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Bewilligung von PKH, Streitwertfestsetzung und Kosten im arbeitsgerichtlichen Verfahren Wustrau – 6. Juni 2012 I. Prozesskostenhilfe und § 11 a ArbGG II. Kosten III. Streitwert I. Prozesskostenhilfe und § 11 ArbGG Wesen der Prozesskostenhilfe • Ausdruck des Rechts- und Sozialstaatsprinzips • dienst Herstellung von Waffengleichheit • kostspielige staatliche Leistung, vor allen Dingen in der Arbeitsgerichtsbarkeit Arbeitsaufwand in Prozesskostenhilfeverfahren • häufig erheblicher Teil der Dezernatsarbeit • Anfängertendenz: Beschwerpunktung des vorgeschalteten PKH-Verfahrens • Wie viel PKH-Anteil im Dezernat ist „gesund“? Teilweise unterschiedliche LAG-Rechtsprechung • verhältnismäßig wenig BAG-Rechtsprechung • Instanzenzug endet i.d.R. vor dem LAG • Profilierungstendenz? Persönliche Voraussetzungen = Bedürftigkeit Erfolgsaussichten Verfahren 1. Persönliche Voraussetzungen a. Antragsberechtigung auf Arbeitnehmerseite meist zwanglos gegeben auf Arbeitgeberseite möglich, aber Bedürftigkeit! Besonderer Praxisfall: Insolvenzverwalter b. Bedürftigkeit Einkommen = alle Einkünfte in Geld und Geldeswert (ggf. auch Familieneinkommen) ./. Belastungen + Vermögen = alle Werte, die nicht den laufenden Unterhalt zu decken bestimmt sind Standardprobleme beim Vermögen • nur bei Verwertbarkeit anrechnungsfähig • Zumutbarkeit der Verwertung • Berücksichtigung von Schonvermögen Praxisbeispiele Zumutbarkeit: • Abfindungen • Lebensversicherungen • Bausparverträge • eigengenutzte Immobilien • Kraftfahrzeuge 2. Erfolgsaussichten Maßstab bei Prüfung der Erfolgsaussichten: • bei summarischer Prüfung • gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolgs • auf Grundlage Vortrag bei Antragstellung • unter Berücksichtigung Gegnerstellungnahme Einzelheiten: • Schlüssigkeit der Klage • Glaubhaftmachung kann verlangt werden • keine abschließende Tatsachenaufklärung • antizipierte Beweiswürdigung • keine Klärung von streitigen Rechtsfragen Keine Erfolgsaussichten bei • einfacherer Durchsetzung des Anspruchs • fehlender Vollstreckungsaussicht? Standardfall Kündigungsschutzklage: • i.d.R. grundsätzlich Erfolgsaussichten • Problem: Klagfristeinhalt bei vorgeschaltetem PKH-Antrag • Problem: fehlender Vortrag zu Betriebsgröße und Eintrittsdatum Standardfall Anträge oder Streitwertnutzen: • z.B. Schleppnetzantrag kein Problem der PKH, sondern des Streitwertes Keine Mutwilligkeit der Geltendmachung Maßstab: Würde eine vermögende Partei bei vernünftiger Abwägung von Aufwand und Erfolg von der Durchführung des Prozesses absehen? Liegt Mutwilligkeit vor bei • miteingeklagten Verzugslohnansprüchen? • Weiterbeschäftigungsantrag in der Güteverhandlung? • neuer Klage statt Klagerweiterung? • Zahlungsklage statt Mahnbescheid? • Zahlungsklage unmittelbar nach Fälligkeit? Beurteilungszeitpunkt der Erfolgsaussichten = Zeitpunkt der Entscheidung (nicht: Antragstellung), also nach Gegnerstellungnahme, aber ggf. unter Berücksichtigung der Entwicklung nach Antragstellung PKH ohne Beiordnung bei „einfacher Sache“? • keine Frage der Mutwilligkeit • Problem: Wann ist die Sache nicht mehr „einfach“? 3. Verfahren Antragstellung • nicht bereits ab Antrag solo, sondern erst mit Erklärung • Belege sind kein Erfordernis für wirksamen Antrag • falls Erklärung später, Bewilligung erst ab dort Antragsinhalt • Bewilligung der PKH • Beiordnung eines bestimmten Rechtsanwalts • „ratenfreie“ PKH Antragszeitpunkt • bis Abschluss der Instanz • Abschluss: letzte mögliche Rechtshandlung Problem: Mehrvergleichsantrag nach Vergleichsgenehmigung Erklärung • vollständig ausgefüllt • Lücken müssen aufgeklärt werden Nachfristsetzung • EB bei Nachfristsetzung? Problem: generelle Bezugnahme auf ALG II-Bescheid Problem: Verweis auf Parallelakte Probleme im Zusammenhang mit der Erklärung • nur Nein-Kreuze, insb. bei Guthaben • zusammengefasste Steuer-/SozAbgaben-Beträge • unklare Situation, wovon Antragsteller überhaupt lebt • fehlende Angabe zu Wohnkosten • fehlender PKW-Wert Anlagen • lückenlos, je nach Eintragungen • Kopien sind ausreichend • fehlende Belege müssen nachgefordert werden Problem: Schwärzungen in Kontoauszügen Erklärungen und Anlagen nach Fristablauf • grunds. nicht mehr berücksichtigungsfähig • im Abhilfeverfahren meist noch herangezogen • LAG-Tendenz: Zulassung auch noch im Beschwerdeverfahren Aufklärung in der mündlichen Verhandlung • berührt Datenschutzbelange des Antragstellers • sollte evtl. nach Schluss der Verhandlung erörtert werden sonst schriftlich mit Nachfristsetzung Umgang mit „Zufallsfunden“ in der Erklärung oder den Anlagen • grunds. Nachfrageerfordernis • Betrugsversuch führt zu Antragsabweisung Strafanzeige? Anhörung des Gegners • angemessene Fristsetzung • Stellungnahmegelegenheit zum Antrag insgesamt danach Entscheidungsreife Entscheidung • über PKH-Bewilligung • über Beiordnung • ggf. über Ratenzahlung (4-Raten-Regelung beachten!) • „zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk zugelassenen Rechtsanwalts“ • ggf. RMB Entscheidungszeitpunkt • i.d.R. vor Güteverhandlung nicht leistbar • bei Einigung in der Güteverhandlung in der Verhandlung oder kurz danach • vor Kammerverhandlung ist ratsam Problem: Begründungsverweisung auf Urteilsgründe Entscheidungszeitpunkt • Entscheidung mit Nachfrist nach Instanzabschluss möglich • dann Nachfristsetzung • zeitliche Rückwirkung der Bewilligung auf Zeitpunkt, in dem Antrag und Erklärung vorlagen (nicht notwendig bereits alle Belege) Bewilligungsfolgen • Beschluss auch an Gegner (!) • Kostenbefreiung der hilfsbedürftigen Partei • Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts 4. § 11 a ArbGG Verhältnis zum PKH-Recht • Anwendung § 11 a neben dem PKH-Recht • keine lex specialis • kein Minus zum PKH-Recht i.d.R. eigener Antrag notwendig PKH-Antrag als § 11 a-Antrag auslegungsfähig? • bei Einigung keine praktische Bedeutung • bei Klagabweisung gegen PKH-Antragsteller wohl nicht auslegungsfähig (str.) • dann auf jeden Fall Beschwer wegen Gerichtskosten, die nicht von § 11 a umfasst werden Voraussetzungen der Beiordnung • persönliche und wirtschaftliche Voraussetzungen wie PKH • Vertretung der Gegnerpartei durch RA • keine Verbandsvertretungsmöglichkeit • keine Mutwillgkeit 5. Aufhebung und Abänderung Aufhebung und Abänderung • Vertrauensschutz! • nur unter engen Voraussetzungen möglich (offensichtlicher Irrtum des Gerichts über Vorliegen der Voraussetzungen der Bewilligung, Täuschung durch Antragsteller) ansonsten ggf. Korrektur im Nachprüfverfahren 6. Vergütungsfestsetzung, Nachprüfverfahren Vergütungsfestsetzung und Nachprüfverfahren • beides Rechtspflegersache • Nachprüfungsfristen und ggf. Verzicht auf Forderung der Landeskasse je nach Bundesland Problem: Vertretungs- und Empfangsbefugnis des Rechtsanwalt im PKHNachprüfverfahren? II. Kosten III. Streitwert Streitwertfestsetzung im Urteil – § 61 Abs. 1 ArbGG Streitwertfestsetzung im Urteil • nicht allein kostenrechtliche Bedeutung • relative Bindungswirkung für LAG wegen Feststellung der Beschwer (Wertgrenze) • keine zwingende Bindungswirkung für Gebührenberechnung der Rechtsanwälte • Praxis: kein gesonderter Anwalts-Antrag nach Urteil Streitwertfestsetzung im Urteil • abweichende Streitwertfestsetzung nach Urteil möglich • kein isoliertes Rechtsmittel gegen Streitwertfestsetzung im Urteil • Praxis: meinst kein gesonderter Anwalts-Antrag nach Urteil Streitwertfestsetzung nach §§ 32 RVG, 63 Abs. 2 GKG, 33 RVG Konfliktfall: Vergleichsschluss RA beantragt Wertfestsetzung RA ist mir Vorschlag nicht einverstanden Handhabung: • Antragsaufnahme • Wechsel ins Anhörungsverfahren (nach dem Termin) • Wahrung rechtlichen Gehörs • Beschluss + Begründung + RMB