242
BGB
• ist die Verpfändung unwirksam (insbesondere weil die Sache abhanden kam),
kann der Erwerber in der Versteigerung das Eigentum trotz fehlenden
Pfandrechts nach § 1244 BGB erwerben; dieser Erwerb ist auch bei abhanden
gekommenen Sachen möglich (wie nach § 935 Abs. 2)
• es gibt auch einen gutgläubigen Erwerb des Vorrangs (§ 1208 BGB), der das
Prioritätsprinzip (§ 1209 BGB) durchbricht: bei Übertragung des mittelbaren
Besitzes nach (§ 1205 Abs. 2 BGB) gilt aber zugunsten des besitzenden
Pfandgläubigers die Erwerbssperre des § 936 Abs. 3 BGB
Fall 9
K hat von V einen Pkw unter Eigentumsvorbehalt gekauft und einen auf seinen
Namen ausgestellten Kfz-Brief erhalten. Noch bevor K die ausbedungenen
Kaufpreisraten vollständig entrichtet hat, muß er das Fahrzeug in Reparatur
beim Werkstattinhaber U geben, der K für den Eigentümer des Fahrzeugs hält
und sich hiervon durch Einsicht in den Kfz-Schein überzeugt. Da K schon
absehen kann, daß er dessen Lohn in Höhe von € 1.250,00 nicht begleichen
kann, wendet er sich an seinen Freund F. Er bittet diesen um einen zinslosen
Kredit in Höhe von € 9.000,00 und verpfändet ihm dafür unter Vorlage des KfzBriefs den Pkw. Mit U wird vereinbart, dass dieser das Fahrzeug nur an K und F
gemeinsam herausgaben darf. F lässt den Wagen schließlich, nachdem er das
Darlehen gekündigt hat, ordnungsgemäß öffentlich versteigern und erzielt durch
die Veräußerung an den Erwerber E einen Nettoerlös von € 10.000, der ihm
abgeliefert wird.
Was gilt, wenn K das Fahrzeug noch vor der Reparatur dem V vorübergehend
zurückgegeben und mit Hilfe eines Nachschlüssels entwendet hat?